Die Darwinsche Evolutionstheorie wird in der heutigen Zeit eng verknüpft mit der Systemtheorie. Innerhalb der Systemtheorie gibt es zwei Begriffe, mit denen das Auftauchen neuer Systemeigenschaften beschrieben wird. Diese beiden Begriffe lauten «Emergenz» und «Fulguration».
Inhaltlich liegt diesen Begriffen eigentlich kein Unterschied zugrunde, da wie gesagt dasselbe Phänomen beschrieben werden soll, die Begriffe werden jedoch unterschiedlich gewählt, da sie jeweils andere etymologische Ursprünge haben und unterschiedliche Assoziationen auslösen.
Bevor es also in einen Streit um Worte ausartet, kann man festhalten, daß mit diesen beiden Begriffen z.B. das „Mehr“ des Menschen bezeichnet werden könnte, wenn man den Menschen als ein System betrachtet, welches „mehr“ ist als die Summe seiner (biologischen) Teile. Demzufolge wäre der Sprung des Affen zum Menschen mit der Emergenz („Fulguration“) zu erklären.
Darüberhinaus stellt sich die Frage, ob Bewußtsein und Kultur „emergente“ Eigenschaften des Menschen sind.
Diese systemische Betrachtungsweise des Menschen ist jedoch in sich nicht unproblematisch, da die Gefahr der physikalisch-reduktionistischen Betrachtungsweise besteht. Diese Betrachtungsweise wird in faschistoiden Ideologien absichtsvoll instrumentalisiert und gefördert.
Menschliche Ebene:
Ein weiterer kritischer Aspekt (neben der physikalisch-reduktionistischen Betrachtungsweise) ist in einer systemischen Betrachtungweise des individuellen Menschseins vorhanden, weil die Emergenz („Fulguration“) sozusagen aus dem System Mensch selber erwächst. Ein externer Einfluß sei nicht erforderlich, sondern ausschließlich das System selber produziert diese Emergenz („Fulguration“). Insoweit ist diese Betrachtungsweise mit dem christlichen Menschbild unvereinbar. In der Weiter(Höher-)entwicklung des Menschen könnte auf diese Weise ein Einwirken GOTTES ausgeschlossen werden, weil die Weiter(Höher-)entwicklung quasi „präexistent“ im System „Mensch“ vorhanden ist.
Man kann dies auch als eine rein anthropozentrische Betrachtungsweise bezeichnen.
Gesellschaftliche Ebene:
Ein weiterer kritischer Aspekt erscheint dann, wenn diese Begriffe im Rahmen der Systemtheorie auf Gesellschaftssysteme angewendet werden. Die Anwendung der Systemtheorie bei soziologischen Entwicklungen bedeutet im Kern nichts anderes als eine Entwertung des kleinsten Systembestandteils, eben des Menschen. Der Mensch verliert hier jeden Individualismus und wird reduziert auf seine Funktionen innerhalb eines Gesellschaftssystems. Nicht funktionierende oder schlecht funktionierende Systembestandteile (Menschen) unterliegen der Gefahr „ausgemerzt“ zu werden, da sie als „Nicht-zur-Emergenz-(„Fulguration“)-beitragend“ betrachtet werden können.
Die katholische Soziallehre hat da völlig andere Ansichten bzw. Absichten und spricht insofern eine völlig andere Sprache mit völlig anderen Inhalten!
Kosmologische Ebene:
Der letzte kritische Aspekt ergibt sich, wenn die evolutionäre Systemtheorie auf das gesamte Universum angewendet wird. Diese Ansicht ist sehr wohl mit naturalistischen und atheistischen Positionen vereinbar und wird deshalb auch wohl besonders in solchen Zirkeln propagiert. Die Emergenz („Fulguration“) kann hier als ein Synonym für die „göttliche Schöpfungskraft“ aus der christlichen Begriffswelt aufgefaßt werden. Auf diese Weise kann versucht werden, auf semantischem Wege die Existenz GOTTES zu negieren!
Alle Eigenschaften für die Weiterentwicklung des Universums wären bei dieser Betrachtungsweise bereits „emergent“ im Universum enthalten, so daß es eines schöpfenden GOTTES nicht mehr bedarf.
Dies widerspricht in eklatanter Weise dem christlichen Gottesbild und hier im Besonderen der katholischen Schöpfungslehre.
Als Katholik glaube ich jedoch an das Heilshandeln GOTTES in der Geschichte und damit nicht zuletzt daran, daß allen Teilen jener Kraft, die Böses will, nichts anders übrig bleiben wird, als Gutes zu schaffen. (Frei nach Goethe)
GsJC
Raphael