Die gegenwärtige Kirche sollte sich in der Tradition befinden; sie tut es im allgemeinen aber nicht (damit ist auch Jacintas Anfrage beantwortet.Für mich gehört die gegenwärtige Kirche unabdingbar zur kirchlichen "Tradition" dazu. Genauso, wie man die geschichtliche und theologische Entwicklung der Kirche vor 1962 nicht als unerhebliche Vergangenheit abtun kann, darf man die Entwicklung nach dem II. Vatikanum einfach pauschal als Fehlentwicklung bezeichnen. Sicherlich: Vieles ist heute noch "in progress", vieles unausgegoren, vieles weder richtig begründet noch richtig verstanden worden. Die Zeit wird dafür sorgen, daß sich diese trüben Wasser langsam absetzen und klären. Aber genauso war es in früheren Zeit. Das Tridentinum etwa brauchte hierzulande teilweise 100 Jahre, bis seine Beschlüsse halbwegs umgesetzt waren - obwohl sie Anathem-bewehrt und viel eindeutiger formuliert waren als die des Vatikanums.
Es hat in der Kirche zu allen Zeiten Krisen gegeben. Jetzt muss allerdings festgestellt werden, dass die derzeitige Krise wohl die größte aller bisherigen Krisen ist. Die Gläubigen in ihrer Mehrheit ahnen nicht einmal, wie schlimm die Situation sich in Wirklichkeit darstellt. Weltweit stehen Lehrauffassungen, die immer gegolten haben, auf einem zweifelhaften Prüfstand und sie sind nunmehr in Gefahr, in ihren wesentlichen Merkmalen verändert zu werden. Das ist nicht mehr vergleichbar mit einer Krise, wie es sie immer schon mal gegeben hat, das ist vielmehr eine Umwälzung in Form von Umdeutungen, Sinnveränderungen, Entstellungen etc. etc., mit dem teilweise bereits erreichten Ziel, den bisherigen Glauben zu zerstören, Kenntnisse darüber in Vergessenheit geraten zu lassen und schließlich mit allen Religionen gemeinsam, da in ihnen derselbe Hl. Geist wirkt, den One-World-Glauben zu kreieren, in dem sich jede Religion, jede Sektiererei, jede sonstige weltanschauliche Gruppierung wiederfinden kann.
Der Glaube wird belanglos und folgenlos, alles ist in Ordnung und es gibt ein unbekanntes höheres Wesen, was man gemeinhin als Gottheit bezeichnen könnte, die nur barmherzig ist, alles verzeiht und den Menschen in Ruhe läßt, ohne in durch sein Gewissen zu plagen.
Es ist nicht mehr möglich, diese Krise auszusitzen und darauf zu hoffen, dass die Bischöfe weltweit wieder zur Besinnung kommen und sich dem Papst bewußt unterstellen, in dem sie den gleichen Glauben wie er verkünden und die Erkenntnisse durch das Katholische Lehramt als immer geltende Wahrheit anerkennen.
Es müssen einschneidende Maßnahmen getroffen werden, die auch imstande sind, das Ruder wieder herumzureißen. Davon sehe ich im Moment nichts. Das Schweigen des Papstes einerseits und seine freundlichen, gütigen Hinweise darauf, wie es eigentlich sein sollte, werden, je nach dem, als stillschweigendes Einverständnis oder als Schwäche ausgelegt. Und so fährt die Mehrheit der Priester und insbesondere der Bischöfe fort, ihr unseliges Werk fortzusetzen.
Wo hat es in der Katholischen Kirche jemals eine Korrektur gegeben, wo nicht in aller Entschiedenheit die wahre Lehre verkündet, die Einhaltung der kirchlichen Normen gefordert und Verstöße dagegen machtvoll geahndet worden sind?
Die Kirche ist krank an ihren Gliedern und diese müssen, so sie zur Selbstheilung nicht willens sind und um die gesunden Glieder zu erhalten, abgetrennt werden. Vielleicht fühlt sich der Papst als Chirurg nicht mehr rüstig genug. Vielleicht hofft er auf einen tüchtigen und jüngeren Nachfolger?
Papst Johannes XXIII. hat, obwohl krank und vorhersehbar war, dass er das Ende des Konzils nicht mehr erleben würde, ein solches einberufen (hätte er dies nur unterlassen). Wenn eine solche Maßnahme zur Zerstörung der Kirche einem kranken Papst (was er sicher nicht wollte) möglich ist, dann sollte einem nur älteren Papst auch möglich sein, frühzeitig das Zerstörungswerk anzuhalten, ohne gesundheitliche Bedenken in Erwägung zu ziehen (wenn dies überhaupt der Fall ist; nur eine Erwägung meinerseits).
Gruß, ad_hoc