Marcus hat geschrieben:Ich glaub´, da fehlt etwas...

In der Tat! Ich hatte einen langen Beitrag geschrieben und dann hat mich der Rechner rausgeschmissen, ohne ihn zu speichern. Ich hatte anschließend keine Lust, den Beitrag gleich neu zu schreiben.
Hier also nochmal...
Der Methodismus ist eine große Bewegung mit mehr Mitgliedern weltweit als Lutheraner oder Anglikaner. Da gibt es natürlich große Unterschiede und es gibt auch hochliturgische Gemeinden oder eher low church.
Für die deutschen Methodisten (EmK oder Evangelisch-methodistische Kirche) gilt generell, daß sie eher "Landeskirche light" sind und ein reformiertes Abendmahlsverständnis haben. Im allgemeinen ist der Osten etwas konservativer und nach meiner Erfahrung auch ein bißchen liturgischer. Bei der EmK ist aber, was das Sakramentsverständnis angeht, einiges in Bewegung. Sie ist Teil der internationalen United Methodist Church, die in den vergangenen Jahren zwei große Dokumente zu Taufe und Abendmahl herausgegeben hat. Da diese Dokumente auch für die EmK in Deutschland bindend sind, haben sie hier für einigen Wirbel gesorgt. Als Grundtendenz ist erkennbar, daß man sich wieder stärker dem wesleyanischen Erbe annähert. Themen wie Taufwiedergeburt und eucharistische (Real)präsenz sind nicht mehr tabu. Das kommt besonders in der deutschen EmK, die einen dezidiert pietistisch-freikirchlichen Charakter hat, nicht so gut an.
Der allgemeinen Entwicklung folgend, hat die EmK vor einigen Jahren neue Abendmahlsliturgien eingeführt, die verschiedene Traditionen aufnehmen. Die Grundform I ist dabei stark an der LIMA-Liturgie orientiert und bietet eine eucharistische Grundform mit Eröffnungsdialog, Lobpreis der Heilstaten, Sanctus, Epiklese, Anamnese und Agnus Dei. Sie ist klar trinitarisch ausgerichtet. Jeder Katholik findet sich darin sofort wieder. Die Liturgie ist allerdings nicht zwingend, und ich weiß nicht, wie sehr sie sich in der EmK tatsächlich durchgesetzt hat.
Da die Brüder Wesley beide anglikanische Priester waren, hat sich in ihrer Sakramentstheologie weitgehend die anglikanische Position des 18. Jahrhunderts erhalten (also vor dem Oxford Movement). Im Hinblick auf die Realpräsenz heißt das: Realpräsenz wird bekannt und geglaubt, aber nicht erklärt. Außergewöhnlich war aber die tiefe sakramentale Frömmigkeit der Wesleys. John empfing mindestens ein- bis zweimal pro Woche die Kommunion und riet seinen Gemeinden, sie wöchentlich zu feiern. Diese Praxis ging leider im Laufe der Geschichte verloren und wird erst langsam neu entdeckt.
Das offizielle Dokument der EmK erklärt zur Frage der Präsenz:
Die Kirche hat durch die Jahrhunderte um das Verständnis gerungen, wie Christus wirklich im Abendmahl gegenwärtig ist. Es kam darüber zu Auseinandersetzungen und Spaltungen. Die wesleyanische Tradition hält an der Wirklichkeit von Christi Gegenwart fest, nimmt jedoch nicht in Anspruch, sie vollständig erkklären zu können. Die 166 "Hymns on the Lord's Supper" von John und Charles Wesley sind unsere reichste Quelle für das wesleyanische Verständnis der Gegenwart Christi im Abendmahl. Eines dieser Lieder bringt sowohl die Wirklichkeit wie das Geheimnis gut zum Ausdruck:
O the depth of love divine,
The unfathomable grace!
Who shall us say how bread and wine
God into us conveys!
How the bread his flesh imparts,
How the wine transmits his blood,
Fills his faithful people's hearts
With all the life of God!
Sure and real is the grace,
The manner be unknown;
Only meet us in thy ways
And perfect us in one.
Let us taste the heavenly powers,
Lord, we ask for nothing more.
Thine to bless, 'tis only ours
To wonder and adore.
Unsere Tradition besteht auf der wirklichen, persönlichen, lebendigen Gegenwart Jesu Christi. Wir vertreten nicht die mittelalterliche Lehre der Transsubstantiation, und doch glauben wir, daß die Abendmahlselemente wesentliche greifbare Mittel sind, durch die Gott wirkt.
...
In ihren Hymnen machen John und Charles Wesley deutliche, daß die göttliche Gegenwart und Kraft durch das Wirken des Heiligen Geistes in die eucharistische Erfahrung eingeht.
Come Holy Ghost, Thine influence shed,
And realize the sign;
Thy life infuse into the bread,
Thy power into the wine.
Effectual let the tokens prove,
And made by heavenly art,
Fit channels to convey Thy love
To every faithful heart.
(aus: Das heilige Geheimnis. Zum Verständnis des Abendmahls in der United Methodist Church. Angenommen durch die Generalkonferenz 2004. Medienwerk der EmK, Stuttgart 2005.)
In England hat sich von der wesleyanischen Frömmigkeit bei den Methodisten mehr erhalten als in Deutschland, wo man sie langsam wieder entdeckt. Ich habe in England methodistische Gottesdienste erlebt, die kaum von einer katholischen Messe zu unterscheiden waren. In Wesley's Chapel in London sah ich, daß der Pastor nach dem eucharistischen Hochgebet (die Methodisten nennen es "The Great Thanksgiving" zum Agnus Dei vor dem Altar niederkniete. Generell wird die Kommunion kniend empfangen, auch das ein anglikanisches Erbe.
Mit bestem Neujahrsgruß
SD