Ökumene

Allgemein Katholisches.
Pilgerer
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Re: Ökumene

Beitrag von Pilgerer »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Soweit ich sehe, war es eine Grundkritik der Reformatoren an der damaligen Kirche, dass diese sich mehr mit sich selbst beschäftige und mehr auf sich selbst ausrichte als auf den Herrn.
Welche Reformatoren? Kannst du dazu ein paar Textstellen anführen?
Pilgerer hat geschrieben:Hat diese Tendenz tatsächlich bestanden [...] ?
Nein. Die Kirche ist der mystische Leib des Herrn.
Eine Stelle aus dem Großen Katechismus zeigt Luthers Kritik an der damaligen Kirche: "wie unter dem Papsttum geschehen ist, da der Glaube ganz unter die Bank gesteckt, niemand Christum für einen Herrn erkannt hat noch den heiligen Geist für den, der da heilig macht; das ist, niemand hat geglaubt, dass Christus also unser Herr wäre, der uns ohne unser Werk und Verdienst solchen Schatz gewonnen hätte, und uns dem Vater angenehm gemacht."

Die Kritik geht hier offenbar dahin, dass damals nach Luthers Kenntnisstand viele Dinge geschahen, ohne dass die Menschen Jesus Christus direkt als Herrn der Kirche erkennen würden. Hat Luther vielleicht übersehen, dass es diese direkte Begegnung des Gläubigen mit Gott bereits in der Kirche (und inmitten der Gemeinschaft der Heiligen) gab? Ist es überhaupt denkbar, dass im späten Mittelalter viele Christen an der Eucharistiefeier teilnahmen, ohne Jesus Christus als Herrn (Gott) erkannt zu haben?

Meiner Meinung nach steht jeder Christ wie jede christliche Gemeinschaft in ständiger vielfacher Versuchung. Darum ist es wahrscheinlich, dass wie wir Einzelnen im Lauf unserer Biographie sündigen, auch Kollektive innerhalb der Einen Kirche sündigen. Zu den Versuchungen gehört die Verführung zum überhöhten Selbstbewusstsein, das mehr Stolz auf die eigenen Leistungen als auf Gott verrät. Es ist eine Verführung zur Unabhängigkeit von Gott. Doch selbst wenn Menschen oder Teile der Kirche dieser Versuchung erliegen, bleiben sie noch Teil der von Gott erwählten Kirche. Es kann jedoch zu einer Leb- und Kraftlosigkeit bei kirchlichen Gemeinschaften führen, wenn sie nicht mehr richtig Gott suchen.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

ad_hoc
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Re: Ökumene

Beitrag von ad_hoc »

[quote="P. Brown, "Die Entstehung des christlichen Europa", S. 222"]
Wie die später im 16. Jahrhundert von den Spaniern in der neuen Welt gegründeten Städte waren die neuen muslimischen Städte im Nahen Osten lebhafte, doch gegen ihre Umwelt abgeschlossene Zentren, wo bald die Kultur und Religion der Eroberer vorherrschte. Doch außerhalb dieser bemerkenswerten Versammlungsorte selbstsicherer Muslime lag der Islam leicht wie ein Nebel auf den Umrissen einer weithin christlich gebliebenen Landschaft. In Oberägypten und im nördlichen Irak wurde die Kontrolle weiterhin von lokalen christlichen Eliten ausgeübt. Sie verwalteten die Steuern und erhielten stolz die Kirchen und großen Klöster ihrer Region. Ein christlicher heiliger Mann in den Vorhügeln des Zagrosgebirges gewann Privilegien für sein Kloster, als er das Lieblingspferd des örtlichen muslimischen Emirs kurierte. Muslime konsultierten häufig chirstliche Einsiedler. […] Den Machtzentren näher, in Palästina und Jordanien, hatten die muslimischen Heere bei ihrem Vormarsch nach Norden hinter sich Dörfer zurückgelassen, wo noch im Jahre des Zusammenbruchs der römischen Herrschaft in Syrien neue Kirchen errichtet wurden. Dscherasch war eine Stadt, deren Bild noch immer von einem alten heidnischen Tempel beherrscht wurde. Nur eine kleine Moschee wurde dort erbaut neben fünfzehn gutbesuchten christlichen Kirchen. Die dortigen Hersteller von Terrakottalampen lösten das Problem der Entstehung noch einer weiteren Weltreligion, indem sie ihre Erzeugnisse einerseits mit einer griechischen Inschrift versahen, die versicherte, «das Licht der Christen ist die Auferstehung», andererseits mit einer arabischen, die sagte: «Im Namen Allahs, des gnädigen und barmherzigen».
[/quote]

Das wird auch anderweitig bestätigt. Die christliche Bevölkerung blieb wohl noch lange in der Mehrheit bzw. eine äußerst einflussreiche, große Minderheit.[/size][/quote]

Ein sehr interessantes Buch: Die Entstehung des christlichen Europa, von Peter Brown, Verlag C.H. Beck, München
Wer dieses Buch besitzt, sollte im Kapitel 11. Christen unter dem Islam, nach der von Thomas_de_Austria zitierten S. 222 unbedingt weiterlesen (mir ist es zuviel, so viel Text zu zitieren).
Interessant auch, wie gerade die von Rom enttäuschten Nestorianer die arabische Herrschaft begrüßten und von ihr profitierten.
Schade, dass diese Thema bereits kurz nach 700 n. Chr. endet.

Mehr gibt es bei Franco Cardini, Europa und der Islam, ebenfalls C.H. Beck Verlag, allerdings nur bis etwa ins 8. Jahrhundert und dann wieder vom 14. bis 18. Jahrhundert

Wichtig ist auch zu wissen, dass alle diese Christen unter islamischer Herrschaft zusehends unter Druck und Terror gerieten bis heute, sofern sie nicht mit Gewalt islamisiert worden sind.

Gruß, ad_hoc
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cantus planus
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Re: Ökumene

Beitrag von cantus planus »

Gerade auf Kreuz.net endeckt, ein Zitat des ehemaligen protestantischen Militärbischofs Hartmut Löwe. Der Originalbeitrag steht in "Die politische Meinung", Dezemberausgabe, unter dem Titel: "Ein ökumenisches Missverständnis. Ein Rückblick auf den Besuch Papst Benedikts XVI. in Erfurt."
Offenkundig ist, daß die deutsche evangelische Christenheit in nicht wenigen Fällen dogmatisch und ethisch frühere, mit der römisch-katholischen Kirche gemeinsame Überzeugungen hinter sich gelassen, den Anpassungen an die Geister der Zeit, Säkularisierungsschüben, nicht widerstanden hat. Wer aber Gemeinsames aufkündigt und gleichzeitig mehr Gemeinschaft einfordert, handelt widersprüchlich, um nicht zu sagen: heuchlerisch. Verglichen mit heute sind unsere Kirchen im sechzehnten (und bis ins neunzehnte) Jahrhundert trotz heftigen Streits in ihrem dogmatischen und ethischen Fundament sehr viel näher beieinander gewesen.
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Robert Ketelhohn
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Re: Ökumene

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Pilgerer hat geschrieben:Ist es überhaupt denkbar, dass im späten Mittelalter viele Christen an der Eucharistiefeier teilnahmen, ohne Jesus Christus als Herrn (Gott) erkannt zu haben?
Das ist nicht bloß denkbar, sondern das ist ganz gewiß so. Das war immer so und wird nie anders sein, bis die Auserwählten beim ewigen Hochzeitsmahl mit dem Herrn selber feiern.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

irenäus
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Re: Ökumene

Beitrag von irenäus »

cantus planus zitiert Bischof Löwe nach kreuz.net hat geschrieben:Offenkundig ist, daß die deutsche evangelische Christenheit in nicht wenigen Fällen dogmatisch und ethisch frühere, mit der römisch-katholischen Kirche gemeinsame Überzeugungen hinter sich gelassen, den Anpassungen an die Geister der Zeit, Säkularisierungsschüben, nicht widerstanden hat. Wer aber Gemeinsames aufkündigt und gleichzeitig mehr Gemeinschaft einfordert, handelt widersprüchlich, um nicht zu sagen: heuchlerisch. Verglichen mit heute sind unsere Kirchen im sechzehnten (und bis ins neunzehnte) Jahrhundert trotz heftigen Streits in ihrem dogmatischen und ethischen Fundament sehr viel näher beieinander gewesen.
[/quote]

Wobei da vielleicht weiter differenziert werden muss. Der Alltagsprotestant ist sich seines Bekenntnisses i.d.R. nicht mehr bewusst. Tatsächlich rennt er dem Zeitgeist nach und ist von der Säkularisierung überrannt. Nicht viel anders ergeht es dem Alltagsrömer. Da trifft man sich dann auf Augenhöhe im ökumenischen Wischiwaschi, Befreiungstheologie (oder was man dafür hält) und Kirche-von-unten. Da hätte man schonmal ein Spektrum, das sehr viel Gemeinsamkeiten hat. Ein Fundament ist aber nicht dahinter und somit sind solche Gruppierungen ganz nett, aber unwesentlich für die Ökumene.

Neben den -8-15 Gelegenheitschristen gibt es aber doch auch Eliten, die beim Thema Ökumene den Ton angeben. Da gibt es sicher solche, die die Gemeinsamkeiten kennen und betonen (http://www.knochedrhannover.de/) und es gibt jene, die gezielt spalten. Frau Käsmann und Konsorten sind schließlich nicht naiv. Sie ist promovierte Theologin und nicht auf den Kopf gefallen. Sie versucht gezielt die evangelischen Bekenntnisse zu überwinden und neue zeitgeistliche Maßstäbe zu setzen, die ihre Konfession offenbar von den Wurzeln entfernt.

Zeitgleich strebt sie angeblich nach Einheit. Das könne aber nur funktionieren, wenn Rom sich ebenfalls dem (deutschen) Zeitgeist beuge. Bischof Löwe spricht genau von diesem Typus.

Rom kann sich gelassen zeigen. Der Zeitgeist wird vergehen und somit haben auch die KäsmannInnen mit ihren Thesen ausgedient. Ewig werden wir nicht so dekadent bleiben können. Die evangelische Kirche wird meiner Meinung nach in ihrer jetzigen volkskirchlichen Form zugrunde gehen. Diejenigen, die übrig bleiben, werden sicherlich auch ökumenische Gesprächspartner sein.

Erst recht, wenn die Christenheit in Deutschland stärker diskriminiert wird und jene beider Konfessionen, die sich durch Bekenntnistreue unbeliebt machen, in der Not zusammenhalten müssen. Genau jene politisch Korrekten, von denen Bischof Löwe spricht, werden dann die Denunzianten an anderen Getauften sein. Das wird ein anderes geschwisterliches Band zwischen Gläubigen sein, als es in der aktuellen Dekadenz propagiert wird und es wird ein starkes Band sein.

Ich bin kein Prophet, aber das Szenario scheint mir realistisch. Und ich hab Euch auch heute schon superdolleökumenelieb ;)

Pilgerer
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Re: Ökumene

Beitrag von Pilgerer »

irenäus hat geschrieben:Sie versucht gezielt die evangelischen Bekenntnisse zu überwinden und neue zeitgeistliche Maßstäbe zu setzen, die ihre Konfession offenbar von den Wurzeln entfernt.
Das Problem ist, dass sie damit nicht nur versucht, die evangelischen Bekenntnisse zu überwinden, sondern ganz allgemein nach der Relativierung Jesu Christi strebt. In der Praxis gibt sehr viel "arianisches" Christentum, wo die Göttlichkeit Christi stört. Dabei ist doch nach Paulus das Bekenntnis, dass "Jesus der HERR ist", grundlegend für das Heil des Menschen. "Wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet." (Römer 10,9). Mir scheint es manchmal, als seien Benedikt XVI wie auch Johannes Paul II viel näher am Kernanliegen der Reformation dran als manche Protestanten. Langfristig kann der Weg der evangelischen Christen in Deutschland tatsächlich wieder in die Römisch-katholische Kirche zurück führen.
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Loddar
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Re: Ökumene

Beitrag von Loddar »

Liebe Freunde der Ökumene,

mein Beitrag vom 8. Nov 211 fand zuerst bei der Moderation kein Wohlgefallen und wurde für einen längeren Zeitraum gelöscht.
Er ist jetzt, zu meinem Erstaunen, wieder da. Er steht nun allerdings in der tiefen Vergangenheit.
Wohlgefallen oder Gnade? Wie bei Lukas 2,14 in diversen Übersetzungen bedarf es der Klärung.

Da ich mich in meinem Beitrag auch als Aktiver aus dem Forum verabschiedet hatte und mir der Buchtipp für die Leser sehr am Herzen lag, erlaube ich mir, meinen Beitrag durch einen Link in die Gegenwart zu stellen, denn ich gehe davon aus, dass nicht jeder, der Interesse daran findet, gelesen hat.

http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php? ... 61#p565561

Allen Aktiven und Passiven in diesem Forum wünsche ich alles Gute
und Gottes Segen für 212.

Loddar

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lutherbeck
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Re: Ökumene

Beitrag von lutherbeck »

"...im Vatikan hätten viele zur Kenntnis genommen, wie positiv der Papst in Erfurt über Luther gesprochen habe..."

aus:

http://www.oecumene.radiovaticana.org/t ... p?c=549694
"Ich bin nur ein einfacher demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn".

ad_hoc
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Re: Ökumene

Beitrag von ad_hoc »

...aus dem angegebenen Link:
....Schließlich habe Martin Luther „ja keine neue Kirche gründen wollen“. Ihm sei es vielmehr um eine „Erneuerung der Kirche“, nicht um einen „totalen Bruch“ gegangen. Heute, so der Kardinal, gehe es im Dialog der getrennten Kirchen um Heilung des Gedächtnisses.....
Luther wollte den Bruch, die Abschaffung des Papstamtes, des Lehramtes und eine vollkommen anders geartete Liturgie.
Nur so nebenbei.

Gruß, ad_hoc
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Pilgerer
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Re: Ökumene

Beitrag von Pilgerer »

Luther wollte vermutlich so etwas wie die "reine" Kirche schaffen, die aus seiner Sicht besser an die apostolische Zeit anknüpft als die ihm bekannte "papistische Kirche". Ein wichtiger Faktor jener Zeit ist vermutlich die Gewalt, die die sichtbare Kirche ausübte und durch die sie entfremdet erschien. Am Anfang war Luther in seinen 95 Thesen noch papstfreundlich. Nachdem er aber die persönliche Bedrohung durch den damaligen Papst erfahren hatte (Anklage als Ketzer etc.), änderte sich diese Einstellung.
Auszüge aus den 95 Thesen:
# Der Papst will und kann keine Strafen erlassen, außer solchen, die er auf Grund seiner eigenen Entscheidung oder der der kirchlichen Satzungen auferlegt hat.
# Der Papst kann eine Schuld nur dadurch erlassen, daß er sie als von Gott erlassen erklärt und bezeugt, natürlich kann er sie in den ihm vorbehaltenen Fällen erlassen; wollte man das geringachten, bliebe die Schuld ganz und gar bestehen.
# Gott erläßt überhaupt keinem die Schuld, ohne ihn zugleich demütig in allem dem Priester, seinem Stellvertreter, zu unterwerfen.
# Die kirchlichen Bestimmungen über die Buße sind nur für die Lebenden verbindlich, den Sterbenden darf demgemäß nichts auferlegt werden.
# Daher handelt der Heilige Geist, der durch den Papst wirkt, uns gegenüber gut, wenn er in seinen Erlassen immer den Fall des Todes und der höchsten Not ausnimmt.
# Doch dürfen der Erlaß und der Anteil (an den genannten Gütern), die der Papst vermittelt, keineswegs geringgeachtet werden, weil sie - wie ich schon sagte - die Erklärung der göttlichen Vergebung darstellen.
# Man soll die Christen lehren: Der Papst hat bei der Erteilung von Ablaß ein für ihn dargebrachtes Gebet nötiger und wünscht es deshalb auch mehr als zur Verfügung gestelltes Geld.
# Man soll die Christen lehren: Der Ablaß des Papstes ist nützlich, wenn man nicht sein Vertrauen darauf setzt, aber sehr schädlich, falls man darüber die Furcht Gottes fahrenläßt.
# Man soll die Christen lehren: Wenn der Papst die Erpressungsmethoden der Ablaßprediger wüßte, sähe er lieber die Peterskirche in Asche sinken, als daß sie mit Haut, Fleisch und Knochen seiner Schafe erbaut würde.
# Man soll die Christen lehren: Der Papst wäre, wie es seine Pflicht ist, bereit - wenn nötig -, die Peterskirche zu verkaufen, um von seinem Gelde einem großen Teil jener zu geben, denen gewisse Ablaßprediger das Geld aus der Tasche holen.
# Wieso sucht der Papst durch den Ablaß das Heil der Seelen mehr als das Geld; warum hebt er früher gewährte Briefe und Ablässe jetzt auf, die doch ebenso wirksam sind?
# Diese äußerst peinlichen Einwände der Laien nur mit Gewalt zu unterdrücken und nicht durch vernünftige Gegenargumente zu beseitigen heißt, die Kirche und den Papst dem Gelächter der Feinde auszusetzen und die Christenheit unglücklich zu machen.
Erst als die Kurie 1518 mit der Anklage als Ketzer reagierte wandelte sich Luthers Haltung. Für ihn wäre es besser gewesen, einen kompetenten, theologisch gebildeten Gesprächspartner zu bekommen, der seine Irrtümer mit Schrift und Tradition aufzeigt.
http://www.luther.de/leben/anschlag/
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Protasius
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Re: Ökumene

Beitrag von Protasius »

Pilgerer hat geschrieben:Luther wollte vermutlich so etwas wie die "reine" Kirche schaffen, die aus seiner Sicht besser an die apostolische Zeit anknüpft als die ihm bekannte "papistische Kirche". Ein wichtiger Faktor jener Zeit ist vermutlich die Gewalt, die die sichtbare Kirche ausübte und durch die sie entfremdet erschien. Am Anfang war Luther in seinen 95 Thesen noch papstfreundlich. Nachdem er aber die persönliche Bedrohung durch den damaligen Papst erfahren hatte (Anklage als Ketzer etc.), änderte sich diese Einstellung.
Auszüge aus den 95 Thesen:
# Der Papst will und kann keine Strafen erlassen, außer solchen, die er auf Grund seiner eigenen Entscheidung oder der der kirchlichen Satzungen auferlegt hat.
# Der Papst kann eine Schuld nur dadurch erlassen, daß er sie als von Gott erlassen erklärt und bezeugt, natürlich kann er sie in den ihm vorbehaltenen Fällen erlassen; wollte man das geringachten, bliebe die Schuld ganz und gar bestehen.
# Gott erläßt überhaupt keinem die Schuld, ohne ihn zugleich demütig in allem dem Priester, seinem Stellvertreter, zu unterwerfen.
# Die kirchlichen Bestimmungen über die Buße sind nur für die Lebenden verbindlich, den Sterbenden darf demgemäß nichts auferlegt werden.
# Daher handelt der Heilige Geist, der durch den Papst wirkt, uns gegenüber gut, wenn er in seinen Erlassen immer den Fall des Todes und der höchsten Not ausnimmt.
# Doch dürfen der Erlaß und der Anteil (an den genannten Gütern), die der Papst vermittelt, keineswegs geringgeachtet werden, weil sie - wie ich schon sagte - die Erklärung der göttlichen Vergebung darstellen.
# Man soll die Christen lehren: Der Papst hat bei der Erteilung von Ablaß ein für ihn dargebrachtes Gebet nötiger und wünscht es deshalb auch mehr als zur Verfügung gestelltes Geld.
# Man soll die Christen lehren: Der Ablaß des Papstes ist nützlich, wenn man nicht sein Vertrauen darauf setzt, aber sehr schädlich, falls man darüber die Furcht Gottes fahrenläßt.
# Man soll die Christen lehren: Wenn der Papst die Erpressungsmethoden der Ablaßprediger wüßte, sähe er lieber die Peterskirche in Asche sinken, als daß sie mit Haut, Fleisch und Knochen seiner Schafe erbaut würde.
# Man soll die Christen lehren: Der Papst wäre, wie es seine Pflicht ist, bereit - wenn nötig -, die Peterskirche zu verkaufen, um von seinem Gelde einem großen Teil jener zu geben, denen gewisse Ablaßprediger das Geld aus der Tasche holen.
# Wieso sucht der Papst durch den Ablaß das Heil der Seelen mehr als das Geld; warum hebt er früher gewährte Briefe und Ablässe jetzt auf, die doch ebenso wirksam sind?
# Diese äußerst peinlichen Einwände der Laien nur mit Gewalt zu unterdrücken und nicht durch vernünftige Gegenargumente zu beseitigen heißt, die Kirche und den Papst dem Gelächter der Feinde auszusetzen und die Christenheit unglücklich zu machen.
Erst als die Kurie 1518 mit der Anklage als Ketzer reagierte wandelte sich Luthers Haltung. Für ihn wäre es besser gewesen, einen kompetenten, theologisch gebildeten Gesprächspartner zu bekommen, der seine Irrtümer mit Schrift und Tradition aufzeigt.
http://www.luther.de/leben/anschlag/
Daß er bei solchen Thesen als Ketzer angeklagt wird, hätte er sich aber denken können. Die Ablässe um Geld waren aus niederen monetären Beweggründen Ziel von Mißbräuchen, was der Luther ja auch selbst an der abnehmenden Beichtfrequenz bemerkt hatte; aber das Ablaßwesen als solches zu verdammen ...
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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lifestylekatholik
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Re: Ökumene

Beitrag von lifestylekatholik »

»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

ad_hoc
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Re: Ökumene

Beitrag von ad_hoc »

Vor allem hatte Luther die Unterstützung eines großen Teils des deutschen Adels, welchem die Macht und noch mehr die Grundstücke und Immoblien, nicht zu vergessen die großen Ländereien der Kirche in Deutschland, ein Wald von Dornen in deren Augen waren.
Luther war von Anfang an gegen die katholische Kirche, auch wenn er, nur scheinbar, mal Abstriche von seinen Aussagen machte, was ihm späterhin nicht mehr einfiel.
Rein theoretisch würde mich interessieren, was Luther gemacht hätte, wären die deutschen Fürsten auf die Idee gekommen, iihn nicht mehr zu unterstützen und zu schützen. Andererseits wäre auch interessant, was die Fürsten unternommen hätten, wäre Luther auf den Gedanken gekommen, seine 'neuen' Lehren zu widerrufen.

Gruß, ad_hoc
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Pilgerer
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Re: Ökumene

Beitrag von Pilgerer »

ad_hoc hat geschrieben:Vor allem hatte Luther die Unterstützung eines großen Teils des deutschen Adels, welchem die Macht und noch mehr die Grundstücke und Immoblien, nicht zu vergessen die großen Ländereien der Kirche in Deutschland, ein Wald von Dornen in deren Augen waren.
Luther war von Anfang an gegen die katholische Kirche, auch wenn er, nur scheinbar, mal Abstriche von seinen Aussagen machte, was ihm späterhin nicht mehr einfiel.
Rein theoretisch würde mich interessieren, was Luther gemacht hätte, wären die deutschen Fürsten auf die Idee gekommen, iihn nicht mehr zu unterstützen und zu schützen. Andererseits wäre auch interessant, was die Fürsten unternommen hätten, wäre Luther auf den Gedanken gekommen, seine 'neuen' Lehren zu widerrufen.

Gruß, ad_hoc
Luther war tatsächlich für die betroffenen Kurfürsten ein nützliches Mittel, um die Opposition gegenüber dem Kaiser zu stärken, der nach einer Stärkung der Zentralgewalt im Reiche (wie in Frankreich) strebte. Trotzdem hat Luther dieses Spiel mitgespielt. Das Ergebnis ist, dass aus der Kirche eine allgemeine Religion (Christentum) geworden ist, die ähnlich dezentral wie das Judentum ist.
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ad_hoc
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Re: Ökumene

Beitrag von ad_hoc »

Reden wir deutsch:
Luther war, wie geschichtliche Quellen ausreichend belegen, ein Tölpel und Trampel (bitte hierzu die berühmten Tischgespräche lesen), der seine zweifellos vorhandenen Fähigkeiten nicht beherrschte, der aufgrund irgendeines Vorfalles, in den er wohl involviert war, die Strafe Gottes befürchtete (siehe Gewitter als angebliche Ursache seines unmittelbaren Eintritt ins Kloster), der nach Anerkennung strebte und diese erst fand, nachdem er von den Fürsten hofiert bzw. zu deren Zwecken eingespannt wurde. Er besaß einen höchst unsicheren Charakter, dazu noch mehr persönliche Zweifel als persönliche Sicherheit und es war auch aus seiner Sicht sicher ein ungeheures Wagnis für ihn, im Jahr 1917 seine Thesen bekannt zu machen. Deshalb befürchteten die Fürsten, denen Luther gerade recht kam, nicht ohne Grund, dass er nach ihrem Verständnis ‚wieder zu Kreuze kriechen‘ würde und nahmen ihn gewissermaßen in Schutzhaft. Erst dann, mit diesem Hintergrund nämlich, konnte er die ihm innewohnenden Ideen und Vorstellungen, die keineswegs seine eigenen waren sondern teils bereits seit Jahrzehnten, teils seit Jahrhunderten (bis zurück zu den ersten nachchristlichen Gnostikern) in gewissen Bevölkerungskreisen existierten, öffentlich machen.
Ich schicke dies vorweg um damit zu verdeutlichen, dass Luther keine Messe als Rückführung zu den vorgeblichen Vorstellungen des Urchristentums im Sinne hatte, sondern eine Messe, vollkommen gelöst von dem Verständnis der katholischen Kirche, eine Messe also, die von Gläubigen besucht wurde, die, durch Luther gerechtfertigt, keine Verantwortung für persönliches Fehlverhalten übernehmen mussten, da sie von Gott bereits erlöst worden waren; sie mussten nur den Glauben an Gott besitzen, auch wenn sie gegen die göttlichen Gebote verstießen, denn da die Menschen keinen wirklich freien Willen besaßen, konnte ihnen auch keine Verantwortung für ihre Sünden auferlegt werden. Ein besonderes Priesteramt nach Luther gab es nicht, da jeder Mensch selbst Priester war.
Eine solche Kirche kann selbstverständlich nur dezentral angelegt sein, da jeder Mensch sich die Bibel selbst auslegen konnte, um dann nach seinem Verständnis zu leben. Natürlich hatte Luther anfangs noch wesentliche Teile der katholischen Hl. Messe für sein Machwerk einer Messe beibehalten. Aber es lag in der Natur des lutherschen Glaubensverständnisses, dass sich die anfängliche Pseudo-Ordnung in zahlreiche Abspaltungen mit jeweils eigenen Verständnissen aufspaltete; sogar schon zu Lebzeiten Luthers.
Luther kam genau denjenigen Menschen entgegen, die den einfachsten Weg suchen, das Risiko in Kauf nehmend, dass dieser Weg in die Irre führt. Die Bequemlichkeit des Menschen, die mangelnde Bereitschaft für sich selbst und auch für andere Menschen Verantwortung zu übernehmen, auch die mangelnde Bereitschaft Gehorsam zu zeigen, führte Luther und die von ihm Verführten in den größten anzunehmenden Glaubens-Gau.
Um Luther und seine Wein- oder Schnapsideen zu verstehen, muss man sich nicht nur mit der Geschichte, sondern auch mit den Entwicklungen der ersten christlichen Gnostiken beschäftigt haben.
Aber wem will man solches Nicht-Wissen vorwerfen, wenn selbst einige Bischöfe und sogar Kardinäle sich von solchem Wissen unbeeindruckt zeigen oder nichts davon wissen wollen und deshalb ihrerseits die ihnen anvertrauten Gläubigen ebenfalls in die Irre führen. ‚Von nichts kommt nichts‘, sagte meine Oma immer und auch ‚Hochmut kommt vor dem Fall‘. Und so ist die Lage der katholischen Kirche derzeit so, wie sie ist.

Gruß, ad_hoc
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ChrisCross
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Re: Ökumene

Beitrag von ChrisCross »

Ich kann mich nur lsk anschließen und den Lexikonartikel empfehlen. Ein schönes Kontrastprogramm zum Kuschelkurs der Bischöfe und zudem gut investierte Zeit, wem etwas an wirklicher historischer Bildung liegt.
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1

ad_hoc
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Re: Ökumene

Beitrag von ad_hoc »

Der Thesenanschlag Luthers, der wohl so nie stattgefunden hat, wie man es in den Geschichtsbüchern zu Lesen vorgesetzt bekommt, war natürlich nicht 1917, sondern 1517 n. Chr.
(Danke für den freundlichen Hinweis zur Korrektur)

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Moser
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Re: Ökumene

Beitrag von Moser »

ChrisCross hat geschrieben:Ich kann mich nur lsk anschließen und den Lexikonartikel empfehlen. Ein schönes Kontrastprogramm zum Kuschelkurs der Bischöfe und zudem gut investierte Zeit, wem etwas an wirklicher historischer Bildung liegt.
Da muss ich mich selbst zitieren:
ich selber hat geschrieben: Dieses Lexikon ist über 100 Jahre alt. Das war eine andere Zeit, da war der Kulturkampf noch aktuell. Da nimmt es doch nicht wunder, dass man hier eher auf Abgrenzung bedacht ist. Von Ökumene konnte ja damals noch keine Rede sein.
Das ist nichts als pro-katholische und anti-protestantische Polemik. Wenn du das ernsthaft als "wirkliche historische Bildung" betrachtest, na dann gute Nacht.
Das ist wie wenn ich behaupten würde, Hitler sei ein klasse Kerl gewesen, nur weil es im Stürmer von 1939 so steht.

Würde ich ein evangelisches Lexikon aus derselben Zeit auftreiben, würde dort wahrscheinlich über gewisse Päpste hergezogen.

Leute, das soll uns in der heutigen Zeit weiterführen? Ich bitte Euch...

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lifestylekatholik
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Re: Ökumene

Beitrag von lifestylekatholik »

Moser, du hast jetzt nicht wirklich die Kirche unter Leo XIII. und Pius X. mit dem Nationalsozialismus in Deutschland verglichen oder? :kotz:

Deine ununterbrochenen Beleidigungen sind unerträglich.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Moser
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Re: Ökumene

Beitrag von Moser »

lifestylekatholik hat geschrieben:Moser, du hast jetzt nicht wirklich die Kirche unter Leo XIII. und Pius X. mit dem Nationalsozialismus in Deutschland verglichen oder? :kotz:

Deine ununterbrochenen Beleidigungen sind unerträglich.
Nein, das habe ich nicht und das wollte ich auch nicht, mein Beispiel sollte lediglich die Argumentationsweise, hier ein konfessionelles Lexikon von anno Tobak ins Feld zu führen, erläutern.

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Melody
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Re: Ökumene

Beitrag von Melody »

Die Lehre der Kirche ist ewig. Gott ändert Seine Meinung nicht. Insofern behält auch ein katholisches Lexikon, das 100 Jahre alt ist, seine Gültigkeit (von Kleinigkeiten abgesehen, aber die wesentlichen Aussagen, die den Glauben als solches betreffen, bleiben bestehen).

Das kann man nicht mit Politikern etc. vergleichen.
Ewa Kopacz: «Für mich ist Demokratie die Herrschaft der Mehrheit bei Achtung der Minderheitenrechte, aber nicht die Diktatur der Minderheit»

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Re: Ökumene

Beitrag von lifestylekatholik »

Moser hat geschrieben:Nein, das habe ich nicht und das wollte ich auch nicht
Du trampelst in der »Ökumene« rum wie ein Elephant [mit »f«, aber Autokorrektur im Kreuzgang] im Porzelanladen. Was sollte denn dein Nazivergleich deiner Meinung nach bewirken? Soll ich dir mal die Ausfälle deines Sektengründers unter die Nase reiben, was man mit den Juden alles anstellen sollte? Willst du wirklich wissen, auf wessen Schriften die Nationalsozialisten damals zurückgegriffen haben? Ich kann mir dein Verhalten hier wirklich nicht erklären. Aber wenn du wirklich meinst, die Katholiken seien damals alles Nazis gewesen – warum willst du dann mit denen überhaupt »Ökumene«?
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Florianklaus
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Re: Ökumene

Beitrag von Florianklaus »

Melody hat geschrieben:Die Lehre der Kirche ist ewig. Gott ändert Seine Meinung nicht. Insofern behält auch ein katholisches Lexikon, das 100 Jahre alt ist, seine Gültigkeit (von Kleinigkeiten abgesehen, aber die wesentlichen Aussagen, die den Glauben als solches betreffen, bleiben bestehen).

Das kann man nicht mit Politikern etc. vergleichen.

Inwiefern soll denn ein Lexikon "gültig" sein? Es handelt sich schließlich nicht um eine kirchliche Verlautbarung.

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Moser
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Re: Ökumene

Beitrag von Moser »

lifestylekatholik hat geschrieben: Aber wenn du wirklich meinst, die Katholiken seien damals alles Nazis gewesen – warum willst du dann mit denen überhaupt »Ökumene«?
Das meine ich keineswegs und das habe ich auch nie behauptet. Mein Beispiel sollte überhaupt keine inhaltliche Aussage haben, sondern, wie gesagt, lediglich die Tatsache aufzeigen, dass man eben auf historische Quellen nicht ohne deren Einordnung zurückgreifen kann.
lifestylekatholik hat geschrieben: Was sollte denn dein Nazivergleich deiner Meinung nach bewirken?
Ich habe keinen solchen getätigt, siehe oben.
lifestylekatholik hat geschrieben: Soll ich dir mal die Ausfälle deines Sektengründers unter die Nase reiben, was man mit den Juden alles anstellen sollte? Willst du wirklich wissen, auf wessen Schriften die Nationalsozialisten damals zurückgegriffen haben?
Das brauchst du nicht, das weiß ich durchaus selbst. Es ist doch völlig unbestritten, dass L. auch Ansichten vertrat, die abzulehnen sind. Er war doch kein Heiliger. Aber ihn, so wie dies hier geschieht, darauf zu reduzieren, wird ihm doch auch nicht gerecht. Zumal ja kein Anhänger Luthers heutzutage mehr dessen antisemitische Ansichten teilt.
Das wäre wie wenn ich sämtliche Päpste der Geschichte auf die unrühmlichen reduzieren würde und, wenn es um das Papsttum geht, immer nur darauf rumzureiten, was Johannes XII, Alexander VI., Julius II, Leo X. und wie sie alle hießen für üble Burschen waren, anstatt anzuerkennen, dass sich unter den Päpsten auch zahlreiche unbestritten bemerkenswerte Persönlichkeiten finden. Eben eine ausgewogene Sichtweise. Aber die sucht man in diesem Forum ja bekanntlich häufiger vergeblich...

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lifestylekatholik
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Re: Ökumene

Beitrag von lifestylekatholik »

Moser hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben: Was sollte denn dein Nazivergleich deiner Meinung nach bewirken?
Ich habe keinen solchen getätigt, siehe oben.
Du irrst. Ich darf dich zitieren:
Moser hat geschrieben:Das ist wie wenn ich behaupten würde, Hitler sei ein klasse Kerl gewesen, nur weil es im Stürmer von 1939 so steht.
Hierfür gilt:
Man kann eine Usenet-Diskussion als beendet bezeichnen, wenn einer der Teilnehmer Hitler und die Nazis herauskramt.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Moser
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Re: Ökumene

Beitrag von Moser »

@lifestyle:
Wie oft soll ich denn jetzt noch betonen dass es nicht um die Sache ging, sondern lediglich um die Art der "Beweisführung". Wie gesagt: Man kann historische Quellen nicht ohne Einordnung nach heutigem Kenntnisstand beurteilen. Nichts anderes wollte ich sagen.

Ich beende die Diskussion hiermit, ich habe schlichtweg keine Lust mehr.

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Robert Ketelhohn
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Re: Ökumene

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Moser hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:Ich kann mich nur lsk anschließen und den Lexikonartikel empfehlen. Ein schönes Kontrastprogramm zum Kuschelkurs der Bischöfe und zudem gut investierte Zeit, wem etwas an wirklicher historischer Bildung liegt.
Da muss ich mich selbst zitieren:
ich selber hat geschrieben:Dieses Lexikon ist über 100 Jahre alt. Das war eine andere Zeit, da war der Kulturkampf noch aktuell. Da nimmt es doch nicht wunder, dass man hier eher auf Abgrenzung bedacht ist. Von Ökumene konnte ja damals noch keine Rede sein.
Das ist nichts als pro-katholische und anti-protestantische Polemik. Wenn du das ernsthaft als "wirkliche historische Bildung" betrachtest, na dann gute Nacht.
Richtig ist, daß »Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon« generell natürlich einen heute nicht mehr aktuellen Forschungsstand widerspiegelt und insofern mit derselben prinzipiellen Vorsicht zu genießen ist wie alle Lexika vergangener Jahrhunderte. Ein solches Lexikon des 19. Jth.s freilich ist nicht bloß historische Quelle, sondern auch selbst vielfach noch gültige Informationsquelle, stammt es doch aus einer Zeit, die das Fundament der modernen wissenschaftlichen Methode gelegt hat. Um so mehr im Fall des hier referenzierten Artikels, dessen Autor, Ignaz Döllinger, einer der ausgewiesensten Kenner Luthers und der Reformation war und auch mit eigenen Monographien zum Thema hervorgetreten ist.

Freilich ist die Forschung seitdem fortgeschritten. Das gilt insbesondere für die Quelleneditionen. Auch wichtige quellenkriitsche Arbeiten wie vor allem diejenigen von Theobald Beer standen Döllinger noch nicht zur Verfügung, auch nicht beispielshalber Paul Hackers Luther-Interpretation. Unbeschadet dessen sind Döllingers Arbeiten zum Protestantismus nach wie vor ein wichtiges Grundlagenwerk und mit Gewinn zu lesen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Tritonus
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Re: Ökumene

Beitrag von Tritonus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: ... Ein solches Lexikon des 19. Jth.s freilich ist nicht bloß historische Quelle, sondern auch selbst vielfach noch gültige Informationsquelle, stammt es doch aus einer Zeit, die das Fundament der modernen wissenschaftlichen Methode gelegt hat. Um so mehr im Fall des hier referenzierten Artikels, dessen Autor, Ignaz Döllinger, einer der ausgewiesensten Kenner Luthers und der Reformation war und auch mit eigenen Monographien zum Thema hervorgetreten ist. ...
Döllinger wurde am 17.4.1871 exkommuniziert, weil er betonte, dass sich weder die Unfehlbarkeit noch die Universaljurisdiktion des Papstes biblisch und kirchengeschichtlich begründen lässt. Döllinger gilt seitdem als "geistiger Vater" der Altkatholischen Kirche und wurde in seinen späten Lebensjahren zu einem Vorreiter der Ökumene (allerdings war es nicht gerade die Sorte von "Ökumene", die heute allgemein so genannt wird).

Ich zitiere mal aus http://www.alt-katholisch.de/informatio ... inger.html :
Im Auftrag der alt-katholischen Unionskommission, die ihn 1872 zu ihrem Vorsitzenden wählt, leitete er in den Räumen der Bonner Universität 1874 und 1875 die »Bonner Unionskonferenzen«, bei denen er orthodoxe, anglikanische, evangelische und alt-katholische Theologen an einen Tisch brachte. Die ökumenische Arbeit wurde damit unter dem mittelalterlich-augustinischen Satz »Einheit im Notwendigen, in Zweifelsfragen Freiheit, über allem die Liebe« zu einem wichtigen Programmpunkt für die ganze spätere alt-katholische Bewegung.

Pilgerer
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Re: Ökumene

Beitrag von Pilgerer »

ad_hoc hat geschrieben:Luther war, wie geschichtliche Quellen ausreichend belegen, ein Tölpel und Trampel (bitte hierzu die berühmten Tischgespräche lesen), der seine zweifellos vorhandenen Fähigkeiten nicht beherrschte, der aufgrund irgendeines Vorfalles, in den er wohl involviert war, die Strafe Gottes befürchtete (siehe Gewitter als angebliche Ursache seines unmittelbaren Eintritt ins Kloster), der nach Anerkennung strebte und diese erst fand, nachdem er von den Fürsten hofiert bzw. zu deren Zwecken eingespannt wurde. Er besaß einen höchst unsicheren Charakter, dazu noch mehr persönliche Zweifel als persönliche Sicherheit und es war auch aus seiner Sicht sicher ein ungeheures Wagnis für ihn, im Jahr 1917 seine Thesen bekannt zu machen. Deshalb befürchteten die Fürsten, denen Luther gerade recht kam, nicht ohne Grund, dass er nach ihrem Verständnis ‚wieder zu Kreuze kriechen‘ würde und nahmen ihn gewissermaßen in Schutzhaft. Erst dann, mit diesem Hintergrund nämlich, konnte er die ihm innewohnenden Ideen und Vorstellungen, die keineswegs seine eigenen waren sondern teils bereits seit Jahrzehnten, teils seit Jahrhunderten (bis zurück zu den ersten nachchristlichen Gnostikern) in gewissen Bevölkerungskreisen existierten, öffentlich machen.
Es stimmt, dass er ein sehr grober Charakter war, u.a. auch im Vergleich zu Melanchton. Doch nach meinem Eindruck spiegeln die Texte Luthers vielfach eine große Frömmigkeit. Sein Hauptfehler war es, zu leichtfertig zu Schlussfolgerungen zu kommen. Das betrifft seine Urteile über den Papst, aber auch die Folgerungen aus der Heiligen Schrift. Die Bibel zu lesen erfordert eine innerliche Ruhe, im Gehorsam gegenüber Gott zu bleiben. Das Papsttum als solches kann auch die größten Sünden seiner Inhaber überstehen. Der Papst behält bis zur Wiederkehr Christi seine gottgegebene Bestimmung, wie auch immer die Bestimmung sein mag. Eine Abtrennung von Christen vom päpstlichen Wirkkreis ist gegen die ursprüngliche Bestimmung der Kirche. Dennoch ist sie mit der Reformation Realität geworden (und setzt sich heute bei radikal-liberalen und radikal-konservativen Katholiken fort). Welchen Sinn hat die Reformation? Warum ließ Gott die Kirchenspaltung zu?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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ad-fontes
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Re: Ökumene

Beitrag von ad-fontes »

Der letzte Satz deines Zitats ist reininterpretiert. Das findet sich in den Akten der Unionskonferenzen nirgendwo. Und schon gar nicht, daß er von Augustin stammt oder aus dem 'Mittelalter'. Nur so zur Klarstellung.

Moderne alt-katholische Veröffentlichungen sind ebenfalls mit Vorsicht zu genießen.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

Pilgerer
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Re: Ökumene

Beitrag von Pilgerer »

Auf diesen Punkt bin ich garnicht eingegangen. Dennoch habe ich, als ich zum ersten Mal Luthers Theologie verstanden habe, eine gewisse Armut im Vergleich zu meiner Wahrnehmung der Bibel wahrgenommen. Es ist tatsächlich nicht ganz unwahrscheinlich, dass Luther auf vorher existierende Auslegungstraditionen in irgendeiner Weise zurück griff. Die Bibel ist als Ganze jedoch viel breiter aufgestellt, so wie die Kirche viel größer und umfassender ist, als ein paar "Solos" es vermitteln können. Allein wenn wir das Gleichnis vom Samenkorn nehmen, das Jesus auf sich in Johannes 12 bezieht, kommen wir dahin, dass die Eine Kirche aus diesem Einen Samenkorn wächst und damit die heutige Kirche eine Verbindung zu jenem Einen Samenkorn haben muss (d.h. eine Gemeinschaft mit allen vorherigen Christen, die Teil des Leibes Christi waren). Darum braucht jede Gemeinschaft von Christen (auch protestantische) unbedingt die Anbindung an die früheren Christen. Ohne diese Verbindung wird eine Gemeinschaft zum orientierungslosen und vaterlosen Christentum.
Ein weiterer Punkt, der in der Reformation etwas untergegangen ist, ist die Versöhnung im Unterschied zur Sühne. Dass Jesus "für" die Schuld der Menschen gebüßst hat, ist mit einem Blick in die Bibel nur ein kleiner Aspekt der ganzen Passionsgeschichte. Eine zu starke Fixierung auf die Kreuz-und-Schuld-Thematik wird dem Evangelium nicht gerecht. Es geht Gott auch darum, eine Hütte bei den Menschen zu bauen, d.h. durch Jesus Christus mitten unter uns zu sein, wie Er bei Adam und Eva war. Der Schritt des Menschen zurück ins Paradies kann schon jetzt geschehen, wenn die Gemeinschaft mit Gott wieder hergestellt wird, die in der Gemeinschaft mit Jesus Christus absolut möglich ist. Das ist ja gerade der Hauptunterschied der christlichen Botschaft zu allen anderen Religionen. Jesus Christus ist das Gericht, und wer das Licht in Ihm wahrnimmt, der kann zu Ihm kommen und sich vom wahren Leben, vom wahren Licht etc. erfüllen lassen, bis die Lüge der Sünde, der Welt und des Satans immer mehr verdrängt sind.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Tritonus
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Re: Ökumene

Beitrag von Tritonus »

ad-fontes hat geschrieben: ... Moderne alt-katholische Veröffentlichungen sind ebenfalls mit Vorsicht zu genießen.
Hallo ad-fontes, :prost: das ist mir sonnenklar (wie Du an anderer Stelle sicherlich schon bemerkt hast). :breitgrins:

Meine Absicht war es auch nur, zu zeigen, dass auch ein herausragender Gelehrter seiner Zeit wie Döllinger eben eine innere Entwicklung/Reifung/Krisen durchmacht und in verschiedenen Phasen seines Lebens zu unterschiedlichen Schlüssen kommen kann, was z.B. dazu führt, dass seine Schriften später von völlig gegensätzlichen Interessengruppen für ihre Zwecke "eingespannt" und in ihrem Sinne als Zeugen verwendet werden können.

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