Gibt es ein Wiedererwachen des Glaubens?

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Benedictus
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Gibt es ein Wiedererwachen des Glaubens?

Beitrag von Benedictus »

Aufgrund der aktuellen Eindrücke beim Papstbesuch in Bayern, aber auch des Weltjugendtages im letzten Jahr sowie der Anteilnahme am Tod Johannes Pauls II. und der Papstwahl könnte man ja fast zu dem Eindruck gelangen, der Glaube erwache auch in unseren Breitengraden wieder zum Leben. Auch wenn ich mir die Berichterstattung in den Medien ansehe, so scheint vielerorts im Gegensatz zu früher positiver berichtet zu werden - ja es scheint vielen wieder leichter zu fallen, sich zum Glauben zu bekennen und das Positive an den christlichen Werten zu entdecken.

Andersherum aber, wenn ich mich in meinem weiteren Umfeld so umschaue kann ich nicht entdecken, dass dort jemand zum Glauben zurückgefunden hätte. Die Messen und vor allen Dingen die Andachten, stillen Anbetungen etc. sind nach wie vor schlecht besucht wie eh und jeh und bei den mir bekannten Menschen haben auch die beeindruckenden Worte des Papstes bei seinem Deutschlandbesuch keinen Eindruck hinterlassen.

Ich bin mir daher nicht sicher, ob es tatsächlich ein Wiedererwachen der Religion in unseren Breiten gibt, oder ob das ganze nicht doch vielmehr ein subjektives Erleben ist, beeinflusst von den Medien und von Ereignissen wie dem Papstbesuch etc.

Wie sieht es bei Euch aus? Nehmt ihr eine Zunahme des Religiösen in Euerem weiteren Umfeld wahr oder haltet Ihr das Ganze eher für einen subjektiv "gefühlten" Trend, der in keiner Weise den Tatsachen entspricht.

Benedictus

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cantus planus
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Beitrag von cantus planus »

Man könnte wohl von einer noch zaghaften Renaissance sprechen. Ich teile deinen Eindruck, Benedictus, dass sich das Klima für den Glauben positiv wandelt.

Der Glaube ist wieder im Gespräch, auch in den Medien. Allerdings sehe ich hier mit einem gewissen Bedauern, dass viele Journalisten über Glaubenthemen berichten, und offenkundig keine Ahnung haben, worum es eigentlich geht.

Man sollte sich von Ereignissen wie dem Weltjugendtag keine Wunder erwarten. Der WJT ist nur ein Event, der Glaube lebt aber vom Einzelnen. Doch hat gerade der WJT in Köln, die Masse der jungen Gläubigen, die Freude, die dieses Event ausstrahlte, viele Fernstehende beeindruckt.

Es ist sicherlich auch ein Verdienst unseres Papstes Benedikt XVI., dass stärker die zentralen Fragen, die Kernbotschaft des christlichen Glaubens, wieder in den Blickpunkt kommen.

Mir fällt auf, dass ich als Kirchenmitarbeiter nach der Messe häufiger von Fremden angesprochen werde. Wir sollte die Chance, die dieser Frühling mit sich bringt, nicht ungenutzt verstreichen lassen!

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HeGe
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Beitrag von HeGe »

Ich glaube nicht, dass wir schon von einer Trendwende sprechen können. Zwar sind viele Leute mittlerweile nicht mehr ganz so radikal gegen den Glauben eingestellt, wie es noch vor 20 Jahren der Fall war. Aber was daraus gemacht wird, ist leider wenig akzeptabel. Es ist eher eine gewisse Gleichgültigkeit. Man pickt sich die Rosinen raus, geht zu besonderen Anlässen oder zu großen Events in eine Messe. Aber wenn es dann daran geht, den Glauben im Alltag zu leben, ein wirkliches Leben in der Nachfolge Christi zu führen (oder sich wenigstens darum zu bemühen), dann ist glaube ich bei vielen der Besucher dieser Events Schluss. Wie viele sind von den Medien gefragt worden, ob sie gläubig seien und es hat meistens geheißen: Ja irgendwie schon, aber nicht so, dass ich jeden Sonntag in die Kirche renne.

Es ist sicher eine Chance, die man nutzen muss. Aber wir können glaube ich nicht erwarten, dass die Entwicklung in den nächsten Jahren bereits merklich umgedreht werden wird.
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holzi
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Beitrag von holzi »

Ja, ich hab gemerkt, dass viele Leute offener auf Glaubensfragen reagieren. Am letzten Samstag war ich mit Freunden der Gebetsgruppe in der Fußgängerzone am Bibelstand, da war durchaus eine Veränderung zu früher spürbar. Zwar noch relativ bescheiden, aber es kommt was - so sieht's zumindest aus.

Gallowglas
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Re: Gibt es ein Wiedererwachen des Glaubens?

Beitrag von Gallowglas »

Benedictus hat geschrieben:Aufgrund der aktuellen Eindrücke beim Papstbesuch in Bayern, aber auch des Weltjugendtages im letzten Jahr sowie der Anteilnahme am Tod Johannes Pauls II. und der Papstwahl könnte man ja fast zu dem Eindruck gelangen, der Glaube erwache auch in unseren Breitengraden wieder zum Leben.
Eure "Kollegen" von IDEA haben sich die neue Shell-Studie angesehen, und kommen zum gegenteiligen Ergebnis :
Unter Jugendlichen herrscht ein zunehmender weltanschaulicher Pluralismus. Von einer „Renaissance der Religion“ kann keine Rede sein.

Auch wenn ich mir die Berichterstattung in den Medien ansehe, so scheint vielerorts im Gegensatz zu früher positiver berichtet zu werden - ja es scheint vielen wieder leichter zu fallen, sich zum Glauben zu bekennen und das Positive an den christlichen Werten zu entdecken.
Die Medien sind bei uns in D leider gesetzlich verpflichtet entsprechend zu berichten, darüber darf man sich also nicht wunder, und vorallem keine voreiligen Schlüsse daraus ziehen ...

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Benedictus
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Re: Gibt es ein Wiedererwachen des Glaubens?

Beitrag von Benedictus »

Gallowglas hat geschrieben:Eure "Kollegen" von IDEA haben sich die neue Shell-Studie angesehen, und kommen zum gegenteiligen Ergebnis :
Unter Jugendlichen herrscht ein zunehmender weltanschaulicher Pluralismus. Von einer „Renaissance der Religion“ kann keine Rede sein.
Die Studie ist mir bekannt, sie war nicht zuletzt Auslöser für meine Frage. Berücksichtigen sollte man allerdings die Tatsache, dass die Studie lediglich unter Jugendlichen im Alter von 12 - 25 Jahren durchgeführt wurde, also kein allgemeines Bild liefert. Ich denke aber schon, dass bei den Jugendlichen, die keinen direkten Kontakt zum christlichen Glauben haben, ein diffuses Gottesbild vorherrscht, wie es die Studie wiedergibt. Die Tatsache ist erschreckend, aber wo soll sich der Glaube entwickeln, wenn er nicht von den Eltern vorgelebt und weitergegeben wird? Und wenn man dann ohne zu Glauben scheinbar auch ganz prima durchs Leben kommt, weshalb sollte man sich dann der Kirche zuwenden?
Die Medien sind bei uns in D leider gesetzlich verpflichtet entsprechend zu berichten, darüber darf man sich also nicht wunder, und vorallem keine voreiligen Schlüsse daraus ziehen ...
Die Medien müssen vielleicht über Ereignisse wie den Weltjugendtag oder den Papstbesuch berichten, sicherlich aber nicht in dem Ausmaß, wie es erfolgt ist. Es scheint also schon ein gewisses Interesse zu herrschen, auch wenn man das sicherlich nicht überbewerten darf. Es besteht ja wohl kaum eine Verpflichtung der Medien, durch gezielte Berichterstattung ein Wiedererwachen des Katholizismus in Deutschland zu suggerieren.

Es fallen mir aber auch in der Tagespresse zunehmend Artikel auf, die sich positiv zum Katholizismus äußern und bekennen. Aber wie gesagt, in meinem persönlichen Umfeld kann ich eine derartige Trendwende nicht wirklich erkennen.

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Mariamante
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Re: Gibt es ein Wiedererwachen des Glaubens?

Beitrag von Mariamante »

Benedictus hat geschrieben:Aufgrund der aktuellen Eindrücke beim Papstbesuch in Bayern, aber auch des Weltjugendtages im letzten Jahr sowie der Anteilnahme am Tod Johannes Pauls II. und der Papstwahl könnte man ja fast zu dem Eindruck gelangen, der Glaube erwache auch in unseren Breitengraden wieder zum Leben. Auch wenn ich mir die Berichterstattung in den Medien ansehe, so scheint vielerorts im Gegensatz zu früher positiver berichtet zu werden - ja es scheint vielen wieder leichter zu fallen, sich zum Glauben zu bekennen und das Positive an den christlichen Werten zu entdecken.
Dass es "im Grossen und Ganzen" mit dem Glauben in den "wohlhabenden Ländern" schlecht aussieht, darüber dürfen auch Glaubensevents (Papstbesuch, Weltjugendtag) nicht hinweg täuschen. P. Werenfried van Straaten war von der Lauheit in unseren Ländern erschüttert. Der Götze Mammon zieht zu viele in ihren Bann. Das sollten wir klar sehen. Aber die zunehmende Unzufriedenheit, die innere Leere und die Sehnsucht der Menschen (die sich freilich auch in den falschen Wegen einer boomenden Esoterik ausdrückt) ist der Schrei nach Gott. Es liegt an jedem von uns, diesen Schrei zu hören und dort wo wir stehen Zeugen für jenen Gott zu sein, der die Sehnsucht des Herzens als Einziger erfüllen kann.
Andersherum aber, wenn ich mich in meinem weiteren Umfeld so umschaue kann ich nicht entdecken, dass dort jemand zum Glauben zurückgefunden hätte.
Sowohl von mir selbst (allerdings ist meine Bekehrung schon einige Jahrtzehnte her) als auch aus den Berichten z.B. an Dr. Herbert Madinger in Österreich / Wien sehe ich, dass es auch unter Jugendlichen geistliche Aufbrüche und die Rückkehr zum glauben und zur Kirche gibt. Da m.E. nicht Quanitäten sondern Qualitäten entscheiden, habe ich Hoffnung.
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Benedictus
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Re: Gibt es ein Wiedererwachen des Glaubens?

Beitrag von Benedictus »

Mariamante hat geschrieben: Dass es "im Grossen und Ganzen" mit dem Glauben in den "wohlhabenden Ländern" schlecht aussieht, darüber dürfen auch Glaubensevents (Papstbesuch, Weltjugendtag) nicht hinweg täuschen. P. Werenfried van Straaten war von der Lauheit in unseren Ländern erschüttert. Der Götze Mammon zieht zu viele in ihren Bann. Das sollten wir klar sehen.
Dem kann ich nur zustimmen. Erschreckend finde ich allerdings, wenn man die Ergebnisse der weiter oben genannten Shell Studie betrachtet. Demnach glauben nur 30 % der Jugendlichen an einen persönlichen Gott und 19 % an eine "höhere Macht". Der Rest glaubt nicht bzw. weiß nicht, was er glauben soll. Das verwundert mich persönlich nicht, denn wo der Glaube nicht von den Eltern vermittelt und weitergegeben wird, da machen sich halt selbstgestrickte Weltbilder und Unsicherheit breit. Außerdem ist es ja auch viel bequemer, sich eine "höhere Macht" vorzustellen, die alles geschaffen hat, aber ihrer Schöpfung teilnahmslos gegenübersteht. Denn gegenüber einem Schöpfer, der sich nicht für seine Schöpfung interessiert, brauche ich ja auch keine Rechenschaft abzulegen und kann lustig in den Tag hineinleben.

Aber wie soll ein junger Mensch, dem nie der Glaube vermittelt wurde, zu ihm finden? Dies geschieht wahrscheinlich nur vereinzelt durch das Wirken Gottes ohne dass wir jetzt hier von einer Massenbewegung sprechen können. Mir fällt aber direkt auf, dass insgesamt eine positivere Stimmung herrscht und es vielen Menschen wieder leichter fällt, sich zu ihrem Glauben zu bekennen.

Benedictus

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Mariamante
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Re: Gibt es ein Wiedererwachen des Glaubens?

Beitrag von Mariamante »

Benedictus hat geschrieben: Erschreckend finde ich allerdings, wenn man die Ergebnisse der weiter oben genannten Shell Studie betrachtet. Demnach glauben nur 30 % der Jugendlichen an einen persönlichen Gott und 19 % an eine "höhere Macht". Der Rest glaubt nicht bzw. weiß nicht, was er glauben soll.
New - Age, Esoterik und die hinduistischen Derivate verführen zu einem (Schein) Glück, das durch gewisse Methoden erreicht werden soll. Die Verantwortung vor Gott, die Beziehung zu einem persönlichen Gott wird in diesen Richtungen negiert. Ich denke dass sich viele von diesen Bewegungen verführen lassen.
Das verwundert mich persönlich nicht, denn wo der Glaube nicht von den Eltern vermittelt und weitergegeben wird, da machen sich halt selbstgestrickte Weltbilder und Unsicherheit breit.
Ein Spruch sagt: "Wenn man den Glauben beim Fenster rauswirft, kommt er als Aberglaube bei der Hintertür herein. Wenn sich die Menschen zu sehr von der Spass- und Konsumgesellschaft verführen lassen, dann ist die geistliche Trägheit eine Folge. Eltern geben den Kindern vielfach Geld - aber an Glaube und Liebe fehlt es. Ich denke dass hier alle Glaubenden umso mehr zum Gebet, zum "missionarischen" Einsatz und zum Zeugnis aufgerufen sind. Die Not der Zeit in Bezug auf den Glauben mag groß sein- aber größer muss unsere Hoffnung, unser Gottvertrauen und unser Eifer für Gottes Reich sein. Wo dies der Fall ist (ich habe da z.B. konkret die "Kalasantiner" in Wien vor Augen, da wächst nicht nur ein neuer Orden ("Schwesterngemeinschaft von der Jüngersuche Jesu") sondern es gibt auch Priesterberufungen und Umkehr zum lebendigen Glauben bei Jugendlichen.
Außerdem ist es ja auch viel bequemer, sich eine "höhere Macht" vorzustellen, die alles geschaffen hat, aber ihrer Schöpfung teilnahmslos gegenübersteht. Denn gegenüber einem Schöpfer, der sich nicht für seine Schöpfung interessiert, brauche ich ja auch keine Rechenschaft abzulegen und kann lustig in den Tag hineinleben.
Dem kann ich hinwiederum nur zustimmen.
Aber wie soll ein junger Mensch, dem nie der Glaube vermittelt wurde, zu ihm finden? Dies geschieht wahrscheinlich nur vereinzelt durch das Wirken Gottes ohne dass wir jetzt hier von einer Massenbewegung sprechen können.
Manchmal gibt es solche Gnadenimpulse wie sie einem Andre Frossard geschenkt wurden. Und die Gnade Gottes kann überall hin kommen- wir können durch unser Gebet auch Wege dafür bereiten.
Mir fällt aber direkt auf, dass insgesamt eine positivere Stimmung herrscht und es vielen Menschen wieder leichter fällt, sich zu ihrem Glauben zu bekennen.
Nach den Skandalen in Amerika und tw. auch in Österreich die in den Medien ja ziemlich breitgeteten wurden ist die Berichterstattung in letzter Zeit sicher viel positiver.
Gelobt sei Jesus Christus

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Maria Magdalena
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Beitrag von Maria Magdalena »

Leider kenne ich die Shell- Studie nicht, aber es stimmt, daß es heute kaum noch Eltern gibt, die den Glauben weitergeben können. Wie auch, wo es sich hier doch um die Generation der nach 68iger handelt?
Vielleicht sollte man erst einmal beginnen Ihnen den Glauben wieder verständlich zu machen, daß sie ihn dann weitergeben könnten.
Denn vor Jahren wurde ich von anderen Eltern gefragt " Wie man etwas weiter geben sollte, von dem man selbst keine Ahnung hat"?

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