Gamaliel hat geschrieben:Maurus hat geschrieben:Ja, die Frage ist halt, wie die kirchliche Autorität dieses Recht eigentlich begründen kann. Denn die Trennung hat Jesus ja eigentlich verboten, nicht wahr?
Den Einwand verstehe ich nicht? Wo hat Christus, was verboten?
Die biblische Begründung für die Unauflöslichkeit der Ehe sind bekanntlich Mt 5,27-32 und Mk 10,2-13. In Mk 10,9 heißt es aber darüberhinaus: Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch
nicht trennen. Die Stelle wird in der Kirche offensichtlich nicht so verstanden, als das damit eine Trennung von Tisch und Bett ebenfalls ausgeschlossen sei, der Wortlaut aber gäbe eine solche Interpretation offensichtlich her. Im kanonischen Trennungsverfahren wird dem Paar von der kirchlichen Autorität erlaubt, getrennt zu leben.
Gamaliel hat geschrieben:Im übrigen erinnere ich in diesem Zusammenhang an das Konzil von Trient:
Sess. 24, can. 8 hat geschrieben:Wenn jemand sagt, die Kirche irre, da sie beschließt, dass wegen vielen Ursachen zwischen den Ehegatten eine Scheidung in Bezug auf das Ehebett oder auf die Zusammenwohnung, auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geschehen könne, der sei im Bann.
Ja, schön (wobei interessant wäre zu erfahren, wie dies genau begründet wurde). Es geht mir aber nicht darum, hier eine (möglicherweise heterodoxe) neue Ehelehre darzulegen. Für meine Begriffe sind Synodenbeschlüsse wie der von Arles, aber auch viele andere Entwicklungen – also beispielsweise Erlaubnis der Wiederheirat aufgrund des Privilegium Paulinum, Möglichkeit der Auflösung nicht vollzogener Ehen (das wurde mW erstmals unter Martin V. praktiziert, also im 15. Jh.), im 16. Jh. dann auch Auflösung von Ehen zwischen Ungetauften, im 20. Jh. auch Auflösung von Ehen zwischen einem ungetauften und einem katholischen Partner – letztlich ein Kennzeichen dafür, dass die Kirche sich hier aus pastoralen Gründen von einer Position zurückgezogen hat, die se nicht nur vom biblischen Fundament ausgehend sehr gut hätte begründen können, sondern die sie in der Geschichte auch durchaus vertreten hat, bis sie dann irgendwann davon abkam. Heute sind nur noch sakramentale Ehen unauflöslich, die Rede von der "Unauflöslichkeit der Ehe" damit eigentlich schon kanonisch unpräzise, denn Ehen können, falls sie nicht sakramental sind, ohne weiteres aufgelöst werden.
Immerhin mag man einwenden, dass die sakramentale Ehe ja das entscheidende ist und auch die Art von Verbindung, die Christus vor der Naturehe nun mit Sicherheit favorisiert hat. Ihr kommt also ein anderer Status zu. Nur hat die Kirche an dieser Stelle dann aber aus rechtlichen, aber eben auch aus pastoralen Gründen das Ehenichtigkeitsverfahren etabliert. Rechtlich ist das Verfahren überaus vernünftig, denn wie bei anderen Verträgen auch gibt es offensichtlich Fälle, in denen aufgrund irgendeines Mangels (Urteilsvermögen etc.) die Eheschließung nicht als gültig bezeichnet werden kann. Nur: Ehenichtigkeit heißt ja immer, dass die Ehe zu keinem Zeitpunkt bestanden hat. Das Urteil hat nur deklaratorische Bedeutung, die sakramentale Ehe könnte ja weder ex nunc noch ex tunc aufgelöst werden. Das heißt: Alle Ehen, bei denen ein Ehenichtigkeitsverfahren zum Erfolg führen würde, sind ungültig, und zwar ganz egal, ob die Ehepartner dieses Verfahren in Betracht ziehen, oder viele Jahre zusammenleben. Wer sicher gehen will, wirklich verheiratet zu sein, der müsste im Prinzip ab und an mal sicherheitshalber den Ehekonsens erneuern.
Nun kann man das alles dennoch für vertretbar oder nicht anders praktikabel halten, aber dass man angesichts dieses Befunds nicht auch mal ein paar Anfragen stellen können darf, das erscheint mir dann doch etwas abwegig.
Gamaliel hat geschrieben:Maurus hat geschrieben:Eine Umfrage, wer dieses kanonische Trennungsverfahren überhaupt kennt, dürfte zumindest hierzulande abseits theologische Fakultäten recht eindeutige Ergebnisse liefern...
... und somit meine oben geäußerte Kritik bestätigen.
Allenfalls teilweise, denn du hast es dir ja nicht verkneifen können, auch mit der Gewissenlosigkeit der Betroffenen zu argumentieren.
Gamaliel hat geschrieben:Mir ging's nicht um Vollständigkeit, sondern um Zurechtrückung des falschen Eindrucks, den Deine ungenaue Zusammenfassung geeignet war hervorzurufen.
Und daß auf der Lokalsynode von Arles ein "Ausnahmetatbestand" geschaffen wurde, müßtest Du erst nachweisen, bevor er sich lohnt näher auf mögliche Argumente einzugehen.
Wenn die Ehe als unauflöslich gilt, wovon ich angesichts der Praxis und Lehre der Kirche ausgehe, dann ist Kanon 10 offensichtlich ein Ausnahmetatbestand, denn dort wird von dieser Praxis abgewichen, indem eine Mehrfachehe zugelassen wird. Ich weiß nicht, wo da das Verständnisproblem liegt.