Lutheraner hat geschrieben:Jede Kirche hat ein Lehramt. Sei es ein Papst, eine Synode oder ein Presbyterium oder sonst was. Dieses Lehramt legt fest, was richtig und falsch, was gültig und was ungültig ist.Granuaile hat geschrieben:dass die evangelischen Konfessionen, im Gegensatz zur römisch-katholischen, kein Lehramt kennen.
Tut mir Leid, aber als Mitglied der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich muss ich widersprechen: Die meisten reformierten Landeskirchen der Schweiz haben Mitte des 19. Jahrhunderts die Bindung an Bekenntnisschriften aufgehoben. Pfarrerinnen und Pfarrer geloben bei der Ordination und beim Amtsantritt an einer neuen Pfarrstelle:
"Ich gelobe vor Gott, den Dienst an seinem Wort auf Grund der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testamentes in Verantwortung zu erfüllen.
Ich gelobe, im Gehorsam gegenüber Jesus Christus diesen Dienst durch mein Leben zu bezeugen, wo immer ich hinberufen werde."
Die Pfarrer werden also nicht mehr auf den Wortlaut des II. Helvetischen Bekenntnisses von Heinrich Bullinger verpflichtet. (Der in der Evangelisch-reformierten Kirche Deutschlands geltende Heidelberger Katechismus hatte in der Schweiz ohnehin nie Geltung.) Vielmehr ist die Verantwortung einer jeden Pfarrerin und eines jeden Pfarrers gefordert. In der Kirchenordnung der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich finden sich allerdings einige grundsätzliche Bestimmungen zu den Glaubensgrundlagen. Über diese wurde denn auch in der Synode anlässlich der kürzlich erfolgten, durch Synodalbeschluss von gestern, 17. März 2009, abgeschlossenen Totalrevision der Kirchenordnung recht intensiv diskutiert und es wurde auch um Formulierungen gerungen. Doch wäre in der Synode - welcher ich angehöre - niemand auf die Idee gekommen, damit dem Kirchenvolk vorzuschreiben, was dieses im Innersten gefälligst zu glauben habe, und sich ein kirchliches Lehramt anzueignen. Vor einigen Jahren machte die reformierte Kirche Werbung mit Plakaten mit dem Slogan "Selber denken - die Reformierten".
Hier prallen wieder einmal kirchliche Welten aufeinander. Theologen sind nach unserer Auffassung Menschen, die durch vertiefte Auseinandersetzung mit der Bibel und dem christlichen Glauben und die damit erlangte Qualifikation den Menschen den Weg zu ihrem Glauben erleichtern und weisen können. Sie sind Helfer - Diener am göttlichen Wort (Verbi divini minister), nicht geistliche Diktatoren. Letztlich bleibt, wie Florianklaus dies heute prägnant und zutreffend umschrieben hat, im Zweifel jeder Protestant sein eigener Papst.