Juergen hat geschrieben: ↑Donnerstag 19. Dezember 2019, 20:35
Glaubst Du wirklich, daß Antworten, egal welcher Art, irgendeinen Einfluß haben?
Das weiß ich nicht. Vielleicht nicht. Zumindest wurde meine Stimme gelesen, auch wenn sie in der Tonne landet.
Hier sind meine Antworten:
1. Macht und Gewaltenteilung in der Kirche
Frage 1: Welche konkreten Erfahrungen von Macht und Ohnmacht haben Sie in der Kirche gemacht und was muss Ihrer Meinung nach in der Kirche verändert werden, damit der Umgang mit Macht besser kontrolliert und Machtmissbrauch verhindert werden kann?
Antwort: Ich habe keine negativen Erfahrungen von Macht und Ohnmacht gemacht.
Jede menschliche Organisation hat natürlicherweise(!) Machtstrukturen.
Hierarchische Strukturen sind nicht nur genuin menschlich, sondern in vielen Lebensbereichen der Tierwelt verbreitet.
Das bedeutet nicht, daß es keinen Mißbrauch geben kann - doch läßt sich dieser nicht durch Kontrolle präventiv verhindern, sondern nur durch durch entsprechendes Vorbild im Leben.
Frage 2: Wie können mehr Menschen aktiv an den Aufgaben und Entscheidungen in der Kirche beteiligt werden?
Antwort: Voraussetzungen:
1. sie müssen Mitglied der Kirche sein
2. sie müssen sich mit den Hauptzielen der Kirche identifizieren (Mission/Verkündigung Jesu Christi als einziger Erlöser der Welt für alle, Liturgie als Anbetung Gottes durch Sein Volk und Dienst Gottes an uns und Diakonie/Caritas als gelebte Liebe Gottes durch uns)
3. sie müssen am Leben der Kirche aktiv teilnehmen, vor allem durch Besuch der Hl. Messe und aktivem privatem Gebetsleben, um die Beziehung zu Jesus zu pflegen. Dazu kommt der regelmäßige Empfang des Sakramentes der Versöhnung (macht keinen Spaß, mir auch nicht).
Mit diesen Sakramenten gestärkt bin ich überzeugt, daß jeder erfährt, welche seine/ihre Aufgabe ist - die muß nicht vom Klerus delegiert werden. Es gibt für Laien mannigfaltge Aufgaben, die komplett kleruslos bearbeitet werden können und sollen. Angefangen von spirituellen Aufgaben wie Gebetskreisen, Alphakursen, Bibelabenden etc. hin zu gesellschaftlich-sozialen wie Diskussionsabenden zu lokalen politischen Fragen aus katholischer Sicht, Familienhilfe, Schwangerenunterstützung, Nachhilfeangebote etc.
Die Welt wartet auf engagierte katholische Laien - es gibt nicht den geringsten Grund, daß wir uns um den Altar drängen oder liturgische Entscheidungen an uns reißen.
Frage 3: Wie können wir im Sinne von Papst Franziskus als Kirche in Deutschland überzeugender eine dienende Kirche sein?
Antwort: Indem der Klerus die Laien unterstützt, ihre Aufgabe in der Welt autonom wahrzunehmen und andererseits die Laien den Klerus unterstützen, seine Binnen-Aufgaben in der Kirche wahrzunehmen. Wir dienen uns gegenseitig am meisten, wenn wir uns nicht um Kompetenzen rangeln. Und glaubhaft anderen dienen können wir erst, wenn wir uns intern nicht ständig streiten.
Als erste und wichtigste Unterstützung ist das inständige Gebet zu nennen, dann die öffentliche Unterstützung bei Anfragen (gegenseitiges öffentliches Aussprechen von Vertrauen). Säkulare Unterstützung wie Geld ist sekundär.
2. Leben in gelingenden Beziehungen
Frage 1: Welche Erfahrungen haben Sie diesbezüglich [Sexuallehre der Kirche, die in der Krise sei] gemacht, welche Erkenntnisse oder Überzeugungen persönlich gewonnen?
Antwort: Ich halte die Aussage, daß die Sexuallehre in einer Krise sei, für falsch.
Die Lehre hat nie eine hohe Akzeptanz gehabt!
Wer sich bspw. die berühmt-berüchtigte "Pillen-Enzyklika" Humanae vitae von Papst Paul VI. durchliest - die ist eher kurz und einfach geschrieben - wird feststellen, daß der Papst (und alle nach ihm) das auch wußten. So sagt Paul VI., daß seine Lehre nur mit der Gnade Gottes zu schaffen sei.
Und wer sich ein wenig mit der Gnade Gottes auskennt, weiß, daß diese nur auf freiwilligem Boden wirksam sein kann - sprich: wer das nicht schaffen will, weil er das doof findet, der schafft es auch nicht (geht gar nicht).
Da die Mehrheit diese und andere Lehren doof findet, kann(!) sich die Mehrheit auch nicht dran halten.
Ist das jetzt eine Krise der Lehre?
Ich empfehle daher - und Sie fragen nach gewonnenen Überzeugungen - eine Lektüre der kirchlichen Aussagen im übersetzten Original. Die sind alle gut verständlich - und persönlich erhellend.
Frage 2: Wie kann die Kirche Ihrer Meinung nach das Evangelium von der Liebe Gottes in unserer Zeit überzeugender verkünden?
Antwort: Ausschließlich durch gelebtes Vorbild.
Wenn unser Leben nicht irgendwie anders ist als der Nichtchristen, wenn der Glaube an Christus keinen Unterschied macht (bzgl. Sexuallehre: genauso hohe Scheidungsrate, genauso viele Abtreibungen etc.), dann kann das Ganze ja nicht so wichtig sein.
Frage 3: Was ist Ihnen wichtig in der Sexuallehre der Kirche und was müsste dringend verändert werden?
Antwort: Wichtig: daß unser Leib ein Tempel Gottes ist, daß unsere Körper heilig sind und wir sie daher dementsprechend behandeln sollten. Gelingt mir nicht immer (u.a. deswegen ist die Beichte so gut!)
Verändert werden müßte: ich.
3. Priesterliche Existenz heute
Frage 1: Was zeichnet Ihrer Auffassung nach einen authentischen Priester heute aus, welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollte er besitzen?
Antwort: Er sollte aus einer tiefen Jesusbeziehung heraus sein Amt leben. Das ist ein Geschenk, das er hoffentlich mit Gottes Gnade erhalten hat und selber auch pflegt (Gebet und Sakramentenempfang für sich selbst!).
Alles andere folgt daraus. Wenn das Genannte wirklich gegeben ist, wird das ausstrahlen.
Des Weiteren sollte er sich immer um persönliche Reflexion bemühen und stabile und gesunde Beziehungen pflegen (zu anderen Priestern, zum Bischof(wichtig!!), zu Freunden etc.).
Frage 2: Wie kann ein authentischer Priester mitten in der Welt von heute in der Nachfolge Jesu leben, welche Lebensform halten Sie für den Priester heute für angemessen?
Antwort: Ich halte den Zölibat für eminent wichtig - fragen Sie katholische verheiratete Priester (bspw. konvertierte ehemal. evangel. Pastoren), werden Sie auch genug Antworten hören, warum das wichtig ist. Ansonsten siehe Frage 1.
Frage 3: Was müssen wir in der Kirche tun oder verändern, damit es mehr Berufungen gibt und der Dienst des Priesters attraktiver für junge Menschen wird?
Antwort: 1. die gläubigen Laien müssen für Berufungen beten - viel mehr als bisher!
2. die gläubigen Laien müssen bereit dazu sein und sich darüber freuen, wenn ihre Kinder eine geistliche Berufung verspüren - und sie unterstützen, das für sich herauszufinden.
3. die Priester müssen ihren Lebensentwurf positiv vermitteln und aktiv junge Männer ansprechen, ob das was für sie wäre.
4. die Kirche muß die Priester massiv von Verwaltungsaufgaben entlasten
4. Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche
Frage 1: Wie sehen Sie die Rolle der Frau in der Kirche?
Antwort: Ich sehe die Rolle genauso wie die aller anderen Nichtgeweihten (also bspw. meine). Daß das Weiheamt für Frauen nicht offen steht, macht in meinen Augen - auch als Vater von Töchtern - theologisch sehr viel Sinn, auch wenn diese Argumente von Befürwortern dieser Weihe nicht akzeptiert werden. So ist das eben mit Argumenten, nicht alle überzeugen alle.
Schön und ziviler wäre es, wenn Befürworter zumindest anerkennen würden, daß es theologische Argumente gegen die Frauenweihe gibt - auch wenn sie sie nicht überzeugend finden. Die häufig gehörte Rede, es gäbe keine, ist eine Verhöhnung "der anderen" und disqualifiziert die, die so sprechen.
Frage 2: Was müsste sich ändern, damit mehr Frauen Leitungspositionen in der Kirche übernehmen (können)?
Antwort: Alle Leitungspositionen, die Frauen übernehmen können, sollten auch für diese offen stehen. Ich bin kein Fan von Quoten, aber für eine Quote bin ich: bei Führungspositionen, die Laien besetzen können, sollte der Anteil des Klerus genau bei 0% liegen. Ob Frauen oder Männer führen, ist mir da egal.
Frage 3: Wie müsste das Miteinander von Frauen und Männern in der Kirche gestaltet sein, damit wir in unserer Zeit glaubwürdig das Evangelium verkünden können?
Antwort: Geübt werden kann da am besten in der Hauskirche, in der Familie. Wenn der Mann sein Leben für seine Frau so hingibt wie Christus seines für die Kirche und die Frau sich dem Mann unterordnet - also ein gegenseitiges sich Unterordnen aus Liebe (Paulus, Brief an die Epheser, Kap. 5) - dann funktioniert auch das Miteinander in der Kirche.
Wenn's zuhause nicht klappt, dann auch nicht in der Kirche. Wie auch.