Lutheraner hat geschrieben:
Natürlich sind auch manche Lutheraner dem mittelalterlichen Fehler verfallen genauere Deutungen der Realpräsenz vorzunehmen, aber diese genauen philosophischen Deutungen sind für den lutherischen Glauben irrelevant.
Für uns zählt was in der Bibel steht und mit dem ist ergibt sich für uns die Realpräsenz. Sie kann als Mysterium nicht genauer gedeutet werden. Es mag Theologen geben, die das versucht haben, aber das waren alles nur menschliche und damit fehlbare Erklärungsversuche.
Schwächen im lutherischen Modell - wie du schreibst - kann es nicht geben, sonst hätte die Bibel schwächen.
Leider stimmt gar nicht, was Du schreibst.
Noch einmal: Du verwechselst in Deinen Antworten regelmäßig das Festhalten an der Tatsache der Realpräsenz und die theologischen Konzepte, mit denen diese erklärt wird. Sicher bin auch ich der Meinung, daß die Realpräsenz den biblischen Glauben wiedergibt. Trotzdem gibt es ja unterschiedliche theologische Erklärungsversuche. Und Deine Behauptung, es sei nicht lutherisch, solche Erklärungen zu formulieren, ist komplett falsch.
Auch geht hier nicht um "irgendwelche Theologen", sondern um Luther selbst und die gesamte lutherische theologische Tradition. Ich frage mich hier immer wieder, warum ausgerechnet ich den Lutheranern Nachhilfe in ihrer eigenen Theologie geben muß. Hängt wohl damit zusammen, daß hier immer Dinge als "lutherischer" verkauft werden, die es gar nicht sind ... Die Väter der lutherischen Theologie (Martin Luther eingeschlossen) haben jedenfalls abgelehnt, sich auf die hier von Dir vertretene Position "Ich tue fromm und ansonsten stelle ich mich dumm" zurückzuziehen. Die haben knallhart Theologie betrieben, um ihre Position zu verteidigen.
Nun gut, also auch hier wieder eine kleine Nachhilfestunde in lutherischer Theologie:
Über die Transsubstantiationslehre brauche ich weiter nichts zu schreiben. FvSales hat schon schon angedeutet, daß Calvin sich zur Erklärung der Präsenz Christi in der Eucharistie auf pneumatologische Modelle zurückzieht. Luther und mit ihm die lutherische Theologie argumentiert christologisch, und dies auf zweierlei Weise:
Zum einen wird die Einheit von Leib Christi mit dem Brot analog zur Einheit der zwei Naturen Christi in der Person Jesu gesehen. Diesen Aspekt können wir aber hier vernachlässigen.
Im Zuge der Auseinandersetzung mit den Calvinisten trat dann die Frage auf, wie eine leibliche Präsenz Christi in den eucharistischen Gaben überhaupt denkbar sein kann. Christus hat nach der Himmelfahrt seinen Leib ja nicht abgelegt, seine leibliche Präsenz ist im Himmel, er kann daher nicht überall sein. Wie gesagt, löster der Calvinismus dieses Problem durch den pneumatologischen Aspekt. Christi Leib ist geistlich in Brot und Wein gegenwärtig, während er leiblich im Himmel präsent ist. Dies ist eine wirkliche personale Präsenz, die durch den Geist vermittelt wird. Die katholische Tradition beläßt Christi Leib ebenfalls "unbewegt" im Himmel, spricht aber von einer Wesensverwandlung von Brot und Wein. Luther wählt einen anderen Weg und bezieht sich auf die
communicatio idiomatum, also die lebendige Beziehung der menschlichen und göttlichen Natur Christi. Die Formel von Chalcedon hatte festgelegt, daß diese Naturen beide in Christus existieren, allerdings
unvermischt und ungetrennt etc. Luther nun erweitert die Chalcedonische Formel durch den Gedanken, es komme zu einem Austausch zwischen der menschlichen und göttlichen Natur Christi: Obwohl Christus seiner menschlichen Natur nach nicht omnipräsent sein kann, kann er es seiner göttlichen Natur nach. Nach Luther wird die Fähigkeit der Omnipräsenz im Falle der eucharistischen Präsenz von der göttlichen an die menschliche (leibliche) Natur Christi vermittelt. Daher ist eine wirkliche leibliche Gegenwart Christi sowohl im Himmel wie auch unter den Gestalten von Brot und Wein möglich.
Theologisch und philosophisch ist diese Erklärung - wie gesagt - fragwürdig. Erstens ist zu fragen, ob damit nicht die orthodoxe Formel von Chalcedon überschritten ist. Wenn es zu einem Austausch der Naturen kommt, existieren diese dann noch "ungetrennt und unvermischt", wie von Chalcedon festgestellt? Zweitens ist zu fragen, warum nur die Eigenschaft oder Fähigkeit der Omnipräsenz an die menschliche (leibliche) Natur übertragen wird, nicht aber auch andere Eigenschaften? Schließlich gilt: Wenn Christus seiner göttlichen Natur nach omnipräsent ist, ist er es immer! Er kann diese Eigenschaft nicht ablegen, sie ist Teil seiner Natur. Vermittelt er diese Eigenschaft an seine menschliche Natur, gilt das gleiche. Philosophisch muß daraus eigentlich folgen, daß Christus immer und überall leiblich gegenwärtig ist. Wie will nun die lutherische Theologie begründen, daß diese leibliche Präsenz nur auf die Eucharistie beschränkt bleibt?