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"Gejaule"

Verfasst: Mittwoch 6. April 2011, 09:40
von Lupus
[Anm.: Split aus dem Thread "Gottesgebärerin" in der Sakristei. Lupus hat dieses Thema ursprünglich nicht eröffnet. - N.]
stephaniemariaalexandra hat geschrieben:
holzi hat geschrieben:
Nassos hat geschrieben:Mit ist bewusst, dass der byzantinische Gesang für viele ein Jaulen (25*aua) bzw Greuel ist ( :bedrippelt: ), aber das nur zu lesen berührt die Seele ungemein.
Aber das Jaulen ist schön! Ich hör das gerne. :huhu:
Ich auch! :klatsch:

Und für mein Herz, meine Seele und mein Gehör gibt es nichts Schöneres!! Ich sage nur...Agni Parthene :verliebt:
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"Jaulen" kann dazu nur der oder die sagen, welche von frommer Innigkeit nichts verstehen, bzw. diese als altmodisch zurückweisen.
Der Gesang in der, soweit mit bekannt, griech.-orthodoxen Singweise ist doch, soweit ich informiert bin, aus einer Zeit herübergekommen, als auch die westl. Kirche noch in ähnlicher Weise gesungen hat, bevor sich dann westliches Denken und Fühlen im Gregorianischen Choral ausdrückte.
Eine andere Sichtweise kennt die russ.-orthodoxe Kirche, die ja, wenn ich es richtig sehe, zu Beginn der Neuzeit ihre Gesänge auf Mehrstimmigkeit umgestellt und, gleichsam als Mittelding zwische Ost und West, leicht verständliche Harmonien eingeführt hat.
Das klingt natürlich in unseren Ohren evtl. angenehmer.

+L.

Re: Die Gottesgebärerin

Verfasst: Mittwoch 6. April 2011, 10:18
von holzi
Lupus hat geschrieben:"Jaulen" kann dazu nur der oder die sagen, welche von frommer Innigkeit nichts verstehen, bzw. diese als altmodisch zurückweisen.
Nun muss ich mich doch endlich outen: ich war's, der den Begriff "Jaulen" im Gespräch mit Nassos aufgebracht hatte. :tuete: Mir fiel halt nur nichts besseres ein, um die Melismen der byzantinischen Musik zu beschreiben.

Re: Die Gottesgebärerin

Verfasst: Freitag 8. April 2011, 20:07
von taddeo
holzi hat geschrieben:
Lupus hat geschrieben:"Jaulen" kann dazu nur der oder die sagen, welche von frommer Innigkeit nichts verstehen, bzw. diese als altmodisch zurückweisen.
Nun muss ich mich doch endlich outen: ich war's, der den Begriff "Jaulen" im Gespräch mit Nassos aufgebracht hatte. :tuete: Mir fiel halt nur nichts besseres ein, um die Melismen der byzantinischen Musik zu beschreiben.
Das ist ja auch eine ganz zutreffende Beschreibung aus der Sicht Hörgewohnheit eines durch abendländische Dur-moll-Funktionsharmonik geprägten Westeuropäers. Dafür mußt Du Dich nicht entschuldigen.
Das Tonsystem der (antiken und heute noch byzantinischen) griechischen Kirchenmusik kennt nun mal Feinheiten, die das menschliche Ohr nur mehr annähernd erfassen kann und die beim Hören als "Jaulen" hängenbleiben.

Re: Die Gottesgebärerin

Verfasst: Freitag 8. April 2011, 20:15
von anneke6
Das ist allgemein ein Problem in den meisten westlichen Ländern. Was nicht dem Standard entspricht, ist "falsch singen"…Leute, macht euch frei von diesem Dikat und hört chinesische Oper:
http://www.youtube.com/v/_5qQcT_0DRA?fs=1&hl=en_US

Re: Die Gottesgebärerin

Verfasst: Freitag 8. April 2011, 20:16
von taddeo
Nein, freiwillig nicht. :nein:

Re: Die Gottesgebärerin

Verfasst: Freitag 8. April 2011, 20:21
von anneke6
Aber diese Art von Musik hat mir den Weg in "andere Dimensionen" geöfffnet, lange bevor ich mit dem alten byzantinischen Gesang — in Form des Hymnos Akathistos — in Berührung kam. Allerdings habe ich soviel von jenem noch nicht gehört…aber ich gehe ja bekanntlicherweise zu den Russen. :)

Re: Die Gottesgebärerin

Verfasst: Freitag 8. April 2011, 20:25
von taddeo
anneke6 hat geschrieben:Aber diese Art von Musik hat mir den Weg in "andere Dimensionen" geöfffnet, lange bevor ich mit dem alten byzantinischen Gesang — in Form des Hymnos Akathistos — in Berührung kam. Allerdings habe ich soviel von jenem noch nicht gehört…aber ich gehe ja bekanntlicherweise zu den Russen. :)
Ich "durfte" mal ne Rezension schreiben über ein Konzert mit chinesischer Musik ... da sind mir echt die Solesmer Gregorianik-Näsler mit ihrem "Anjüs Däi" noch lieber ... :bedrippelt:

Re: Die Gottesgebärerin

Verfasst: Freitag 8. April 2011, 20:58
von Nassos
taddeo hat geschrieben:...
Das Tonsystem der (antiken und heute noch byzantinischen) griechischen Kirchenmusik kennt nun mal Feinheiten, die das menschliche Ohr nur mehr annähernd erfassen kann und die beim Hören als "Jaulen" hängenbleiben.
Mein lieber taddeo,

das hört sich ja an, als ob alle, die die Schönheit der Byzantinik nicht erfassen, hörmäßig unterbelichtet seien. I don't think so... :blinker:

Re: Die Gottesgebärerin

Verfasst: Freitag 8. April 2011, 21:05
von taddeo
Nassos hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:...
Das Tonsystem der (antiken und heute noch byzantinischen) griechischen Kirchenmusik kennt nun mal Feinheiten, die das menschliche Ohr nur mehr annähernd erfassen kann und die beim Hören als "Jaulen" hängenbleiben.
Mein lieber taddeo,

das hört sich ja an, als ob alle, die die Schönheit der Byzantinik nicht erfassen, hörmäßig unterbelichtet seien. I don't think so... :blinker:
Nein, aber das ist tatsächlich eine Frage der Gewöhnung.
Es ist derselbe Effekt wie bei der modernen, "avantguardistischen" E-Musik: Sobald die verwendeten Intervalle nicht mehr nur Ganz- und Halbtöne umfassen, sondern auch Viertel- oder gar Achteltöne, wird es einfach unscharf im Gehörgang. Da fragt sich dann das Publikum auch "stimmen die noch oder spielen die schon?", weil man eben den "sauberen" Klang so intus hat, daß das Gehirn gar nicht mehr auf die Idee kommt, es könne dazwischen auch noch andere Tonabstände geben.

Es sei denn, man hört Jazz - da hält man auf einmal die "blue notes" für stiltypisch. Wenn ein orthodoxer Grieche "blue notes" in der Kirche singt, nennt man es idiotischerweise "Gejaule".

Re: Die Gottesgebärerin

Verfasst: Freitag 8. April 2011, 21:29
von Stephanie
taddeo hat geschrieben:Nein, freiwillig nicht. :nein:
Dito.

Ich höre nun wirklich ungemein viel Musik aus der großen weiten Welt und vieles ist für meine Mitmenschen schwer verträglich, aber an chinesischer Musik scheitere ich. Das machen meine Gehörgänge nicht mehr mit. Weckt ein ähnliches Gefühl wie mit den Nägeln über eine Tafel kratzen... :panisch:

Re: Die Gottesgebärerin

Verfasst: Freitag 8. April 2011, 22:58
von Nassos
anneke6 hat geschrieben:Das ist allgemein ein Problem in den meisten westlichen Ländern. Was nicht dem Standard entspricht, ist "falsch singen"…Leute, macht euch frei von diesem Dikat und hört chinesische Oper:
http://www.youtube.com/v/_5qQcT_0DRA?fs=1&hl=en_US
Es klingt traurig. Ich mag das! Es wäre perfekt gewesen, wenn sie es langsamer gesungen hätte. Das hätte dann Tränen (der Rührung) gegeben.

Re: Die Gottesgebärerin

Verfasst: Freitag 8. April 2011, 23:41
von songul
Vielleicht gefällt dir das besser:
http://www.youtube.com/watch?v=sfwSeVhr ... er&list=UL

Re: Die Gottesgebärerin

Verfasst: Freitag 8. April 2011, 23:57
von anneke6
Toll. Schade, daß ich kein Chinesisch kann.

@ Nassos: Der ganze Film heißt "Raise the Red Lantern" (Do heng gang gao gao gua…oder so ähnlich auf chinesisch.) Das Buch ist von Su Tong und heißt "Wives and Concubines". Mein Lieblingsfilm, aber nicht mein Lieblingsbuch. Das heißt aber nicht, daß das Buch nicht gut wäre…es ist gut, aber manche Bücher sind für mich einfach nicht zu toppen.

Re: Gejaule

Verfasst: Samstag 9. April 2011, 08:34
von civilisation
Es gibt sicher viele, die die chinesische Musik als "Gejaule" bezeichnen. Stimmt vielleicht auch, denn es kommt auf den bzw. die Sänger an. Inhaltlich kann ich mich da Anneke und Nassos anschließen.
Schon als Schüler fand ich es immer faszinierend, wenn ich mit meinem Kurzwellenradio den chinesischen Sender "Radio China" fand und dort chin. Musik gespielt wurde.

Im Musikstrang brachte ich schon mal den Vergleich eines Stückes "früher - heute". Ein ganz besonders stimmungsvolles Musikstück (ja, einige hier sagen bestimmt "Gejaule" :roll: ) ist das Xiu Jin Bian (einen Banner besticken) in der Interpretation von Guo Lanying. Es ist zwar ein Lied mit "revolutionärem Charakter", aber zeigt doch, wie mit "Gejaule" eine Stimmungslage ausgedrückt werden kann.

Als 8jährige im Zhou Enlai-Gedenkkonzert zu seinem 11. Geburtstag:
http://www.youtube.com/watch?v=V8y9Yxvk8Fo

1976 klang das bei gleicher Sängerin so:
http://www.56.com/u88/v_MzY5MTUxOTc.html

Re: Gejaule

Verfasst: Samstag 9. April 2011, 11:17
von Stephanie
Der Film "Die rote Laterne" kam schon in den 9ern bei uns im TV. Der Film ist wirklich gut. Ebenso die "Geschichte der Qui Ju" (gleicher Regisseur). Später wurde er mit "Hero" bei uns im Westen berühmt.

Ich mag fernöstliche Musik dennoch lieber...ohne...Gesang...
So, in moderner Variante mit Einflüssen aus der Klassik, finde ich sie schön:

http://www.youtube.com/watch?v=uPNnZ3DSDdk

http://www.youtube.com/watch?v=DbgxSEKRRz8

http://www.youtube.com/watch?v=6ySBfPF7 ... re=related

Wobei man hierzu noch anmerken muss, dass es sich nicht um chinesische sondern japanische Musik handelt...

Re: "Gejaule"

Verfasst: Samstag 9. April 2011, 19:13
von Nassos
Also, richtige Emotionalität beinhalten eigentlich die Amane.

Die Gegner der Kirche behaupten, dass der kirchliche Gesang eben nicht auf die apostolischen Zeiten zurückgehe, sondern sich aus der Byzantinik bedient und türko-arabische Anleihen hat - wobei das Ergebnis tragikomisch sei.

Wie dem auch sei, ich finde, dass es ungemein schwieriger ist Byzantinik zu singen als Gregorianik. Das soll nicht die Schönheit der Gregorianik abschmälern.

Re: "Gejaule"

Verfasst: Montag 25. April 2011, 09:13
von civilisation

Re: "Gejaule"

Verfasst: Mittwoch 18. Mai 2011, 22:12
von civilisation
stephaniemariaalexandra hat geschrieben:Der Film "Die rote Laterne" kam schon in den 9ern bei uns im TV. Der Film ist wirklich gut. Ebenso die "Geschichte der Qui Ju" (gleicher Regisseur). Später wurde er mit "Hero" bei uns im Westen berühmt.

Ich mag fernöstliche Musik dennoch lieber...ohne...Gesang...
So, in moderner Variante mit Einflüssen aus der Klassik, finde ich sie schön:

http://www.youtube.com/watch?v=uPNnZ3DSDdk

http://www.youtube.com/watch?v=DbgxSEKRRz8

http://www.youtube.com/watch?v=6ySBfPF7 ... re=related

Wobei man hierzu noch anmerken muss, dass es sich nicht um chinesische sondern japanische Musik handelt...
Ist mir schon "ein Tick" zu modern.

Dann doch eher das hier:
http://www.youtube.com/watch?v=pJuzQJjBseQ
oder
http://www.youtube.com/watch?v=StkD6zx8KQw

Re: "Gejaule"

Verfasst: Mittwoch 18. Mai 2011, 22:38
von Kai
Der letzte Link ist ganz originell.

Beim Rest von euren Links höre ich nur Pentatonik mit Glutamat und Aquarium.

Re: "Gejaule"

Verfasst: Donnerstag 19. Mai 2011, 22:30
von Stephanie
Kai hat geschrieben:Der letzte Link ist ganz originell.

Beim Rest von euren Links höre ich nur Pentatonik mit Glutamat und Aquarium.
:hae?: Häää?
Sorry...nix verstäähn...

Re: "Gejaule"

Verfasst: Donnerstag 19. Mai 2011, 22:34
von Stephanie
civilisation hat geschrieben:
stephaniemariaalexandra hat geschrieben:Der Film "Die rote Laterne" kam schon in den 9ern bei uns im TV. Der Film ist wirklich gut. Ebenso die "Geschichte der Qui Ju" (gleicher Regisseur). Später wurde er mit "Hero" bei uns im Westen berühmt.

Ich mag fernöstliche Musik dennoch lieber...ohne...Gesang...
So, in moderner Variante mit Einflüssen aus der Klassik, finde ich sie schön:

http://www.youtube.com/watch?v=uPNnZ3DSDdk

http://www.youtube.com/watch?v=DbgxSEKRRz8

http://www.youtube.com/watch?v=6ySBfPF7 ... re=related

Wobei man hierzu noch anmerken muss, dass es sich nicht um chinesische sondern japanische Musik handelt...
Ist mir schon "ein Tick" zu modern.

Dann doch eher das hier:
http://www.youtube.com/watch?v=pJuzQJjBseQ
Mmmh...das ist wirklich sehr schön! Und nicht nur für den Gehörgang :blinker:
Danke, civi!

Re: "Gejaule"

Verfasst: Samstag 21. Mai 2011, 20:55
von Kai
stephaniemariaalexandra hat geschrieben:
Kai hat geschrieben:Der letzte Link ist ganz originell.

Beim Rest von euren Links höre ich nur Pentatonik mit Glutamat und Aquarium.
:hae?: Häää?
Sorry...nix verstäähn...
Pentatonik = Fünftonleiter (das exklusive Tonmaterial dieser Melodeien)

Glutamat und Aquarium = Chinarestaurant

Re: "Gejaule"

Verfasst: Samstag 21. Mai 2011, 22:42
von civilisation
stephaniemariaalexandra hat geschrieben: Mmmh...das ist wirklich sehr schön! Und nicht nur für den Gehörgang :blinker:
Danke, civi!
Hier ist noch eines in der Art. Es ist ein altes Volkslied mit dem Titel "Run slower my pony":
http://v.youku.com/v_show/id_XMTY3ODU2MTUy.html

Und hier gesungen durch Frau Generalmajor Ma Yutao von der PLA:
http://www.youtube.com/watch?v=6XiqRLm3BpQ

Echt stimmgewaltig!!

Re: "Gejaule"

Verfasst: Sonntag 22. Mai 2011, 08:22
von Stephanie
:D
Also stimmgewaltig ist die Dame schon...sie singt wohl so was wie die Internationale :D ... oder ein Loblied auf die Arbeit(er), wenn ich mir so die Bilder im Hintergrund ansehe... aber für den Gesang der Südostasiaten fehlt mir ein Gehörknöchelchen...das ist nix für meim Vadda sei dochta.
Diese hohen Stimmen verursachen unangenehme schmerzhafte Schwingungen irgendwo... unterhalb der Schädeldecke.
Ich mag die instrumentalen Sachen lieber.
(Die Kehlkopfgesänge hingegen sind auch für meine Ohren schön) :ja:

Re: "Gejaule"

Verfasst: Sonntag 22. Mai 2011, 18:52
von civilisation
stephaniemariaalexandra hat geschrieben::D
Also stimmgewaltig ist die Dame schon...sie singt wohl so was wie die Internationale :D ... oder ein Loblied auf die Arbeit(er), wenn ich mir so die Bilder im Hintergrund ansehe... aber für den Gesang der Südostasiaten fehlt mir ein Gehörknöchelchen...das ist nix für meim Vadda sei dochta.
Nein - das, was die Dame da singt, ist schon der originale Text des bekannten Volksliedes.

Hier die entsprechende Seite mit dem chinesischen Text (kannst ihn bei Interesse kopieren und in google-Übersetzer eingeben und übersetzen lassen):
http://www.herongyang.com/chinese/Music ... e-Zou.html