Robert Ketelhohn hat geschrieben:Fragesteller hat geschrieben:Robert Ketelhohn hat geschrieben: Übel sind die äußeren Umstände, die Vergewaltigung oder das Zusammenbringen von Ei und Samen in vitro. Das darf und soll man zu Recht bekämpfen, das verhüte man, wo nur möglich.
Aber was Du im Falle der in-vitro-Befruchtung zu verhindern suchst, ist nicht das Hantieren mit einer Petrischale - daran wäre ja nichts verwerflich - sondern das Eintreten einer Empfängnis in einer solchen. Es sind hier also eben nicht die äußeren Umstände, die schlecht sind, sondern die Tatsache, dass sie eben "Umstände" eines bestimmten (in sich guten) Geschehens sind. Daher gilt es dieses Geschehen zu verhindern, so lange es nicht zu spät ist.
(Im Falle einer Vergewaltigung sind die Umstände natürlich schon schlecht. Das Übel wird aber durch das Eintreten einer Empfängnis durchaus noch vermehrt)
Ich freue mich, daß du mitdenkst. Wenn ich mein Argument überdenke, komme ich aber zum selben Ergebnis. Im einem Fall ist das Übel die Vergewaltigung, also die Nötigung zum außerehelichen Beischlaf – nicht die Empfängnis, das kann nicht sein, sonst wäre Gott der Urheber des Übels –, im anderen auch nicht der Vorgang der Befruchtung der Eizelle, sondern der Umstand, daß man diesen Vorgang künstlich ins Reagenzglas verlagert hat (und die befruchtete Eizelle anschließend noch ebenso künstlich dem Uterus implantieren muß und überdies „überzählige Embryonen „entsorgt“ oder auf Vorrat einfriert).
bogolismus hat geschrieben: Wenn ich jetzt mal die harten Gegenposition von Robert oder ChrisCross weiterspinne, wie steht es um die Wertung folgender Handlungen:
1. Das Vergewaltigungsopfer stößt den Vergewaltiger kurz vor dessen Ejakulation von sich: ist das als coitus interruptus eine zu verurteilende Verhütungshandlung? Wenn nein, warum nicht?
2. In einem Labor steht eine Petrischale mit Eizellen. Darüber eine Pipette mit Samenzellen, von der ein Schlächlein in die Petrischale führt. Jemand drückt nun das Entleeren-Ventil des Peleusballs. Ist das Wegziehen der Petrischale eine zu verurteilende Verhütungshandlung? Wenn nein, warum nicht?
Das Problem scheint an folgendem Punkt zu bestehen. Im Falle des Reagenzglas* besteht das Übel ja darin, dass jemand zusammenbringt, was nicht zusammengehört: Schlecht ist nicht das Reagenzglas, schlecht sind nicht die menschlichen Keimzellen, schlecht ist es, letztere in ersteres zu füllen und dort eine Befruchtung herbeiführen zu wollen, schlecht ist die Handlung, die beides verknüpft. Soweit sind sich alle einig. Nur: Warum impliziert die Schlechtigkeit der Handlung nicht die Schlechtigkeit des Ergebnisses, die Schlechtigkeit nicht des Reagenzglases, erst recht nicht des Kindes, sondern der Gesamtkonstellation "Kind im Reagenzglas"? So ist es doch wohl bei allen Übeln, denen wir ausgesetzt sind, denn außer Gott kann ja niemand etwas schaffen; ein Löwe ist Gottes Geschöpf, ein Mensch ist Gottes Geschöpf; die Gesamtkonstellation "menschenfressender Löwe" ist mit Sicherheit schlecht und sollte wann und wie immer möglich verhindert werden.
Warum verhält es sich bei der Zeugung eines Kindes in einer solchen verkehrten Konstellation anders?**
Robert Ketelhohn hat geschrieben: Die Empfängnis aber selbst ist kein Übel, auch übrigens kein bloßer biochemischer Vorgang – das von dir zu hören überrascht mich denn doch –, sondern Schöpfungsakt Gottes. Darum auch nicht etwa neutral – neutral können bloß menschliche Handlungen sein, und die Empfängnis ist keine menschliche Handlung –, sondern ein absolutes Gut. (Herv. von mir)
Wenn ein hungriger Löwe einem Menschen begegnet, so ist dies das Zusammentreffen zweier Geschöpfe in einer gefallenen Welt, kein eigener Schöpfungsakt. Hier liegt offenbar der zentrale Unterschied zur Empfängnis, die Schöpfungsakt ist.
Ich weiß aber nicht, ob dieser Unterschied hier relevant ist. Die Empfängnis ist nämlich zugleich auch - und zwar von Anfang bis Ende - ein innerweltliches Geschehen. Das mechanische Zusammenbringen der Keimzellen (das man, ebenso wie die Vergewaltigung, doch wohl verhindern darf) und ihr unwillkürliches, biochemisch (!) gesteuertes "Zusammengeraten" bewegen sich beide auf der Ebene des Geschöpflichen. Kann man den Schöpfungsakt in der Zeit verorten, dass er etwa mit dem Aufhören intentionalen menschlichen Handelns beginne und mit der Empfängnis ende? Ich denke doch: nein.
Daher vermute ich nicht, dass es einen Unterschied macht, ob man Zusammenbringen der Keimzellen verhindert oder diese nachträglich etwa durch Erhitzen unfruchtbar macht**, und ob die Frau den Vergewaltiger wegstößt oder hernach chemisch verhütet.
* behalten wir doch dieses vereinfachende Beispiel bei; es enthält die gleiche Konstellation "Empfängnis unter Umständen, die von Übel sind", ohne dass man die eigenen Schwierigkeiten der Vergewaltigung berücksichtigen muss.
** Es geht, wohlgemerkt, um alles, was vor der Befruchtung stattfindet; hinterher wird das Tötungsverbot relevant, das ist ja klar.
***Zwar handelt es sich bei ersterem um intentionales menschliches Handeln, bei dem zweiten um einen (doch!) biochemischen Prozess, aber ist das hier relevant? Zumal ja das Handeln des Verhinderers bewertet werden soll, und da dieser (nach bogolismus' Variante) ja nicht mit dem Täter kooperiert, sind für ihn beides Prozesse, die ohne seine Beteiligung ablaufen und mit rein mechanischen oder chemischen Mitteln zu verhindern sind, ohne dass dabei relevant ist, ob hinter dem jeweiligen Prozess ein Wille steht oder nicht.