Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
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Siard
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Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von Siard »

Petrus hat geschrieben:
Donnerstag 7. Januar 2021, 21:22
ah - meintest du diejenigen, die sich heimlich ihre Weihe holen?
:roll:

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Estephanaus
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Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von Estephanaus »

Petrus hat geschrieben:
Donnerstag 7. Januar 2021, 21:22
Estephanaus hat geschrieben:
Donnerstag 7. Januar 2021, 20:50
Die Hochkirchliche Bewegung ist nicht zu vergessen.
ah - meintest du diejenigen, die sich heimlich ihre Weihe holen?
Wieso heimlich? Wenn man etwas geheim halten will, sollte man es doch schlecht veröffentlichen... (https://johannesbruderschaft.eu/diakonatsweihe-2018/). Und nach vier Leuten sieht es auch nicht gerade aus.
«Alexander, Cäsar, Karl der Grosse (…) haben Reiche gegründet. Aber worauf (…) ? Auf Gewalt. (…) Jesus Christus gründete sein Reich auf der Liebe; und zu dieser Stunde würden Millionen Menschen für ihn sterben.» - Napoléon Bonaparte

TillSchilling

Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von TillSchilling »

Estephanaus hat geschrieben:
Freitag 8. Januar 2021, 11:11
Und nach vier Leuten sieht es auch nicht gerade aus.
Zitat von der entsprechenden Wikipedia-Seite:

"Zur Hochkirchlichen St.-Johannes-Bruderschaft gehören heute rund einhundert Glieder (35 % Frauen, 65 % Männer) in Deutschland, in den Niederlanden, in Österreich und in der Tschechei. Sie sind mehrheitlich Glieder Evangelischer Landeskirchen. Andere sind Glieder der römisch-katholischen Kirche, der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) oder einer anderen Konfession."

Das Thema des OT war das Verhältnis des Protestantismus zur Tradition der Kirche. Klar ist dass es da vielfältige Ansätze und Vorstellungen gibt. Wobei die hochkirchlichen Gemeinschaften an einem Ende des Spektrums stehen und ihre Praxis sicher nicht repräsentativ sind. Repräsentativ ist, und das habe ich versucht darzustellen, die Ansicht dass die Schrift als norma normans über oder vor der Tradition steht, d.h. vor theologischen Aussagen, formulierten Bekenntnissen und Praxis der Kirche: norma normata. In diesem Sinne sehen sich alle Protestanten - ob berechtigt oder nicht sei jetzt erst mal dahin gestellt - direkt in der Tradition der Kirche.

Führt natürlich zu zwei Fragen:
- was sagt die norma normans überhaupt?
- was passiert wenn man diese Norm nur noch als Menschenwort ansieht und ihr keine normative Kraft mehr zuspricht?

Frage 1 war wichtig im 16. und 17. Jahrhundert, heute nur noch für wenige.
Frage 2 ist das grosse Thema unserer Zeit. Und an der Frage kommen auch Katholiken und Orthodoxe nicht vorbei.

Petrus
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Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von Petrus »

Estephanaus hat geschrieben:
Freitag 8. Januar 2021, 11:11
Petrus hat geschrieben:
Donnerstag 7. Januar 2021, 21:22
Estephanaus hat geschrieben:
Donnerstag 7. Januar 2021, 20:50
Die Hochkirchliche Bewegung ist nicht zu vergessen.
ah - meintest du diejenigen, die sich heimlich ihre Weihe holen?
Wieso heimlich? Wenn man etwas geheim halten will, sollte man es doch schlecht veröffentlichen... (https://johannesbruderschaft.eu/diakonatsweihe-2018/). Und nach vier Leuten sieht es auch nicht gerade aus.
Danke, Estephanaus Dir,

Für deinen für mich sehr hilfreichen link, dem ich folgte.

komischer Verein, dort.

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Lycobates
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Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von Lycobates »

Petrus hat geschrieben:
Freitag 8. Januar 2021, 13:07
Estephanaus hat geschrieben:
Freitag 8. Januar 2021, 11:11
Petrus hat geschrieben:
Donnerstag 7. Januar 2021, 21:22


ah - meintest du diejenigen, die sich heimlich ihre Weihe holen?
Wieso heimlich? Wenn man etwas geheim halten will, sollte man es doch schlecht veröffentlichen... (https://johannesbruderschaft.eu/diakonatsweihe-2018/). Und nach vier Leuten sieht es auch nicht gerade aus.
Danke, Estephanaus Dir,

Für deinen für mich sehr hilfreichen link, dem ich folgte.

komischer Verein, dort.
Jedenfalls auf weiten Strecken katholischer, als der Konzilsverein, der dazu jeglicher Komik entbehrt.
Wie es mit der Weihesukzession bei der Johannesbruderschaft aussieht, wäre allerdings einer Untersuchung wert.
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
*
Fac me Tibi semper magis credere, in Te spem habere, Te diligere
*
... una cum omnibus orthodoxis, atque catholicae et apostolicae fidei cultoribus

Petrus
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Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von Petrus »

Lycobates hat geschrieben: Wie es mit der Weihesukzession bei der Johannesbruderschaft aussieht, wäre allerdings einer Untersuchung wert.
Nun,

Es könnte sein, dass diese Sache anfing mit Friedrich Heiler.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Heiler

TillSchilling

Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von TillSchilling »

Estephanaus hat geschrieben:
Freitag 8. Januar 2021, 11:11
Wieso heimlich?
Es gab da welche, die sich diese Weihe in angenommener apostolischer Sukzession heimlich geholt haben. Widersprach nämlich der Ordnung der Kirche, bei der sie angestellt waren. Schau zum Beispiel hier für mehr Info: https://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?t=12359

Mit dem Thema Philipps hat das aber (fast) nichts zu tun. So Zeugs interessiert im Protestantismus wirklich fast niemanden.

Petrus
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Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von Petrus »

TillSchilling hat geschrieben:
Freitag 8. Januar 2021, 14:54
So Zeugs interessiert im Protestantismus wirklich fast niemanden.
richtig gesprochen, TillSchilling. "fast" niemanden. dennoch mich schon. :ja:


für weitere Auskünfte - falls gewünscht - in diesem Zusammenhang stehe ich gern zur Verfügung.

Petrus :)

TillSchilling

Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von TillSchilling »

Petrus hat geschrieben:
Samstag 9. Januar 2021, 09:55
TillSchilling hat geschrieben:
Freitag 8. Januar 2021, 14:54
So Zeugs interessiert im Protestantismus wirklich fast niemanden.
richtig gesprochen, TillSchilling. "fast" niemanden. dennoch mich schon. :ja:
Natürlich. Darf es ja auch. Ich habe auch (hier) gar nicht diese Leute oder dich kritisieren wollen. Nur darauf hinweisen dass angesichts der Frage von Philipp
philipp hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 21:33
Ich versuche herauszufinden, wie sie [Protestanten] über sich denken [in Bezug auf ihr Verhältnis zur Tradition].
die hochkirchlichen Gemeinschaften nicht repräsentativ sind. Ihre Liturgie und zum Teil auch ihre Überzeugungen in der Sakramentologie und Ekklesiologie werden von den allermeisten Protestanten nicht geteilt.

Der kleinste gemeinsame Nenner aber, den - zumindest auf dem Papier - alle Protestanten teilen in Bezug auf ihr Verhältnis zur Tradition ist der Bezug auf die Schrift. In diesem Sinne sieht sich auch die freieste evangelikal-charismatische Gruppierung in direkter urchristlicher Tradition. Ja, sehen sich als treuer der Tradition verpflichtet denn Katholiken, die - in ihrer Sicht - von Traditionen und Lehren der Urkirche abgewichen sind.

Petrus
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Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von Petrus »

TillSchilling hat geschrieben:
Samstag 9. Januar 2021, 11:00
Petrus hat geschrieben:
Samstag 9. Januar 2021, 09:55
TillSchilling hat geschrieben:
Freitag 8. Januar 2021, 14:54
So Zeugs interessiert im Protestantismus wirklich fast niemanden.
richtig gesprochen, TillSchilling. "fast" niemanden. dennoch mich schon. :ja:
Natürlich. Darf es ja auch. Ich habe auch (hier) gar nicht diese Leute oder dich kritisieren wollen. Nur darauf hinweisen dass angesichts der Frage von Philipp
philipp hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 21:33
Ich versuche herauszufinden, wie sie [Protestanten] über sich denken [in Bezug auf ihr Verhältnis zur Tradition].
die hochkirchlichen Gemeinschaften nicht repräsentativ sind. Ihre Liturgie und zum Teil auch ihre Überzeugungen in der Sakramentologie und Ekklesiologie werden von den allermeisten Protestanten nicht geteilt.

Der kleinste gemeinsame Nenner aber, den - zumindest auf dem Papier - alle Protestanten teilen in Bezug auf ihr Verhältnis zur Tradition ist der Bezug auf die Schrift. In diesem Sinne sieht sich auch die freieste evangelikal-charismatische Gruppierung in direkter urchristlicher Tradition. Ja, sehen sich als treuer der Tradition verpflichtet denn Katholiken, die - in ihrer Sicht - von Traditionen und Lehren der Urkirche abgewichen sind.
Danke dir, für deinen Beitrag.

Nun - der größte gemeinsamer Nenner aller Protestanten ist, soweit ich das erlebt und erfahren habe.


Was ist evangelisch?

Daß wir nicht katholisch sind!


:blinker: :ikb_gossip:

TillSchilling

Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von TillSchilling »

Petrus hat geschrieben:
Samstag 9. Januar 2021, 16:45
Nun - der größte gemeinsamer Nenner aller Protestanten ist, soweit ich das erlebt und erfahren habe.

Was ist evangelisch?

Daß wir nicht katholisch sind!


:blinker: :ikb_gossip:
😁😁

Etwas anders ausgedrückt: Ja, allen protestantischen Gruppen ist zu eigen dass sie ein übergeordnetes Lehramt analog zum römisch-katholischen Kirchenmodell ablehnen.

Tatsächlich sich in der Ablehnung des römisch-katholisch sein zu definieren mag für manche - gerade in Deutschland wo die Konfessionen so eng aufeinander hocken und wo die Ökumene auf lokaler Ebene ein Thema ist. Neuerdings sogar für Evangelikale - wichtig sein. International nehme ich das - subjektiv - anders wahr: dogmatisch abgegrenzt und ansonsten desinteressiert. Live and let live. Tatsächliche, funktionierende und die Sache Christi treibende Ökumene findet zwischen protestantischen, genauer evangelikalen Gruppen statt.

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Marcus
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Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von Marcus »

TillSchilling hat geschrieben:
Sonntag 10. Januar 2021, 11:46
Tatsächlich sich in der Ablehnung des römisch-katholisch sein zu definieren mag für manche - gerade in Deutschland wo die Konfessionen so eng aufeinander hocken und wo die Ökumene auf lokaler Ebene ein Thema ist. Neuerdings sogar für Evangelikale - wichtig sein. International nehme ich das - subjektiv - anders wahr: dogmatisch abgegrenzt und ansonsten desinteressiert. Live and let live. Tatsächliche, funktionierende und die Sache Christi treibende Ökumene findet zwischen protestantischen, genauer evangelikalen Gruppen statt.
Das entspricht auch meiner eigenen Wahrnehmung. Wenn ich mir z. B. den Youtube-Kanal Luther 2.0 ansehe, komme ich zu dem Schluss, dass es unter evangelischen Christen, die sich aus Überzeugung konsequent zu den 4 Soli bekennen, eine ernsthafte Ökumene auf dieser Grundlage gibt, und zwar unabhängig davon, ob sie dem evangelikalen/pietistischen Lager in den Landeskirchen oder freikirchlichen Gemeinschaften zuzuordnen sind. Natürlich werden bei dieser Art von Ökumene auch eigene konfessionelle Positionen relativiert. Pastor Latzel hat so z. B. mal in einem Video, das ich gesehen habe, sinngemäß geäußert, dass für ihn Sachen, wie ob man Kinder tauft oder die Erwachsenentaufe bevorzugt, Wein oder Traubensaft bei der Abendmahlsfeier verwendet, oder ob man von der Realpräsenz überzeugt ist, für ihn kein Grund zur Trennung, sondern lediglich persönliche Erkenntnis sei. Wohl auch aus diesem Grund hat er als eigentlich ev.-ref. Pastor weder ein Problem damit, sowohl mit ev.-luth. Christen als auch mit Christen aus Brüder-, Baptisten oder Mennonitengemeinden gemeinsam Missionsarbeit zu leisten.

Nachtrag:
Ich beziehe mich auf das Video (ab 51. Minute):
https://www.youtube.com/watch?v=gmoT9rGb_-A
Jesus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)

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Marcus
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Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von Marcus »

Protasius hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 22:42
philipp hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 22:31
Protasius hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 22:11
Im Selbstverständnis der Reformatoren, soweit ich als Katholik und somit Außenstehender es verstehe, folgte man den Traditionen der frühen Kirche unter Zurückweisung der mittelalterlichen Entstellungen der Papisten.
...ich habe den "erstbesten" Kirchenvater aufgeschlagen (Augustinus) und der redet von der einen Kirche und von der Realpräsenz in der Eucharistie.

Wie das und vermutlich vieles weitere mit den Ideen von Luther et al. zusammengehen soll ist mir ein Rätsel.
Du wärest überrascht, wie oft Augustinus im 16. Jahrhundert von den Reformatoren zitiert wurde. Man muß dabei allerdings zwischen den verschiedenen Reformatoren unterscheiden; Reformierte in der Nachfolge von bspw. Zwingli und Calvin und Lutheraner in der Nachfolge von, offensichtlich, Luther unterscheiden sich teilweise deutlich. Die Lutheraner zumindest vertreten meines Wissens – jedenfalls auf dem Papier – die Realpräsenz, wenngleich in der irrigen Form der Konsubstantiation statt der Transsubstantiation.

Martin Luthers Kleiner Katechismus hat geschrieben:Das Fünfte Hauptstück


Das Sakrament des Altars oder das Heilige Abendmahl

Zum Ersten
Was ist das Sakrament des Altars?
Es ist der wahre Leib und Blut unsers Herrn Jesus Christus, unter dem Brot und Wein uns Christen zu essen und zu trinken von Christus selbst eingesetzt.

Wo steht das geschrieben?

So schreiben die heiligen Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und der Apostel Paulus: "Unser Herr Jesus Christus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach's und gab's seinen Jüngern und sprach: Nehmet hin und esset: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; solches tut zu meinem Gedächtnis.

Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Abendmahl, dankte und gab ihnen den und sprach: Nehmet hin und trinket alle daraus: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden; solches tut, sooft ihr's trinket. zu meinem Gedächtnis."

Zum Zweiten
Was nützt denn solch Essen und Trinken?
Das zeigen uns diese Worte: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden; nämlich, daß uns im Sakrament Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit durch solche Worte gegeben wird; denn wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit.

Zum Dritten
Wie kann leiblich Essen und Trinken solch große Dinge tun?
Essen und Trinken tut's freilich nicht, sondern die Worte, die da stehen: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden. Diese Worte sind neben dem leiblichen Essen und Trinken das Hauptstück im Sakrament. Und wer diesen Worten glaubt, der hat, was sie sagen und wie sie lauten, nämlich: Vergebung der Sünden.

Zum Vierten
Wer empfängt denn dieses Sakrament würdig?
Fasten und leiblich sich bereiten ist zwar eine feine äußerliche Zucht; aber der ist recht würdig und wohl geschickt, wer den Glauben hat an diese Worte: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden. Wer aber diesen Worten nicht glaubt oder zweifelt, der ist unwürdig und ungeschickt; denn das Wort Für euch fordert nichts als gläubige Herzen.

Quelle: https://www.ekd.de/Kleine-Katechismus-D ... -13473.htm
Jesus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)

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Marcus
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Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von Marcus »

philipp hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 15:51
Spricht eigentlich irgendetwas für eine Kirche, die an keine Tradition anknüpft sondern meint, dass sie zeitversetzt selbst erkannt hat, was Jesus wirklich wollte? Ich kann Protestantismus, Freikirchen und Co überhaupt nicht verstehen. Und mir scheint ich bin hier zu überzeugt. Vielleicht will mir jemand etwas entgegenhalten, auch wenn ich nicht vermute, dass sich Protestanten und andere hier in Massen aufhalten.

Zum Thema kirchliche Überlieferungen gibt es unter Protestanten und Freikirchlern unterschiedliche Ansichten. Auch gibt es zum Thema "solo scriptura" verschiedene Ansichten. Innerhalb des Luthertums ist damit im Grunde Folgendes gemeint:
[...]die Bibel ist die einzige Grundlage für das theologische Urteilen oder Verurteilen. Sie wendet sich nicht gegen zeitgemäßes Reden, nicht gegen den kritischen Gebrauch der Vernunft, auch nicht gegen neue, aktuelle Bekenntnisse oder kirchliche Traditionen; sie soll diese auch nicht ersetzen (kein Biblizismus). Aber sie ist der Maßstab und die Norm. An ihr ist alle Predigt und kirchliche Lehre zu messen.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Evangelis ... he_Kirchen
Grundsätzlich können alle während der Kirchengeschichte sich entwickelten Lehren akzeptiert werden, sofern sie in der Bibel eine Grundlage haben bzw. dieser nicht widersprechen. Grundlegende altkirchliche Bekenntnisse wie das Apostolikum, das Nicäno-Konstantinopolitanum und das Athanasianum sind, da sie schriftgemäß sind, auch zu offiziellen Bekenntnisschriften der ev.-luth. Kirche erklärt worden. Ebenso wurden auch die dogmatischen Entscheidungen der altkirchlichen ökumenischen Konzile in die eigenen Bekenntnisschriften eingearbeitet.

Kirchliche Gebräuche können sogar soweit akzeptiert werden, wie sie der Bibel nicht widersprechen. Daher kann ein ev.-luth. Gottesdienst auch auf der Basis eines levitierten Hochamtes gefeiert werden. Liturgisch orientiert man sich an der Deutschen Messe von Luther, welche wiederum auf die votridentinische Messe zurückgeht, allerdings von Luther aufs Wesentliche reduziert worden ist und keinen Messopferkanon enthält. Heute kann man zwischen einer ev.-luth. Messe in der Abendmahlsform A und in der Abendmahlsform B unterscheiden. Abendmahlsform B entspricht weitestgehend dem alten abendländischen Ritus, allerdings ohne Messopferkanon. Bei der Form A entfallen z. B. u.a. Epiklese und Anamnese. Im Regelfall verwenden die meisten Gemeinden die Form A.

Von den Christen, für welche das Unterforum gedacht ist, dürften die Anglikaner und Lutheraner gegenüber der kirchlichen Tradition am aufgeschlossensten eingestellt sein, während hingegen diejenigen, welche auf die Täufer- oder Brüderbewegung zurückgehen, am wenigsten damit etwas anfangen dürften, vieles davon gar entschieden ablehnen werden.
Jesus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)

TillSchilling

Re: Spricht irgendetwas für eine traditionslose Kirche?

Beitrag von TillSchilling »

Marcus hat geschrieben:
Samstag 16. Januar 2021, 17:51
TillSchilling hat geschrieben:
Sonntag 10. Januar 2021, 11:46
Tatsächlich sich in der Ablehnung des römisch-katholisch sein zu definieren mag für manche - gerade in Deutschland wo die Konfessionen so eng aufeinander hocken und wo die Ökumene auf lokaler Ebene ein Thema ist. Neuerdings sogar für Evangelikale - wichtig sein. International nehme ich das - subjektiv - anders wahr: dogmatisch abgegrenzt und ansonsten desinteressiert. Live and let live. Tatsächliche, funktionierende und die Sache Christi treibende Ökumene findet zwischen protestantischen, genauer evangelikalen Gruppen statt.
Das entspricht auch meiner eigenen Wahrnehmung. Wenn ich mir z. B. den Youtube-Kanal Luther 2.0 ansehe, komme ich zu dem Schluss, dass es unter evangelischen Christen, die sich aus Überzeugung konsequent zu den 4 Soli bekennen, eine ernsthafte Ökumene auf dieser Grundlage gibt, und zwar unabhängig davon, ob sie dem evangelikalen/pietistischen Lager in den Landeskirchen oder freikirchlichen Gemeinschaften zuzuordnen sind. Natürlich werden bei dieser Art von Ökumene auch eigene konfessionelle Positionen relativiert. Pastor Latzel hat so z. B. mal in einem Video, das ich gesehen habe, sinngemäß geäußert, dass für ihn Sachen, wie ob man Kinder tauft oder die Erwachsenentaufe bevorzugt, Wein oder Traubensaft bei der Abendmahlsfeier verwendet, oder ob man von der Realpräsenz überzeugt ist, für ihn kein Grund zur Trennung, sondern lediglich persönliche Erkenntnis sei. Wohl auch aus diesem Grund hat er als eigentlich ev.-ref. Pastor weder ein Problem damit, sowohl mit ev.-luth. Christen als auch mit Christen aus Brüder-, Baptisten oder Mennonitengemeinden gemeinsam Missionsarbeit zu leisten.
Danke dass du mir zustimmst, Marcus :)


Der Ehrlichkeit halber sollten wir aber zugeben dass dies a) noch nicht lange so ist und b) uns mit unserer Ekklesiologie natürlich deutlich leichter fällt als Katholiken oder Orthodoxen. Wir müssen nicht krampfhaft glauben dass es die eine Organisation gibt, die die eine Kirche Christi ist.

Tatsächlich zeigt sich in dieser real existierenden evangelikalen Ökumene aber auch, dass unser Traditionsverständnis, d.h. unser Schriftprinzip im Hinblick auf Einheit unter Christen überlegen ist. Und dass die uns oft vorgeworfene mangelnde organisatorische Einheit nicht so tragisch ist. Ja, es gibt Fragen über die wir uneins sind und das wird auch so bleiben. Christus baut seine Kirche trotzdem.

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