Neuer Text für alte Lieder?

Von Orgelpfeifen, Zimbelspielern und Kantoren.
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Juergen
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Neuer Text für alte Lieder?

Beitrag von Juergen »

Hier zwei Versionen eines Liedes
Fest soll mein Taufbund immer stehn,
ich will die Kirche hören.
Sie soll mich allzeit gläubig sehn
und folgsam ihren Lehren.
Dank sei dem Herrn,
der mich aus Gnad
in seine Kirch berufen hat:
Nie will ich von ihr weichen

Gotteslob Nr. 902 (PB-Anhang)
Text: Christoph Bernhard Verspoell 1810
Melodie: Chrysanth Joseph Bierbaum 1826
Fest soll mein Taufbund immer steh'n,
ich will auf Jesus hören.
Er soll mich allzeit gläubig seh'n
und folgsam seinen Lehren.
Dank sei dem Herrn,
der mich aus Gnad
in seine Kirch' berufen hat:
ihm will ich gläubig folgen!

Ihm&Uns Paderborner Liederbuch Nr. 49
Text: unbekannt
Melodie: Chrysanth Joseph Bierbaum 1826
Da hätten wir dann wohl ein Meisterwerk der chirurgischen Kunst: das präzise Herausscheiden von allem was kirchl. Lehre zu tun hat, und Implantierung eines (protestantischen ?) Geistes, der nur noch (wohlmöglich biblizistisch) auf den lieben Herrn Jesus guckt. -- Jedenfalls ist das Lied vermutlich nun auch für Protestanten singbar.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Heike
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Re: Neue Text für alte Lieder?

Beitrag von Heike »

Juergen hat geschrieben:Jedenfalls ist das Lied vermutlich nun auch für Protestanten singbar.
Ist es! :ja:

Cicero
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Re: Neue Text für alte Lieder?

Beitrag von Cicero »

Juergen hat geschrieben: -- Jedenfalls ist das Lied vermutlich nun auch für Protestanten singbar.
Nicht wirklich, scheinbar schon, wenn Du einen biblizistischen Ansatz voraussetzt.
Wenn Du Kirche als mystischen Leib Christi verstehst und voraussetzt, daß Lehre der Kirche die Lehre Jesu sein muß, weil sie sonst nicht Kirche ist, geht das schon in Ordnung.
In einem weniger protestantisch "kontaminierten" Umfeld würde darüber wohl niemand nachdenken, daß dieser Text problematisch sein könnte.

Wie gesagt, unter o.g. Voraussetzung hast Du recht.

Dem älteren Text könnte man vorwerfen zu Ekklesiozentrisch und zu wenig Christozentrisch zu sein. :naja:

Marlene
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Re: Neue Text für alte Lieder?

Beitrag von Marlene »

Cicero hat geschrieben: Dem älteren Text könnte man vorwerfen zu Ekklesiozentrisch und zu wenig Christozentrisch zu sein. :naja:
aber dicke!

Cicero
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Re: Neue Text für alte Lieder?

Beitrag von Cicero »

Marlene hat geschrieben:
Cicero hat geschrieben: Dem älteren Text könnte man vorwerfen zu Ekklesiozentrisch und zu wenig Christozentrisch zu sein. :naja:
aber dicke!
:)

wobei ich allerdings nie müde werde zu betonen, daß die letzte Zeile, wenn ich sie singe, durchaus auch als Drohung verstanden werden kann.
:mrgreen: :D 8)

Ralf

Re: Neue Text für alte Lieder?

Beitrag von Ralf »

Marlene hat geschrieben:
Cicero hat geschrieben: Dem älteren Text könnte man vorwerfen zu Ekklesiozentrisch und zu wenig Christozentrisch zu sein. :naja:
aber dicke!
Wieso?

Muss jeder Pieps Hardcore-Christuszentriert sein? Wenn ich kirchlich denke, denke ich Christuszentriert.

Cicero
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Re: Neue Text für alte Lieder?

Beitrag von Cicero »

Ralf hat geschrieben:
Marlene hat geschrieben:
Cicero hat geschrieben: Dem älteren Text könnte man vorwerfen zu Ekklesiozentrisch und zu wenig Christozentrisch zu sein. :naja:
aber dicke!
Wieso?

Muss jeder Pieps Hardcore-Christuszentriert sein? Wenn ich kirchlich denke, denke ich Christuszentriert.
Genauso kann ich auch umgekehrt fragen.
Denke ich nicht kirchlich, wenn ich christozentrisch denke?

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Diese Fassung findet sich in unserem Diözesanteil des Gotteslobes:
Fest soll mein Taufbund immer stehn,
ich will dem Herrn gehören.
Er ruft mich, seinen Weg zu gehen,
und will sein Wort mich lehren
Dank sei dem Herrn, der mich aus Gnad
in seine Kirch berufen hat,
nie will ich von ihr weichen.

Ralf

Re: Neue Text für alte Lieder?

Beitrag von Ralf »

Cicero hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:
Marlene hat geschrieben:
Cicero hat geschrieben: Dem älteren Text könnte man vorwerfen zu Ekklesiozentrisch und zu wenig Christozentrisch zu sein. :naja:
aber dicke!
Wieso?

Muss jeder Pieps Hardcore-Christuszentriert sein? Wenn ich kirchlich denke, denke ich Christuszentriert.
Genauso kann ich auch umgekehrt fragen.
Denke ich nicht kirchlich, wenn ich christozentrisch denke?
Sicher, aber warum muß man das eine gegen das andere ausspielen? Warum ist die erste Fassung korrekturbedürftig gewesen?

Cicero
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Re: Neue Text für alte Lieder?

Beitrag von Cicero »

Ralf hat geschrieben:
Cicero hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:
Marlene hat geschrieben:
Cicero hat geschrieben: Dem älteren Text könnte man vorwerfen zu Ekklesiozentrisch und zu wenig Christozentrisch zu sein. :naja:
aber dicke!
Wieso?

Muss jeder Pieps Hardcore-Christuszentriert sein? Wenn ich kirchlich denke, denke ich Christuszentriert.
Genauso kann ich auch umgekehrt fragen.
Denke ich nicht kirchlich, wenn ich christozentrisch denke?
Sicher, aber warum muß man das eine gegen das andere ausspielen? Warum ist die erste Fassung korrekturbedürftig gewesen?
Das war ja keine Korrektur in dem Sinne, das das eine verschwunden ist und nur noch das andere existiert. Es ist lediglich eine weitere Version.
Wenn ich morgen dran denke, stelle ich auch noch die aus dem GL Anhang Osnabrück rein. Die ist noch etwas anders.

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

In unserem GL-Anhang findet sich noch eine andere Version. Wieso also sollte die sich im Paderborner Anhang befindende normativen Charakter haben, sprich "die richtige" sein?

Fest soll mein Taufbund immer stehn,
zum Herrn will ich gehören.
Er ruft mich, seinen Weg zu gehn,
und will sein Wort mich lehren.
Dank sei dem Herrn, der mich aus Gnad
in seine Kirche berufen hat,
ihr will ich gläubig folgen.


Schleierhaft ist mir auch, was an den diversen bisher geposteten Versionen protestantistisch sein soll.
:kratz:
"Das Wahre ist nicht sicherer als das Wahrscheinliche."
(Diogenes Laërcius)

Biggi
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Beitrag von Biggi »

cathol01 hat geschrieben: Schleierhaft ist mir auch, was an den diversen bisher geposteten Versionen protestantistisch sein soll.
:kratz:
Nicht spezifisch protestantisch, sondern allgemein-christlich, ökumenisch halt. Und dafür entsprechend weichgespült.
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll.
(Adolph Kolping, Patron des XX. Weltjugendtags 2005)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Im Berliner Anhang steht auch der Originaltext (Nr. 872).
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Biggi
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Beitrag von Biggi »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Im Berliner Anhang steht auch der Originaltext (Nr. 872).
Im Kölner Anhang ebenfalls. Dadrunter die von Cathol gepostete Neufassung.
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll.
(Adolph Kolping, Patron des XX. Weltjugendtags 2005)

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

cathol01 hat geschrieben:Wieso also sollte die sich im Paderborner Anhang befindende normativen Charakter haben, sprich "die richtige" sein?
Wenn nicht die Paderborner, welche dann? :P

(So ein Minibistum wie Luxemburg zählt eh' nicht)
Gruß Jürgen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Juergen hat geschrieben:Wenn nicht die Paderborner, welche dann?
Na, welche wohl? :P
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Marlene
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Re: Neue Text für alte Lieder?

Beitrag von Marlene »

Ralf hat geschrieben:
Marlene hat geschrieben:
Cicero hat geschrieben: Dem älteren Text könnte man vorwerfen zu Ekklesiozentrisch und zu wenig Christozentrisch zu sein. :naja:
aber dicke!
Wieso?

Muss jeder Pieps Hardcore-Christuszentriert sein? Wenn ich kirchlich denke, denke ich Christuszentriert.
Wer schließt eigentlich mit wem den Taufbund?

Ich dachte immer Gott mit dem Menschen ...

Deswegen erschien mir Rest des Textes ein wenig komisch.

***********************************

Christus sollen sie überhaupt nichts vorziehen (RB 72,11) :)

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lumieredeux
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Beitrag von lumieredeux »

Im Bistum Osnabrück und im Erzbistum Hamburg gibts auch diese Version.

liebe Grüße
lumie

cathol01 hat geschrieben:In unserem GL-Anhang findet sich noch eine andere Version. Wieso also sollte die sich im Paderborner Anhang befindende normativen Charakter haben, sprich "die richtige" sein?

Fest soll mein Taufbund immer stehn,
zum Herrn will ich gehören.
Er ruft mich, seinen Weg zu gehn,
und will sein Wort mich lehren.
Dank sei dem Herrn, der mich aus Gnad
in seine Kirche berufen hat,
ihr will ich gläubig folgen.


Cicero
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Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26

Beitrag von Cicero »

lumieredeux hat geschrieben:Im Bistum Osnabrück und im Erzbistum Hamburg gibts auch diese Version.

liebe Grüße
lumie
Danke,daß Du es reingestellt hast. Ich hatte schon ein ganz schlechtes Gewissen, weil ich oben versprochen hatte, die Version aus dem Bistum Osnabrück reinzustellen, aber immer wieder vergessen habe mein GL mitzunehmen.

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lumieredeux
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Registriert: Samstag 10. Juli 2004, 14:56

Beitrag von lumieredeux »

Also ich hoffe, daß das für Osnabrück noch stimmt. Bevor das Erzbistum Hamburg wieder aktuell wurde, gehörte Schleswig-Holstein ja zum Bistum Osnabrück und in meinem osnabrücker Gotteslob steht die Fassung.

Liebe Grüße
lumie

Cicero
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Beitrag von Cicero »

lumieredeux hat geschrieben:Also ich hoffe, daß das für Osnabrück noch stimmt. Bevor das Erzbistum Hamburg wieder aktuell wurde, gehörte Schleswig-Holstein ja zum Bistum Osnabrück und in meinem osnabrücker Gotteslob steht die Fassung.

Liebe Grüße
lumie
Ich weiß,
Ihr Separatisten Ihr ! :mrgreen:
und dann auch noch unsern Ludwig gleich mitklauen :motz:

Aber zu der Zeit war ich schon selber Bewohner eines Erzbistums.

Die Version, die du gepostet hast steht auch in meinem GL.
Ich benutze immer noch mein Osnabrücker, da Paderborn
für Immigranten einen einlegbaren Eigenteil zur Verfügung stellt.

Nichts desto trotz kann ich in der Osternacht "Das Grab ist leer" nach Paderborner Melodie immer noch nicht auf Anhieb mitsingen. :ratlos:

Raphael

Beitrag von Raphael »

Zu dem Thema gibt es einen netten Artikel in der Tagespost: Quelle!

GsJC
Raphael

uli
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Registriert: Mittwoch 19. Mai 2004, 23:23

Beitrag von uli »

Vor ein paar Jahren hat mir ein (geistlicher) Kirchenmusiker, der auch in Gesangbuchkommissionen tätig ist, sinngemäß mal geschrieben: „Ich habe große Bedenken gegenüber vielen ´Neuen Geistlichen Liedern´, weil sie pädagogisierend-belehrend, indoktrinierend, ideologisierend sind und den Leuten was ´beibringen´ bzw. sie ´zu etwas bringen´ wollen – statt schlicht und einfach hymnische Lieder zu sein, die Gott verherrlichen. Diese Tendenz ist übrigens nicht neu, sondern setzt mit belehrenden Kirchenliedern schon in der Aufklärungszeit des 18. Jahrhunderts ein, war auch im 19. Jahrhundert stark ausgeprägt in Art einer volkstümlich-indoktrinierenden Liedbegleitung der vom Priester ´gelesenen´ lateinischen Messe, wobei die Lieder stark die traditionell-katholischen Inhalte ´ beizubringen´ versuchten bzw. ausgesprochene, teils überschwängliche ´Bekenntnislieder´ (bis zum ´Hingeben von Blut und Leben´ für die Kirche/den Glauben) waren. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts hin war die Tendenz dann abgeschwächt vorhanden und wurde dann durch viele ´Neue Geistliche Lieder´ wieder stärker belebt – mit dem Unterschied, dass die ´Neuen Geistlichen Lieder´ eher eine zwischenmenschlich-weltverbessernde Tendenz haben einschließlich der Tatsache, dass sie traditionelle katholische Inhalte – wenn überhaupt – meist nur noch in verwässerter, verflachter Form bringen, während frühere Lieder eher die traditionellen Inhalte ´einhämmerten´. Die älteren und neueren indoktrinierenden/ideologisierenden Tendenzen im Kirchenlied sind übrigens (natürlich nicht vom Inhalt, sondern eben von der ideologisierenden Tendenz her) den Ideologie-, Kampf- und Bekenntnisliedern totalitärer Herrschaftssysteme vergleichbar.“

In dem Brief war zwar das Lied „Fest soll mein Taufbund“ (in seiner alten Fassung = „Die Kirche soll mich allzeit gläubig sehn und folgsam ihren Lehren – nie will ich von ihr weichen“) nicht ausdrücklich erwähnt, aber ich denke, es war (im Blick auf die ideologisierende Tendenz) mitgemeint. Oder da fällt mir hinsichtlich „belehrend“ zum Beispiel auch folgende Strophe eines Messliedes von M. L. Thurmair aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein, die ich in einem älteren Gesangbuch gefunden habe und die deutlich zur Belehrung, zur Bekräftigung/Verfestigung der traditionellen Lehre dient und Vorgänge beschreibt (statt „hymnisch“ zu sein): „Nun bringen wir die Gaben, das Brot und auch den Wein, das Opfer hocherhaben wird Christus selber sein. Erhebet das Gemüt, begreift, was nun geschieht: Der Tod des Herrn sich unter uns vollzieht.“

Wobei ich mir dann andererseits allerdings wieder die Frage stelle, wo das „belehrend“ beim Kirchenlied anfängt und wo es aufhört – auch z. B. das uralte „Christ ist erstanden von der Marter alle“ hat ja „belehrende“ Tendenzen („Wär er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen“ etc.) oder auch Tendenzen, die Leute „zu etwas zu bringen“ („Des solln wir alle froh sein“). Ein weites, schwieriges Feld ... Viele offene Fragen noch bei mir ...

Noch was anderes: Mir fällt generell auf, dass viele, wenn nicht die meisten Kirchenlieder (ich hab bislang nicht nachgezählt) sich gar nicht direkt an Gott richten (= Gebet) – was übrigens auch für viele/die meisten (?) Psalmen gilt –, sondern eher ein „Nachdenken“, Meditieren“, „Spielen“, „Verweilen“ „im Angesicht Gottes“ sind, ohne direkte Anrede an Gott.

Und noch was: Eine weitere Frage ist, ob man ältere Kirchenlied-Texte überhaupt ummodeln, verändern sollte und - wenn ja - wie weit (ob man´s also z. B. nur bei einer Anpassung einzelner heute unverständlicher Wörter belassen sollte oder gleich radikaler durchgreifen sollte, wie etwa bei der heutige gültigen (Neu-)Fassung von "Fest soll mein Taufbund", wo ja, im Bestreben einer Ent-Ideologisierung, der Text völlig umgemodelt wurde).

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

uli hat geschrieben:Vor ein paar Jahren hat mir ein (geistlicher) Kirchenmusiker, der auch in Gesangbuchkommissionen tätig ist, ..........
Mir sagte mal der damalige Spiritual des Leokonvikts: Die Reformation hat sich in die Herzen der Leute gesungen.

-----------

Zur Frage der Indoktrination:
Wer soll wie wo indoktriniert werden?
Die getauften Gläubigen etwa?
Ja wie denn? Die sind doch getauft und gehören der Kirche an. Was soll da nocht an Indoktrination erfolgen. Ist es schlimm, wenn in Liedern die Lehren der Kirche Erwähnung finden? Ist es schlimm, wenn die Getauften in der Messe etwas von den Lehren der Kirche erfahren - auch in Liedern?

Wenn ich mir z.B. manch alte Sakramentslieder ansehe, dann denke ich oft: wer dieses Lied singt, - aus Herzem singt - der hat mehr von kath. Dogmatik verstanden, als sich in einem ganzen Buch voll weichspül-neuem-geistlichen(oft geistlosen)-Liedgut findet.
In der Monstranz ist Christus ganz, kein Brotsubstanz
vom Brot allein Gestalt und Schein siehts Auge dein. ...

Wer das singt und bekennt, der sagt eine ganze Menge über seinen Glauben und sein Eucharistieverständnis aus. -- Mehr jedenfalls als so etwas:
Dieses Brot schenkt uns Frieden, dieser Wein Unsterblichkeit.
Wir erfahren, so verschieden wie wir sind, die Einigkeit.
Dieses Brot ist unsre Hoffnung, dieser Wein ist unser Licht. Vergessen wir das nicht!
Gruß Jürgen

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Marlene
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Beitrag von Marlene »

uli hat geschrieben:Und noch was: Eine weitere Frage ist, ob man ältere Kirchenlied-Texte überhaupt ummodeln, verändern sollte und - wenn ja - wie weit (ob man´s also z. B. nur bei einer Anpassung einzelner heute unverständlicher Wörter belassen sollte oder gleich radikaler durchgreifen sollte, wie etwa bei der heutige gültigen (Neu-)Fassung von "Fest soll mein Taufbund", wo ja, im Bestreben einer Ent-Ideologisierung, der Text völlig umgemodelt wurde).
Das kommt halt darauf an, wie man an die Kirchenlieder herangeht.

Ich selbst sehe sie auch als Zeugnisse ihrer jeweiligen Zeit und habe in der Regel (das Taufbund-Lied ist eine Ausnahme) keine Schwierigkeiten, sie in ihrem jeweiligen Entstehungskontext zu belassen ... auch wenn dieser für uns heute von der Sprache, der politischen Korrektheit (ich denke da an Überklebaktionen im Gotteslob: überall wo Brüder steht, musste Kinder hin) oder dogmatisch etwas seltsam anmutet.

Ich vermisse bis heute z.B. schmerzlich die alte Fassung der 1. Strophe von "Ich will dich lieben ......... schönstes Licht, bis mir das Herz im Tode bricht". In der heutigen Fassung heißt es: ..... bis mir das He-he-he-he-herze bricht". Mal davon abgesehen, dass der Tod im Leben eines Christen eine zentrale Rolle spielt, ist die neue Textfassung einfach nur Schwachsinn: Warum sollte mir das Herz vor Liebe zu Christus brechen? Es heilt ja wohl eher ...

Wenn man die Lieder als religions-didaktisches Element im Gottesdienst sieht, dann wird man sie eher an der einen oder anderen Stelle ins "Neudeutsche" übertragen wollen. Ich vermag nicht zu beurteilen, wie wichtig das ist für die Gemeinde-Didaktik

:kratz:

Bernd Heinrich Stein

Beitrag von Bernd Heinrich Stein »

Biggi hat geschrieben:
cathol01 hat geschrieben: Schleierhaft ist mir auch, was an den diversen bisher geposteten Versionen protestantistisch sein soll.
:kratz:
Nicht spezifisch protestantisch, sondern allgemein-christlich, ökumenisch halt.
Auf Christus zentriert bedeutet "allgemein-christlich" / "ökumenisch"????
Die Kirche als solches ist auf Christus "zentriert".

Biggi hat geschrieben:Und dafür entsprechend weichgespült.
Nee, wirklich!! Damit kann ichj nix anfangen.

Bernd Heinrich

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

uli hat geschrieben:Und noch was: Eine weitere Frage ist, ob man ältere Kirchenlied-Texte überhaupt ummodeln, verändern sollte und - wenn ja - wie weit (ob man´s also z. B. nur bei einer Anpassung einzelner heute unverständlicher Wörter belassen sollte oder gleich radikaler durchgreifen sollte, wie etwa bei der heutige gültigen (Neu-)Fassung von "Fest soll mein Taufbund", wo ja, im Bestreben einer Ent-Ideologisierung, der Text völlig umgemodelt wurde).
Statt das Lied "Fest soll mein Taufbund" umzuschreiben, wäre es vielleicht ratsam gewesen, erstmal zu schauen, daß das ursprüngliche Lied mehr als nur eine Strophe hatte. Zudem hätte man bedenken müssen, für welchen Anlass es geschrieben wurde - also wo es ursprünglich seinen Platz hatte: es ist ein Lied, das ursprünglich, nach der Erneuerung des Taufversprechens gesungen wurde.

Und dort gibt es nun auch die Frage: "Glaubst du...an die hl. kath. Kirche...?"
Fest soll mein Taufbund immer stehn,
Ich will die Kirche hören!
Sie soll mich allzeit gläubig sehn
Und folgsam ihren Lehren!
Dank sei dem Herrn, der mich aus Gnad'
Zur wahren Kirch' berufen hat,
Nie will ich von ihr weichen!

Dem bösen Feind und seiner Pracht
Gelob' ich zu entsagen;
Verachte seine ganze Macht,
Will lieber Leid ertragen.
Ich fliehe alle Werke sein,
Sie endigen mit Höllenpein,
Bereiten ew'ge Qualen.

Die rechten Wege wandle ich,
Solang ich leb' auf Erden.
Getreuer Gott, beschütze mich
Und laß mich selig werden!
O mach mich ähnlich Deinem Sohn,
Daß ich erhalte meinen Lohn
Im Himmel einst auf ewig!
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Raphael

Beitrag von Raphael »

Noch ein Beispiel für massive Textveränderung von Kirchenliedern:

1. Ein Haus voll Glorie schauet
Weit über alle Land',
Aus ew'gem Stein erbauet
Von Gottes Meister Hand.

Gott! wir loben dich;
Gott! wir preisen dich;
O laß im Hause dein
Uns all' geborgen sein!

2. Gar herrlich ist's bekränzet
Mit starker Türme Wehr,
Und oben hoch erglänzet
Des Kreuzes Zeichen hehr.
Gott! wir loben . . . .

3. Wohl tobet um die Mauern
Der Sturm in wilder Wut;
Das Haus wird's überdauern,
Auf festem Grund es ruht.
Gott! wir loben . . . .

4. Auf eilen liebentzündet
Auch wir zum heil'gen Streit:
Der Herr, der's Haus gegründet
Uns ew'gen Sieg verleiht.
Gott! wir loben . . . .

Diese Version wurde zur Zeit des Kulturkampfes am Ende des 19. Jahrhunderts in den katholischen Kirchen gesungen.

Deutlich weniger kämpferisch hört sich die modernistische Version (GL 639) an.

GsJC
Raphael

schmitz-backes
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Registriert: Samstag 5. Juni 2004, 23:39

Beitrag von schmitz-backes »

Noch ein alter Schlager, der aus ideologischen Gründen verbannt wurde:

Wir sind im wahren Christentum,
o Gott, wir danken dir!
Dein Wort, dein Evangelium, an dieses glauben wir.
Die Kirche, deren Haupt du bist, lehr einig, heilig, wahr.
Für diese Wahrheit gibt der Christ sein Blut und Leben dar.
Für diese Wahrheit gibt der Christ sein Blut und Leben dar.

Ein Köln gibt es eine gewisse Pfarrei, in der dies´ Lied im Gesangbuch steht.
"Ihr seid nicht die letzte Nachhut des Mittelalters, sondern die Vorboten einer neuen Zeit!" Joachim Kardinal Meisner

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

schmitz-backes hat geschrieben:Wir sind im wahren Christentum,
o Gott, wir danken dir!
Dein Wort, dein Evangelium, an dieses glauben wir.
Die Kirche, deren Haupt du bist, lehr einig, heilig, wahr.
Für diese Wahrheit gibt der Christ sein Blut und Leben dar.
Für diese Wahrheit gibt der Christ sein Blut und Leben dar.
Dieses Lied würde auch Luther unterschreiben und mit Überzeugung singen. Vielleicht hat er es geschrieben?

uli
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Beitrag von uli »

schmitz-backes hat geschrieben:Noch ein alter Schlager, der aus ideologischen Gründen verbannt wurde:
Wir sind im wahren Christentum,
o Gott, wir danken dir!
„Wir sind im wahren Christentum, o Gott, wir danken dir ...“ – dieses heute nur noch in sehr konservativ-katholischen Kreisen gesungene Lied von Ende des 18. Jahrhunderts wurde schon früher als „Pharisäer-Lied“ bezeichnet (selbst von vielen, die es sangen, mit einem Augenzwinkern), andere Kritiker nannten es krasser einen Ausdruck „verblendeter Arroganz“. „Pharisäer-Lied“ in Anlehnung an das Gleichnis Jesu im Lukasevangelium Kapitel 18, wo es um Leute geht, die sich selbst für die ganz Gerechten halten und hochmütig auf die anderen hinunterblicken, und wo es heißt: „Der Pharisäer betete: ´O Gott, ich danke dir, dass ich nicht bin wie die anderen ...´ Und Jesus sagte über diesen Pharisäer: ´Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt.´“

Wobei die Arroganz im Blick auf dieses Lied zweierlei beinhaltet:

1.) die – aus Sicht der Kritiker irrige – Auffassung, im Besitz aller Wahrheit zu sein (wogegen von den Kritikern unter anderem die Stelle 1. Korintherbrief Kapitel 13 vorgebracht wird: „Noch ist uns vieles unklar und rätselhaft. Wenn aber das Vollkommene da ist, wird alles Vorläufige vergangen sein. Jetzt erkenne ich nur Bruchstücke, doch einmal werde ich alles klar erkennen, so deutlich, wie Gott mich jetzt schon sieht.“)
2.) das arrogante Herabblicken auf „die anderen“, den Rest der Welt, der eben die Wahrheit nicht für sich gepachtet hat , die Abgrenzung vom Rest, die Ausgrenzung - in der Entstehungszeit des Liedes bezog sich das unmittelbar auf die Protestanten, heute könnte das Lied auch zur Abgrenzung von „liberaleren“ Katholiken dienen

Diejienigen, die das Lied noch singen, halten dagegen, als Katholik (genauer: als strenggläubiger Katholik) sei man halt nun mal im Besitz aller Wahrheit. Selbst wenn das stimmen würde, habe ich doch zwei kritische Einwände:

1.) Muss man das dann in dieser trimphalistischen Weise hinausposaunen, statt im „stillen Kämmerlein“ Gott in aller Demut für die „ganze Wahrheit“ zu danken? Steckt nicht schon in diesem triunphalistischen Hinausposaunen doch wieder - trotz des Dankes an Gott - eine gefährliche Portion Arroganz, ein Hochmut (statt Demut), ein Eingebildetsein, ein Sich-selbst-auf-die-Schulter-Klopfen,ein (falscher) Stolz – so, als ob man selbst Tolles vollbracht hätte, wiewohl es hier gar nicht um Menschenwerk, sondern um Gottes unverdiente Gnade geht? Der "Dank an Gott" ließe sich ja auch so missverstehen, dass man Gott für seine Mithilfe bei etwas dankt, das man selbst als großes Menschenwerk vollbracht hat.
2.) Selbst wenn man das Lied im „stillen Kämmerlein“ demütig-dankbar für sich sprechen/singen würde – dennoch steckt in dem Lied, vom Text her (und ich denke, das war damals in anti-protestantischer Haltung auch so beabsichtigt) die gefährliche Tendenz zur Aus-/Abgrenzung, zum arroganten Herabblicken auf andere, heute incl. des Herabblickens auf „liberalere“ Katholiken.

Allein aus den beiden letztgenannten Erwägungen/Einwänden heraus (die ja nun wahrlich keine "ideologischen" Erwägungen sind im Unterschied etwa zum Einwand, man sei auch als Katholik nicht im Besitz der kompletten Wahrheit und dürfe das Lied deshalb nicht singen) lässt sich durchaus schon eine "Verbannung" dieses Liedes befürworten.

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm

Biggi
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Beitrag von Biggi »

schmitz-backes hat geschrieben: Ein Köln gibt es eine gewisse Pfarrei, in der dies´ Lied im Gesangbuch steht.
Na sowas aber auch! ;)

:D :D :D
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