Bekenntnisökumene

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
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FranzSales
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Bekenntnisökumene

Beitrag von FranzSales »

Ich hatte im Thread "Liturgische Missbräuche" die sog. "Bekenntnisökumene" erwähnt.

Diese stelle ich hier mal zur Diskussion. Was haltet ihr davon? Ich persönlich finde das verheißungsvoller als die normale Ökumene. Auch viele der Erstunterzeichner aus ev. und kath. Raum sind durchaus keine Unbekannten.

PS:
Im Oktober findet wohl ein Bekenntnis-Kongress statt, bei dem auch "Kirche in Not/Ostpriesterhilfe" teilnehmen wird. Es geht um Christenverfolgungen.
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

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holzi
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Beitrag von holzi »

Davon hab ich bisher auch noch nichts gehört, es scheint mir aber sowas ähnliches zu sein wie die von Patriarch Alexej vorgeschlagene orthodox-katholische Allianz gegen den modernen Relativismus und die neue Christenfeindlichkeit.

Ich finde es ja auch sinnvoll, zuerst das Gemeinsame zu suchen - noch dazu im Angesicht vielfältiger Bedrohungen des Christentums in Europa - und die Differenzen zurückzustellen, also sowas wie eine große Koalition. Schau'mer mal, was dabei rauskommt.

Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

holzi hat geschrieben: Ich finde es ja auch sinnvoll, zuerst das Gemeinsame zu suchen - noch dazu im Angesicht vielfältiger Bedrohungen des Christentums in Europa - und die Differenzen zurückzustellen, also sowas wie eine große Koalition. Schau'mer mal, was dabei rauskommt.
Wo würdest du denn die Grenze setzen vom Suchen des Gemeinsamen? Weil, das Extrem bzw. die Gefahr ist dann ja schon, dass man das Gemeinsame so absolut setzt, dass man die Unterschiede ganz vergisst...
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Ihr seid im Gebet ... mal schauen, ob/wann ich hier wieder reinsehe ...

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holzi
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Beitrag von holzi »

Ecce Homo hat geschrieben:Wo würdest du denn die Grenze setzen vom Suchen des Gemeinsamen? Weil, das Extrem bzw. die Gefahr ist dann ja schon, dass man das Gemeinsame so absolut setzt, dass man die Unterschiede ganz vergisst...
Schwierige Frage. Es sollte uns aber nicht davon abhalten, das Gemeinsame zu entdecken, gerade in der Zeit, wo die Hetze auf alles Christliche ins fast Unerträgliche zu steigen scheint. "Hinterher" kann man sich immer noch die Schädel einschlagen wegen der Unterschiede...

Stephen Dedalus
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Re: Bekenntnisökumene

Beitrag von Stephen Dedalus »

FranzSales hat geschrieben:Ich hatte im Thread "Liturgische Missbräuche" die sog. "Bekenntnisökumene" erwähnt.

Diese stelle ich hier mal zur Diskussion. Was haltet ihr davon? Ich persönlich finde das verheißungsvoller als die normale Ökumene. Auch viele der Erstunterzeichner aus ev. und kath. Raum sind durchaus keine Unbekannten.

PS:
Im Oktober findet wohl ein Bekenntnis-Kongress statt, bei dem auch "Kirche in Not/Ostpriesterhilfe" teilnehmen wird. Es geht um Christenverfolgungen.
Ich bin ein bißchen skeptisch, in mehrerlei Hinsicht. Der Begriff "Bekenntnis" schmeckt mir nicht so richtig, vor allem, wenn er von Evangelischen gebraucht wird. "Bekenntnis" ist da meist das Gegenteil von "katholisch". Ökumene, richtig verstanden, sollte aber in meinen Augen immer das Ziel der Katholizitität haben, nicht ein Bekenntnis.

Zudem haben alle Bewegungen der letzten zwanzig Jahre, die im evangelischen Raum in Deutschland den Bekenntnisbegriff bemüht haben, eher spalterisch und polarisierend gewirkt. Meist sammelten sich darum Gruppen, die anderen Teilen der jeweiligen Gemeinschaften die Rechtgläubigkeit absprachen oder die als pressure groups für bestimmte einengende Sichtweisen auftraten. Das mag man im Einzelfall für gut oder schlecht befinden, aber auch hier gilt, daß der Bekenntnisbegriff eben grade im partikularistischen Sinne und nicht im ökumenischen oder katholischen Sinne gebraucht oder sogar instrumentalisiert wurde.

Letztlich denke ich daher, daß der Begriff der Bekenntnisökumene ein Oxymoron ist.

LG
SD

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Walter
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Beitrag von Walter »

Bekenntnis-Ökumene ist m.E. in etwa das Gegenteil von Rückkehrökumene. Wobei die von protestantischer Seite geforderte Freigabe von Frauenordinariat, Priesterzölibat, Ehescheidung, Abtreibung, Homoehe, Apostolischer Sukzession, ja auch die Auflösung der Orthodoxie oder allgemein der Katholizität der Kirche bedeuten würde und somit eine allgemeine „Rückkehr“ (mal nicht historisch gesehen) ins Freikirchentum bedeuten würde.

Sinnvoll ist auf jeden Fall ein verstärktes Bewusstsein des „Gemeinsamen“ der christlichen Kirchen und „Konfessionen“, gerade nach außen und in Hinblick auf die allgemeine Säkularisation oder der Zuwendung von immer mehr Menschen gerade aus dem christlichen Kulturraum zum Islam oder anderen „Religionen“ und allen möglichen Ausformungen von Esoterik.

Positiv an diesem Ansatz ist sicherlich auch die Unabhängigkeit von vorhandenen Verwaltungsstrukturen, Jurisdiktionen und historischen Belastungen, die oft eine Annäherung von vorn herein ausschließen. Ein Beispiel dafür ist der Streit über die „Vorbedingungen“, die einen offiziellen Dialog zwischen Rom und Moskau bislang unmöglich machen. Oder die Machtfrage, an der die gemeinsame Deutsche Bibelübersetzung gescheitert ist.


Problematisch dabei sehe ich aber so etwas:
Die IKGB hat geschrieben:Ebenso können auch evangelische, katholische und orthodoxe Kirchen ihr gottesdienstliches Leben durch wechselseitige Übernahme von Elementen aus deren liturgischem Erbe bereichern.
Die eigentlichen Differenzen zwischen den protestantischen und „traditionellen“ Kirchen besteht ja in erster Linie aus dem Hinzufügen oder Weglassen von Elementen, die zwischen Gott und den Gläubigen stehen, und die zu Gott hinführen oder auch von ihm trennen, je nach Sichtweise.

Wie kann jetzt z.B. das protestantische Weglassen (z.B. der Marienverehrung) einen orthodoxen Gottesdienst bereichern? Ebenso unglaubwürdig wäre es, z.B. auch den Protestanten für die Teilnahme an ihren Gottesdiensten Ablässe zu gewähren, oder sie zu zwingen, die Heiligen um Fürsprache zu bitten.

Genau das ist doch der später kritisierte „sentimentalen Irenismus (Harmoniebedürfnis auf Kosten der Wahrheit)“.


Aber wie Stephen Dedalus schon andeutete: Die Einheit der Kirche kann nicht an der Kirche vorbei betrieben werden.

LG
Walter
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FranzSales
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Beitrag von FranzSales »

Wobei die von protestantischer Seite geforderte Freigabe von Frauenordinariat, Priesterzölibat, Ehescheidung, Abtreibung, Homoehe, Apostolischer Sukzession, ja auch die Auflösung der Orthodoxie oder allgemein der Katholizität der Kirche bedeuten würde und somit eine allgemeine „Rückkehr“ (mal nicht historisch gesehen) ins Freikirchentum bedeuten würde.
Alle diese Dinge werden von den Protestanten, die diese Erklärung unterzeichnet haben zu 100% abgelehnt.
Gerade der Initiator Prof. Dr. Beyerhaus ist sehr hochkirchlich. Er ist Mitglied der Bruderschaft St.Peter und Paul, hat eine hochkirchliche Bischofsweihe in apostolischer Sukzession (keine Ahnung, ob gültig ...).
Viele der dort unterzeichnenden "Protestanten" sind wesentlich katholischer als die meisten Katholiken.

M.E. kommt man an solchen Allianzen gar nicht mehr vorbei. Mir scheint, dass hier vielen gar nicht bewußt ist, wie es mit dem Christentum in Europa bestellt ist.
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TiLek
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Beitrag von TiLek »

Hallo,

da ich selbst auch Hochkirchler bin, wir leider aber im Moment sleber eher unter "Beschuß" unserer Gliedkirchen sind, hier ein kurzes pers. Statement:
Ich bin sehr für BekenntnisÖkumene, in dem Sinne, sich der Sachen zu vergewissern, die problemlos miteinander, durchgeführt werden können.
Ichbin ganz klarer Gegner der "Profil-Ökumene", die gerade im Moment von der EKD gefordert wird.
Wir haben nur eine Chance, so meine ich, wenn gerade wir Protestanten uns von dem Trennen, was uns gerade in Zeiten der Aufklärung und des Rationalismus verloren ging. Leider geht es nur sehr langsam, aber einige Dinge kann man mit Beharrlichkeit und Erklärung tun.
Wir haben wieder ein Taufbecken am Kircheneingang, Tabernakel und Ewiges Licht. Nicht viel aber etwas.
Es geht.
Wir kommen zusammen auch bei anderen Dingen....
Lieben Gruß Timm

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FranzSales
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Beitrag von FranzSales »

Hier der interessante Bericht der "Tagespost" zum ökumenischen
"Bekenntniskongress" in Bad Blankenburg.
Sehr interessant! :)
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Lieber TiLek,
TiLek hat geschrieben: Wir haben wieder ein Taufbecken am Kircheneingang, Tabernakel und Ewiges Licht.
wie begründet ihr das theologisch ? Tabernakel, ewiges Licht, etc. sind ja erst nach dem Transsubstantiationsdogma im 12. Jahrhundert aufgekommen. Wenn man das Tabernakel nicht nur als Aufbewahrungsort konsekrierter Hostien sieht (und dafür steht doch eigentlich das "ewige Licht"), bekennt man sich ja in gewisser Form auch zu einer Wandlung. Oder wie siehst du das ?

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FranzSales
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Beitrag von FranzSales »

Apologie des Augsburgisches Bekenntnis, Artikel X:

1 Der zehnte Artikel [des Augsburger Bekenntnisses] wurde gebilligt, in dem wir die Meinung bezeugen, daß im Abendmahl des Herrn Leib und Blut Christi wirklich und wesentlich gegenwärtig sind und daß sie mit jenen sichtbaren Elementen Brot und Wein wirklich denen, die das Sakrament empfangen, dargeboten werden. Diesen Grundsatz verteidigen wir ständig, nachdem die Sache sorgfältig untersucht und überdacht worden ist. Denn wenn Paulus sagt, das Brot sei die Teilnahme am Leib des Herrn usw., so würde [daraus] folgen, daß das Brot nicht Teilnahme am Leib, sondern nur am Geist Christi sei, wenn nicht der Leib des Herrn wirklich anwesend wäre.
2 Und wir haben erfahren, daß nicht nur die römische Kirche die leibliche Gegenwart Christi bejaht; sondern derselben Meinung ist jetzt und war einst die griechische Kirche. Denn das bezeugt bei ihnen der Kanon der Messe, in dem der Priester deutlich betet, daß der Leib Christi infolge der Brotverwandlung (mutato pane) entsteht. Und Vulgarius, ein — wie uns scheint — nicht dummer Schriftsteller, sagt klar, daß das Brot nicht nur Symbol ist, sondern wirklich in das Fleisch verwandelt wird (mutari).
3 Und es gibt einen langen Lehrsatz Cyrills zu Joh 15, in dem er lehrt, Christus werde uns im Abendmahl leiblich dargereicht. Demgemäß sagt er nämlich. »Dennoch leugnen war nicht, daß wir durch rechten Glauben und durch reine Liebe mit Christus auf geistliche Weise vereinigt werden. Aber das leugnen wir wirklich entschieden, daß für uns eine fleischliche Vereinigung mit ihm unmöglich ist. Wir behaupten, daß das überhaupt unvereinbar ist mit der Hl. Schrift. Denn wer hat bezweifelt, daß Christus ja doch der Weinstock ist, wir aber die Reben, die wir uns von ihm das Lehen verschaffen? Höre Paulus, der sagt: Weil wir alle ein Leib in Christus sind, weil wenn wir auch viele sind, wir in ihm dennoch eins sind; denn wir haben alle teil an dem einen Brot. Oder glaubt er vielleicht, daß uns die Kraft des geheimnisvollen Segens unbekannt ist? Wenn dieser in uns ist, wird er nicht auch auf leibliche Weise bewirken, daß Christus durch die Mitteilung des Fleisches Christi in uns wohnt?« Und kurz nachher: »Weshalb man darauf achten muß, daß Christus nicht nur durch eine Haltung, die durch die Liebe begriffen wird, in uns ist, sondern auch durch eine natürliche Teilhabe usw.«
4 Das haben wir nicht vorgelesen, um eine Diskussion darüber zu veranstalten — denn die Kaiserliche Majestät mißbilligt diesen Artikel nicht —"sondern damit die, die das lesen, auch klarer durchschauen, daß wir die in der ganzen Kirche anerkannte Meinung verteidigen, daß im Abendmahl des Herrn der Leib und das Blut Christi wirklich und wesentlich gegenwärtig sind und mit den sichtbaren Elementen von Brot und Wein dargeboten werden. Und wir sprechen von der Gegenwart des lebendigen Christus; wir wissen nämlich, daß der Tod über ihn nicht länger Herr sein wird.

Der Begriff "mutari" ist von der katholischen Konfutatio (eine Stellungnahme zur CA) zur Bezeichnung der Transsubstantion genommen worden. Wohl nicht nur durch Zufall benutzt Melanchton hier dieses Wort. Er äußert sich offenkundig wohlwollend.

Was spricht denn angesichts dieser deutlichen lutherischen Auffassung theologisch gegen einen Tabernakel?
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Hallo FranzSales,

auch Melanchthon ging nicht von einer Wandlung aus (du merkst das auch an obigen Formulierungen ("im Abendmahl des Herrn der Leib und das Blut..:").
Es entsprach nicht dem Glauben der Urkirche, dass man Gott in der Hostie verfügbar machen könnte oder die Hostie unabhängig von der gemeinsamen Meßfeier als Sakrament und Leib Christi zu betrachten sei.

Daher würde mich interessieren, welche Bedeutung in Timms Kirche das "ewige Licht" hat. Ich kenne das nur aus katholischen Kirchen, wo es meines Wissens auf die angebliche gewandelten Hostien hinweist.

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holzi
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Beitrag von holzi »

FranzSales hat geschrieben:Was spricht denn angesichts dieser deutlichen lutherischen Auffassung theologisch gegen einen Tabernakel?
Das einzige, was aus evangelischer Sicht gegen einen Tabernakel spricht, ist die "Tradition" :mrgreen:

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FranzSales
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Beitrag von FranzSales »

Ob nun Transsubstantion oder Consubstantion. Christus ist gegenwärtig. Das ur-/altkirchliche Zeugnis der Aufbewahrung zur Krankenkommunion bezeugt, dass die Gegenwart nicht auf die Messfeier beschränkt war.
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

FranzSales hat geschrieben:Ob nun Transsubstantion oder Consubstantion. Christus ist gegenwärtig. Das ur-/altkirchliche Zeugnis der Aufbewahrung zur Krankenkommunion bezeugt, dass die Gegenwart nicht auf die Messfeier beschränkt war.
Aber warum gab es vor dem 12. Jahrhundert keine Hostienprozession, keine eucharistische Anbetung, kein Tabernakel, kein ewiges Licht, kein Sakrileg und keine Hinrichtungen weil jemand angeblich die gewandelte Hostie geschändet hat ?

All das kam erst nach dem Transsubstantiationsdogma auf. Hätte man schon vorher daran geglaubt, wären die von mir hier aufgelisteten Konsequenzen des Transsubstantiationsglaubens doch schon vorher gebräuchlich gewesen.

Zur Krankenkommunion: Ich glaube auch nicht, dass man die Hostie lange Zeit dafür aufbewahrt hat (oder kennst du dafür Textzeugnisse, das wäre interessant), sondern dass man Brot und Wein gleich nach der Messe zu den Kranken gebracht hat - so wie es heute noch in der lutherischen Kirche üblich ist. Das entspricht einer Ausweitung der Meßfeier auf das Krankenbett.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Meines Wissens ist die Aufbewahrung der Kommunion für Kranke und Notfälle weitaus älter als das 12. Jahrhundert. Allerdings bildete sich nach dieser Zeit durch die Annahme des Transsubstantiationsglaubens eine eucharistische Frömmigkeit heraus, die die Tabernakel im Kirchenraum an zentralere Orte rückte und zu einer gewissen Schaufrömmigkeit führte. Es häuften sich "eucharistische Wunder" (blutende Hostien etc.) und auch die Praxis der Prozessionen und Monstranzverehrung begann.

Die lutherische Ablehnung von Tabernakeln hat m. W. vor allem damit zu tun, daß die Lutheraner in erster Linie von einer Realpräsenz in usu, also nur während der liturgischen Feier ausgehen. Ich weiß aber nicht, ob diese Vorstellung auf Luther selbst zurückgeht oder später von den Lutheranern formuliert wurde. Auch der Begriff der Konsubstantiation geht ja in dieser Form nicht auf Luther zurück.
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Hallo Stephen,
Stephen Dedalus hat geschrieben:Meines Wissens ist die Aufbewahrung der Kommunion für Kranke und Notfälle weitaus älter als das 12. Jahrhundert. Allerdings bildete sich nach dieser Zeit durch die Annahme des Transsubstantiationsglaubens eine eucharistische Frömmigkeit heraus, die die Tabernakel im Kirchenraum an zentralere Orte rückte und zu einer gewissen Schaufrömmigkeit führte. Es häuften sich "eucharistische Wunder" (blutende Hostien etc.) und auch die Praxis der Prozessionen und Monstranzverehrung begann.

Die lutherische Ablehnung von Tabernakeln hat m. W. vor allem damit zu tun, daß die Lutheraner in erster Linie von einer Realpräsenz in usu, also nur während der liturgischen Feier ausgehen. Ich weiß aber nicht, ob diese Vorstellung auf Luther selbst zurückgeht oder später von den Lutheranern formuliert wurde. Auch der Begriff der Konsubstantiation geht ja in dieser Form nicht auf Luther zurück.
Für uns ist eigentlich weniger wichtig was Luther dachte (er ist ja kein Prophet oder Religionsstifter ;) ), sondern was der Glaube der von Jesus Christus gegründeten Kirche war. Heute wie zur Zeit der Reformation kann man davon ausgehen, dass dies Realpräsenz, aber keine Wandlung (die das Sakrament von der Meßfeier trennt) war.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Lutheraner hat geschrieben:Hallo Stephen,
Für uns ist eigentlich weniger wichtig was Luther dachte (er ist ja kein Prophet oder Religionsstifter ;) ), sondern was der Glaube der von Jesus Christus gegründeten Kirche war. Heute wie zur Zeit der Reformation kann man davon ausgehen, dass dies Realpräsenz, aber keine Wandlung (die das Sakrament von der Meßfeier trennt) war.
Lieber Lutheraner,

nun, das ist ein gutes und ehrenwertes Ziel! Und ich kann Dir verraten, daß wir alle, egal ob lutherisch, römisch-katholisch, orthodox, anglikanisch oder baptistisch dieses Ziel ebenso verfolgen.

Allerdings habe ich immer wieder in Diskussionen mit Lutheranern und auch an der luth. Fakultät erlebt, daß man dort der Meinung ist, die lutherischen Bekenntnisschriften seien die authentische Auslegung dieses originalen Glaubens der apostolischen Kirche. Und damit fingen dann die Probleme an. ;)
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FranzSales
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Beitrag von FranzSales »

Es gibt keine Eucharistie ohne Anbetung.
Deshalb kann Augustinus sagen: “Niemand isst dieses Fleisch ohne es vorher angebetet zu haben”, und fügt hinzu, dass, wenn man dieses Fleisch isst, ohne es anzubeten, sündigt, vgl. Augustinus, Auslegung der Psalmen 98,9.
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johannes eck
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Beitrag von johannes eck »

Tantum ergo Sacramentum
veneremur cernui
et antiquum ducumentum
novo cedat ritui
praestet fides supplementum
sensuum defectui

johannes eck
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Beitrag von johannes eck »

Luther ging ursprünglich von der andauernden Gegenwart des Herrn im allerheiligsten Sakrament aus, leiß sich dann aber von Melanchthon überreden, dies nur auf die Feier zu beschränken.

John Grantham
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Re: Bekenntnisökumene

Beitrag von John Grantham »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Ich bin ein bißchen skeptisch, in mehrerlei Hinsicht. Der Begriff "Bekenntnis" schmeckt mir nicht so richtig, vor allem, wenn er von Evangelischen gebraucht wird. "Bekenntnis" ist da meist das Gegenteil von "katholisch". Ökumene, richtig verstanden, sollte aber in meinen Augen immer das Ziel der Katholizitität haben, nicht ein Bekenntnis.

(...)

Letztlich denke ich daher, daß der Begriff der Bekenntnisökumene ein Oxymoron ist.
Ich bin etwas überrascht, dass mein Mit-Anglikaner hier sowas schreibt, aber na ja, wo man zwei Anglikaner begegnet, hört man fünf Meinungen. ;-)

Wenn man von einem Bekenntnis spricht, muss man sich aber erst fragen, was ist "die Kirche" überhaupt, und wie kommen Kirchen zusammen?

Die Antwort, die die frühen Konzilien gefunden haben war, ein Glaubensbekenntnis zu verfassen und dieses als Grundlage der Einheit zu verwenden -- zum Beispiel das Nizänum und das Apostolische Glaubensbekenntnis. Gerade solche Bekenntnisse geben uns Christen einen unheimlich starken Mittelpunkt unserer gemeinsamen Glaubensausdrucks, wo wir zusammen sagen "DAS GLAUBEN WIR!".

Gerade wir Anglikaner (na ja, die meisten von uns ;-) ) legel viel Wert auf Bekenntnisse -- nicht nur die o.g. großen Bekenntnisse, aber auch auf unsere Thirty-Nine Articles und auf das Chicago-Lambeth Quadrilateral. Das heißt, eigentlich ist das, was uns als Anglikaner definiert, eine Art Bekenntnis (daher meine Überraschung, als ich SDs Beitrag laß). Jetzt sind wir Anglikaner gerade dabei, ein neues Bekenntnis zu formulieren, um die Einheit der Anglican Communion (hoffentlich) zu untermauern.

Ich weiß nicht genau, was ich von dem konkreten verlinkten Vorschlag halte: Ich muß ihn erst in Detail durchlesen, aber mein spontaner Eindruck ist, dass das in der Tat ein interessanter und produktiver Weg für weitere Annäherungen zwischen Katholiken und Protestanten (und viellecht auch andere) wäre. Ich denke, gerade in Zeiten wo das Christentum an sich mehr mit anderen Glaubensgemeinschaften -- vor allem Islam, aber auch säkularisiertes Humanismus -- wären wir Christen alle gute beraten, unsere Gemeinsamkeiten zu suchen und diese so gut wie möglich zu festigen.

You can't argue with others if you don't understand yourself.

Dass diese Bewegung von Hochkirchlern stammt, dürfte eigentlich Euch Römisch-Katholiken etwas beruhigen: Gerade sie können eine Brücke zwischen den beiden Extremen sein (wie wir Anglikaner theoretisch auch).

Cheers,

John
Der Beweis, dass Gott einen Sinn für Humor hat: Er hat die Menschheit geschaffen.
[ Alt-Katholisch/Anglikanisch in Hannover ]

johannes eck
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Beitrag von johannes eck »

Lutheraner hat geschrieben:
FranzSales hat geschrieben:Ob nun Transsubstantion oder Consubstantion. Christus ist gegenwärtig. Das ur-/altkirchliche Zeugnis der Aufbewahrung zur Krankenkommunion bezeugt, dass die Gegenwart nicht auf die Messfeier beschränkt war.
Aber warum gab es vor dem 12. Jahrhundert keine Hostienprozession, keine eucharistische Anbetung, kein Tabernakel, kein ewiges Licht, kein Sakrileg und keine Hinrichtungen weil jemand angeblich die gewandelte Hostie geschändet hat ?

All das kam erst nach dem Transsubstantiationsdogma auf. Hätte man schon vorher daran geglaubt, wären die von mir hier aufgelisteten Konsequenzen des Transsubstantiationsglaubens doch schon vorher gebräuchlich gewesen.

Zur Krankenkommunion: Ich glaube auch nicht, dass man die Hostie lange Zeit dafür aufbewahrt hat (oder kennst du dafür Textzeugnisse, das wäre interessant), sondern dass man Brot und Wein gleich nach der Messe zu den Kranken gebracht hat - so wie es heute noch in der lutherischen Kirche üblich ist. Das entspricht einer Ausweitung der Meßfeier auf das Krankenbett.
Ganz einfach:
Man hat die Bedeutung dieses Sakramentes mit der Zeit viel tiefer erfasst und wollte den Herrn auch außerhalb der Messe im heiligsten Sakrament anbeten. Ich finde das etwas sehr schönes. Mir ist schon klar, dass das allzu seltene Kommunizieren damals eine falsche Tendenz war. Außerdem gab es auch schon zu Verfolgungszeiten Tabernakel, in denen man zu Hause den Herrenleib aufbewahrte, wohl nicht nur einpaar Minuten nach der Messe.

Stephen Dedalus
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Re: Bekenntnisökumene

Beitrag von Stephen Dedalus »

John Grantham hat geschrieben: Ich bin etwas überrascht, dass mein Mit-Anglikaner hier sowas schreibt, aber na ja, wo man zwei Anglikaner begegnet, hört man fünf Meinungen. ;-)
Hello dear brother,

Du weißt, wie man es nennt, wenn drei Anglikaner diskutieren?


Schisma!

:D :D :D
Wenn man von einem Bekenntnis spricht, muss man sich aber erst fragen, was ist "die Kirche" überhaupt, und wie kommen Kirchen zusammen?
Ich glaube, wir beide benutzen den Begriff des Bekenntnisses hier in unterschiedlicher Weise. Ich bezog mich in meiner Kritik auf solche Erscheinungen wie die "bekenntnistreuen ev. Gemeinden", die "Bekenntnisbewegung kein anderes Evangelium" usw., die im evangelischen Bereich den Bekenntnisbegriff immer mit einer spezifisch evangelikal-konservativen Glaubensauffassung verknüpfen. "Bekenntnis" wird dabei als etwas verstanden, das nicht in erster Linie eint, sondern gegenüber anderen abgrenzt. Und genau darin liegt der Widerspruch zur Katholizität und auch zur Funktion, die die altkirchenlichen Bekenntnisse heute für die christlichen Kirchen haben.

Gerade wir Anglikaner (na ja, die meisten von uns ;-) ) legel viel Wert auf Bekenntnisse -- nicht nur die o.g. großen Bekenntnisse, aber auch auf unsere Thirty-Nine Articles und auf das Chicago-Lambeth Quadrilateral. Das heißt, eigentlich ist das, was uns als Anglikaner definiert, eine Art Bekenntnis (daher meine Überraschung, als ich SDs Beitrag laß). Jetzt sind wir Anglikaner gerade dabei, ein neues Bekenntnis zu formulieren, um die Einheit der Anglican Communion (hoffentlich) zu untermauern.
In diesem Sinne sehe ich auch die Anglikaner in keinem Fall als eine Bekenntniskirche. Wir berufen uns - abgesehen von den altkirchlichen Bekenntnissen - eben nicht auf ein "Bekenntnis". Die 39 Artikel waren zwar ein wichtiges Dokument der Reformationsepoche, haben aber niemals die Bedeutung gehabt, die etwa die Lutherischen Kirchen ihren Bekenntnisschriften beimessen. Sie "definieren" uns in keiner Weise. Die Anglikanische Kirchengemeinschaft hat im Laufe ihrer Geschichte immer Wert darauf gelegt, keine Bekenntnisdokumente festzuschreiben, die uns von der katholischen Tradition der Kirche abgrenzen (sogar die 39 Articles haben in dieser Hinsicht eher affirmativen Charakter). Was uns als Anglikaner definiert - und ich bin sicher, daß Du mir darin zustimmst - ist niemals ein Bekenntnis gewesen, sondern immer die Liturgie (Book of Common Prayer).

LG
SD
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Hallo Rudolf,
Rudolf J. Karner hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
FranzSales hat geschrieben:Ob nun Transsubstantion oder Consubstantion. Christus ist gegenwärtig. Das ur-/altkirchliche Zeugnis der Aufbewahrung zur Krankenkommunion bezeugt, dass die Gegenwart nicht auf die Messfeier beschränkt war.
Aber warum gab es vor dem 12. Jahrhundert keine Hostienprozession, keine eucharistische Anbetung, kein Tabernakel, kein ewiges Licht, kein Sakrileg und keine Hinrichtungen weil jemand angeblich die gewandelte Hostie geschändet hat ?

All das kam erst nach dem Transsubstantiationsdogma auf. Hätte man schon vorher daran geglaubt, wären die von mir hier aufgelisteten Konsequenzen des Transsubstantiationsglaubens doch schon vorher gebräuchlich gewesen.

Zur Krankenkommunion: Ich glaube auch nicht, dass man die Hostie lange Zeit dafür aufbewahrt hat (oder kennst du dafür Textzeugnisse, das wäre interessant), sondern dass man Brot und Wein gleich nach der Messe zu den Kranken gebracht hat - so wie es heute noch in der lutherischen Kirche üblich ist. Das entspricht einer Ausweitung der Meßfeier auf das Krankenbett.
Ganz einfach:
Man hat die Bedeutung dieses Sakramentes mit der Zeit viel tiefer erfasst und wollte den Herrn auch außerhalb der Messe im heiligsten Sakrament anbeten. Ich finde das etwas sehr schönes. Mir ist schon klar, dass das allzu seltene Kommunizieren damals eine falsche Tendenz war. Außerdem gab es auch schon zu Verfolgungszeiten Tabernakel, in denen man zu Hause den Herrenleib aufbewahrte, wohl nicht nur einpaar Minuten nach der Messe.
Auf jeden Fall wäre es interessant zu wissen, ob das Brot damals nach längerer Aufbewahrung als "Leib Christi" betrachtet wurde oder nur als gesegnetes Brot (damals benutzte man ja noch echtes Brot, das krümmelte).

Was für mich eigentlich am stärksten gegen den Wandlungsglauben spricht, ist die Rolle, die der Wein dabei spielt. Wein kann man leicht verschütten und er kippt rasch um. Wenn man ihn aufhebt, muß man Essig als "Blut Christi" trinken. Die katholische Theologie umgeht dieses Problem, indem sie sagt, dass man mit dem Leib den ganzen Christus empfängt (was insofern auch logisch klingt).

Aber weshalb hat Jesus das Abendmahl bewußt in zwei Gestalten eingesetzt, wenn die eine Gestalt für den Wandlungslglauben so hinderlich ist, dass sie durch ihn immer weiter in den Hintergrund gedrängt (und fast 500 Jahre lang für Laien verboten) wurde ?

Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass es Jesus bei der Einsetzung des Abendmahls um eine dauerhafte Wandlung der Gaben ging, sondern dass er wollte, dass wir gemeinsam das Abendmahl so feierten, wie er es eingesetzt hat.

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FranzSales
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Beitrag von FranzSales »

Aber weshalb hat Jesus das Abendmahl bewußt in zwei Gestalten eingesetzt, wenn die eine Gestalt für den Wandlungslglauben so hinderlich ist, dass sie durch ihn immer weiter in den Hintergrund gedrängt (und fast 500 Jahre lang für Laien verboten) wurde ?


Weil die beiden Gestalten das Opfer darstellen. Warum sollte die eine Gestalt dem Wandlungsglauben hinderlich sein? Noch zur Zeit von Thomas von Aquin wurde -wenn man kommunizierte- unter beiderlei Gestalt kommuniziert (wie eigentlich das ganze Mittelalter auch). Auch die Orthodoxen glauben an eine Wandlung.
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Beitrag von Lutheraner »

Hallo FranzSales,
FranzSales hat geschrieben:
Aber weshalb hat Jesus das Abendmahl bewußt in zwei Gestalten eingesetzt, wenn die eine Gestalt für den Wandlungslglauben so hinderlich ist, dass sie durch ihn immer weiter in den Hintergrund gedrängt (und fast 500 Jahre lang für Laien verboten) wurde ?


Weil die beiden Gestalten das Opfer darstellen. Warum sollte die eine Gestalt dem Wandlungsglauben hinderlich sein? Noch zur Zeit von Thomas von Aquin wurde -wenn man kommunizierte- unter beiderlei Gestalt kommuniziert (wie eigentlich das ganze Mittelalter auch). Auch die Orthodoxen glauben an eine Wandlung.
Beim Wein ist die Wandlung aber eher Theorie - aufbewahren kann man ihn eigentlich nicht.
Beim Brot war es früher ähnlich, es wurde trocken und schimmelte. Das war doch wohl auch (neben der "Krümmelgefahr") Hauptgrund, dass man auf Hostien umstieg.

Das scheint doch schon ein Indiz zu sein, dass man die Abendmahlspraxis der entwickelten Abendmahlstheorie angepaßt hat.

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Walter
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Beitrag von Walter »

Lutheraner hat geschrieben:Beim Wein ist die Wandlung aber eher Theorie - aufbewahren kann man ihn eigentlich nicht.
Beim Brot war es früher ähnlich, es wurde trocken und schimmelte. Das war doch wohl auch (neben der "Krümmelgefahr") Hauptgrund, dass man auf Hostien umstieg.

Das scheint doch schon ein Indiz zu sein, dass man die Abendmahlspraxis der entwickelten Abendmahlstheorie angepaßt hat.
Anfügen kannst Du noch den Wechsel vom Rot- zum Weißwein, weil dieser beim Verschütten keine bleibenden Flecken hinterlässt. ;)
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Knecht Ruprecht
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Beitrag von Knecht Ruprecht »

Walter hat geschrieben:Bekenntnis-Ökumene ist m.E. in etwa das Gegenteil von Rückkehrökumene. Wobei die von protestantischer Seite geforderte Freigabe von Frauenordinariat, Priesterzölibat, Ehescheidung, Abtreibung, Homoehe, Apostolischer Sukzession, ja auch die Auflösung der Orthodoxie oder allgemein der Katholizität der Kirche bedeuten würde und somit eine allgemeine „Rückkehr“ (mal nicht historisch gesehen) ins Freikirchentum bedeuten würde.
LG
Walter
Die Kirche von England hat sich einem Zeitungsbericht zufolge dafür ausgesprochen, dass Ärzte bei schwerstbehinderten Neugeborenen die lebensverlängernden Maßnahmen einstellen dürfen.
http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/ ... /80387.asp
Um die Aufzählung des Bösen zu ergenzen.

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Mellon
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Beitrag von Mellon »

Lutheraner hat geschrieben:Für uns ist eigentlich weniger wichtig was Luther dachte (er ist ja kein Prophet oder Religionsstifter ;) ), sondern was der Glaube der von Jesus Christus gegründeten Kirche war. Heute wie zur Zeit der Reformation kann man davon ausgehen, dass dies Realpräsenz, aber keine Wandlung (die das Sakrament von der Meßfeier trennt) war.
Wenn Realpräsenz im Luthertum bedeutet, daß das gesegnete Brot der wahre Leib Christi ist und der gesegnete Wein das Blut Christi ist: wieso gibt es dann Probleme mit der Vorstellung einer Wandlung? Denn Brot und Wein sind vor der Segnung ja eben "nur" Brot und Wein. Nach der Segnung ist das Brot aber nicht mehr "nur" Brot, sondern Leib Christi. Da hat doch sozusagen eine "Änderung" stattgefunden, wenn sie auch chemisch, physisch oder sonst empirisch nicht nachweisbar ist.
Läuft die Vorstellung einer zeitweiligen Realpräsenz "in usu" nicht doch irgendwie darauf hinaus, daß das Brot nicht der Leib Christi ist, sondern lediglich eine zeitlang den Leib Christi bedeutet?
Er kennet seine Scharen / am Glauben, der nicht schaut / und doch dem Unsichtbaren, als säh er ihn, vertraut;
der aus dem Wort gezeuget / und durch das Wort sich nährt / und vor dem Wort sich beuget / und mit dem Wort sich wehrt.

TiLek
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Beitrag von TiLek »

Hi hieretwas zu Luther:

Was sagt Luther über das Heilige Abendmahl?

Das heilige Sakrament sucht eine hungrige, durstige, begierige Seele, wie Sankt Augustinus sagt, die nach ihm Verlangen habe...
Wenn nun der Mensch so zum Hunger gekommen ist, sich damit zum Sakrament bereitet hat, soll er ja zusehen, daß er nicht im Vertrauen auf eigene Würdigkeit hinzugehe, auch nicht allein darum beten, wie es einige tun, die den Vers beten "HErr, ich bin nicht würdig, daß Du gehest unter mein Dach, aber sag nur ein Wort, so wird meine Seele gesund. Nicht, daß ich dies Gebet etwa verwerfe, aber man muß noch etwas wichtigeres begreifen.

Das sind die Worte, mit denen Christus die Messe einsetzt und spricht:
NEHMET HIN UND ESSET, DAS IST MEIN LEIB, DER FÜR EUCH GEGEBEN WIRD. NEHMET HIN UND TRINKET ALLE DARAUS, DAS IST DER KELCH DES NEUEN UND EWIGEN TESTMENTS IN MEINEM BLUT, DAS FÜR EUCH UND FÜR VIELE VERGOSSEN WIRD ZUR VERGEBUNG DER SÜNDEN.

Diese Worte - selbst wenn sie der Priester heimlich spricht (wollte Gott, er spreche sie aufs allerlauteste, damit sie jedermann deutlich hört, auch in deutscher Sprache) - soll ein jeder Christ in der Messe vor sich haben und nur auf diese achten vor allen anderen. Denn wie sie ihrem Wortlaut nach zu uns allen reden, so redet sie auch der Priester an Christi Stelle zu allen, die um ihn stehen. Wir sollen sie alle annehmen und darauf bauen und nicht zweifeln, daß wir damit von dem Herren zu diesem reichen Mahl zu Gaste geladen werden.

Das bringt auch der Priester zum Ausdruck, wenn er das Sakrament und den Kelch emporhebt und wenn dazu auch mit Glocken geläutet wird, was ja nichts anderes bedeutet, als daß wir damit an die Worte Christi erinnert werden. Als sollte der Priester und der Glöckner damit zu uns allen sagen: "Hört zu, Ihr Christen, sehet her, nehmet hin und esset, nehmet hin und trinket, Das ist der Leib und das Blut Christi." So wird den Laien es deutlich gemacht, wenn der Priester das Sakrament emporhebt und das Glöcklein läutet, als hörten sie die Worte Christi laut und klar, auch wenn sie der Priester nur leise gelesen hat. Auf diese Worte mußt du dein hungriges Herz bauen und auf die Zusage dieser göttlichen Wahrheit dich verlassen. Daraufhin sollst du zum Sakrament gehen und zu GOIT dringen und sagen: HErr, was ist es, daß ich nicht würdig bin, daß Du unter mein Dach eingehest, Ich bin doch bedürftig und begierig nach Deiner Hilfe und Gnade, daß ich auch fromm werden möge. So komme ich und verlasse mich auf nichts anderes als auf die süßen Worte, die ich gehört habe und mit denen Du mich zu Deinem Tisch einlädst und mir armen, unwürdigen zusagst, ich soll Vergebung aller Sünden haben durch Deinen Leib und Blut, die ich in diesem Sakrament esse und trinke. Lieber HErr! Dein Wort ist wahr, da zweifle ich nicht dran. Darauf esse und trinke ich mit Dir, Mir geschehe nach Deinen Worten. Amen.
"Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiß an jedem neuen Tag."
Dietrich Bonhoeffer

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Mellon hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:Für uns ist eigentlich weniger wichtig was Luther dachte (er ist ja kein Prophet oder Religionsstifter ;) ), sondern was der Glaube der von Jesus Christus gegründeten Kirche war. Heute wie zur Zeit der Reformation kann man davon ausgehen, dass dies Realpräsenz, aber keine Wandlung (die das Sakrament von der Meßfeier trennt) war.
Wenn Realpräsenz im Luthertum bedeutet, daß das gesegnete Brot der wahre Leib Christi ist und der gesegnete Wein das Blut Christi ist: wieso gibt es dann Probleme mit der Vorstellung einer Wandlung?
Warum glaubte die Urkirche nach dem Wissensstand den wir haben nicht an eine Wandlung?

Das Sakrament ist die gemeinsame Feier. Nach kath. Auffassung können in der Messe beliebig viele Hostien gewandelt werden und diese theoretisch jederzeit mit der sakramentalen Wirkung verspeist werden. Somit ist bei euch genaugenommen die Hostie das Sakrament. Wir haben also unterschiedliche Verständnisse, was das Sakrament ist.

Dazu kommt, dass man nach unserer Ansicht Gott nicht faßbar machen kann. Wir erinnern uns an mittelalterlichen Aberglauben, wo man Menschen hinrichtete, denen man vorwarf mit der angeblich gewandelten Hostie Mißbrauch getrieben zu haben. Das alles war nicht im Sinne des Stifters. Jesus hat uns beauftragt das Hl. Abendmahl so wie er es eingestzt hat zu feiern. Das ist das Sakrament.

Ich lehne übrigens eine Wandlung nicht ausdrücklich ab. Daher müssen übriggebliebene Gaben resepketvoll behandelt werden.


Mellon hat geschrieben: Denn Brot und Wein sind vor der Segnung ja eben "nur" Brot und Wein. Nach der Segnung ist das Brot aber nicht mehr "nur" Brot, sondern Leib Christi. Da hat doch sozusagen eine "Änderung" stattgefunden, wenn sie auch chemisch, physisch oder sonst empirisch nicht nachweisbar ist.
Läuft die Vorstellung einer zeitweiligen Realpräsenz "in usu" nicht doch irgendwie darauf hinaus, daß das Brot nicht der Leib Christi ist, sondern lediglich eine zeitlang den Leib Christi bedeutet?
Wir glauben, dass die Wirkung des Sakraments durch das gemeinsame Essen und Trinken von Brot und Wein in der Abendmahlsfeier ausgeht und zwar genau durch den aufgenommenen Brot und den aufgenommenen Wein erfolgt.

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