Hallo,
dasselbe in ähnlicher oder abgeschwächter Version ist auch anderswo geschehen und geschieht noch. Ich habe bereits in anderen Foren ein diesbezügliches Posting vor allem in Bezug auf meine eigene Diözese verfasst. Aber weil hier direkt Dinge geschildert werden, die auch hier in meinem Bistum "passieren", stell' ich es nochmal auch hier hinein.
Liebe Forumsmitglieder,
die Ereignisse, die sich im Zusammenhang mit dem Bistum Linz in letzter Zeit hier und anderswo in den Medien niederschlugen, erinnerten mich daran, daß auch in anderen Bistümern in Österreich und Deutschland und in der Schweiz sich solcherlei Entwicklungen abzeichnen. Unter anderem fiel mir natürlich auch mein Heimatbistum (Erzbistum Freiburg) dazu ein, wo die angesprochene Entwicklung zwar nicht so drastisch im Licht der Öffentlichkeit steht, aber dennoch stattfindet. Ich meine damit sowohl die Tendenz, recht willkürlich und ohne Absicherung vom „forum externum“ (d.h. Beratung und Befragung der anderen Ortskirchen-also Bistümern-den Gläubigen und dem Klerus, geschweige denn mit Rom und der Weltkirche) nicht nur neue liturgische Elemente einzuführen, sondern insgesamt die Liturgie verändern zu wollen, als auch die Tendenz insgesamt, bez. der Hl. Messe einen Hang zur Oberflächlichkeit zuzulassen oder aktiv zu unterstützen. Wesentlich tiefgreifender und nach aller Wahrscheinlichkeit ursächlicher dafür ist die Situation an den theologischen Fakultäten, auch an meiner eigenen. Tragischerweise teilen sich sowohl der Religionsunterricht an den Schulen als auch die Forschung und Lehre an den theologischen Fakultäten das Phänomen, daß nicht mehr die Information über den eigenen Glauben als Basis für den Meinungs- und Informationsbildungsprozeß fungiert, sondern meist von Anfang an die bestehende Struktur vom depositum fidei, samt Ekklesiologie, Liturgie etc. in Frage gestellt wird, bevor das eigentliche Wissen hierüber überhaupt vorhanden sein kann. Dieses Vorgehen kann keinen fruchtbaren und wahren Erkenntnisprozeß bei den Studenten der Theologie darstellen, da in der Folge oftmals die Basis für die eigentlichen spekulativen und systematischen Diskussionen und Erörterungen im Hauptstudium (wo sie hingehören) fehlt. Auch in Bezug auf das Lehrpersonal herrscht an den Fakultäten (zumindest von denjenigen, die ich kenne) ein qualitativer Mangel. Didaktisch, mitunter auch fachlich können viele Dozenten oder auch Assistenten als zweite, wenn nicht gar dritte Wahl bezeichnet werden. Eine effektive Evaluation findet praktisch nicht statt, da bei der Ernennung von Dozenten vor allem der zuständige Bischof sein ihm obliegendes Hirtenamt (z.B. in Form der jedem Dozenten zu erteilenden oder abzulehnenden – bzw. der zu entziehenden - venia legendi) entweder nicht gründlich genug wahrnimmt, oder ganz bewußt sich der Verantwortung entzieht, was sich gegenseitig jedoch nicht unbedingt ausschliesst. Mehr als nur einmal ist es somit vorgekommen, daß die Professorenschaft samt Fakultätsrat eine Empfehlung bzw. ein „placet“ gegenüber einem Kandidaten ausgesprochen hat, welcher bei seinen bisherigen Versuchen auf die Erlangung einer Berufung und Einsetzung auf Lehrstühle entweder vom jeweiligen Ortsbischof eben jene venia legendi nicht erhielt (dies z.T. in mehreren Fällen u. Bistümern), oder auch vom Kollegium nicht akzeptiert wurde. Bei diesen Fällen erfolgte denn auch kein veto von Seiten des Bischofs, so daß die betreffenden Dozenten ordiniert bzw. übernommen wurden. Der Qualität sowohl der Forschung als auch der Lehre wurde mit diesem Verhalten keinen Dienst erwiesen.
Es scheint so, als ob oftmals der Bischof zu viel Angst vor zuviel Courage habe. Ich bilde mir ein, daß es besonders in einigen Bistümern ein Abgrenzungsverhalten gegenüber einigen Verbänden, Vereinen etc. gibt, welches vor allem den offenbar gefürchteten Medien keine allzugroße Nähe mit diesen suggerieren soll. Dieses Verhalten tritt umso häufiger auf, je größer die öffentlichen (oder veröffentlichten) Aversionen gegen bestimmte Verbände sind. Ganz besonders trifft dies meinem Verband, dem auch ich als (noch) Student angehöre, dem W.k.St.V. Unitas, einer katholischen Studentenverbindung mit Vereinen in den meisten deutschen Universitätsstädten. Waren noch frühere Erzbischöfe von Freiburg Mitglieder dieser Verbindung (so z.B. Schäufele), so wurde in der Folgezeit (m.E. unter Bischof Oskar Saier; aber ich bin mir ziemlich sicher, daß das in Freiburg mächtige Domkapitel und vor allem der Regens des Seminars die Strippen zogen) ein halboffizielles Verbot des Eintritts in katholische Verbindungen für die Seminaristen des CB (Collegium Borromaeum) verfügt, seither kam auch keiner mehr dazu. Wie sehr solche Verbände die Arbeit der Bischöfe eigentlich unterstützen, kann man aus der Homepage unseres Verbandes ersehen.
http://www.unitas.org/
Es scheint, daß man aufgrund der Wirkmächtigkeit der Vorurteile gegenüber Seinesgleichen den Mut verliert, zu diesen selbstbewußt zu stehen. Ich stelle mir nur die Frage, inwieweit z.B. solcherlei Konzessionen an den Zeitgeist vor allem vom hiesigen Klerus (ich nenne sie „Zeitgeistliche“) tatsächlich auch nur einen Menschen tatsächlich zum Glauben zurückführen. Bezüglich der Liturgie habe ich schon einige Male feststellen müssen, daß ohne Zwang und Not willkürlich die Wörter der Meßliturgie geändert werden, bis hin zur Abänderung der Einsetzungworte und der Formulare. Ganz besonders fällt dies während der Eucharistie auf. Daß Pastoralassistenten bei der Wandlung direkt am Altar zugegen waren, habe ich noch nicht erlebt, wohl aber, daß dieselben im Beisein des Priesters die Predigt hielten und diese auch lediglich als homiletischer Akt in der Messe verstanden werden konnte. Dies allerdings habe ich im Bistum Rottenburg-Stuttgart erlebt, wo noch wesentlich mehr im Argen zu liegen scheint. Anscheinend stellt mein Erlebnis keinen Einzelfall dar, denn ich habe gleich oder ähnlich lautende Berichte gehört. Wenn der Bischof des Bistums Rottenburg, Gebhard Fürst (der nachweislich von diesen Verstößen unterrichtet ist), in diesem Fall nicht eingegriffen hat, so hätte sein Amtsbruder und Vorgesetzter Erzbischof Zollitsch als Metropolit der Oberrheinischen Kirchenprovinz die Pflicht zur correctio fraterna von Amts wegen. Jedoch wurden entsprechende Meldungen diesbezüglich sowohl das Bistum Rottenburg als auch Freiburg betreffend vom zuständigen Erzbischof wütend abgewiesen (Zitat: „Das kann nicht sein, das gibt es hier nicht.“). Inzwischen gibt es Mitteilungen, nach denen diese Praxis auch anderswo halboffiziell gehandhabt wird.
http://www.kath.net/detail.php?id=9648
Eine ähnliche Situation herrscht in der Ausbildung sowohl der Pastoralassistenten als auch der Priester. Ich habe mich nach eigenem Erleben der Situation in der Ausbildung der Pastoralassistenten gegen diesen Beruf entschieden, da ich die Art und Weise als auch die Vehemenz der offensichtlich tendenziösen Indoktrination (Eutonie, Mandalas zeichnen etc., man kennt das ja) nur als abschreckend erlebt habe. Nebenbei fühlte ich mich keineswegs auch nur in irgendeiner Weise ernstgenommen; ich konnte mir als einen solcherart ausgebildeten Pastoralassistenten auch nicht die Kompetenz zusprechen, anderen Menschen bei ihren Problemen zu helfen.
An sich stehe ich zumindest dem pastoralen Konzept der Erzbistum Freiburg und den nun einzurichtenden Seelsorgeeinheiten in Freiburg-Stadt recht positiv gegenüber; hier dürfte sich vielleicht auszahlen, daß mit Robert Zollitsch ein Bischof gewählt wurde, der an Erfahrung im jetzt umzustrukturierenden Verwaltungsapparat als ehemaliger Personalreferent des Erzbistums reich ist. Die Stadt Freiburg selbst verfügt über ein ausgezeichnetes Spektrum an katholischen Kirchengemeinden, unter diesen befinden sich katholischen Kirchengemeinden, in denen die eher traditionelle Form der Hl. Messe gefeiert wird (vor allem was Umgebung, kirchliche Architektur etc. angeht), wie z.B. St. Martin (s. link),
http://www.st-martin-freiburg.de/
bis hin zum neuen Konzept eines von Protestanten und Katholiken gemeinsam genutzten neuen Gotteshauses (Gottesdienste und Messen werden auch räumlich getrennt gefeiert) in Freiburg-Rieselfeld (s. link).
http://www.rieselfeld.info/kirche/start.htm
Mir geht es nicht um Denunziation, sondern um die geistige Haltung, die bei diesen oben geschilderten Vorgängen oftmals bei den Betroffenen offenbar wird. Gegenüber anderen Meinungen, die nicht in den denkerischen und theologischen Mainstream passen (tragischerweise besonders dann, wenn sie plausibel und argumentativ untermauert werden), herrscht oftmals blanke Intoleranz. Es geht – im Mindesten – um eine Gleichberechtigung der Bedürfnisse aller Gläubigen, die – wie in der Pastorale und Seelsorge/Spiritualität oben anhand der Stadt Freiburg gezeigt – alle Spektren des Glaubenslebens und der Ausübung umfassen muß, sowohl in der Ausbildung der Theologen als auch im religiösen Alltag der Katholiken. Die Kirche ist verantwortlich, dafür die entsprechende Infrastruktur zu schaffen. Nicht Intoleranz gegenüber dem vom Mainstream abweichenden Christen ist gefragt, sondern echte Pluralität im vollen Sinne des Wortes, Kirche nicht nur für eine (manchmal sehr kopflastige) Mindherheit. Im Gegensatz zur Stadt sieht es, was die Bedürfnisse der Gläubigen angeht (s.o.), auf dem Land oft anders aus. Ich kenne – ganz anders, als es die veröffentlichte Meinung darstellt – einige Fälle aus ländlichen Gemeinden, die es satt haben, sich von einem Pastoralreferenten oder Priester völlig willkürliche Eingriffe in ihren Glaubensalltag gefallen zu lassen. Ob die Kirchen dabei voll oder leer sind, ist hierbei überhaupt kein Indikator; es gibt noch genug Katholiken, die aus einem puren religiösen Pflichtbewußtsein (Sonntagspflicht) in die Kirche gehen. Ich sehe – das ist meine ganz private Meinung – die Entwicklung und Einführung des Pastoralreferenten oder Gemeindereferenten in den vor allem deutschsprachigen Ortskirchen als einen Fehlgriff, zumindest dort, wo dieser Funktion ein mißverständliches Selbstverständnis als „Ersatzpriester“ zugrunde liegt. Vielleicht gibt es gar nicht zu wenig Priester, vielleicht hat unsere Zeit und unsere Kirche genauso viele Priester wie sie sie braucht.
So ist es – aus meiner Sicht – in meinem Bistum. Wie ist es bei euch?
Gruß,
Yeti