Petra hat geschrieben:Bedeutet das, die Herren hier – mit Ausnahme von Maurus
und Stephen Dedalus – sind potentielle Vergewaltiger …?
Ja, aber ohne Ausnahme. (Die Damen sind auch nicht besser, mit Ver-
laub gesagt.) – Dazu müssen wir erst einmal geführt werden, unser gan-
zes Elend klar zu erkennen. Was übrigens nicht bloß für Kandidaten
zum Priesteramt gilt, sondern für jeden Gläubigen, schon für den Tauf-
bewerber oder – sofern als Säugling getauft – den zum Erwachsenen
reifenden Christen.
Die Tradition der Kirche bietet dazu Methoden an, in Form der Skruti-
nien der Taufbewerber und später ersatzweise entwickelter Wege christ-
licher Formation, namentlich genuin kirchlicher Exerzitien.
Petra hat geschrieben:Wie kann man die Fotos aus dem Horner Seminar neben die
Meldung über den durchgeknallten Seminaristen aus Graz
stellen und dazu noch einen kunstvoll gehäkelten Zusammen-
hang konstruieren?
Ich gebe zu, daß diese Herstellung eines Zusammenhangs bewußt po-
lemisch war. Ein unmittelbarer kausaler Zusammenhang kann natür-
lich nicht mit Recht behauptet werden, wie ich oben schon einräumte.
Ebenso ist klar, daß Fälle wie jener des Grazer Vergewaltigers von kei-
ner noch so guten Methode christlicher Formation sicher auszuschlie-
ßen sind. Mit dem Bösen und der Neigung zur Sünde müssen wir im-
mer rechnen.
Ich behaupte allerdings, daß jene Methoden, die heute in der Priester-
ausbildung offenbar weithin üblich sind, ja darüberhinaus auch alle
möglichen Formen kirchlicherseits angebotener Seminare und Exerzi-
tien und sogar den Religionsunterricht förmlich durchseucht haben,
der uns innewohnenden Krankheit nicht bloß kein Heilmittel bieten,
sondern letztlich kontraproduktiv wirken.
Petra hat geschrieben:Angemessene Reaktionen können stummes Ertragen von
kurz- oder langfristigem Ungemach sein, oder andererseits
Mundaufmachen und Veränderungen vorschlagen, in einem
gemäßigten Ton.
Na ja, manchmal darf einem auch schon die Galle hochkochen. Wobei
du grundsätzlich natürlich recht hast – oder hättest, ginge es nur um
individuelles „Ungemach“. Leider scheint es oft so zu sein, daß, wer
„den Mund aufmacht“, kaltgestellt, ausgeschlossen oder gar regelrecht
psychiatrisiert wird.
Das Problem ist, daß der Kirche fremde und ihr nicht gemäße Metho-
den eingedrungen sind und alleinige Geltung beanspruchen.
Es bedarf darum – und darauf will ich eigentlich hinaus – eines regel-
rechten „Paradigmenwechsels“. Womit ich wiederum auch nicht eine
simple Rückkehr zu Methoden etwa des 19. Jahrhunderts empfehlen
möchte. Die Zeiten sind heute andere. Eher müßte es um eine Besin-
nung auf die Methoden von vor der Väterzeit gehen: denn in eine ver-
gleichbare Lage sind wir unterwegs.
Aber „Besinnung“ heißt auch nicht Kopie. Es wird schon etwas irgend-
wie auch Neues sein müssen, der Zeit gemäß. – Um nun einmal kon-
struktiv zu werden: Ich habe im ersten Schritt angedeutet, was meines
Erachtens vom Ziel abführt: Ringelpiez, Zettelmalen, gruppendynami-
sche und psychoanalytische Spielchen, Mandalamalen und Pseudo-
Sphärenklänge, meditative Körper- (statt Gottes-) Erfahrung und Nir-
wanaversenkung etc.
Im zweiten Schritt habe ich ein paar Punkte genannt, welche für die
christliche Formation gleichwohl wichtig sind, heute jedoch auf der
ganzen Linie verfehlt werden.
Nun möchte ich fragen, ob ihr Wege wißt oder kennengelernt habt,
die besser oder überhaupt auf die bestehende Notlage antworten. Ich
selber habe, möchte ich an dieser Stelle einflechten, Ansätze zu einem
solchen Weg im Neokatechumenat kennen- und schätzengelernt. An-
sätze, die vor allem in einer Anknüpfung an die christliche Formation
der Katechumenatsanwärter und Katechumenen der alten Kirche be-
stehen.