Traditionelles Luthertum

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
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holzi
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Beitrag von holzi »

anneke6 hat geschrieben:Heißt das, ein Papst kann auch einen Diakon oder Priester zum Kardinal ernennen?
Ja logisch! Der letzte, der mir aus dem Stegreif einfällt, war Kardinal Leo Scheffczyk. Er war "nur" Priester und wurde Kardinal.

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Aber die Pulvermann-Geschichte ist doch ziemlich absurd, oder?
Was für ein Glück, daß diese Leute außerhalb der Amtskirche agieren, sonst könnte uns Lutheraner einen Strick draus drehen…
???

sofaklecks
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Prinzipiell

Beitrag von sofaklecks »

Ein Kardinal gehört zu dem Gremium, aus dem heraus ein Papst gewählt wird.

Papst kann jeder werden, der männlich und katholisch ist.

Daher kann im Prinzip jeder männliche Katholik Kardinal weden. Er muss noch nicht einmal die Priesterweihe empfangen haben.

Berühmtestes Beispiel aus der Geschichte: Kardinal Mazarin. Der Nachfolger Richelieus als französischer Minister hatte nur die niederen Weihen, war also kein Priester. Er heiratete heimlich, aber gültig, später die Mutter des Sonnenkönigs. Aus dieser Ehe ging ein Sohn hervor, der als möglicher Konkurrent des Königs in der Bastille, später am Mittelmeer gefangengehalten wurde, aber mit allen Annehmlichkeiten, und der stets eine Maske trug. Seine Existenz ist verbürgt. Liselotte von der Pfalz, nach dem Tode der französischen Königin immerhin erste Dame am Hof des Sonnenkönigs, berichtet in ihren (höchst amüsant zu lesenden) Briefen davon. Als Mann mit der eisernen Maske ist er in die Literaturgeschichte eingegangen.

sofaklecks

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Das ist aber schon komisch, findet Ihr nicht? Der Papst wird doch angeblich vom Hl. Geist bestimmt und da wirkt beim Konklave der hl. Geist plötzlich durch Laien...

Der Papst kann übrigens auch Laie sein.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Hallo Sofaklecks,

noch zwei letzte Sätze zur vorhergehenden Diskussion:
Du forderst von uns, dass wir über die historischen Fehler Deiner Kirche im allgemeinen und über die heutigen Fehler Deiner Kirche in anderen Kulturen schweigen. Gleichzeitig bist Du aber selbst ständig am Austeilen. Das ist was ich Dir aufzeigen wollte.

Aber ich möchte mich nicht mit Dir streiten, Du bist ja ein netter Kerl :-)
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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Lutheraner hat geschrieben:Das ist aber schon komisch, findet Ihr nicht? Der Papst wird doch angeblich vom Hl. Geist bestimmt und da wirkt beim Konklave der hl. Geist plötzlich durch Laien...

Der Papst kann übrigens auch Laie sein.
Wo steht denn, daß der hl. Geist nicht durch Laien wirken kann?
???

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lutheraner hat geschrieben:Das ist aber schon komisch, findet Ihr nicht? Der Papst wird doch angeblich vom Hl. Geist bestimmt und da wirkt beim Konklave der hl. Geist plötzlich durch Laien...

Der Papst kann übrigens auch Laie sein.
Ächz. Lutheraner, du hast von Tuten und Blasen der Kirchengeschichte und überhaupt von katholischen Dingen keinerlei Ahnung. Und ich kann dir nicht ständig hinterherputzen. Bleib doch bei Dingen, von denen du was verstehst. Dann schonst du unser aller Nerven.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

anneke6 hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:Das ist aber schon komisch, findet Ihr nicht? Der Papst wird doch angeblich vom Hl. Geist bestimmt und da wirkt beim Konklave der hl. Geist plötzlich durch Laien...

Der Papst kann übrigens auch Laie sein.
Wo steht denn, daß der hl. Geist nicht durch Laien wirken kann?
Natürlich kann er, trotzdem schreibt Lutheraner völligen Blödsinn.
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:Das ist aber schon komisch, findet Ihr nicht? Der Papst wird doch angeblich vom Hl. Geist bestimmt und da wirkt beim Konklave der hl. Geist plötzlich durch Laien...

Der Papst kann übrigens auch Laie sein.
Ächz. Lutheraner, du hast von Tuten und Blasen der Kirchengeschichte und überhaupt von katholischen Dingen keinerlei Ahnung.
Na, komm. Jemandem "keine Ahnung" vorzuwerfen, ist in Diskussionen leider beliebt, aber fast immer sehr entlarvend.
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sofaklecks
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Austeilen

Beitrag von sofaklecks »

Na ja, mein Bester,

ich tu's nicht gern. Aber wenn, denn.

Und über Fehler mancher Mitglieder der katholischen Hierarchie wird hier sehr nachdrücklich diskutiert.

Und wir Katholiken haben schon dazugelernt. Wenn ich nach einem Beispiel gefragt werde, verweise ich auf Altabt Odilo von St. Bonifaz, der die evangelische Königin Therese quasi aus dem Keller holte und der ihr neben ihrem Ludwig, mit dem sie es nie leicht hatte und den sie so geliebt hat, ihre letzte Ruhestätte einrichtete, indem er eine spezielle Wandnische herausbrechen liess, die ihren Sarg aufnahm. "Einen Fehler der Gechichte darf man ruhig korrigieren", meinte er dazu.

Er wird im Himmel eine sehr engagierte Fürsprecherin haben.

sofaklecks

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Um mal so langsam wieder eine Rückkurs zum Thema einzuleiten:

Was haltet Ihr von dem theologischen Beitrag "Einige Gedanken zur Lehre von der Kirche" von Matthias Niche?

Allons
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Beitrag von Allons »

Lieber Marcus,

ich finde den Beitrag sehr schön, kenne ihn auch schon von früheren Ausflügen Richtung St. Michael und habe einige Inhalte daraus auch schon gelegentlich in Diskussionen mit Mitevangelen zu deren Erstaunen verwendet. Erstaunen deshalb weil die Frage, woher die Kirche eigentlich ihre Legitimation nimmt bei einigen vorher noch gar nicht bedacht worden war.

Dennoch: So hilfreich es ist, die Legitimation des Amtes bzw. der Kirche auch bei ev. Christen (und einigen Pfarrern) wieder stärker ins Gedächtnis zu rufen, mir fehlt ein Gedanke. Nämlich die Verschränkung und Bindung von Hirtenamt und Herde. Gelegentlich ist es auch an der Herde den Hirten zu schubsen wo sie sich vernachlässigt vorkommt.

P.S. Bekanntermaßen findet sich Gott auch im Darm einer Maus, warum also nicht auch in den Knochen eines toten Hundes. Letzteres passt auch besser zum Namen Kompostella
:mrgreen:

Gruß, Allons!

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Du sprichst hier einen Punkt an, den man auch nicht aus den Augen verlieren darf. Man kann und darf dem Hirten gehorchen bzw. sich auf ihn verlassen, soweit er rechtgläubig lehrt, die Sakramente ordnungsgemäß verwaltet und auch ein gesittetes Leben führt wie es sich für einen christlichen Hirten geziemt. Soweit der berufene Diener an Wort und Sakrament nämlich rechtgläubig lehrt und tugendhaft lebt, ist die Gemeinde dem Haushalter Gottes gegenüber zum Gehorsam verpflichtet. Ihn abzulehnen, käme ansonsten einer Ablehnung desjenigen, dessen Lehren er weitergibt, gleich, nämlich Jesus Christus selbst. Stellt sich aber heraus, dass der „Hirte“ in Wirklichkeit ein „Wolf im Schafspelz“ ist, so ist er natürlich aus seinem Amt zu entfernen.

Dabei möchte auch noch einen anderen Punkt ansprechen, und zwar die Berufungspraxis. Dass Gott die Hirten beruft, darüber sollte Konsens bestehen. Sowie aber letztlich Gott bzw. der Hl. Geist nach röm.-kath. Verständnis bei einer Papstwahl mittelbar über das Kardinalskollegium den Nachfolger Petri beruft, so kann und darf man auch als Protestant davon ausgehen, dass Gott den Pastor mittelbar über die Gemeindeversammlung beruft. Darum sollte die Pfarrerwahl auch nicht zu einem politischen Wahlkampf verkommen (gilt für Kirchenvorsteherwahlen ebenso). Vielmehr sollte zuvor eine Epiklese mit der Bitte gebetet werden, dass derjenige zum Pfarrer gewählt werde, den Gott für dieses Amt berufen habe.

Wurde er bereits ordiniert, kann er die Pfarrstelle dann auch sofort antreten (das ist bei bisherigen Pfarrern, Pfarrvikaren und Missionaren ja der Fall). Andernfalls müsste er zuvor noch ordiniert bzw. geweiht werden, da die Berufung selbst noch kein Amtscharisma vermittelt. Das geschieht durch den Segen bei der Handauflegung.

Wenn man bedenkt, dass nach ev.-luth. die Kirche dort ist, wo das Evangelium rein gepredigt und die Sakramente ordnungsgemäß verwaltet werden und nur jemand predigen und die Sakramente verwalten darf, der ordnungsgemäß berufen und ordiniert worden ist, ist es zumindest nicht abwegig zu sagen: Ohne kirchliches Amt keine Kirche.

In der Apologie wird das Predigtamt nicht umsonst als Zeichen der Kirche betrachtet.

Luther ordnete es den "7 Kennzeichen der Kirche zu". Siehe
hier

Allons
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Beitrag von Allons »

Marcus hat geschrieben:Soweit der berufene Diener an Wort und Sakrament nämlich rechtgläubig lehrt und tugendhaft lebt, ist die Gemeinde dem Haushalter Gottes gegenüber zum Gehorsam verpflichtet.
Das sehe ich genauso.
Marcus hat geschrieben:Dabei möchte auch noch einen anderen Punkt ansprechen, und zwar die Berufungspraxis. Dass Gott die Hirten beruft, darüber sollte Konsens bestehen.Darum sollte die Pfarrerwahl auch nicht zu einem politischen Wahlkampf verkommen (gilt für Kirchenvorsteherwahlen ebenso). Vielmehr sollte zuvor eine Epiklese mit der Bitte gebetet werden, dass derjenige zum Pfarrer gewählt werde, den Gott für dieses Amt berufen habe.
Das ist in der EKBO aber augenscheinlich anders. Hier gibt es eine Regelung, dass abwechselnd das Konsistorium bzw. die Gemeinde ihren Hirten wählt bzw. vom Konsistorium jemand bestimmt alias vorgeschlagen wird. Einer allzu ausführlichen Epiklese des Hl. Geistes auf das vorschlagende Konsistorium (insbesondere im Nachhinein) sollte man sich tunlichst enthalten :mrgreen:
Marcus hat geschrieben:Wenn man bedenkt, dass nach ev.-luth. die Kirche dort ist, wo das Evangelium rein gepredigt und die Sakramente ordnungsgemäß verwaltet werden und nur jemand predigen und die Sakramente verwalten darf, der ordnungsgemäß berufen und ordiniert worden ist, ist es zumindest nicht abwegig zu sagen: Ohne kirchliches Amt keine Kirche.
Ja, wobei ich es interessant finde, ob der Amtsinhaber in einer wie auch immer gearteten Sukzession tatsächlich stehen muss oder ob diese nur zumindest intendiert sein muß.

Beste Grüße, Allons!

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Marcus hat geschrieben:Um mal so langsam wieder eine Rückkurs zum Thema einzuleiten:

Was haltet Ihr von dem theologischen Beitrag "Einige Gedanken zur Lehre von der Kirche" von Matthias Niche?

(Schreibt der Autor womöglich auch im Kreuzgang?)
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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Allons hat geschrieben:
Marcus hat geschrieben:Wenn man bedenkt, dass nach ev.-luth. die Kirche dort ist, wo das Evangelium rein gepredigt und die Sakramente ordnungsgemäß verwaltet werden und nur jemand predigen und die Sakramente verwalten darf, der ordnungsgemäß berufen und ordiniert worden ist, ist es zumindest nicht abwegig zu sagen: Ohne kirchliches Amt keine Kirche.
Ja, wobei ich es interessant finde, ob der Amtsinhaber in einer wie auch immer gearteten Sukzession tatsächlich stehen muss oder ob diese nur zumindest intendiert sein muß.

Beste Grüße, Allons!
Altlutheraner bzw. konfessionelle Lutheraner sehen das so.

Lesenswert ist auch der Aufsatz "Die VELKD und das lutherische Amtsverständnis"

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Marcus hat geschrieben:Um mal so langsam wieder eine Rückkurs zum Thema einzuleiten:

Was haltet Ihr von dem theologischen Beitrag "Einige Gedanken zur Lehre von der Kirche" von Matthias Niche?

(Schreibt der Autor womöglich auch im Kreuzgang?)
Mellon schrieb mal im Forum, dass er der Vorsteher der Kommunität St. Michael sei. Das muss aber nicht zwangsläufig heißen, dass seine Person mit dem Verfasser identisch ist. Das kann ja auch ein anderer theologisch gebildeter Mann aus der Kommunität oder dem Apostolat St. Ansgar sein. Vielleicht liest er ja mit und kann selbst dazu etwas schreiben...

Allons
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Beitrag von Allons »

Marcus hat geschrieben:Vielleicht liest er ja mit und kann selbst dazu etwas schreiben...
Vermutlich beides. ;)

Allseits Grüße, Allons!

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Stellen wir uns mal vor Allons, Marcus, mich und wer sonst noch Lust hat mitzukommen ( :mrgreen: ) würde es auf die berühmte einsame Insel verschlagen. Vergessen wir mal, dass Allons Lektor ist, sondern gehen wir davon aus, dass niemand dabei ist, der in irgendeiner Form zu irgendeinem kirchlichen Amt berufen oder beauftragt wurde.
Bald würde sich herausstellen, dass in absehbarer Zeit für uns keine Rettung zu erwarten ist und wir vielleicht sogar den Rest unseres Lebens auf dieser Insel verbringen müssen.
Glücklicherweise habe ich meine Mini-Lutherbibel (NT und Psalter) dabei. Nach einem halben Jahr reicht uns Gebets- und Bibelkreis nicht mehr aus. Ich schlage vor, dass wir jemanden zum Amt der Kirche berufen und dieser in Zukunft die Gottesdienste als Liturg leitet. Das bedeutet, wir würden eine vollwertige Kirchengemeinde mit Pfarrer, Predigt- und Abendmahlsgottesdiensten.
Hierbei stellen sich u.A. folgende Fragen:
- Bei dieser Ordination gäbe es weder eine tatsächliche noch eine intendierte Kette von Handauflegungen
- Da wir einen aus unserer Gruppe auswählen müssen, können wir nur schwer feststellen, ob dieser von Gott berufen wurde. Eine Ausbildungs- und Vikariatsphase zur Prüfung der Berufung entfällt ja.
- Die Liturgien müssten wir selbst aus unserem Gedächtnis und meiner Bibelausgabe entwerfen.

Ich schlage vor, dass wir denjenigen aus unserer Gruppe auswählen, der uns am besten geeignet scheint und der das Amt auch wahrnehmen möchte. Er soll von uns allen unter Handauflegung und Bitte um den Heiligen Geist in sein Amt eingesegnet und berufen werden.
Wie würdet Ihr auf meinen Vorschlag reagieren?
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

Johaennschen
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Beitrag von Johaennschen »

Ja, so ein Notkirche-Szenario ist schon interessant.
Was würdest Du eigentlich sagen, wenn nur Frauen irgendwo stranden? :P
Es gibt keine Dummheit, an die der moderne Mensch nicht imstande wäre zu glauben, sofern er damit nur dem Glauben an Christus ausweicht.
Nicolás Gómez Dávila

Allons
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Beitrag von Allons »

Moin lieber Lutheraner, herzlichen Dank, dass Du dieses Beispiel ausformulierst, dass mir auch schon im Kopf herumschwirrte.
Lutheraner hat geschrieben:Ich schlage vor, dass wir jemanden zum Amt der Kirche berufen und dieser in Zukunft die Gottesdienste als Liturg leitet.
- Die Liturgien müssten wir selbst aus unserem Gedächtnis und meiner Bibelausgabe entwerfen.
Die Leitung des Wortgottesdienstes könnten wir abwechselnd übernehmen, dazu bedarf es m.W. keines (Amts-)Charismas. Ich setze überigens bei allem voraus, dass wir Linus (Feuer) und sofaklecks (Wein) mit dabei haben.. :)
Lutheraner hat geschrieben:Das bedeutet, wir würden eine vollwertige Kirchengemeinde mit Pfarrer, Predigt- und Abendmahls-gottesdiensten.
- Bei dieser Ordination gäbe es weder eine tatsächliche noch eine intendierte Kette von Handauflegungen

Ich schlage vor, dass wir denjenigen aus unserer Gruppe auswählen, der uns am besten geeignet scheint und der das Amt auch wahrnehmen möchte. Er soll von uns allen unter Handauflegung und Bitte um den Heiligen Geist in sein Amt eingesegnet und berufen werden.Wie würdet Ihr auf meinen Vorschlag reagieren?
Positiv. Auch auf einem verlassenen Eiland sind und bleiben wir Kirche. Ordiniertes Amt und Gemeinde sind zwei Seiten einer Medaille. Auch unter widrigen Umständen sind wir (so verstehe ich das Gleichnis von den Talenten auch) dazu verpflichtet, seinen Auftrag nach Kräften umzusetzen. Wer sich hier angesichts der Notwendigkeit auf mangelnde Sukzessionskettenglieder etc. beruft, vergräbt sein Talent. Ich würde unter diesen Umständen daher davon ausgehen, dass unser HERR (Matthäus 18,20 ) und der Hl. Geist uns bei unserem ernsthaften Bemühen führen werden. Denkbar ist m.E., dass das Amtcharisma (wenn man dieses denn zwingend annehmen will) in diesem Fall quasi direkt durch den Hl. Geist vermittelt würde, deren Werkzeuge die handauflegende Gruppe dann wäre.

(Interessant ist dann allerdings die Frage, wie die entsprechenden Kirchen reagieren würden, wenn die Gruppe wieder nach Hause kommt und der "Ordinierte" dieses gegenüber seiner Kirche geltend macht).

Ich hielte es auch für ausgeschlossen, dass die Wirkungen der gegebenen Sakramente (die ja ausschließlich durch den HERRN geschehen) durch ihn verweigert würden, bloß weil keine vorschriftmäßige Ordination erfolgte.

Just 2ct, wo einiges mehr zu schreiben wäre :)

Allons!

Allons
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Beitrag von Allons »

Johaennschen hat geschrieben:Was würdest Du eigentlich sagen, wenn nur Frauen irgendwo stranden? :P
Ich würde sagen: Typisch :D :D

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Johaennschen hat geschrieben:Ja, so ein Notkirche-Szenario ist schon interessant.
Du bist übrigens auch unter den Schiffbrüchigen. Wie reagierst Du auf meinen Vorschlag?

Johaennschen hat geschrieben: Was würdest Du eigentlich sagen, wenn nur Frauen irgendwo stranden? :P
Da meiner Erfahrung nach fast alle Frauen für die FO sind, wäre das wohl kein Problem ;-)

Die Auswahl desjenigen, der zum Pfarrer berufen werden soll (falls man sich dazu entschließen sollte), wäre natürlich wieder ein Thema für sich. Darf es eine Frau sein? Was für theologische Inhalte muss er/sie vertreten? Wird er nur auf die vorhandene Bibel (die nur aus NT und Psalter besteht) ordiniert oder auch auf das AT und die Bekenntnisschriften, die uns gar nicht vorliegen? Wie könnten wir dann prüfen, ob der Pfarrer im Sinne von Bibel und Bekenntnis handelt und predigt? Was machen wir mit dem Unierten, dem Baptisten und den beiden Katholiken, die dabei sind? Dürfen sie bei der Auswahl und Ordination des Pfarrers mitwirken, dürfen sie am Abendmahl teilnehmen? (Unser Schiff wurde vom Sturm auf den Strand gespült und zerbrach dort. Der Vorderteil des Schiffs wurde von den Wellen ins Meer gerissen. Glücklicherweise befanden sich im Hinterteil des Schiffs Brot- und Weinvorräte, die unversehrt blieben).
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Beitrag von Lutheraner »

Allons hat geschrieben:
Johaennschen hat geschrieben:Was würdest Du eigentlich sagen, wenn nur Frauen irgendwo stranden? :P
Ich würde sagen: Typisch :D :D
:mrgreen: :mrgreen:
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Marcus
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Beitrag von Marcus »

...Weil jeder Getaufte Glied des Leibes Christi ist und damit
„Christus angezogen“ hat (Gal 3,27), kann die Kirche in
absoluten Notlagen und Ausnahmesituationen
darauf
vertrauen, dass auch das allgemeine Priestertum gültige
Sakramente spenden kann. Das kann aber nur dort der Fall
sein, wo prinzipiell der Wille zur Unterordnung unter das
besondere geistliche Amt der Kirche gegeben ist, denn sonst
ist die Verheißung des allgemeinen Priestertums hinfällig.
Wenn also eine Notlage oder Ausnahmesituation gegeben sein
sollte – etwa eine Verfolgungssituation, in der die Kirche der
Amtsträger beraubt wird, oder wo es das Heil eines Menschen
gilt, aber kein Amtsträger erreichbar ist – dann mögen die
Glieder des Leibes Christi im Vertrauen auf die
Barmherzigkeit Gottes handeln. Aus diesen Erwägungen
jedoch zu schließen, dass das allgemeine Priestertum generell
das Recht oder die Vollmacht habe, die Sakramente zu
spenden, ist verfehlt, denn die Vollmacht exousia ist nur dem
Amt gegeben. Wenn dennoch diese Ausnahme dogmatisch
eingeräumt wird, dann einzig und allein im Vertrauen auf die
Barmherzigkeit Gottes, der um der Erhaltung der Kirche und
um des Heiles der Menschen willen diese Vollmacht
außerordentlich schenken kann...

Quelle: http://www.luther-in-bs.de/Aufsatz_Amt.pdf
Was würden die St-Ansagar-Brüder dazu sagen?

Credo 75/XIII hat geschrieben:WIR LEHREN UND BEKENNEN DAS ALLGEMEINE PRIESTERTUM ALLER GLÄUBIGEN für den Zeugendienst der christlichen Offenbarungswahrheit in der Welt, für das Königsrecht Christi in aller Welt, für den Liebesdienst Gottes an allen Menschen, für den Notdienst, wo das auserwählte und berufene Amtspriestertum fehlt oder versagt, für die Erkenntnis der rechten und falschen Hirten, für die Arbeit in Gottes Weinberg, für den Kampf um Gottes Gebote und die Rechte Seiner heiligen Kirche. Wir bekennen, daß in der zukünftigen Welt alle vollendeten Gläubigen Priester und Könige sein werden. Diese Lehre steht über jedem Zweifel...

Quelle: http://www.stmichael-online.de/credo75.htm#(75/XIII):
Wenn die Brüdernbrüder und die St.-Ansgar-Brüder dem allg. Priestertum zutrauen, in Notfällen selbst das Predigtamt (o.k. hier wird vom Priesteramt gesprochen) auszuüben, können wir alle doch beruhigt sein... :)

Da auch Weibsleut´ an der allg. Priesterschaft der Getauften teilhaben, können auch sie natürlich das Predigtamt in Notfällen (kein ordiniertes Predigtamt, keine Männer) einstweilen ausüben... 8)


Aber wenn wir schon dauerhaft auf einer einsamen Insel ausharren müssen, würde ich gleich mal die Schaffung staatlicher Strukturen anstreben. Also zunächst schreiben wir mit Kreide auf einen großen Stein unsere Verfassung. Dann werden staatliche Organe besetzt.

Für das Amt des Regierungschefs käme ein Futzi in Frage, der wenigstens in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis vor seiner Strandung stand und daher weiß, wie es beim Staat so läuft: Also ich. Allons wird Innen- und Justizminister, da er als Jurist dafür herausragend qualifiziert zu seien scheint. Aufgrund seiner gesammelten Erfahrungen als Lektor wird ihm die ev.-luth. Kirche des Inselstaates auch noch zum Bischof wählen. Wegen der engen Verwurzelung zwischen Staat und Kirche hat er als solcher auch noch das Amt des Kultusministers inne. Linus, als Inhaber eines mobilen Scheiterhaufenverleihs, sollte Finanz- und Wirtschaftsminister werden. Als Geschäftsmann ist ihm zuzutrauen, mit Geld umgehen und wirtschaften zu können. Lutheraner, der Portugal von seiner Kindheit her kennt und neben Bayrisch, Deutsch, Englisch auch Portugiesisch spricht, wird von mir selbstverständlich als Außenminister ins Kabinett geholt. Außenminister sollten einfach mehrsprachig sein. (fragt sich halt nur, mit wem wir in diplomatische Beziehungen treten sollen, wenn wir von der Welt abgeschnitten sind...) Sofaklecks wird als promovierter Jurist zum Präsidenten des Inselverfassungsgerichts berufen. Einer muss eben über die Einhaltung der Ordnung und Gesetze im Staat wachen. Johaennschen? :hmm: Ja, Du bist das Volk. :P
Zuletzt geändert von Marcus am Montag 24. November 2008, 16:59, insgesamt 1-mal geändert.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Marcus hat geschrieben:Wenn die Brüdernbrüder und die St.-Ansgar-Brüder dem allg. Priestertum zutrauen, in Notfällen selbst das Predigtamt (o.k. hier wird vom Priesteramt gesprochen) auszuüben, können wir alle doch beruhigt sein... :)
Ich sogar doppelt. Ich stelle mir einfach vor, dass die VELKD eine Notkirche ist (das ist doch auch der eigentliche Anspruch der evang.-luth. Kirche), dann passt alles :mrgreen:
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Forsthoff

Beitrag von sofaklecks »

Mein Referendarsgehalt habe ich mit Orgelspielen aufgebessert. Zumeinem Dienst gehörte auch das Spiel bei Beerdigungen in der Schlierbacher Friedhofskapelle.

Damals starb Ernst Forsthoff. Er war einer der Juristen gewesen, der das Regime Hitlers juristisch zu legitimieren suchten. Nach dem Krieg gehörte er weiter zu den besten Staatsrechtlern, war massgebend daran beteiligt, die zypriotische Verfassung auszuarbeiten und er war bis 1963 etwa Präsident des zypriotischen Verfassungsgerichts. Er focht einen steten Klenkrieg mit Erzbischof Makarios aus, den er vor den Konsequenzen einer zu engen Zusammenarbeit mit Griechenland gewarnt hatte, die diesem später, in der Zeit der griechischen Militärdiktatur zum Verhängnis wurde, und legte aus diesem Grund sein Amt nieder.

Ich erinnere mich deshalb so genau an diesen Tag im August, weil damals naürlich die gesamte Fakultät in der Kapelle sass und ich an allen vorbei nach vorne zur Orgel, ja, sagen wir es ruhig, mit Genuss defilierte, die fragenden Gesichter auskostend, wohin der denn wohl wolle. Darunter mein Doktorvater Wolfgang Hefermehl, selbst im Dritten Reich im Justizministerium beschäftigt, SS-Obersturmbannführer, aber eben der beste Wirtschaftsrechtler in Deutschland, der am nächsten Tag im Seminar laköonisch meinte: "Ich hoffe, ihre Doktorarbeit wird so gut wie ihr Orgelspiel gestern."

Forsthoffs Schicksal indes ist mir eine Lehre: Unter einer theologisch geprägten Regierung würde ich das mir angetragene Amt des Präsidenten des Verfassungsgerichts dankend ablehnen. Ausserdem bin ich meinem Doktorvater gefolgt, der meinte, Verfassungsrecht sei wie Singen in der Schule. Man bekomme dafür Noten, könne damit aber nichts anfangen. Das ist nicht mein Gebiet.

sofaklecks

Allons
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Beitrag von Allons »

Luther zu Braunschweig hat geschrieben:...Weil jeder Getaufte Glied des Leibes Christi ist und damit „Christus angezogen“ hat (Gal 3,27), kann die Kirche in
absoluten Notlagen und Ausnahmesituationen
darauf
vertrauen, dass auch das allgemeine Priestertum gültige
Sakramente spenden kann. Das kann aber nur dort der Fall
sein, wo prinzipiell der Wille zur Unterordnung unter das
besondere geistliche Amt der Kirche gegeben ist, denn sonst
ist die Verheißung des allgemeinen Priestertums hinfällig.
Quelle: http://www.luther-in-bs.de/Aufsatz_Amt.pdf
Wow, freihändig getroffen sozusagen inklusive meinem subjektiven Erlaubnistatbestand, den Text hatte ich mir eigentlich für morgen aufsparen wollen :)
Für das Amt des Regierungschefs käme ein Futzi in Frage, der wenigstens in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis vor seiner Strandung stand und daher weiß, wie es beim Staat so läuft: Also ich. Allons wird Innen- und Justizminister, da er als Jurist dafür herausragend qualifiziert zu seien scheint. Aufgrund seiner gesammelten Erfahrungen als Lektor wird ihm die ev.-luth. Kirche des Inselstaates auch noch zum Bischof wählen. Wegen der engen Verwurzelung zwischen Staat und Kirche hat er als solcher auch noch das Amt des Kultusministers inne.
Sehr schön, und der Finanzminister flutet den Ozean mit Angeboten per Flaschenpost zur kostengünstigen Vagantenweihe. "Einmalige Sukzessionskette" "tax free" "shipping costs not included".

Jetzt aber mal wieder zum Thread zurück: WAR die Situation zur Reformationszeit denn so? Eine Inselsituation? :hmm:
Oder ist das Luthertum das berühmte gallische Dorf, dass seit zwölfhunderthastenichtgesehen oder früher in der RuckeDiKuh(C) subsistierte und durch die Reformation freigelegt wurde?

Nachdenkliche Grüße, Allons!

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Allons hat geschrieben:
Luther zu Braunschweig hat geschrieben:...Weil jeder Getaufte Glied des Leibes Christi ist und damit „Christus angezogen“ hat (Gal 3,27), kann die Kirche in
absoluten Notlagen und Ausnahmesituationen
darauf
vertrauen, dass auch das allgemeine Priestertum gültige
Sakramente spenden kann. Das kann aber nur dort der Fall
sein, wo prinzipiell der Wille zur Unterordnung unter das
besondere geistliche Amt der Kirche gegeben ist, denn sonst
ist die Verheißung des allgemeinen Priestertums hinfällig.
Quelle: http://www.luther-in-bs.de/Aufsatz_Amt.pdf
Wow, freihändig getroffen sozusagen inklusive meinem subjektiven Erlaubnistatbestand, den Text hatte ich mir eigentlich für morgen aufsparen wollen :)
Für das Amt des Regierungschefs käme ein Futzi in Frage, der wenigstens in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis vor seiner Strandung stand und daher weiß, wie es beim Staat so läuft: Also ich. Allons wird Innen- und Justizminister, da er als Jurist dafür herausragend qualifiziert zu seien scheint. Aufgrund seiner gesammelten Erfahrungen als Lektor wird ihm die ev.-luth. Kirche des Inselstaates auch noch zum Bischof wählen. Wegen der engen Verwurzelung zwischen Staat und Kirche hat er als solcher auch noch das Amt des Kultusministers inne.
Sehr schön, und der Finanzminister flutet den Ozean mit Angeboten per Flaschenpost zur kostengünstigen Vagantenweihe. "Einmalige Sukzessionskette" "tax free" "shipping costs not included".

Jetzt aber mal wieder zum Thread zurück: WAR die Situation zur Reformationszeit denn so? Eine Inselsituation? :hmm:
Oder ist das Luthertum das berühmte gallische Dorf, dass seit zwölfhunderthastenichtgesehen oder früher in der RuckeDiKuh(C) subsistierte und durch die Reformation freigelegt wurde?

Nachdenkliche Grüße, Allons!
Dieses Thema ist sehr komplex. Das Amtsverständnis war für die Väter der Reformation zunächst nicht wirklich relevant, weil man sich als innerkirchliche Reformbewegung verstand und zunächst keine Unabhängigkeit von der päpstlichen Superiorität beabsichtigte. Als dies aber unumgänglich wurde und man eigene kirchliche Strukturen aufbaute, wurde diese Frage relevant, weil man für ausreichende postorale Versorgung in den Gemeinden sorgen musste. Die amtierenden röm.-kath. Bischöfe waren natürlich nicht bereit, Lutheraner die Priesterweihe zu spenden. Andererseits war man auch nicht bereit, die röm.-kath. Bischöfe als solche anzuerkennen, weil man sie als weltliche Fürsten und nicht als christliche Hirten auffasste. Nach dem Motto „The show must go on“ blieb also den Lutheranern nichts anderes übrig als sich auf die Bibel und Hieronymus u.a. zu berufen, um darzulegen, dass der Unterschied zwischen einem Bischof und Presbyter/Priester nicht in der Weihe, sondern nur in der Funktion nach kirchlichem Recht besteht. Demnach war es also rechtens, dass zur Not auch geweihte Priester andere Priester ins Bischofsamt bzw. im Amt der Superintendent einsetzten und einsegneten, damit diese wiederum die klassischen bischöflichen Aufgaben (Visitation, Lehraufsicht und Ordination) wahrnehmen konnten. Diese
presbyteriale Sukzession blieb dem Luthertum also erhalten und reicht nach meiner Meinung auch aus. In Schweden sind hingegen röm.-kath. Bischöfe zum Luthertum konvertiert, so dass dort auch die Apostolische Sukzession in episkopaler Form erhalten blieb, auch wenn diese von Rom nicht anerkannt wird. Zwar sind geweihte Bischöfe zum deutschen Luthertum übergetreten. Da aber damals Weihe und Jurisdiktion eng miteinander verbunden waren und ein anderes Segensverständnis als heute vorlag, wäre ein nicht mehr amtierender Diözesen- oder schismatischer Weihebischof als Spender ohnehin nicht in Frage gekommen. Dafür kam es im Mittelalter aber auch vor, dass Äbter, die nur die Priesterweihe empfangen haben, oder auch andere Priester vom Papst die Erlaubnis bzw. Vollmacht erteilt bekamen, Priesterweihen zu vollziehen. Das Ordinationsrecht wurde also offenbar mehr eine juristische Angelegenheit als eine Segenshandlung verstanden.

Hippolyt von Rom erwähnt in seinem Kanon z. B., dass auch Priester eine Bischofsweihe nach entsprechender Beauftragung vollziehen könnten. Das Recht Priesterweihen vorzunehmen habe nach ihm allerdings nur der Bischof, wobei die Weihegebete bei Bischofs- und Priesterweihen in seinem Kanon mit der Ausnahme der „Amtsbezeichnung“ identisch sind.

Andere Kirchenlehrer vertraten auch die Auffassung, dass bereits die Priesterweihe im Grunde alle Charismen verleihe, der Priester aber partiell (kirchenrechtlich) gebunden sei und erst mit seiner Weihe bzw. Einsegnung zum Bischof entbunden würde.

Wenn man das alles berücksichtigt, haben die Reformatoren also in einem Rahmen gehandelt, für den sich durchaus eine Grundlage in Schrift und Tradition sowie bei den Kirchenlehrer finden lässt. Die röm.-kath. Kirche hat dann aber in der Folgezeit ausdrücklich zu verstehen gegeben, dass nur der Bischof als ordentliche Spender des Weihesakramentes in Frage komme und es neben ihm keinen anderen, auch keinen außerordentlichen Spender (z. B. Priester) gäbe.

Dass die röm.-kath. Kirche unsere Weihen und uns deshalb auch nicht als „echte Teilkirche“ anerkannt, ist bekannt, so dass es mich wundert, wenn manche Protestanten deswegen einen dicken Hals kriegen. Der Glaube an die Gültigkeit unserer Weihen kann aber nicht von röm.-kath. Lehrentscheidungen abhängen, sondern nur allein auf göttliches Vertrauen. Wenn ich zum Abendmahl gehe und es empfange, fühle ich mich besser und in meinem Glauben gestärkt, dass ich auch davon überzeugt bin, ein gültiges Sakrament zur Vergebung meiner Sünden und Stärkung meines Glaubens empfangen zu haben. Manch jemand mag jetzt mit dem Placebo-Effekt-Argument kommen, aber das tun Atheisten in Bezug auf christliche Gebetserhörungen ebenfalls. Von daher ist es irrelevant, wie andere Christen die Gültigkeit unserer Weihen bewerten, solange wir mit einem gutem Gewissen selbst daran glauben bzw. darauf vertrauen können.

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Re: Forsthoff

Beitrag von Lutheraner »

sofaklecks hat geschrieben:Mein Referendarsgehalt habe ich mit Orgelspielen aufgebessert. Zumeinem Dienst gehörte auch das Spiel bei Beerdigungen in der Schlierbacher Friedhofskapelle.

Damals starb Ernst Forsthoff. Er war einer der Juristen gewesen, der das Regime Hitlers juristisch zu legitimieren suchten. Nach dem Krieg gehörte er weiter zu den besten Staatsrechtlern, war massgebend daran beteiligt, die zypriotische Verfassung auszuarbeiten und er war bis 1963 etwa Präsident des zypriotischen Verfassungsgerichts. Er focht einen steten Klenkrieg mit Erzbischof Makarios aus, den er vor den Konsequenzen einer zu engen Zusammenarbeit mit Griechenland gewarnt hatte, die diesem später, in der Zeit der griechischen Militärdiktatur zum Verhängnis wurde, und legte aus diesem Grund sein Amt nieder.

Ich erinnere mich deshalb so genau an diesen Tag im August, weil damals naürlich die gesamte Fakultät in der Kapelle sass und ich an allen vorbei nach vorne zur Orgel, ja, sagen wir es ruhig, mit Genuss defilierte, die fragenden Gesichter auskostend, wohin der denn wohl wolle. Darunter mein Doktorvater Wolfgang Hefermehl, selbst im Dritten Reich im Justizministerium beschäftigt, SS-Obersturmbannführer, aber eben der beste Wirtschaftsrechtler in Deutschland, der am nächsten Tag im Seminar laköonisch meinte: "Ich hoffe, ihre Doktorarbeit wird so gut wie ihr Orgelspiel gestern."

Forsthoffs Schicksal indes ist mir eine Lehre: Unter einer theologisch geprägten Regierung würde ich das mir angetragene Amt des Präsidenten des Verfassungsgerichts dankend ablehnen. Ausserdem bin ich meinem Doktorvater gefolgt, der meinte, Verfassungsrecht sei wie Singen in der Schule. Man bekomme dafür Noten, könne damit aber nichts anfangen. Das ist nicht mein Gebiet.
Lieber Sofaklecks,

ich hoffe aufrichtig, dass von dieser ganzen braunen Suppe nichts an Dir hängengeblieben ist.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Marcus hat geschrieben: Der Glaube an die Gültigkeit unserer Weihen kann aber nicht von röm.-kath. Lehrentscheidungen abhängen, sondern nur allein auf göttliches Vertrauen. Wenn ich zum Abendmahl gehe und es empfange, fühle ich mich besser und in meinem Glauben gestärkt, dass ich auch davon überzeugt bin, ein gültiges Sakrament zur Vergebung meiner Sünden und Stärkung meines Glaubens empfangen zu haben. Manch jemand mag jetzt mit dem Placebo-Effekt-Argument kommen, aber das tun Atheisten in Bezug auf christliche Gebetserhörungen ebenfalls. Von daher ist es irrelevant, wie andere Christen die Gültigkeit unserer Weihen bewerten, solange wir mit einem gutem Gewissen selbst daran glauben bzw. darauf vertrauen können.
So ist es, darum sollen wir uns von einem übersteigerten Amtsverständnis, Sukzessionslinien, etc. fernhalten, denn sie bewirken nichts anderes, als dass sie die Gläubigen verunsichern. Schau Dir mal an, wie unsicher manche Römer (nicht nur) in diesem Forum sind.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

sofaklecks
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Off topic, Braune Suppe

Beitrag von sofaklecks »

Sicher nicht. In meiner Familie hiessen die Nazis immer nur "Die Hitler".

Aber ganz objektiv:

Beide Männer waren eindrucksvolle Persönlichkeiten.

Von beiden hörte man nie eine Bagatellisierung ihres Verhaltens.

Hefermehl war der einzige, der während der Auseinandersetzungen im SS 1970, als die gesamte Fakultät ihre Vorlesungen einstellte, weiterlas und sich weder vom Druck des SDS noch von dem seiner Fakultätskollegen davon abbringen liess.

Als er seinen neunzigsten Geburtstag feierte, war alles vertreten, was in dieser Republik bei den Juristen Rang und Namen hatte. Wäre damals die Decke der alten Aula eingestürzt, man hätte den halben BGH, ein Viertel des Bundesverfassungsgerichts, alle Zivilsenate der OLG und ein Gutteil der Juristischen Fakultäten neu besetzen müssen.

sofaklecks

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