"Germanisierung des Vatikan?"

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Amandus2
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"Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von Amandus2 »

Hier ein interessanter Artikel im heutigen Berliner Tagesspiegel, der die Mentalitätsunterschiede zwischen katholischen Italienern und protestantischen Deutschen beschreibt:

http://www.tagesspiegel.de/meinung/komm ... 41,2959685


Diesen Mentalitätsunterschied sollte man kennen, wenn man die römisch(!)-katholische Kirche richtig einordnen will.

Das Problem dabei? Vor Jahren war diese Kirche tatsächlich noch -im positiven Sinne- römisch(-lateinisch-mediterran-schlampig-großzügig)-katholisch. Dann kamen die Deutschen, allen voran der mächtige Joseph Ratzinger. Mit ihm begann die Germanisierung des Vatikans. Das Ergebnis ist bekannt....

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cantus planus
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Re: die Germanisierung des Vatikans

Beitrag von cantus planus »

Ich finde in diesem Text weder etwas über die Kirche, noch über Joseph Ratzinger. Ich finde auch den Nexus irgendwie nicht.

Das, was im Text steht, ist vollkommen richtig. Berlusconi ist ein echter Italiener. Man schaue sich auch mal das Wirken der letzten französischen Präsidenten an. Demokratisch eingesetzte Könige. Nicht mehr und nicht weniger. Und so verhalten sie sich.
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julius echter
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Re: die Germanisierung des Vatikans

Beitrag von julius echter »

na so ein wenig deutsche Gründlichkeit wird dem Vatikan nicht schaden, vor allem nach der langen polnischen Periode
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cantus planus
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Re: Die Germanisierung des Vatikans

Beitrag von cantus planus »

Das Wirken Benedikts XVI. wirkt auf mich eben alles andere als deutsch. Damit hätte er auch keinen Erfolg in Rom.
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julius echter
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Re: Die Germanisierung des Vatikans

Beitrag von julius echter »

ich denk schon - vor allem hat er wieder ein wenig mehr Ruhe da rein gebracht
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Cordoba
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Re: Die Germanisierung des Vatikans

Beitrag von Cordoba »

Papst Benedikt ist erstens Bayer und seine Heimat ist anders geprägt als die oben beschriebene, stereotype norddeutsch/protestantisch Mentalität (gibt es die heute eigentlich noch?).

Weiterhin war er lange genug als Kardinal in Rom, um zu wissen wie die Kirche tickt und wie Italien "funktioniert" und kommt daher auch gut bei den Italienern an. In seinem Lieblingsrestaurant haben sie ihm zu Ehren sogar ein Bild aufgehängt.
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Raphaela
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Re: Die Germanisierung des Vatikans

Beitrag von Raphaela »

Diesen Bericht kann ich absolut nicht mit Papst Benedikt in Zusammenhang bringen, es geht (fast) ausschließlich um Politik, daher verstehe ich den Bezug von Amandus auch nicht.
Der Stang gehört für mich in das Brauhaus verschoben.

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taddeo
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Re: Die Germanisierung des Vatikans

Beitrag von taddeo »

Amandus2 hat geschrieben:Vor Jahren war diese Kirche tatsächlich noch -im positiven Sinne- römisch(-lateinisch-mediterran-schlampig-großzügig)-katholisch. Dann kamen die Deutschen, allen voran der mächtige Joseph Ratzinger. Mit ihm begann die Germanisierung des Vatikans. Das Ergebnis ist bekannt....
Du scheinst weder von den Italienern im Allgemeinen, noch von den Römern im Besonderen und erst recht nicht von Ratzinger im ganz Speziellen allzu viel Ahnung zu haben.

Ratzinger ist römischer als viele Römer. Das einzige, was ihn fundamental von diesen unterscheidet, ist, daß er überhaupt nichts mit dem typischen "menefregismo" anfangen kann. Das ist die Einstellung "was scheiß ich mich drum?", auf gut römisch "che me ne frega?".

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Christiane
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Re: Die Germanisierung des Vatikans

Beitrag von Christiane »

taddeo hat geschrieben: Ratzinger ist römischer als viele Römer.
Was ist denn typisch römisch? :)
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taddeo
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Re: Die Germanisierung des Vatikans

Beitrag von taddeo »

Christiane hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben: Ratzinger ist römischer als viele Römer.
Was ist denn typisch römisch? :)
Zum Beispiel das Bewußtsein für die unaufhebbare Verquickung zwischen Tradition und Fortschritt. Für einen Römer ist all das Alte, das ab urbe condita sich in seiner Stadt angesammelt hat, nichts Vergangenes, sondern lebendige Gegenwart. Wenn man mal einige Monate in Rom lebt, geht einem das in Fleisch und Blut über. Das fängt beim Anblick der alten Gemäuer an und hört beim typischen Essen noch nicht auf. Und das gilt auch für die Kirche in Rom: Tradition ist dort Gegenwart, und jeder Römer weiß, daß es nur mit und aus der Tradition auch Zukunft gibt.

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Bernado
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Re: Die Germanisierung des Vatikans

Beitrag von Bernado »

taddeo hat geschrieben:
Christiane hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben: Ratzinger ist römischer als viele Römer.
Was ist denn typisch römisch? :)
Zum Beispiel das Bewußtsein für die unaufhebbare Verquickung zwischen Tradition und Fortschritt. Für einen Römer ist all das Alte, das ab urbe condita sich in seiner Stadt angesammelt hat, nichts Vergangenes, sondern lebendige Gegenwart. Wenn man mal einige Monate in Rom lebt, geht einem das in Fleisch und Blut über. Das fängt beim Anblick der alten Gemäuer an und hört beim typischen Essen noch nicht auf. Und das gilt auch für die Kirche in Rom: Tradition ist dort Gegenwart, und jeder Römer weiß, daß es nur mit und aus der Tradition auch Zukunft gibt.
Zumal die Römer ja zum alten Gemäuer auch ein ganz anderes Verhältnis haben als wir. Unentwegt stößt man auf Bauten, bei denen jede Wand aus einem anderen Viertel-Jahrtausend ist, und auf der ältesten steht die Satellitenschüssel. Und keiner kommt auf die Idee, den Denkmalschutz zu rufen und das ganze in irgendeinen klinisch-musealen Zustand mit hohem didaktischen Nährwert zu versetzen.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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holzi
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Re: Die Germanisierung des Vatikans

Beitrag von holzi »

Bernado hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Christiane hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Ratzinger ist römischer als viele Römer.
Was ist denn typisch römisch? :)
Zum Beispiel das Bewußtsein für die unaufhebbare Verquickung zwischen Tradition und Fortschritt. Für einen Römer ist all das Alte, das ab urbe condita sich in seiner Stadt angesammelt hat, nichts Vergangenes, sondern lebendige Gegenwart. Wenn man mal einige Monate in Rom lebt, geht einem das in Fleisch und Blut über. Das fängt beim Anblick der alten Gemäuer an und hört beim typischen Essen noch nicht auf. Und das gilt auch für die Kirche in Rom: Tradition ist dort Gegenwart, und jeder Römer weiß, daß es nur mit und aus der Tradition auch Zukunft gibt.
Zumal die Römer ja zum alten Gemäuer auch ein ganz anderes Verhältnis haben als wir. Unentwegt stößt man auf Bauten, bei denen jede Wand aus einem anderen Viertel-Jahrtausend ist, und auf der ältesten steht die Satellitenschüssel. Und keiner kommt auf die Idee, den Denkmalschutz zu rufen und das ganze in irgendeinen klinisch-musealen Zustand mit hohem didaktischen Nährwert zu versetzen.
Genau das, nämlich eine Rothenburgisierung wäre beispielsweise typisch "germanisch"!

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Cordoba
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Re: "Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von Cordoba »

taddeo hat geschrieben: Für einen Römer ist all das Alte, das ab urbe condita sich in seiner Stadt angesammelt hat, nichts Vergangenes, sondern lebendige Gegenwart.
Das ist mir ins Auge gesprungen, als ich in Rom war. In einer Woche kann man natürlich leider wenig mitbekommen, aber ich war von der Stadt fasziniert; wenngleich vom Verkehr weniger ;D

(Meine Frau ist Spanierin und daher weit immuner gegen sowas. Aber ich muss gestehen: in Frankfurt über die Strasse zu gehen kann gefährlicher sein, als in Rom im Verkehr mitzuschwimmen :))
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taddeo
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Re: "Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von taddeo »

Cordoba hat geschrieben:Aber ich muss gestehen: in Frankfurt über die Strasse zu gehen kann gefährlicher sein, als in Rom im Verkehr mitzuschwimmen :))
Ich mußte in letzter Zeit öfter mal nach München mit dem Auto. Mir graust es jedesmal davor, mich in den dortigen Stadtverkehr zu stürzen, der unglaublich aggressiv und nervig ist. In Rom fühle ich mich im Auto viel wohler (und dort kenn ich mich auch deutlich besser aus, habe ich gemerkt).

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cantus planus
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Re: "Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von cantus planus »

Das Schlimmste ist Wien: ein Mensch auf der Fahrbahn ist kein Grund zum Bremsen. Und wo kein Gras wächst, liegt Sch***e. Allerdings auch im Gras. Eigentlich überall. :irritiert:
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taddeo
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Re: "Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von taddeo »

cantus planus hat geschrieben:Das Schlimmste ist Wien: ein Mensch auf der Fahrbahn ist kein Grund zum Bremsen. Und wo kein Gras wächst, liegt Sch***e. Allerdings auch im Gras. Eigentlich überall. :irritiert:
In Rom ist der Verkehr sehr human. Man bremst vielleicht weniger, das mag stimmen, aber man fährt halt um Hindernisse einfach außen herum und macht's nicht wie die Deutschen: "Die Fahrbahn gehört mir, da darf gar kein Fußgänger sein, also fahr ich geradeaus weiter!" Du-dumm-du-dumm. Tritt sich fest ... Wer lernen will, was Rücksicht im Straßenverkehr bedeutet, sollte mal in Rom autofahren.

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Peregrin
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Re: "Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von Peregrin »

cantus planus hat geschrieben:Das Schlimmste ist Wien: ein Mensch auf der Fahrbahn ist kein Grund zum Bremsen.
Das liegt höchstens daran, daß der Wiener den Fußgänger eben als mündigen Erwachsenen ernstnimmt und ihm zutraut, sich, als er die Fahrbahn betreten hat, einen Plan zurechtgelegt zu haben, dieselbe rechtzeitig wieder zu verlassen, ohne dazu herablassende Hilfestellung durch den herannahenden Autofahrer zu benötigen. :pfeif:
Und wo kein Gras wächst, liegt Sch***e. Allerdings auch im Gras. Eigentlich überall. :irritiert:
Wir nennen das lieber "Hundstrümmerln", das klingt doch gleich viel niedlicher. :D
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Yeti
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Re: "Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von Yeti »

Amandus2 hat geschrieben:Hier ein interessanter Artikel im heutigen Berliner Tagesspiegel, der die Mentalitätsunterschiede zwischen katholischen Italienern und protestantischen Deutschen beschreibt:

http://www.tagesspiegel.de/meinung/komm ... 41,2959685


Diesen Mentalitätsunterschied sollte man kennen, wenn man die römisch(!)-katholische Kirche richtig einordnen will.

Das Problem dabei? Vor Jahren war diese Kirche tatsächlich noch -im positiven Sinne- römisch(-lateinisch-mediterran-schlampig-großzügig)-katholisch. Dann kamen die Deutschen, allen voran der mächtige Joseph Ratzinger. Mit ihm begann die Germanisierung des Vatikans. Das Ergebnis ist bekannt....
"Germanisierung des Vatikans"...ts ts ts...das ist all-slawisches Agitprop-ZK-Gelaber. Ansonsten steckt viel Neid drin, wie meist, wenn über Deutsche und Deutsches geurteilt wird. Ansonsten gibt es diese mentalitätsmäßigen Unterschiede nicht nur durch die Alpen geteilt, sondern auch im eigenen Land. Merkwürdig nur, dass die ausgelutschten Stereotypen vom fleißigen, pflichtbewussten und ordentlichen Protestanten und vom "Lebemann" als Katholik hierzuland gar nicht mehr stimmen. Es ist ja heut eher andersherum (s. der wirtschaftliche Erfolg in Österreich, Bayern und Baden-Württemberg). Du solltest auch nicht den Fehler begehen, alle Italiener über einen Kamm zu scheren. "Südlich von Florenz beginnt Afrika", hört man die Nord-Italiener zuweilen sagen, oder "Garibaldi hat Italien nicht geeint, sondern Afrika geteilt". Das bedeutet: Süd- und Mittelitalien ist ganz anders als Norditalien, wo es oft keinen Unterschied zw. Schweiz, Österreich und Süddeutschland gibt.

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Yeti
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Re: Die Germanisierung des Vatikans

Beitrag von Yeti »

julius echter hat geschrieben:ich denk schon - vor allem hat er wieder ein wenig mehr Ruhe da rein gebracht
In der Tat hatte man in Rom Angst, als er Papst wurde. Man befürchtete eine rigorosere Durchsetzung der Arbeitsdisziplin bei den Vatikanbeschäftigten. Tatsache in Mittel- und Süditalien ist: der Chef muß schon Verständnis dafür haben, wenn man am Montag nicht um 9:00 Uhr, sondern erst um 9:30 Uhr am Arbeitsplatz auftaucht und dann noch mit den Kollegen eine halbe Stunde übers Wochenende quatscht. In Rom hab ich so einen Bereichschef der Agip kennengelernt, der hat mir wahre Horrorgeschichten darüber erzählt. Deshalb ist es auch kein Wunder, dass die Leute dort relativ arm sind (gemessen an mitteleurop. Verhältnissen) - niemand will bei einer solchen Arbeitsmoral investieren. Das ist halt die Kehrseite vom "dolce vita". Ohne die Kirche als Arbeitgeber wäre die Armut in Rom zehnmal so groß.

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Yeti
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Re: Die Germanisierung des Vatikans

Beitrag von Yeti »

Cordoba hat geschrieben:Papst Benedikt ist erstens Bayer und seine Heimat ist anders geprägt als die oben beschriebene, stereotype norddeutsch/protestantisch Mentalität (gibt es die heute eigentlich noch?).

Weiterhin war er lange genug als Kardinal in Rom, um zu wissen wie die Kirche tickt und wie Italien "funktioniert" und kommt daher auch gut bei den Italienern an. In seinem Lieblingsrestaurant haben sie ihm zu Ehren sogar ein Bild aufgehängt.
Cordoba, ein solches Bild von ihm siehst du in (fast) jedem Restaurant in Rom - neben Padre Pio und der Jungfrau Maria, auch bei überzeugten Kommunisten. Man weiß ja nie, ob's nicht doch was hilft. Seltsam allerdings finden das weniger die Deutschen, sondern die vollkommen unkulturierten und primitiven Niederländer und Engländer, die Rom im Sommer überschwemmen. Die Deutschen sind gar nicht am schlimmsten...apropos Ratzinger und Italiener: bei einer seiner ersten Pressekonferenzen nach seiner Papstwahl machte er sich kurz bei den Italienern sehr unbeliebt: nachdem er eine Viertelstunde zu spät zum angesetzten Termin kam, entschuldigte er sich damit, dass er sich wohl schon angepasst habe. Das kann man in Italien denken, aber es auszusprechen ist verpönt.

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Yeti
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Re: Die Germanisierung des Vatikans

Beitrag von Yeti »

Bernado hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Christiane hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben: Ratzinger ist römischer als viele Römer.
Was ist denn typisch römisch? :)
Zum Beispiel das Bewußtsein für die unaufhebbare Verquickung zwischen Tradition und Fortschritt. Für einen Römer ist all das Alte, das ab urbe condita sich in seiner Stadt angesammelt hat, nichts Vergangenes, sondern lebendige Gegenwart. Wenn man mal einige Monate in Rom lebt, geht einem das in Fleisch und Blut über. Das fängt beim Anblick der alten Gemäuer an und hört beim typischen Essen noch nicht auf. Und das gilt auch für die Kirche in Rom: Tradition ist dort Gegenwart, und jeder Römer weiß, daß es nur mit und aus der Tradition auch Zukunft gibt.
Zumal die Römer ja zum alten Gemäuer auch ein ganz anderes Verhältnis haben als wir. Unentwegt stößt man auf Bauten, bei denen jede Wand aus einem anderen Viertel-Jahrtausend ist, und auf der ältesten steht die Satellitenschüssel. Und keiner kommt auf die Idee, den Denkmalschutz zu rufen und das ganze in irgendeinen klinisch-musealen Zustand mit hohem didaktischen Nährwert zu versetzen.
Geradezu grotesk find ich's dann allerdings, wenn zwei Schwäbinnen vor einer solchen Fassade stehen ("o is des schee on so romandisch"), während sie in Schwäbisch-Gmünd sich das Maul drüber zerreissen würden, wie faul die Hauseigentümer sind. Ich glaub man nennt sowas "positiven Rassismus". Ansonsten werden die Bauvorschriften in Rom auch öfter umgangen, da sieht man dann kleinere "aufgepflanzte" Mensardenwohnungen in Rom (wo ich ein Jahr wohnte - Centro Storico - waren gegenüber sogar zwei aufeinander gesetzt). Das sieht schön aus, nur braucht man sich dann nicht über so viele Erdbebentote zu wundern. Es hat halt alles seine zwei Seiten.
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Yeti
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Re: "Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von Yeti »

taddeo hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:Das Schlimmste ist Wien: ein Mensch auf der Fahrbahn ist kein Grund zum Bremsen. Und wo kein Gras wächst, liegt Sch***e. Allerdings auch im Gras. Eigentlich überall. :irritiert:
In Rom ist der Verkehr sehr human. Man bremst vielleicht weniger, das mag stimmen, aber man fährt halt um Hindernisse einfach außen herum und macht's nicht wie die Deutschen: "Die Fahrbahn gehört mir, da darf gar kein Fußgänger sein, also fahr ich geradeaus weiter!" Du-dumm-du-dumm. Tritt sich fest ... Wer lernen will, was Rücksicht im Straßenverkehr bedeutet, sollte mal in Rom autofahren.
Ich würde es nicht Rücksicht nennen, das ist wahrscheinlich zu pathetisch. Römer sind eher Pragmatiker. Es gibt dort tatsächlich sehr wenig Unfälle. Nein, ich glaube der Grund für so wenig Unfälle liegt ganz woanders. Römer schimpfen wahnsinnig viel im Straßenverkehr, aber alles nur verbal, für mehr ist einem das eigene Auto (und die körperliche Unversehrtheit) zu schade. In der Vergangenheit hat sich dieser manchmal fehlende Mut zum körperlichen Einsatz vor allem in der Kriminalitätsstatistik Italiens als heilsam erwiesen (kaum Gewaltverbrechen), das ändert sich aber in den letzten Jahren.
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Cordoba
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Re: "Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von Cordoba »

Yeti hat geschrieben: In der Vergangenheit hat sich dieser manchmal fehlende Mut zum körperlichen Einsatz vor allem in der Kriminalitätsstatistik Italiens als heilsam erwiesen (kaum Gewaltverbrechen), das ändert sich aber in den letzten Jahren.
Den kann man ja beim Calcio austoben :breitgrins:

(Die Zunahme von Gewaltverbrechen will mir in vielen europäischen Ländern so erscheinen. Das ist wohl Teil der "europäischen Krankheit", aber ein anderes Thema)
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Linus
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Re: "Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von Linus »

cantus planus hat geschrieben:Das Schlimmste ist Wien: ein Mensch auf der Fahrbahn ist kein Grund zum Bremsen. Und wo kein Gras wächst, liegt Sch***e. Allerdings auch im Gras. Eigentlich überall. :irritiert:
Du hast nicht verstanden, wie das läuft.Man geht prinzipiell irgendwann und irgendwo über die Straße. Wenn man von der Polizei angequatscht wird, weil man grad bei Rot drüber ist "Sie, sind be rot über die Straße!" Antwortet man "Ich weiß, ich bin ja nicht farbenblind, und ich laß mich doch von keinem roten Lamperl terrorisieren!" und laßt den Polizisten einfach stehen (ich hätte schon zweimal 25 € zahlen sollen, habs aber jedesmal so abwenden können.)
Das mit dem Gras und der Scheiße stimmt nicht mehr so. Seit der "Nimm ein Sackerl für mein Gackerl" Hundescheiße kostet 35 € Kampagne und dem "Hilfspolizeilichen Putztrupp" namens Wastewatchers ist nicht mehr überall so schlimm.

Linus, es schon mal geschafft habend, die Mariahilferstraße auf dem Mittelstreifen runter zu rennen.... erst kurz vorm MQ bin ich drauf gekommen daß es auch einen Gehsteig gibt.... :pfeif:
Zum italienischen Autoverkehr: (romspezifisch kann ich da nichts sagen) sehr angenehm flottes weiterkommen Rücksicht und mitdenken.
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Clemens
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Re: "Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von Clemens »

Linus hat geschrieben: "ich laß mich doch von keinem roten Lamperl terrorisieren!"
[Punkt] Seeeehr guuut! Das gefällt mir (und inzwischen handle ich auch leidenschaftlich gerne so). :klatsch:
Von allen Gottesgaben ist die Intelligenz am gerechtesten verteilt. Jeder ist zufrieden mit dem, was er hat und freut sich sogar, dass er mehr hat, als die anderen.

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Nassos
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Re: "Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von Nassos »

Warum steht der Threadtitel in Anführungszeichen?
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Petra
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Re: "Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von Petra »

Nassos hat geschrieben:Warum steht der Threadtitel in Anführungszeichen?
Weil das angegebene Thema schnell verlassen wurde zugunsten des Verkehrs in Rom und der Hunde in Wien?

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Nassos
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Re: "Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von Nassos »

ich hatte das nicht so weit verfolgt. Ich suchte im ersten Beitrag nach diesem Ausdruck - ich dachte, es sei ein Zitat. Aber ist schon OK. Danke.
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Robert Ketelhohn
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Re: "Germanisierung des Vatikan?"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Mir fällt zu „Germanisierung“ eher so was ein:

http://video.google.com/googleplayer.sw ... de&fs=true
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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