Was ist Kirche ?

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
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Lioba
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Was ist Kirche ?

Beitrag von Lioba »

Till schrieb:
daher bleibe ich lieber wo ich bin und arrangiere mich mit den Problemen und Defiziten der protestantischen Welt.
Dabei stellte ich mir spontan die Frage- ja aber wo bin ich denn und wie sieht diese protestantische Welt aus?

In der Sakristei hatte ich diese Frage schon mal geäussert- ich hoffe, keiner war sauer wegen meiner Bildchen :) .
http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php? ... 2&start=16

Der Vorteil der RKK leigt darin, dass du ein klares Gegenüber hast, ein nachvollziehbares Lehrgebäude und eine Hierarchie mit dem Papst an der Spitze. Trotz der Rangeleien um Pampelmuse und Vatikanum 2 kann man immer noch ziemlich klar sagen- da schau hin, dass ist die RKK.
Der Orthodoxie fehlt dieses militärisch Straffe, aber es gibt ein klares Bewusstsein dafür was Orthodoxie ist, auch wenn sich Westler erst einmal reindenken müssen.
Dagegen fällt es mir schwer zu erklären, was denn nun wirklich evangelisch ist.
Der gnädige Gott, der nicht erst gnädig gestimmt werden muss, der WILL, dass alle Menschen gerettet werden?

Da müssten alle doppelt prädestinierten Calvinisten draussen vor gelassen werden.
Vermittlung der Gnade durch die Sakramente oder nicht?
etc.
Irgendwann kommt dann der Begriff der unsichtbaren Kirche- aber ist das nur ein Hilfskonstrukt, das uns letztlich dazu verleitet, die immer stärkere Aufspaltung in immer neue Denominationen gar nicht mehr zur Kenntnis zu nehmen oder hat es solide theologische Grundlagen?
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Florianklaus
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Florianklaus »

Ist nicht das dreifache Solus der Reformation ein protestantischer Grundkonsens?

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Lioba
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lioba »

Sola Fide, Sola Gratia Sola Scriptura
sind ein gewisser Grundkonsens aber ihre Auslegung und Anwendung gehen durchaus auseinander.
Gerade das Bp. mit der Doppelten Prädestination und die Sakramentsfrage sind klare Beispiele.
Sola Fide ist noch eingermassen klar- übrigens ist der Glaube keine Leistung, nach dem Motto ich muss jetzt ganz feste dran glauben.
Ich würde es so sagen und die anderen Evangelen können mich gerne korrigieren
Ich nehme das Geschenk Gottes an, schlicht, kindlich vertrauensvoll, dankbar. Ganz einfach, aber gerade das Einfache ist für den gefallenen Menschen schwer. Stichwort kindlich- es gibt verwöhnte Gören, die meinen, ihnene stünde eh alles zu und sie könnten immer noch nöhlen, im Gegenzug aber auch Kinder, die ängstlich, schüchtern misstrauisch sind. So wie sich gute liebevolle Erzieher um solche Kinder mühen müht sich der gnädige Gott um uns, macht stets den ersten Schritt, damit wir glauben können.
womit wir dann bei Sola Gratia wären.

das aber wiederum wird eben von einigen prot. Gruppen im Sinne einer doppelten Prädestination ausgelegt- Gott bestimmt von vornherein die Menschen für Himmel und Hölle. Wie kommt einer drauf, durch in meinen Augen falsche Auslegung von
Sola Scriptura
Statt den grossen Bogen der alles umspannt in der Schrift zu erkennen und noch zu sehen , dass einige ewige Dinge in menschlichen Worten nur begrenzt auszudrücken sind, macht man das was ich persönlich als vernünftelnde Bibelverschentheologie sehe.
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Lutheraner
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lutheraner »

"CA 7 - Von der Kirche

Es wird auch gelehrt, daß alle Zeit müsse eine heilige christliche Kirche sein und bleiben, welche ist die Versammlung aller Gläubigen, bei welchen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente dem Evangelium gemäß gereicht werden. Denn dieses ist genug zu wahrer Einigkeit der christlichen Kirche, daß da einträchtig nach reinem Verstand das Evangelium gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden. Und es ist nicht nötig zu wahrer Einigkeit der christlichen Kirche, daß allenthalben gleichförmige Zeremonien, von den Menschen eingesetzt, gehalten werden, wie Paulus spricht Eph. 4: „Ein Leib, ein Geist, wie ihr berufen seid zu einerlei Hoffnung eures Berufs, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe.“


CA 8 - Was die Kirche sei

Ebenso, wiewohl die christliche Kirche eigentlich nichts anders ist als die Versammlung aller Gläubigen und Heiligen, jedoch, weil in diesem Leben viele falsche Christen und Heuchler, auch öffentliche Sünder unter den Frommen bleiben, so sind die Sakramente gleichwohl kräftig, obschon die Priester, von denen sie gereicht werden, nicht fromm sind, wie denn Christus selbst anzeigt: Auf dem Stuhl des Mose sitzen die Pharisäer etc. Deshalb werden die Donatisten und alle anderen verdammt, die es anders halten."



Überall dort, wo das Evangelium von Jesus Christus verkündet wird, d.h. gelehrt wird, dass in ihm Gott Mensch wurde, er für unsere Sünden gestorben ist und er am dritten Tage auferstanden ist von den Toten und nichts gelehrt wird, das hiervon ablenkt, das meint dem etwas hinzuzufügen oder wegnehmen zu können und wo im Namen des dreieinigen Gottes getauft und das Hl. Abendmahl mit Brot und Wein gefeiert und bekannt wird, dass hierbei der wahre Leib und das wahre Blut Christi empfangen wird, erkenne ich die Kirche.

Die vielzitierte "protestantische Zersplitterung" betrifft oft nur Gruppierungen, die schon vorher nicht mehr auf dem richtigen Weg waren. Dazu kommt, dass diese angebliche Zersplitterung als solche nicht wahrgenommen wird, da die Kirchentümer als menschliche Gebilde gesehen werden und sich oft auch nicht verurteilen (das betrifft z.B. die Pfingstler, wo es momentan die meisten Denominationen gibt).

Ich fühle mich in der protestantischen Welt wohl, auch weil ich vorab eine christliche Gemeinde nicht pauschal als irrgläubig verurteilen muß, sondern prüfen kann, wieweit sie im Sinne der CA Teil der sichtbaren Kirche ist. Das gibt einem auch das Gefühl einer christlichen Einheit in Vielfalt.
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Florianklaus
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Florianklaus »

@ Lioba: Damit müßt Ihr Protestanten mangels Lehramt wohl leben!

Es sei denn, Du nimmst statt der Binnenperspektive ("wir Protties gehören alle irgendwie doch zusammen....") eine z.B. streng lutherische Außenperspektive im Hinblick auf die anderen protestantischen Denominationen an ("wir Lutheraner sind die einzig Rechtgläubigen und die Anderen, wie z.B. Katholiken, Orthodoxe, Reformierte und andere sich fälschlicherweise als evangelisch bezeichnende Gemeinschaften sind mehr oder weniger auf dem Holzweg").

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Lioba
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lioba »

Tja, mehr oder weniger. Was ist so wenig, dass ich es tolerieren kann, weil es Kernaussagen nicht grundsätzlich in Frage stellt?
Auf alle Fälle bin ich entsetzt über die Bedenkenlosigkeit mit der immer neue Grüppchen entstehen aus immer nichtigeren Anlässen.
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Lutheraner
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lutheraner »

Lioba hat geschrieben:Auf alle Fälle bin ich entsetzt über die Bedenkenlosigkeit mit der immer neue Grüppchen entstehen aus immer nichtigeren Anlässen.
Welche Grüppchen meinst Du denn konkret?

Ich habe den Eindruck, dass paradoxerweise die meisten Kirchenspaltungen bei Gruppierungen mit anglikanischem Kirchenverständnis entstehen. Das Modell, das eigentlich zu einer sichtbaren Einheit führen sollte, führt offensichtlich nur zur Gründung der hundertsten Anglikanisch-katholisch-Orthodoxen Kirche, die irgendwo in einem Dorf in den USA entsteht und sofort 5 Erzbischöfe und 2 Metropoliten hat.
Dann gibt es natürlich noch die Pfingstler, aber denen geht es oft mehr um Geld als um Sola Scriptura.
Beide Bereiche sind keine Beispiele für eine angebliche "protestantische Zersplitterung".
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Lioba
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lioba »

Auch wenn es böse klingt, die Tendenz kommt für mich weniger aus bestimmtem theologischen Ecken als aus einer bestimmten Gegend - den Staaten. Dort scheint mir auch neben dem Gründen neuer Gemeinden die Wechselitis recht ausgeprägt. Uns Deutschen gegenüber fallen dann schon Sprüche wie "typisch deutsche Nibelungentreue" wenn einer nicht gleich seine angestammte Kirche oder oder Freikirche verlassen möchte um stattdessen in die "viel lebendigere" Gemeinde XY einzutreten.Seine angestammte Kirche und Gemeinde zu lieben, mit und auch mal an ihr zu leiden ist beinahe eine Versündigung am eigenen Seelenheil.
Das, denke ich, ist nicht im Sinne der Confessio- übrigens danke Lutti für´s Zitat.
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lutheraner »

In den USA wurde die Zahl der reformatorischen Kirchen in den letzten Jahrzehnten reduziert. So ist z.B. die ELCA ein Zusammenschluß mehrerer evang.-luth. Kirchen und die UCC ein Zusammenschluß mehrerer reformierter, presbyterianischer und in evang.-luth. Tradition stehender Kirchen und Gemeinden. Eine Zersplitterung gibt es dort doch auch nur bei Pfingstlern, Baptisten und Hochkirchlern. Die Gründe liegen auch weitgehend auf der Hand: Bei den Hochkirchlern will jeder ökumenischer und den Anglikanern-Orthodoxen-Römern noch näher sein als der andere, bei den Baptisten und Pfingstlern, die sich dort zersplittern, geht es m.E. sehr oft um Geld. Beide Arten von Gruppierungen tangieren uns doch nicht.

In Deutschland ist die Zahl der reformatorischen Kirchen im letzten Jahrhundert zurückgegangen: Die SELK ist ein Zusammenschluß mehrerer evang.-luth. Freikirchen und auch die Zahl der Landeskirchen innerhalb der heutigen EKD wurde von 30-40 auf 22 reduziert.

So wurde z.b. die evang.-luth. Kirche in Thüringen, die sich Anfang des Jahres mit der Kirchenprovinz Sachsen zur EKM vereinigte aus folgenden Kirchen gebildet:

Evangelisch-Lutherische Kirche des Großherzogtums Sachsen
Evangelisch-Lutherische Kirche des Herzogtums Sachsen-Gotha
Evangelisch-Lutherische Kirche des Herzogtums Sachsen-Altenburg
Evangelisch-Lutherische Kirche des Herzogtums Sachsen-Meiningen
Evangelisch-Lutherische Kirche des Fürstentums Reuß jüngere Linie
Evangelisch-Lutherische Kirche des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt
Evangelisch-Lutherische Kirche des Fürstentums Schwarzburg-Sondershausen

Ich sehe keine Zersplitterung sondern überall nur Zusammenschlüsse :pfeif:
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Lioba
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lioba »

Problem von der anderen Seite- als der eiserne Vorhang aufging, kamen manche Russlanddeutsche hier nicht zurecht, nicht nur in den Landeskirchen sondern auch in den Freikirchen, soweit dass teilweise die russlandeutschen Baptisten von den Eingeborenen getrennt Gottesdienst hielten. die Reaktion der deutschen Gemeindeglieder war meist- die sind ja auch viiieeel frömmer als wir und was die alles durchgemacht haben, da muss man Verständnis haben.
Ich muss sagen, dass ich das ein bisschen masochistisch fand.Als der Osten noch zu war, waren wir Westler gut genug, um für sie zu beten, die Öffentlichkeit zu ermahnen, Unterschriften für Gefangene zu sammeln, Bibeln und ev. Literatur über die Grenzen zu schmuggeln, nach der Wende Hilfsgüter rüberzubringen, aber nachher sind wir nicht gut genug, um mit ihnen Gottesdienst zu feiern.Fairerweise muss ich sagen, dass das nicht überall so ist- oft hat man zueinander gefunden aber leider gibt es auch den anderen Fall. Auch da habe ich Fragezeichen, ob sowas noch reformatorische Einheit in der Vielfalt ist.
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lioba »

Gut Lutti, das ist erfreulich, weil da dann doch sichtbare Einheit angestrebt wird.Was die Baptisten und Pfingstler angeht, spielt nach meiner Beobachtung durchaus nicht das Monetäre die Hauptrolle, ausser bei ganz zweifelhaften Gruppen, sondern das fehlende Bewusstsein für den Wert der Einheit, auch ein Mangel an Disziplin und Unterordnungsbereitschaft, sowohl bei Leitern als auch bei Gemeindegliedern.
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Florianklaus
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Florianklaus »

Lutheraner hat geschrieben:In den USA wurde die Zahl der reformatorischen Kirchen in den letzten Jahrzehnten reduziert. So ist z.B. die ELCA ein Zusammenschluß mehrerer evang.-luth. Kirchen und die UCC ein Zusammenschluß mehrerer reformierter, presbyterianischer und in evang.-luth. Tradition stehender Kirchen und Gemeinden. Eine Zersplitterung gibt es dort doch auch nur bei Pfingstlern, Baptisten und Hochkirchlern. Die Gründe liegen auch weitgehend auf der Hand: Bei den Hochkirchlern will jeder ökumenischer und den Anglikanern-Orthodoxen-Römern noch näher sein als der andere, bei den Baptisten und Pfingstlern, die sich dort zersplittern, geht es m.E. sehr oft um Geld. Beide Arten von Gruppierungen tangieren uns doch nicht.

In Deutschland ist die Zahl der reformatorischen Kirchen im letzten Jahrhundert zurückgegangen: Die SELK ist ein Zusammenschluß mehrerer evang.-luth. Freikirchen und auch die Zahl der Landeskirchen innerhalb der heutigen EKD wurde von 30-40 auf 22 reduziert.

So wurde z.b. die evang.-luth. Kirche in Thüringen, die sich Anfang des Jahres mit der Kirchenprovinz Sachsen zur EKM vereinigte aus folgenden Kirchen gebildet:

Evangelisch-Lutherische Kirche des Großherzogtums Sachsen
Evangelisch-Lutherische Kirche des Herzogtums Sachsen-Gotha
Evangelisch-Lutherische Kirche des Herzogtums Sachsen-Altenburg
Evangelisch-Lutherische Kirche des Herzogtums Sachsen-Meiningen
Evangelisch-Lutherische Kirche des Fürstentums Reuß jüngere Linie
Evangelisch-Lutherische Kirche des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt
Evangelisch-Lutherische Kirche des Fürstentums Schwarzburg-Sondershausen

Ich sehe keine Zersplitterung sondern überall nur Zusammenschlüsse :pfeif:

Aber das sind doch nur organisatorische Zusammenschlüsse bekenntnisgleicher Kirchen, die auch vorher schon Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft hatten. Das spricht m.E. nicht gegen die These einer protestantischen Fragmentierung. By the way: Warum sind die Badener eigentlich nicht in der SELK?

TillSchilling

Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von TillSchilling »

Lioba hat geschrieben: Als der Osten noch zu war, waren wir Westler gut genug, um für sie zu beten, die Öffentlichkeit zu ermahnen, Unterschriften für Gefangene zu sammeln, Bibeln und ev. Literatur über die Grenzen zu schmuggeln, nach der Wende Hilfsgüter rüberzubringen, aber nachher sind wir nicht gut genug, um mit ihnen Gottesdienst zu feiern.
Ich denke das beurteilst du zu hart, Lioba. Für viele konservative, russlanddeutsche Baptisten ist die Klatschen-Softrock-Scheinwerfer und Bühne-Liturgie der evangelikalen Szene ein Schock. Sie können da nicht mit.

Lioba hat geschrieben: Was die Baptisten und Pfingstler angeht, spielt nach meiner Beobachtung durchaus nicht das Monetäre die Hauptrolle, ausser bei ganz zweifelhaften Gruppen, sondern das fehlende Bewusstsein für den Wert der Einheit, auch ein Mangel an Disziplin und Unterordnungsbereitschaft, sowohl bei Leitern als auch bei Gemeindegliedern.
Ihr seht das alles so negativ. Ich muss zugeben ich finde es gar nicht so schlimm. Es gibt ja doch gerade in der evangelikalen Szene - freikirchlich und landeskirchlich - a) ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit auch über denominationelle Grenzen hinweg und b) intensive Zusammenarbeit. Da kenne ich genügend Beispiele. Und nicht zuletzt gibt es ja die evangelische Allianz.

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Lioba
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lioba »

Till- okay, was die Aussiedler angeht, haben die sicher erstmal einen Kulturschock. Aber da, wo sich die Christen aufeinander eingelassen haben wie zum Beispiel bei uns im Städtchen haben beide Seiten gewonnen.
Beim zweiten Punkt meinten Lutheraner und ich die spezielle Entwicklung in den Staaten, wo neue Gemeinden wie Pilze aus dem Boden spriessen ohne echte theologische Begründung. Ein Ergebnis davon ist, dass etliche ernste Christen in die Orthodoxie abwandern,so viel ich weiss z.B. die gesamte Kerngruppe um Campus für Christus - zu meiner Jugendzeit eine feste Institution der evangelikalen Szene und naive Leute ungeschützt in die Arme von zweifelhaften Sekten laufen.
Ersteres ist ein Verlust für den Protestantismus, aber zweiteres eine Tragödie, weil die Menschen
Schaden an Leib und Seele nehmen.
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Lutheraner
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lutheraner »

Florianklaus hat geschrieben:By the way: Warum sind die Badener eigentlich nicht in der SELK?
Die genauen Gründe kenne ich nicht. Ich vermute, dass die ELKiB sich nicht ganz von den evang.-luth. Landeskirchen abschotten wollte. Sie gehört ja auch dem LWB an (im Gegensatz zur SELK, die dem ILC angehört). Wahrscheinlich war sie auch immer etwas liberaler als die anderen evang.-luth. Freikirchen. Vor einiger Zeit hat sie die FO eingeführt.
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lutheraner »

Lioba hat geschrieben:Was die Baptisten und Pfingstler angeht, spielt nach meiner Beobachtung durchaus nicht das Monetäre die Hauptrolle, ausser bei ganz zweifelhaften Gruppen, sondern das fehlende Bewusstsein für den Wert der Einheit, auch ein Mangel an Disziplin und Unterordnungsbereitschaft, sowohl bei Leitern als auch bei Gemeindegliedern.
Da hast Du natürlich auch recht. In Deutschland zählt für Baptisten und Pfingstler nur die Gemeinde. Die Zusammenschlüsse (FeG/EFG, etc.) interessiert die einzelnen Gemeindemitglieder überhaupt nicht. Organisationsformen oberhalb der Gemeinde existieren für sie hauptsächlich nur aus Verwaltungsgründen. Leitende Geistliche oder gemeinsame Bekenntnisgrundlagen kennen sie meist nicht.

In Brasilien ist das anders. Da nennt sich jeder Kirche (was Baptisten und Pfingstler in Deutschland m.E. überhaupt nicht machen) und fast jede Pfingstkirche hat leitende Bischöfe. Da geht's bei "Kirchenspaltungen" schon häufig um's Geld.

Ich muß aber auch unterstreichen, was Till geschrieben hat: Da den Baptisten und Pfingstlern die sichtbare Einheit meist egal ist, bedeutet die Fragmentierung nicht, dass sie sich gegenseitig verurteilen oder nicht miteinander kooperieren. In Deutschland arbeitet man in der Evangelischen Allianz sehr gut zusammen. Sie ist wahrscheinlich das harmonischste und am besten funktionierende ökumenische Bündnis.
Eine der besten Predigten, die ich je gehört habe, war im Rahmen einer Veranstaltung der Evang. Allianz in einer evang.-luth. Bischofskirche die Predigt des damaligen Präses der FeG. Das war fast eine Art Erweckungserlebnis.
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von holzi »

TillSchilling hat geschrieben:Ihr seht das alles so negativ. Ich muss zugeben ich finde es gar nicht so schlimm. Es gibt ja doch gerade in der evangelikalen Szene - freikirchlich und landeskirchlich - a) ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit auch über denominationelle Grenzen hinweg und b) intensive Zusammenarbeit. Da kenne ich genügend Beispiele. Und nicht zuletzt gibt es ja die evangelische Allianz.
Das kann ich auch so bestätigen, z.T. ist die Zersplitterung ja auch nur ein statistisches Phänomen. Bei den Baptisten beispielsweise ist diese "Spaltung" Programm. Wenn eine Gemeinde wächst, dann wandert ein Teil davon ein die Neugründung aus, die dann auch wieder selbständig wird. Auf dem Papier hat sich hier eine neue Kirche abgespalten. De facto wird das aber nicht so wahrgenommen, die Leute fühlen sich noch immer einander verbunden, als Mutter- und Tochtergemeinde.
Andererseits stimmt die Spaltungswut der Evangelikalen aber schon. Nicht alle Spaltungen sind so geplant wie im obigen Beispiel. Ich hab im Umkreis der Gemeinde meiner Frau auch schon so allerhand erleben dürfen.

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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von holzi »

Lutheraner hat geschrieben:In Brasilien ist das anders. Da nennt sich jeder Kirche (was Baptisten und Pfingstler in Deutschland m.E. überhaupt nicht machen) und fast jede Pfingstkirche hat leitende Bischöfe. Da geht's bei "Kirchenspaltungen" schon häufig um's Geld.
Olha aqui: http://www.pastoralis.com.br/pastoralis ... pic_id=461 ;)

TillSchilling

Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von TillSchilling »

Lioba hat geschrieben:Beim zweiten Punkt meinten Lutheraner und ich die spezielle Entwicklung in den Staaten, wo neue Gemeinden wie Pilze aus dem Boden spriessen ohne echte theologische Begründung. Ein Ergebnis davon ist, dass etliche ernste Christen in die Orthodoxie abwandern,so viel ich weiss z.B. die gesamte Kerngruppe um Campus für Christus - zu meiner Jugendzeit eine feste Institution der evangelikalen Szene.
Hallo Lioba,

die Konvertierung als Antwort darauf, dass andere zu schnell konvertieren? :hae?: Komische Reaktion. Ich kenne - virtuell - ein paar amerikanische Christen, die sich von evangelikalen Kirchen abgewandt haben und Interesse an der Orthodoxie hatten. Glücklicherwiese haben sie dann doch noch die lutherische Kirche kennengelernt und fühlen sich dort heute wohl. Was sie ihren evangelikalen Kirchen entfremdete ist nicht zu Letzt das Verkommen zur Show. Ich glaube the devil loves contemporary worship music. Seicht, seichter, am seichtesten. Immer mehr fühlen sich von dieser showhaften, oberflächlichen Gottesdienstgestaltung abgestossen. Immer mehr spüren, dass der Ritus einen festeren, verbindlicheren Rahmen braucht. Der Trend geht hin zum Liturgischen. Nicht zuletzt deswegen wächst die orthodoxe Kirche in USA. Evangelikale konvertieren zu ihr. LEider eigentlich, denn Evangelikalen, die sich nach einer weniger oberflächlichen Form des Ritus sehnen, sollte eigentlich die evangelisch-lutherische Kirche die naheliegendste, neue geistliche Heimat sein. Liturgisch sind wir konservativer als die Römer und Sakramentsverständnis und -praxis sind der Tradition entsprechend aber auch biblisch fundiert und stehen nicht zu letzt im angenehmen Kontrast zum meaningless Erinnerungszeichenritusbegeherei, den ja manchen non-denominational Kirchen konsequent gleich weglassen.

Aber es gibt ein Problem: wir haben eine ganz andere Theologie als die Evangelikalen. Denn, weisst du, ich glaube, dass eigentlich die theologischen Vorstellungen vieler Born-again Evangelikalen, geprägt durch die Erweckungsbewegungen des 19. Jahrhunderts, der Orthodoxie und auch Rom sehr nahe sind. Reformatorisch sind sie aber nicht. Es tut mir leid, dass so sagen zu müssen, aber die Campus Crusade for Christ Mitarbeiter mögen "ernste Christen" gewesen sein, ihre Lehre war jedoch falsch. Und ich vermute, dass es daher für sie kein Problem war in die Orthodoxie zu konvertieren. Das reformatorische und eigentliche biblische Verständnis des Evangeliums, der Rechtfertigung des Sünders und dem Verhältnis zwischen Rechtfertigung und Heiligung, ist in der evangelikalen Welt genauso wenig verbreitet wie in der Orthodoxie oder in der römisch-katholischen Kirche. Aus diesem Grund finde ich es auch immer lächerlich wenn Evangelikale sich über die RKK ereifern, wegen, nicht unwichtigen aber doch weniger wichtigen, Punkten wie dem Anrufen von Heiligen, wenn sie sich darüber ereifern OBWOHL sie eigentlich im wichtigsten Artikel des christlichen Glaubens Vorstellungen haben, die denen des römischen Katechismus entsprechen. Aber der Schrift widersprechen.

Somit, um zum Thema des Threads zurückzukommen, gibt es etwas wie eine protestantische Einheit einfach nicht. Es gibt das Wort des Evangeliums, das Wort der Rechtfertigung, der Gerechterklärung des Sünders durch Gott um Christi willen. Dieses Wort hat der heilige Geist durch die Reformatoren wieder ans Licht gebracht und um dieses und durch dieses Wort wird die Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen gesammelt. Die Fülle der Erwählten und durch Christi Wort Wiedergeborenen. Die unterschiedlichen sich Kirchen nennenden Gruppen nehmen an diesem Errettungswerk Christi mehr oder weniger teil.

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Lioba
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lioba »

the devil loves contemporary worship music. Seicht, seichter, am seichtesten
Ging mir so, als ich vor ein paar Jahren in so einem erwecklichen Gottesdienst der ich weiss nicht wievielsten Welle war. Muse: gruselig Predigt : ging Dann "wehte der Geist" na gut das tut er aber plötzlich auch wellenförmig, erst hinten links dann hinten rechts, dann arbeitete er sich langsam nach vorne.Wer mich kennt weiss dass mir nichts ferner liegt als den Geist Gottes zu verspotten oder auch nur die Frömmigkeitsform anderer Christen. Sicher kann Gott auch bei bzw. trotz dieser Show wirken, weil Er das ernste Verlangen des Einzelnen sieht. aber wirklich doll fand ich es nicht und auch nicht unbedingt biblisch. Was bei mir während solcher Veran(oder un?)staltungen wuchs ist die Sehnsucht nach einem richtigen Gottesdienst in einer richtigen Kirche- je gotischer desto besser :blinker: Eine richtige Liturgie in die ich mich hineinfallen lassen kann wenn mein Herz unruhig ist und ein schönes altes Kirchenlied
Gott ist gegenwärtig, lasset uns anbeten und mit EHRFURCHT vor ihn treten...
Was die Rechtfertigungslehre angeht ist mir nicht ganz klar, inwieweit die calvinistische und zwinglianische von der lutherischen abweicht. Nachdem ich einmal die Ansichten eines doppelt prädestinierten Holländers- der ansonsten sehr nett war- gehört habe, halte ich mich von selbigen Dingen fern.Über Katholen und Orthodoxe möchte ich hier bewusst nicht diskutieren, vor allem weil ich die Orthodoxie noch viel zu wenig verstehe.
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lutheraner »

Lioba hat geschrieben:Was die Rechtfertigungslehre angeht ist mir nicht ganz klar, inwieweit die calvinistische und zwinglianische von der lutherischen abweicht.
Das ist eine interessante Frage, die m.E. gar nicht so leicht zu beantworten ist. Ich bin kein Theologe und versuche es mal nach meinem (Nicht-)wissen:
Lutherisch: Der Glaube ist eine Gnade, der wir vertrauen und die wir zurückweisen können. Calvinistisch: Einige sind zum Heil, andere zur Verdammnis auserwählt. Hier scheint es noch keinen nennenswerten Widerspruch zu geben. Aber die Details sind wichtig und unterscheiden sich klar: Nach lutherische Auffassung sind wir gläubige Christen alle Heilige und Sünder zugleich. Wenn wir als Christen versagen, ist das kein Zeichen, dass wir verloren sind. Wir können uns immer wieder zusammenreißen und auf die Gnade Gottes vertrauen. Wir werden nicht daran gemessen, was wir im christlichen Sinne "leisten" können. Wir werden aber daran gemessen wie wir versuchen der Sünde zu widerstehen, denn das wollen wir als gläubige Christen.
Ich kann Calvins Theologie selbst nicht beurteilen, aber sie führte dazu, dass man meinte die Auserwähltheit zum Heil hier im Diesseits äußerlich erkennen zu können: z.B. durch wirtschaftlichen Erfolg (klassischer Calvinismus) oder als moderne Weiterentwicklung (vor allem bei Baptisten und Pfingstlern), dass der "wiedergeborene" Mensch nicht mehr zu groben Sünden neigt. Wer als Sünder ertappt wird, gilt als nicht wiedergeboren und ist somit verloren.
Ich finde, dass nur die lutherische Rechtfertigungslehre "menschlich" ist. Nur sie schafft es den Sünder wieder aufzurichten und ihm immer und immer wieder die Kraft zu einem Neuanfang zu geben.
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TillSchilling

Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von TillSchilling »

Lutheraner hat geschrieben: Nach lutherische Auffassung sind wir gläubige Christen alle Heilige und Sünder zugleich. Wenn wir als Christen versagen, ist das kein Zeichen, dass wir verloren sind.
Hier gibt es keinen Unterschied zum Verständnis der meisten, heutigen Calvinisten.
Lutheraner hat geschrieben: Ich kann Calvins Theologie selbst nicht beurteilen, aber sie führte dazu, dass man meinte die Auserwähltheit zum Heil hier im Diesseits äußerlich erkennen zu können: z.B. durch wirtschaftlichen Erfolg (klassischer Calvinismus)
Diese Vorstellungen sind weitgehend verschwunden.

Eine gewisse Härte ist dem Calvinismus sicher immer noch inne, aber die meisten mir bekannten konservativen Calvinisten - in der CofE oder in Freikirchen - sind sehr missionarisch orientiert und daher von vornherein weniger judgmental.
Lutheraner hat geschrieben: oder als moderne Weiterentwicklung (vor allem bei Baptisten und Pfingstlern), dass der "wiedergeborene" Mensch nicht mehr zu groben Sünden neigt. Wer als Sünder ertappt wird, gilt als nicht wiedergeboren und ist somit verloren.
Das ist NICHT reformiert. Diese Lehren entstammen der aus dem Methodismus hervorgegangen Heiligungsbewegung.

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Lutheraner
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lutheraner »

TillSchilling hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben: Nach lutherische Auffassung sind wir gläubige Christen alle Heilige und Sünder zugleich. Wenn wir als Christen versagen, ist das kein Zeichen, dass wir verloren sind.
Hier gibt es keinen Unterschied zum Verständnis der meisten, heutigen Calvinisten.
Gilt das auch für Christen, die sich ausdrücklich als "Calvinisten" bezeichnen, oder nur für "Reformierte"? (Von ersteren ist mir bewusst noch niemand über den Weg gelaufen).

Hier der Text der Leuenberger Konkordie (unterzeichnet von den meisten lutherischen, reformierten, methodistischen und unierten Kirchen Europas) zur Rechtfertigung:

"II. Das gemeinsame Verständnis des Evangeliums

Im folgenden beschreiben die beteiligten Kirchen ihr gemeinsames Verständnis des Evangeliums, soweit es für die Begründung einer Kirchengemeinschaft erforderlich ist.

1. Die Rechtfertigungsbotschaft als die Botschaft von der freien Gnade Gottes

Das Evangelium ist die Botschaft von Jesus Christus, dem Heil der Welt, in Erfüllung der an das Volk des Alten Bundes ergangenen Verheißung.

a) Sein rechtes Verständnis haben die reformatorischen Väter in der Lehre von der Rechtfertigung zum Ausdruck gebracht.

b) In dieser Botschaft wird Jesus Christus bezeugt als der Menschgewordene, in dem Gott sich mit dem Menschen verbunden hat;
als der Gekreuzigte und Auferstandene, der das Gericht Gottes auf sich genommen und darin die Liebe Gottes zum Sünder erwiesen hat, und
als der Kommende, der als Richter und Retter die Welt zur Vollendung führt.

c) Gott ruft durch sein Wort im Heiligen Geist alle Menschen zu Umkehr und Glauben und spricht dem Sünder, der glaubt, seine Gerechtigkeit in Jesus Christus zu. Wer dem Evangelium vertraut, ist um Christi willen gerechtfertigt vor Gott und von der Anklage des Gesetzes befreit. Er lebt in täglicher Umkehr und Erneuerung zusammen mit der Gemeinde im Lobpreis Gottes und im Dienst am anderen in der Gewißheit, daß Gott seine Herrschaft vollenden wird. So schafft Gott neues Leben und setzt inmitten der Welt den Anfang einer neuen Menschheit.

d) Diese Botschaft macht die Christen frei zu verantwortlichem Dienst in der Welt und bereit, in diesem Dienst auch zu leiden. Sie erkennen, daß Gottes fordernder und gebender Wille die ganze Welt umfaßt. Sie treten ein für irdische Gerechtigkeit und Frieden zwischen den einzelnen Menschen und unter den Völkern. Dies macht es notwendig, daß sie mit anderen Menschen nach vernünftigen, sachgemäßen Kriterien suchen und sich an ihrer Anwendung beteiligen. Sie tun dies im Vertrauen darauf, daß Gott die Welt erhält, und in Verantwortung vor seinem Gericht.

e) Mit diesem Verständnis des Evangeliums stellen wir uns auf den Boden der altkirchlichen Symbole und nehmen die gemeinsame Überzeugung der reformatorischen Bekenntnisse auf, daß die ausschließliche Heilsmittlerschaft Jesu Christi die Mitte der Schrift und die Rechtfertigungsbotschaft als die Botschaft von der freien Gnade Gottes Maßstab aller Verkündigung der Kirche ist."



Mal abgesehen davon, dass Punkt (d) etwas zu sehr einen Einschlag hat, der nach "Friedensbewegung" der 70-er und 80-er Jahre klingt, halte ich das aus lutherischer Sicht für korrekt. Die Reformierten haben angeblich spätestens seit Karl Barth eine ähnliche Auffassung wie die Lutheraner (wie Du oben auch schriebst) . Wie passt das aber zum Methodismus?
TillSchilling hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben: oder als moderne Weiterentwicklung (vor allem bei Baptisten und Pfingstlern), dass der "wiedergeborene" Mensch nicht mehr zu groben Sünden neigt. Wer als Sünder ertappt wird, gilt als nicht wiedergeboren und ist somit verloren.
Das ist NICHT reformiert. Diese Lehren entstammen der aus dem Methodismus hervorgegangen Heiligungsbewegung.

Ich dachte, dass das eine Weiterentwicklung von Calvins Lehre wäre, da ich schon Baptisten erlebt habe, die auf Calvins doppelte Prädestination pochen, aber geichzeitig viel Wert auf Wiedergeburt und sichtbarer Umkehr legten. :hae?:
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Lioba
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lioba »

Die doppelte Prädestination wird zumindest in Holland noch teilweise gelehrt, die traurigen Früchte der Lehre vom sichtbaren Erfolg in der Welt werden immer noch bei den sog. amerkanischen "Wohlstandschristen" geerntet, die leider auch in Europa versuchen zu missionieren.
Die meisten Freikirchler die ich kenne, sind in Punkto Prädestination eher gemässsigt.
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
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Miserere Nobis Domine
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

TillSchilling hat geschrieben:Denn, weisst du, ich glaube, dass eigentlich die theologischen Vorstellungen vieler Born-again Evangelikalen, geprägt durch die Erweckungsbewegungen des 19. Jahrhunderts, der Orthodoxie und auch Rom sehr nahe sind.
Das überrascht mich sehr, in wiefern denn? Vertreten die Evangelikalen nicht meist eine "once saved, always saved"-Erlösungslehre?

TillSchilling hat geschrieben:Das reformatorische und eigentliche biblische Verständnis des Evangeliums, der Rechtfertigung des Sünders und dem Verhältnis zwischen Rechtfertigung und Heiligung, ist in der evangelikalen Welt genauso wenig verbreitet wie in der Orthodoxie oder in der römisch-katholischen Kirche.
Hmmm... was ist "eigentlich biblisch" daran, dass Hieronymus "dikaiosis" als "iustificatio" übersetzt hat?

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Lioba
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lioba »

Zu deiner ersten Frage- es geht hier um die Auswirkung der Heiligungsbewegungen, die eine defacto- Werkgerechtigkeit und Gesetzlichkeit mit sich brachten.
Zu deiner zweiten Frage- würde in den Bereich der Auseinandersetzung zwischen lutherischer und orthodoxer Soteriologie gehören, bringt jedoch keine Hilfe zur Klärung des ev. Kirchenbegriffs und der Beziehungen der ev. Gruppierungen untereinander.
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

TillSchilling

Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von TillSchilling »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:
TillSchilling hat geschrieben:Denn, weisst du, ich glaube, dass eigentlich die theologischen Vorstellungen vieler Born-again Evangelikalen, geprägt durch die Erweckungsbewegungen des 19. Jahrhunderts, der Orthodoxie und auch Rom sehr nahe sind.
Das überrascht mich sehr, in wiefern denn? Vertreten die Evangelikalen nicht meist eine "once saved, always saved"-Erlösungslehre?
Vielleicht sollten wir mal den Begriff "Evangelikaler" definieren. Ich verwende den auch regelmässig obwohl er schwammig ist und alle möglichen Gruppen und Theologien meint.

Once saved, always saved ist eine rein calvinistische Sache. Evangelikale wie Campus Crusade for Christus sind meistens nicht calvinistisch.
Miserere Nobis Domine hat geschrieben:
TillSchilling hat geschrieben:Das reformatorische und eigentliche biblische Verständnis des Evangeliums, der Rechtfertigung des Sünders und dem Verhältnis zwischen Rechtfertigung und Heiligung, ist in der evangelikalen Welt genauso wenig verbreitet wie in der Orthodoxie oder in der römisch-katholischen Kirche.
Hmmm... was ist "eigentlich biblisch" daran, dass Hieronymus "dikaiosis" als "iustificatio" übersetzt hat?
Über die Rechtfertigung gibt es schon einen Thread. Den können wir gerne wieder eröffnen wenn du möchtest. Aber wenn dann richtig. Nicht nur so eine Frage im Vorbeigehen, mit der du meinst das alles erledigt sei.

TillSchilling

Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von TillSchilling »

Lutheraner hat geschrieben:
TillSchilling hat geschrieben: Das ist NICHT reformiert. Diese Lehren entstammen der aus dem Methodismus hervorgegangen Heiligungsbewegung.
Ich dachte, dass das eine Weiterentwicklung von Calvins Lehre wäre, da ich schon Baptisten erlebt habe, die auf Calvins doppelte Prädestination pochen, aber geichzeitig viel Wert auf Wiedergeburt und sichtbarer Umkehr legten. :hae?:
Calvinist schimpfen sich heute viele. Unter anderem auch welche, die an der sogenannten "Lordship Salvation" festhalten und deren gemeindlicher Hintergrund auch mehr aus aus der Heiligungsbewegung hervorgegangen Gruppen steht. Mit dem entsprechenden Ergebnis.

Wenn ich refomiert - oder fälschlicherweise manchmal auch calvinistisch - schreibe, denke ich an reformierte Evangelikale in der anglikanischen Kirche wie John Stott oder J I Packer, oder Presbyterianer wie R C Sproul oder Michael Horton.

Siehe web sites wie http://www.modernreformation.org oder http://www.monergism.com/ oder http://www.lebensquellen.de/ . Wobei ich letztere Site nicht empfehle sondern nur auf sie aufmerksam mache, da sie auf Deutsch ist.

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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von overkott »

Eigentlich gibt es nur eine Kirche.

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Lioba
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lioba »

Sagt jeder und jeder definiert es anders. :)
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M. v. Ebner- Eschenbach

TillSchilling

Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von TillSchilling »

Trotzdem ist es wahr.

Es gibt nur eine Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen. Der Leib Christi. Die Gesamtheit der Herausgerufenen, der zum Glauben an Christus Gekommenen.

Diese Kirche mit einer Institution gleichzusetzen und dieser Institutiion Göttlichkeit zuzuweisen ist Blasphemie.

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Lioba
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Re: Was ist Kirche ?

Beitrag von Lioba »

Fällt mir gerade auf- der Strang E. Ekklesiologie boomt nicht gerade- vielleicht ist es sinnvoll, ihn hier zu integrieren. Dazu merke ich, dass insgesamt Luthers Erben gewaltig dominieren. Liegt vielleicht auch daran, dass unsere Äusserunge nicht immer Calvinisten- bzw. Zwinglianerfreundlich waren. Es wäre aber doch gut, hier auch deren persönliche und offizielle Statements wiederzufinden.
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M. v. Ebner- Eschenbach

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