Christ-Katholische Kirche

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
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Marcus
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Re: Christ-Katholische Kirche

Beitrag von Marcus »

Weißt Du, was an dem Gebet für Verstorbene hier aus protestantischer Sicht das eigentlich Ungewöhnliche ist? Mal abgesehen davon, dass es viele aus dem protestantischen und freikirchlichen Spektrum gar entschieden ablehnen, überhaupt für Verstorbene zu beten, ist die Platzierung während der Abendmahlsliturgie selbst für jene aus diesem Spektrum, die dem Gebet für Verstorbene nicht ablehnend gegenüberstehen, etwas woran sie Anstoß nehmen könnten. Man hat sich einst bewusst dafür entschieden gehabt, Fürbittengebete vom Sakramentsteil auszulagern, damit hierdurch der Gabencharakter des Altarsakraments nicht beeinträchtigt werde. Offenbar hatte man also den Eindruck oder die Befürchtung gehabt, die Integration von Fürbitten während der Abendmahlsliturgie könnte den Eindruck erwecken, dass das Abendmahl als eine Art Opfer für das Fürbittenanliegen gefeiert werde, gar gefeiert werden müsste. Mich würde es nicht wundern, wenn ein strammer Protestant einem Pfarrer, der diese Art von Fürbitten während der Abendmahlsfeier wählt, gar unterstellen würde, er hätte statt evangelischen Abendmahls das röm.-kath. Messopfer gefeiert und bei dessen geistlichen Vorgesetzten die Eröffnung eines Lehrbeanstandungsverfahrens anregt. Du wirst darüber als Katholik sicherlich den Kopf schütteln, da Du sicherlich jedem fragenden Protestanten erklären würdest und könntest, weshalb das kein Messopfer ist, solltest aber bedenken, dass die meisten Protestanten gar nicht wirklich wissen, wie in der röm.-kath. Liturgie Messopfer gefeiert wird und welche Gebete dabei gesprochen werden. Allein schon die Verbindung "Abendmahlsliturgie + Fürbitten mit Gebet für Verstorbene" reicht schon für diese Assoziation aus. Ein evangelikaler Fundi hat mal während eines Vortrages über die „katholischen Irrlehren“ kurz erwähnt, dass er selbst noch nie eine katholische Kirche betreten hätte, aber dennoch wüsste, wovon er spreche, wenn er katholischen Lehren und Gebräuche aus seiner biblischen Sicht kritisiere.
Jesus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)

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Hubertus
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Re: Christ-Katholische Kirche

Beitrag von Hubertus »

Niels hat geschrieben:
Samstag 30. Januar 2021, 12:58
Das scheint eine Art Paraphrase aus den "Messen für besondere Anliegen" zu sein (oder umgekehrt) : https://www.eucharistia.org/de/liturgy/hochgebete.html
Stimmt... Irgendwie hatte ich spontan das Gefühl, so einen ähnlichen Text schon mal irgendwo gehört zu haben. :patsch:
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Niels
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Re: Christ-Katholische Kirche

Beitrag von Niels »

Marcus hat geschrieben:
Samstag 30. Januar 2021, 13:41
Weißt Du, was an dem Gebet für Verstorbene hier aus protestantischer Sicht das eigentlich Ungewöhnliche ist? Mal abgesehen davon, dass es viele aus dem protestantischen und freikirchlichen Spektrum gar entschieden ablehnen, überhaupt für Verstorbene zu beten, ist die Platzierung während der Abendmahlsliturgie selbst für jene aus diesem Spektrum, die dem Gebet für Verstorbene nicht ablehnend gegenüberstehen, etwas woran sie Anstoß nehmen könnten. Man hat sich einst bewusst dafür entschieden gehabt, Fürbittengebete vom Sakramentsteil auszulagern, damit hierdurch der Gabencharakter des Altarsakraments nicht beeinträchtigt werde. Offenbar hatte man also den Eindruck oder die Befürchtung gehabt, die Integration von Fürbitten während der Abendmahlsliturgie könnte den Eindruck erwecken, dass das Abendmahl als eine Art Opfer für das Fürbittenanliegen gefeiert werde, gar gefeiert werden müsste. Mich würde es nicht wundern, wenn ein strammer Protestant einem Pfarrer, der diese Art von Fürbitten während der Abendmahlsfeier wählt, gar unterstellen würde, er hätte statt evangelischen Abendmahls das röm.-kath. Messopfer gefeiert und bei dessen geistlichen Vorgesetzten die Eröffnung eines Lehrbeanstandungsverfahrens anregt. Du wirst darüber als Katholik sicherlich den Kopf schütteln, da Du sicherlich jedem fragenden Protestanten erklären würdest und könntest, weshalb das kein Messopfer ist, solltest aber bedenken, dass die meisten Protestanten gar nicht wirklich wissen, wie in der röm.-kath. Liturgie Messopfer gefeiert wird und welche Gebete dabei gesprochen werden. Allein schon die Verbindung "Abendmahlsliturgie + Fürbitten mit Gebet für Verstorbene" reicht schon für diese Assoziation aus. Ein evangelikaler Fundi hat mal während eines Vortrages über die „katholischen Irrlehren“ kurz erwähnt, dass er selbst noch nie eine katholische Kirche betreten hätte, aber dennoch wüsste, wovon er spreche, wenn er katholischen Lehren und Gebräuche aus seiner biblischen Sicht kritisiere.
Danke Dir für diese Hinweise!
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Marcus
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Re: Christ-Katholische Kirche

Beitrag von Marcus »

Gern geschehen. Hierzu mal Zitate aus protestantischen Quellen:
[…]Im 5. Jahrhundert verkümmerte das Allgemeine Kirchengebet nach der Predigt zunehmend zugunsten einer Litanei im Eingangsteil, bei der die einzelnen Fürbitten mit dem Kyrie aufgenommen wurden. Schon bald blieb aber auch davon nur das Kyrie (s.o.) übrig, ohne dass die Fürbitten an einer anderen Stelle einen gebührenden Platz erhielten. Man fand sie dann (in der römisch-katholischen Kirche bis in unser Jahrhundert hinein) eher „versteckt“ in den Dankgebeten und Opfergebeten der Eucharistie.

Bezüglich des Ortes im Gottesdienst und bezüglich seiner Bedeutung gaben die Reformatoren diesem Gebet die alte Stellung zurück.

[…] Der Zusammenhang der Fürbitten mit Abkündigungen und Dankopfer sollte in der Regel gewahrt bleiben.

Die Fürbitten können aber auch an verschiedene Stellen des Gottesdienstablaufes plaziert werden, sie entfallen dann natürlich an anderer Stelle:

- Fürbitten können im Eingangsteil mit dem Kyrieruf verbunden werden.

- Bei Abendmahlsgottesdiensten liegt das Fürbittengebet zwischen Verkündigung und Eucharistiefeier, oder es schließt das Mahl ab - verbunden mit dem Dankgebet.

- Im Sendungsteil, direkt vor dem Segen, weisen die Fürbitten über den gefeierten Gottesdienst hinaus in die Welt.

Quelle:https://www.der-evangelische-gottesdien ... m#Stellung Fuerbitten
Damit keine Missverständnisse entstehen: Mit Dankopfer ist nicht die Eucharistiefeier bzw. die Feier des Hl. Abendmahls, sondern die Einsammlung der Kollekte gemeint. Danach wird ein Dankopfergebet gesprochen. Das Dankopfer geht der Abendmahlsfeier vor. Häufig wurde/wird die Kollekte aber auch zum Schluss des Gottesdienstes in den Opferstock geworfen. Siehe: https://www.der-evangelische-gottesdien ... beutel.htm

Daraus zitiert:
[…]Leider hat sich jedoch das Verständnis von „Opfer“ in sehr unheilsamer Weise verkehrt. Diese Entwicklung begann schon zu Beginn des zweiten Jahrhunderts: Man verstand die Gabenbereitung und das Dankopfer (Naturalien sowie Geldspende) zunehmend als Opfer der Menschen an Gott. Als ob wir Jesus selbst und unsere Habe immer wieder neu opfern, um unseren Gott gütig zu stimmen. An dieser Stelle schrie Martin Luther auf. Er fand harte Worte gegen die „abergläubischen“ Texte des Offertoriums, in denen zudem die Ansicht deutlich wurde, man könne durch diese (scheinbar) guten Werke vor Gott gerecht werden. Luther strich das Offertorium und damit die Geldsammlung.

... darum legen wir unsere Opfergabe nicht auf den Altar!

Sehr schnell (schon zur Zeit der Reformation) wurde das Dankopfer wieder eingeführt, denn es war als Akt der Solidarität unverzichtbar. Die missverständliche Nähe zur Gabenbereitung wurde nun vermieden, indem das Geldopfer erst am Ausgang (nach dem Gottesdienst) in den Opferstock gelegt wurde oder indem man es unabhängig vom Abendmahlsteil (insbesondere beim Lied vor der Predigt) einsammelte[…]
Sofern die Fürbitten das Abendmahl abschließen sollen, muss beachtet werden, dass diese erst nach dem Kommunizieren erfolgen!

Zum Schluss aus der bereits zitierten Seite wird es dann richtig protestantisch :breitgrins: :

[…]Die Dankopfergebete in unseren Agenden sind leider so formuliert, als gelte unser Opfer Gott. Die Erneuerte Agende macht da keine Ausnahme. Gott aber braucht unsere Oper nicht; die Gebete müssen in der Gemeinde (im Gottesdienstausschuss bzw. Liturgieausschuss) überarbeitet werden. Hier sollten wir für die Gaben Gottes danken und dafür, dass er uns das Teilen ermöglicht, und bitten, dass wir Wege finden, Gerechtigkeit zu verwirklichen und Not zu lindern[…]
Quelle: https://www.der-evangelische-gottesdien ... beutel.htm
Es gibt hierzulande aber auch Priester unter dem Dach der DBK, die mit "Opfer" nichts anfangen können.
Dr. Jörg Sierger hat geschrieben:[…]Wir halten deswegen auch kein Opfermahl, wenn wir an Jesu Tod und seine Auferstehung denken. Die Messe ist keine Opferfeierlichkeit, sie ist ein Mahl - wenn auch ein rituell erstarrtes Mahl. Sie geht zurück auf das fröhliche jüdische Pessachmahl, das Jesus am Abend vor seinem Leiden im Kreis seiner Jünger gefeiert hat[…]
Quelle: https://www.joerg-sieger.de/glaube/themen/opfer.php#k
Andererseits:
Dr. Jörg Sieger hat geschrieben: […]
Das Zweite Vatikanische Konzil drängt den Begriff Opfer, der zuvor oft im Mittelpunkt stand, deutlich in den Hintergrund. Es spricht von der Heiligen Messe und entdeckt den Mahlcharakter der Feier neu.

Auch der große Steinaltar, der an den alten Opferaltar erinnert, auf dem die Tiere geschlachtet wurden, wird vom Konzil nicht mehr favorisiert. Der Altar soll an einen Tisch erinnern, weil das gemeinsame Mahl, das eigentliche Vorbild der Eucharistiefeier ist.

Die Liturgiereform ist dann diesem Gedanken gefolgt und hat dementsprechend auch die Texte der Messfeier dahingehend überarbeitet - zugegebenermaßen da und dort mit mehr oder weniger Erfolg.
[…]

https://www.joerg-sieger.de/glaube/themen/opfer.php#k

Bei Interesse könnte man das Thema in einem anderen Thread vertiefen...
Jesus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)

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