Ivo Matthäus hat geschrieben:
Diese Bilanz und GuV ist m.E. kameralistisch geprägt, das merkt man an der Ausgabenposition "Investitionen (Bau, Instandhaltung, Grundstücke)" und den Inhalten der "Sonderposten" und "Rückstellungen", dazu kommen die Bezeichnung als "Jahresrechnung" und "Ausgaben". Das erschwert die Vergleichbarkeit. Der Haushalt ist sowieso kameralistisch angelegt und hat mit einem Wirtschafts- und Finanzplan nur bedingt etwas zu tun. Soweit die Vorbemerkung.
Wenn man nun die Zahlen analysiert, fällt die problembehaftete langfristige Finanzierung des Anlagevermögens auf. 236,5 Mio EUR Eigenkapital stehen 387,7 Mio EUR Anlagenvermögen gegenüber, mithin eine Lücke von 151,2 Mio EUR, die durch Fremdkapital bzw. kurzfristige Finanzierungen geschlossen werden muss.
Das Anlagevermögen besteht zu 73% aus
"Wertpapiere(n) unterschiedlicher Kategorien, die nach konservativen Gesichtspunkten langfristig angelegt sind. Ferner sind Ausleihungen an kirchliche Stiftungen und sonstige Rechtsträger erfasst." (O-Zitat) Nur 27% sind Sachanlagen und Nutzungsrechte, überwiegend wohl Grundstücke und Gebäude.
Wir kennen zwar nicht die Struktur des Wertpapierportfolios, aber von einer "problembehafteten" Finanzierung zu sprechen, halte ich für ziemlich übertrieben. Der Gegenposten auf der Passivseite sind kaum Kredite, die Verbindlichkeiten betragen 65,5 Mio €, davon sind nur ein Teil "langfristige Baufinanzierungen". Überwiegend besteht die "problembehaftete" Finanzierung der langfristigen Finanzanlagen, sofern sie über das Eigenkapital hinausgeht, aus Bilanzposten mit einem ähnlichen Zeitrahmen: Pensionsverpflichtungen oder "Sonderposten" (dazu: s.u.). Bankverbindlichkeiten sind nicht ersichtlich.
Diese Art von "Problemen" hätte ich auch gerne.
Ivo Matthäus hat geschrieben:
Die Sonderposten und die Rückstellungen enthalten z. T. zugesagte Haushaltmittel für Dritte, die man wohl großteils als kurzfristige Verbindlichkeiten zu sehen hat. Zwar enthalten die "Verbindlichkeiten" langfristige Baufinanzierungen und Verrechnungen mit andere kirchlichen Rechträger, aber das schließt überschlagsmäßig nicht die Lücke. Umgekehrt wenn die Liquidität ansieht, bleiben von 154,4 Mio EUR Barmittel (Bankguthaben und kurzfristige Wertpapiere) nach Abzug der kurzfristigen Verbindlichkeiten (geschätzt max. 50 % der 65 Mio EUR) und der zusagten Haushaltmittel (geschätzt max. 50%, max. 125 Mio EUR) wahrscheinlich nichts oder maximal ein bis zwei Monatsausgaben (geschätzt 26-52 Mio EUR auf Grund der Ausgaben) übrig. Das ist vergleichweise wenig, als Mindestausstattung im normalen Wirtschaftsleben werden 3 Monatsausgaben und mehr erwartet.
Wie Du oben zutreffend ausgeführt hast, sind die Zahlen nicht sehr aussagekräftig. Einerseits werden in der Bilanz für (mögliche) künftige Verbindlichkeiten Schuldposten (als "Sonderposten" und "Rücklagen") ausgewiesen, andererseits wird auf den Zahlungsverkehr abgestellt.
Bei dem als "Sonderposten" ausgewiesenen Betrag ist mE fraglich, ob die Absicht bereits eine Verbindlichkeit begründet oder ob der Verbindlichkeitscharakter erst mit der Bewilligung eintritt. ME dürfte letzteres der Fall sein, denn erst mit Bewilligung hat der Empfänger einen Anspruch auf Auszahlung. Dafür spricht auch, daß die
bewilligten Beträge als "Rückstellungen" ausgewiesen werden. Die Beschreibung des Bilanzpostens wurde bewußt vage gehalten:
Der Sonderposten enthält im Wesentlichen Haushaltsmittel für die verschiedenen Seelsorgebereiche, die vom Diözesansteuerausschuss in Vorjahren bereitgestellt, den Zuschussempfängern jedoch zum Bilanzstichtag formal noch nicht bewilligt waren.
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß es sich allenfalls um die genehmigte langfristige Finanzplanung (Bezugnahme nicht auf das Vorjahr, sondern auf die Vorjahre!) handelt, aufgrund dessen ein entsprechender Betrag für künftige mögliche Aufwendungen in den Bilanz eingestellt wurde. Man kann aber nicht Ausgaben, die irgendwann in der Zukunft einmal geplant sind, heute als Verbindlichkeit ansetzen und gleichzeitig die entsprechenden voraussichtlich anfallenden Einnahmen weglassen. Grundlage der Finanzplanung ist nicht das heute vorhandene Vermögen sondern die künftig anfallenden Einnahmen und Ausgaben.
In diesem Falle wäre der Sonderposten aber nicht als Fremd- sondern als Eigenkapital anzusehen. Offensichtlich versuchte man, aus verständlichen Gründen, das Eigenkapital gering zu halten.
Pensionsrückstellungen sind langfristig durch die entsprechenden Finanzanlagen im Anlagevermögen gedeckt - ein löblicher Unterschied zur gesetzlichen Rente.

Gleiches gilt für die langfristigen Baufinanzierungen.
An kurzfristigen Verbindlichkeiten, die durch die Gelder des Umlaufvermögens gedeckt werden sollten, verbleiben mE nur die noch nicht abgerufenen Haushaltsmittel sowie die Lohnsteuerverbindlichkeiten.
Insofern ergäbe sich auch kein Problem einer mangelhafte Barreserve.
Es wäre zu wünschen, daß sich die Diözese zu einer Veröffentlichung des testierten Bilanzberichtes entschließen könnte, um eine genauere Analyse der finanziellen Situation zu ermöglichen.