Evagrios Pontikos hat geschrieben:Mir als Lutheraner mit katholischem Herzen leuchtet nicht ein, wie man sich einerseits als katholisch verstehen will, andererseits aber die höchstlehramtlichen Entscheidung des Vaticanum II. (und somit wohl auch die Auslegung desselben durch die Glaubenskongregation, wie sie z.B. im Dokument Dominus Jesus niedergelegt sind) ablehnt. Ich verstehe das nicht. Wird hier nicht ein "Privaturteil" (ein wichtiger Begriff von J.H. Newman) zur Lehre der Kirche erhoben? Das Vaticanum II. ist doch im Selbstverständnis der römisch-katholischen Kirche ein ökumenisches Konzil!
Ja, das II. Vatikanum ist Ausdruck des höchsten Lehramts der Kirche. Nun verhält es sich so, dass nicht alle Äußerungen des höchsten Lehramts gleiche Verbindlichkeit besitzen. Das Lehramt zeigt den Grad der Verbindlichkeit durch entsprechende Formulierungen an. So heißt es z.B. in
Dominus Iesus:
Dominus Iesus hat geschrieben:Es ist nämlich
fest zu glauben, dass Jesus von Nazareth, der Sohn Marias, und nur er, der Sohn und das Wort des Vaters ist. [...]
Die Formulierung, die im Original kursiv gesetzt ist, zeigt an, dass von Katholiken in dieser Sache Glaubensgehorsam gefordert ist. Bei diversen anderen Aussagen desselben Dokuments fehlen solche Formulierungen und es gibt sogar inzwischen von der Glaubenskongregation eine zweite Nachbesserung der entsprechenden Elemente- und Bauklötzchenekklesiologie des II. Vatikanums (, die immer noch verwirrungstiftend und der traditionellen Lehre widersprechend ist und daher von traditionsverbundenen Katholiken abgelehnt wird).
Die Texte des II. Vatikanums enthalten keine solchen Formulierungen, die den Willen des höchsten Lehramts anzeigen, Glaubenslehre zu definieren. Entsprechend umkehrt sieht es bei Verurteilungen aus. Auch dort zeigen Formulierungen die Verbindlichkeit an. Das II. Vatikanum legt zwar u.a. auch bereits definierte verbindliche Lehre dar (der ich selbstverständlich folge), enthält aber keine neuen Definitionen oder Verurteilungen.
Der römische Prälat Msgr. Brunero
Gherardini, der den Hl. Vater, Benedikt XVI., bereits zweimal ersucht hat, die Texte des II. Vatikanums rigoros wissenschaftlich zu überprüfen, beschreibt die Sache so:
Msgr. Brunero Gherardini hat geschrieben:
Der lehramtliche Wert des Vaticanum II
[...]
- Zusammengefasst würde ich also sagen:
- Das ökumenische zweite Vatikanische Konzil ist zweifellos lehramtlich;
- Ebenfalls zweifelsfrei ist das Vatikanum II nicht dogmatisch sondern pastoral, da es sich immer auf diese Weise präsentiert hat;
- seine Lehren sind nur dort unfehlbar und nicht-reformierbar, wo sie aus dogmatischen Erklärungen abgeleitet sind;
- diejenigen Lehren, die nicht auf traditionellen Fundamenten ruhen, stellen insgesamt eine authentische konziliare und daher zwar lehramtliche aber nicht dogmatische Lehre dar, die keinen Glaubensgehorsam aber aufmerksame und respektvolle Annahme verlangt;
- jene Lehren schließlich, deren Neuheiten entweder unvereinbar mit der Tradition oder ihr entgegengesetzt erscheinen, können und sollten ernsthaft einer kritischen Untersuchung unterzogen werden, auf der Grundlage der rigorosesten theologischen Hermeneutik.
(Meine Übersetzung)
Der Hl. Stuhl hat inzwischen erklärt, dass gewisse Formulierung und Begriffe in den Texten des II. Vatikanums und des nachfolgenden Lehramts diskutiert werden dürfen. Das verstehe ich als nachträgliche Erlaubnis, diese Texte komplett abzulehnen und darauf zu warten, dass das höchste Lehramt seiner Amtspflicht nachkommt, Lehren vorzulegen, die keiner Interpretation bedürfen. Dazu ist das höchste Lehramt schließlich da. Ansonsten wäre es überflüssig.
Evagrios Pontikos hat geschrieben:Heute Nachmittag habe ich Dominus Jesus überflogen. Dort (IV., 17) werden die Christen, die nicht der katholischen Kirche angehören, durchgängig als vollwertige Christen bezeichnet, die "in einer gewissen, wenn auch nicht vollkommenen Gemeinschaft mit der Kirche" leben. Ich habe nicht gesehen, dass sie als Häretiker tituliert würden. Vielmehr wird dort die Begrifflichkeit verwendet, dass das Kirchesein in der römischen Kirche voll verwirklicht sei und in den Teilkirchen, die nicht in Gemeinschaft des Papstes sind, eben nicht voll verwirklicht, sondern nur in Elementen vorhanden sei. Ebenfalls werden die kirchlichen Gemeinschaften, die die apostolische Sukzession des Bischofsamtes nicht bewahrt haben, immerhin als kirchliche Gemeinschaften tituliert, was etwas deutlich anderes als eine häretische Gemeinschaft ist.
Selbst wenn man dieser neuen Ekklesiologie folgte, so bliebe festzustellen, dass alle genannten Gemeinschaften den Glauben der römische Kirche nicht umfänglich bekennen und Irrlehren vertreten, deren Verurteilung weder das II. Vatikanum noch das nachfolgende Lehramt zurückgenommen hat oder auch nur zurücknehmen könnte. Das Lehramt ist nicht Herr sondern Diener der Lehre. Auch aus Sicht eines "konservativen" Konzilskatholiken, der das II. Vatikanum gutheißt, sind sämtliche "Teilkirchen"/Gemeinschaften, die nicht in Gemeinschaft mit der römischen Kirche stehen, nicht glaubenstreu sondern irrlehrend, häretisch.
Evagrios Pontikos hat geschrieben:Gilt Dominus Jesus nicht? Wenn ja, wenn es also ein Dokument des höchsten kirchlichen Lehramtes (Glaubenskongregation) ist, dann ist es doch selbstverständlich, ökumenische Gottesdienste zu feiern.
Es gibt, wenn ich recht erinnere, zwei verbindliche Aussagen in
Dominus Jesus (, die wohl selbst jeder Evangelikale unterschriebe). Die Elementelehre hingegen widerspricht dem, was die Kirche bislang verbindlich lehrt, und ist somit eine Irrlehre.
Evagrios Pontikos hat geschrieben:Bitte geht nachsichtig mit mir um im traditionalistischen Sperrgebiet!
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Willkommen!