Overkott, Du sprichst hier ein Thema an, um dass es eigentlich gar nicht geht. Die vermeintlichen Gegensätze zwischen Lutheranern und Katholiken sind hier zumindest nicht so groß, wie aus Deinem Beitrag hervorzugehen scheint.
Zunächst sollte mal geklärt werden, wer die Protestanten sind? Lutheraner, Calvinisten, Zwinglianer, Täufer, Pfingstler oder alle zusammen? Ursprünglich waren die Lutheraner die Protestanten und zumindest die beiden letzten Gruppen sehen sich überhaupt nicht als Protestanten. Daher werde ich Deine Fragen aus lutherischer Sicht beantworten.
Ist im Protestantenhimmel nichts mehr los? Gibt es dort keine Engel mehr, weil ja auch die Engel von der Konzentration auf Jesus Christus ablenken könnten?
Es gibt nur einen Himmel bzw. nur ein Himmelreich. Die Vorstellung eines „himmlischen Hofstaates“ wird von Lutheranern geteilt, auch dass sich die hl. Maria, Heilige und Engel für uns als Fürbitter einsetzen.
Werden die Toten erst am Sankt-Nimmerleins-Tag auferstehen oder glauben Protestanten sie jetzt schon in Gottes Gnade?
Natürlich wird das Zweite geglaubt.
Darf der Protestant sein Herz nur Gott gegenüber ausschütten oder auch den lieben verstorbenen Angehörigen gegenüber, die er in der Gnade Gottes wähnt?
Er hat Jesus Christus im Mittelpunkt, sieht Jesus Christus als Fürsprecher an, dessen Fürsprache unverzichtbar ist, sucht regelmäßig das Gebet zu Ihm und kann daneben auch andere Christen bitten, für ihn zu beten. In der Praxis Heilige anzurufen besteht aber die Gefahr, dass sie zu sehr fixiert werden und man ihre Fürbitte irgendwann mal für effektiver als die des Herrn hält und vielleicht nur noch 10% und weniger der Bitten um Fürsprachen letztlich an Jesus Christus gehen. Ich würde mit Sicherheit keinem Katholiken, der regelmäßig das Gebet zu Gott bzw. zum Sohn sucht, sich daneben in verhältnismäßiger Weise auch mal an Maria und andere Heilige wendet, unterstellen, dass Jesus Christus bei ihm nicht mehr mit Mittelpunkt stünde. Überdies beten die hl. Heiligen und Engel für uns auch, ohne dass wir sie zuvor um Fürbitte anrufen müssten. Diese lieben Gott von ganzem Herzen und so auch die Kirche, den Leib Christi, dem jeder Christ angehört. Und ich glaube nicht, dass sie so stolz und eitel sind, sich zu sagen: „Weil die Protestanten nicht bei uns um unsere Fürbitte bitten, setzen wir uns nicht für sie ein.“ Stolz und Eitelkeit sind schließlich sündhafte Laster, die im Himmel nicht existieren. Dort hat die Sünde schließlich keine Macht und Gewalt. Ich schätze die Fürbitten der hl. Gottesmutter, der hl. Apostel, Märtyrer, Heiligen und Engeln sehr und bin dafür auch dankbar. Ich halte es aber nicht für erforderlich, sie darum erst ersuchen zu müssen. Auch die römisch-katholische Kirche schreibt das niemandem vor.
Gehen Protestanten nicht mehr auf den Friedhof? Besuchen sie keine Gräber großer Persönlichkeiten? Pilgern Protestanten nicht mehr nach Wittenberg oder nach Taizé?
Ja, aber bloß zum Gedenken.