Lieber Bernd,
nur zur Klar- und Richtigstellung: Ich habe nie behauptet, dass die Mehrzahl der Konvertiten „150prozentige“ Katholen sind. Und Pater Mennekes ist mit „seinen“ Konvertiten gerade kein Beispiel dafür – im Gegenteil führe ich ihn als Exempel dafür an, dass er (gerade auch über „seine eigenen“ Konvertiten) Konvertiten eher als NICHT 150prozentige sieht, vielmehr sind Letztere die Ausnahme. Auch der Herr Strozier zählt in diesem Zusammenhang insofern nicht, als er ja eine Untersuchung speziell zu den 150prozentigen gemacht hat – ohne damit zu behaupten, dass dies die Mehrzahl der Konvertiten ist. Die Untersuchung hat also keinen Allgemeingültigkeits-Anspruch.
Das mit den 150 Prozent meine ich übrigens etwas überspitzt-bildhaft (und auch auf keinen Fall verächtlich!). Ich meine damit Leute, die – so schrieb ich schon mal – mit dem KKK (dem Katechismus der Katholischen Kirche) unterm K (Kopfkissen) allnächtlich einschlafen, die nicht nur das Glaubensbekenntnis und die katholischen Dogmen teilen, sondern jede römische Verlautbarung und Enzyklika bis aufs letzte I-Tüpfelchen unterstreichen und verteidigen und jeden, der nicht so ist/denkt/glaubt wie sie, als „unkatholisch“ empfinden und am liebsten „raushaben“ möchten. Nach meiner Erfahrung findet sich so was (z. B. aus den in meinem Einleitungsposting genannten Gründen) relativ häufig bei Konvertiten (ich betone: nicht bei der Mehrzahl der Konvertiten!). Das atmet etwas von sektenhafter Strenge bis hin zum Fanatismus statt katholischer Weite. Und noch nicht einmal Ratzinger oder der Papst würden so denken/handeln und zum Beispiel einem Bischof Gaillot (der z. B. bestimmte römischerseits vertretene Morallehren nicht teilt und sich auch Frauen als Priesterinnen vorstellen kann) das Katholisch-Sein absprechen (auch wenn Gaillot wegen seiner Auffassungen vom "realen" Bistum Evreux ins „virtuelle“ Bistum Partenia „verschoben“ wurde ...
http://www.partenia.org/ger/index1.htm ).
Ich habe jedenfalls manchmal den Eindruck (wäre froh, wenn ich mich täuschen würde), dass sich in diesem Forum überproportional häufig überstrenge Konvertiten zu Wort melden (geh mal die Threads durch, du wirst sehr viele persönliche Statements zur eigenen Konversion, „Bekehrung“, „Erweckung“ etc. finden – wobei ich aber weder gegen Konversion was habe noch sage, dass es sich bei der Mehrzahl (auch nicht im Forum) um 150prozentige handelt, aber die sind andererseits hier nach meinem Empfinden häufiger als im normalen Katholenalltag). Und mir kommt es darauf an, mich für die „katholische Weite“ einzusetzen – ich weiß, ein unscharfer Begriff, aber ich denke, das, was ich gerade zu Papst-Bischof Gaillot gesagt habe, ist ein gutes Beispiel dafür.
Und sei dir sicher, du „Normal“-Konvertit
: Die Tatsache, dass du auf die Sonntagsmesse verzichtest, weil dir ein Gespräch mit Leuten über den Glauben wichtiger ist, würde bei den ganz Strenggläubigen die Haare komplett zu Berge stehen lassen – es gibt doch das Sonntagsgebot, und wer dagegen verstößt, ist ein Sünder.
Ich hoffe, du siehst, dass ich mich zumindest sehr bemühe, mich vorsichtig-differenziert hierzu zu äußern, vgl. auch mein letztes Posting incl. le Fort. Und ich möchte ja gerade einer Gruppenbildung, einem Lagerdenken entgegenwirken, indem ich Bedenken anmelde gegen das 150prozentige Abgeschottetsein und die Anti-Haltung, die Frontbildung und für katholische Weite und mehr Lockerkeit plädiere.
Ich meinerseits bin durchaus offen für deren Argumente (auch wenn ich manches im Endeffekt nicht teilen kann), und ich schrieb ja auch, dass gerade die strenggläubigen Konvertiten eine heilsame Anfrage an die „Normal-Katholen“ sein können.
Aber vielleicht ist dieses Forum ja auch insofern eine Chance (eine Chance gegen die Frontenbildung), als unterschiedliche Typen es schaffen, offen aufeinander zu hören, die Argumente des jeweils anderen zu überdenken und eventuell davon was anzunehmen – alles andere wären nur Scheingefechte, bei denen es darum ginge, die eigene Meinung radikal den anderen zwecks „Missionierung“ um die Ohren zu hauen (ohne jegliches Bedürfnis, die eigene Meinung in Frage zu stellen), also blöde Fronten und Starrkeit statt Miteinander und Nachdenklichkeit. Dabei sind Miteinander und Nachdenklichkeit doch sowohl für das menschliche und religiöse Wachsen als auch für den innerkirchlichen Umgang das einzig Richtige. Was übrigens nicht heißt, dass man seine Meinung nicht erst einmal klar sagen sollte – und was auch nicht heißt, dass man sie zwangsläufig revidieren muss, aber die Option sollte man sich offenlassen.
Uli
www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm