Galilei hat geschrieben:Einstweilen werfe ich eine Aussage des 2. Vatikanischen Konzils in den Ring:
Presbyterorum Ordinis 1 hat geschrieben:Durch die Weihe und die vom Bischof empfangene Sendung werden die Priester zum Dienst für Christus, den Lehrer, Priester und König, bestellt. Sie nehmen teil an dessen Amt, durch das die Kirche hier auf Erden ununterbrochen zum Volk Gottes, zum Leib Christi und zum Tempel des Heiligen Geistes auferbaut wird."
So, wie du es interpretierst, ist es tatsächlich eine der gängigen Interpretationen dieses merkwürdigen Dokuments, an dem viele Schwächen der Argumentationsweise des 2. Vatikanums zu besichtigen sind. Ob und wieweit es sinnvoll ist, daraus eine neue Theologie des Priestertums abzuleiten, muß m.E. bezweifelt werden.
Ich verweise nur mal auf den merkwürdigen Umstand, daß im Kapitel über den priesterlichen Dienst zunächst (in Abschnitt 4) die Lehre und die Predigt als die Hauptaufgabe des Priesters benannt werden: Es "ist die erste Aufgabe der Priester als Mitarbeiter der Bischöfe allen die frohe Botschaft Gottes zu verkünden4, um so in der Erfüllung des Herrenauftrags: "Gehet hin in alle Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen" (Mk 16,15)5, das Gottesvolk zu begründen und zu mehren." Das könnte man natürlich auch über die diakone sagen, und ebenso trifft es zu auf die Bischöfe als Nachfolger der Apostel.
Erst in Abschnitt 5 wird dann die Rolle und Aufgabe der Priester als Spender der Sakramente benannt, an erster Stelle das Sakrament der Taufe, das doch jeder Spenden kann, und dann eher in einem Nachsatz heißt es: "vor allem in der Meßfeier bringen sie in sakramentaler Weise das Opfer Christi dar. In jedem Vollzug der Sakramente - so bezeugt es schon in der Urkirche der heilige Martyrer Ignatius - werden sie auf verschiedene Weise mit dem Bischof hierarchisch verbunden und machen ihn so in den einzelnen Gemeinschaften der Gläubigen gewissermaßen gegenwärtig". "Auf verschiedene Weise mit dem Bischof hierarchisch verbunden" ist zwar alles andere als präzise - verdeutlicht aber die Tendenz des Dekrets, dem Ordo des Priesters "gewissermaßen" die Eigenständigkeit zu bestreiten und nicht den Bischof als Inhaber der Fülle des Priesteramtes, sondern den Priester als einen unselbständigen Beauftragten des Bischofs hinzustellen.
Das wäre aber eine Neuerung in der Lehre und wird deshalb in Abschnitt 7 wieder halb zurückgenommen, nur um sogleich wieder halb bekräftigt zu werden: "Alle Priester haben zusammen mit den Bischöfen so an ein und demselben Priestertum und Amt Christi teil, daß diese Einheit der Weihe und Sendung ihre hierarchische Gemeinschaft mit dem Stand der Bischöfe erfordert. Diese Gemeinschaft bekunden sie vorzüglich bei gelegentlicher Konzelebration, desgleichen bei jeder Eucharistiefeier. Die Bischöfe sollen darum die Priester, denen in der Weihe die Gabe des Heiligen Geistes verliehen wurde, als ihre notwendigen Helfer und Ratgeber im Dienstamt der Belehrung, der Heiligung und der Leitung des Gottesvolkes betrachten."
Die offizielle Kirche betrachtet dieses Dokument offenbar in allen anderen Punkten außer dem der wesensmäßigen Unterordnung der Priester unter die Bischöfe als völlig unerheblich. Von der in Abschnitt 6 herausgestellten Aufgabe der Priester "Am meisten sollen sie für die Kranken und Sterbenden besorgt sein, sie besuchen und im Herrn aufrichten" redet heute kein Pastoralplan mehr, und im Widerspruch zu Abschnitt 9, in dem es ein weiteres Mal heißt, daß "die Priester des Neuen Bundes aufgrund des Weihesakramentes das so überaus hohe und notwendige Amt des Vaters und Lehrers im Volk und für das Volk Gottes ausüben", wird gerade diese Aufgabe zunehmend ungeweihten Gemeindereferent/innen übertragen. Einen Priester, der heute noch - wie es in der Vorkonzilszeit selbstverständlich war - Kindern den Kommunionuntericht erteilt, kann man heute mit der Lupe suchen. Zumindest in den USA ist auch die Unterweisung von Erwachsenen, die sich taufen lassen oder konvertieren wollen, fast ausschließlich in die Hände von Laien gelegt.
Ein außerordentlich merkwürdiges Dokument - es würde sich sicher lohnen, sich einmal näher mit seiner Entstehungsgeschichte zu befassen.