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Ursprünge spätmittelalterlicher Kirchenmusik

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2007, 12:24
von ad_hoc
[Dieser Beitrag wurde aus einem anderen Thread herausgelöst, weil er eine davon abgeleitete Frage behandelt, die es sich extra zu diskzutieren lohnt... ;) Ecce]
Das Stück ist von dem französischen Komponisten Claude Gervaise und stammt aus einer Reihe von französischen Tänzen.
Da lohnt es sich doch, sich mal über die Ursprünge spätmittelalterlicher Kirchenmusik Gedanken zu machen.

Gruß, ad_hoc

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2007, 13:27
von Ecce Homo
Warum meinst du denn, Ad-hoc, dass man sich Gedanken machen müsse? Irgendwie hat doch alle Musik als Ursprung den Menschen, die Welt, oder nicht?

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2007, 13:29
von Stephen Dedalus
I wo. Die Musik kommt von Gott, ebenso wie die Liturgie.

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2007, 13:32
von Ecce Homo
Stephen Dedalus hat geschrieben:I wo. Die Musik kommt von Gott, ebenso wie die Liturgie.
Schon. Aber durch den Menschen. Und ein Mensch ist von seiner Umwelt geprägt. Und in einer Welt, wo es zu einer Zeit viele Tänze hat, kann man doch wetten, dass die Kirchenmusik "tänzerisch" angehaucht ist, oder? ;)

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2007, 14:12
von cantus planus
Ecce Homo hat geschrieben:Und in einer Welt, wo es zu einer Zeit viele Tänze hat, kann man doch wetten, dass die Kirchenmusik "tänzerisch" angehaucht ist, oder? ;)
Natürlich. Bestes Beispiel ist ja "O Haupt voll Blut und Wunden" - nichts weiter als ein Liebeslied, nur das man den tänzelnden Rhythmus eleminiert hat.

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2007, 14:35
von Linus
cantus planus hat geschrieben:
Ecce Homo hat geschrieben:Und in einer Welt, wo es zu einer Zeit viele Tänze hat, kann man doch wetten, dass die Kirchenmusik "tänzerisch" angehaucht ist, oder? ;)
Natürlich. Bestes Beispiel ist ja "O Haupt voll Blut und Wunden" - nichts weiter als ein Liebeslied, nur das man den tänzelnden Rhythmus eleminiert hat.
Ach die Friseurlehrlingshymne. Jetzt wundert mich garnix mehr, wenn die früher tänzelnd rhythmisch im Frisiersalon gesungen wurde... :D (und die Erstsemestrigen Friseurlehrlinge durften ann die Haare zusammen kehren, und die Blutspritzer an der Wand entfernen) :D

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2007, 14:40
von cantus planus
Linus hat geschrieben:Ach die Friseurlehrlingshymne.
Ja. Gestern Abend habe ich mit dem Stadtchor die Hymne der psychologischen Fakultät der Uni Wien einstudiert:
"Geh aus, mein Herz, und su-hu-hu-che Freud..."

Gesinnung

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2007, 15:04
von sofaklecks
Das ist eine Frage richtiger Gesinnung.

Eine schöne Melodie ist als Lob Gottes nicht einfach deshalb prinzipiell ungeeignet, weil sie ausserhalb der Kirche entstanden ist. Und gerade ausgangs des Mittelalters war es gang und gäbe, Variationen über weltliche Lieder für Orgel zu komponieren und die wurden sicher nicht auf der Philicorda zu Hause, sondern in der Kirche gespielt. Die Bergamasca von Frescobaldi oder die Folia Variationen von Sweelinck.

Und bei dem Herrn Buxtehude finden sich einige Stücke, die sehr weltlich klingen. Kein Wunder, der Herr hatte zum Vergnügen der Herren Kaufleute unter der Woche zu präludieren. Ich hab mal eine Fuge im Jugendgottesdienst zu einem Blues während des Kommunionempfangs umgearbeitet, auf den bin ich noch lange danach angesprochen worden. Aber seit ich im Kreuzgang darauf hingewiesen worden bin, dass diese Musik der Geilheit Vorschub leiste, unterlasse ich das natürlich.

sofaklecks

Re: Gesinnung

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2007, 19:59
von cantus planus
sofaklecks hat geschrieben:Aber seit ich im Kreuzgang darauf hingewiesen worden bin, dass diese Musik der Geilheit Vorschub leiste, unterlasse ich das natürlich.
Ich kann dich beruhigen: ich mag gelegentlich etwas Blues (zu Hause zum Entspannen). Bisher habe ich aber noch niemanden angefallen. Vielleicht sollten wir das mal mit Herrn Freud diskutieren...

Re: Gesinnung

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2007, 23:03
von Linus
cantus planus hat geschrieben: Blues (zu Hause zum Entspannen)
Ketzer! :D Man sollte dich an der Kirchenorgel als Quasi-Prager Festbinden :D

Ach Einschränkung: Wenn der Blues in Neumennotation ist, ist halb so schlimm.... :D

Verfasst: Dienstag 5. Juni 2007, 23:05
von cantus planus
(Psssst! Ich werde bei Neumen geil. :mrgreen: )

Verfasst: Mittwoch 6. Juni 2007, 02:06
von Irenaeus
:mrgreen: :mrgreen:

neeeneeeneee, da tun sich ja Abgründe auf *rotfl*

Kantoren, die bei Neumen geil werden, Blues schadet.... oder wie?

Aber das mit den Neumen verstehe ich schon :-)

@cantus Mich hats ja auch erwischt .....

Öhm, aber soweit ich weiß, ist alles, was nicht aus der guten alten gregorianischen Tradition entfleucht ist, aus dem Volksliedgut gekommen...Ich erinnere mich da an mittelalterliche polyphone Kompositionen, wie zum Beispiel die "Missa l´homme armé" von Dufay... die Melodie des "l´Homme armé" ist ein Volkslied, das damals sehr bekannt war ....

hat wohl etwas damit zu tun, wie man damals Musik weitergegeben hat, nämlich nicht in Notenform, sondern man hat die Melodien auswendig nachgesungen. Und so waren sie vielen Menschen geläufig. die gregorianischen natürlich eher dem Klerus und den Mönchen, die Volkslieder eben dem Volk. Komponisten wie Perotin oder später Dufay haben versucht, beides zu verschmelzen, und so kamen dann auch weltliche Melodien in die geistliche Musik.

bis zu einer bestimmten Zeit, in der man begann eigens geistliches Lied anzufertigen. Das war etwas später... etwa Frührenaissance...

Verfasst: Mittwoch 6. Juni 2007, 03:42
von ad_hoc
Ecce Homo hat gefragt:
Warum meinst du denn, Ad-hoc, dass man sich Gedanken machen müsse? Irgendwie hat doch alle Musik als Ursprung den Menschen, die Welt, oder nicht?
Leider weiß ich nicht so viel über Musik, ich empfinde sie dafür um so mehr.
Aber ich denke, dass alles Schöne aus Gott kommt und auch den Weg zu Gott aufzeigt.
Tanz hat meines Erachtens in der Kirche wirklich nichts verloren, aber an einem anderen Ort und zu anderer Zeit, natürlich zu schöner Musik, kann Tanz auch gottgewollt sein.

Was die Entstehung der Kirchenmusik anbelangt, so kann ich auch hierzu nichts sagen, aber es würde mich interessieren. Die Meinung von Sofaklecks ist recht einleuchtend und man kann sich die Entstehung der Kirchenmusik auch so gut vorstellen.

Gruß, ad_hoc

Verfasst: Mittwoch 6. Juni 2007, 07:51
von Linus
cantus planus hat geschrieben:(Psssst! Ich werde bei Neumen geil. :mrgreen: )
Is mir noch gar nicht aufgefallen. (Wie war das letztens: "ach ja, singen sollten wir auch noch, naja gut, das nächste Mal.") :D

Linus, seit damals Bekanntschaft mit Porrectus, Torculus und Co geschlossen habend