Erwin Albrechts Meßparaphrasen..

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ad-fontes
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Erwin Albrechts Meßparaphrasen..

Beitrag von ad-fontes »

..stören. Und zwar gewaltig.

Wird dem Fernsehzuschauer nicht mehr zugetraut, mit eigenem Sinn und Verstand eine Papstmesse wahrzunehmen? Reicht es nicht, daß bereits die Kameraführung filtert, muß auch noch verbal die hl. Handlung übertüncht werden?

Kann Msgr. Albrecht davon nicht lassen, weil er allzu sehr von überzeugt ist, im Sinne der Zuschauer zu handeln, daß er nicht vor seinem geistigen Auge hat, welches Publikum* sich dazu vor den Fernseher versammelt?

*Zufällige Reinzapper ausgenommen, aber könnte deren Interesse am Glauben nicht eher durch das unmittelbare Erlebnis der Schönheit der Liturgie als durch ihre rein rationale Verständlichkeit, zu der es ja auch einen gewachsenen christlichen Versteheshorizontes bedarf, geweckt werden?

Handelt es sich bei seiner Praxis womöglich um eine Direktive von Seiten der Sendeleitung? Oder hat er Angst, sich überflüssig zu machen, wenn er nach der Maxime „weniger ist mehr“ handeln würde?

Ich kenne Msgr. Albrechts innerkirchliche Positionierung nicht, aber ich komme nicht umhin, mich darüber hinaus zu fragen, ob die Art seiner Kommentierung als ein Kondensat des vorgeblichen Konzilsgeistes aufzufassen ist, dem Ansinnen, Liturgie erklären zu wollen statt unmittelbar erfahrbar sein zu lassen?

Die Erklärung der Worte, Zeichen und Gesten hat zweifelsohne ihre Berechtigung. Ihr natürlicher Ort ist seit jeher außerhalb der Liturgie im engeren Sinne.

Nur von manchen evangelischen Pfarrern kennt man die Unsitte, erklären zu wollen, was sie gerade jeweils tun. Dazu paßt, daß seine Erklärungen für meinen Geschmack einen protestantischen Geist atmen, zumindest auf der Ebene der Wortwahl ist dies evident (Abendmahl, Gedächtnisfeier) .

So bleibt dem interessierten Zuschauer nichts anderes übrig, als in ein Parallelgeschehen einzutreten, wodurch er – bildlich gesprochen – in die Spurrille gerät. Statt zur Einheit zu finden oder in ihr zu verharren, wird er entzweit oder schaltet enerviert ab.

Meine Erfahrung, jedesmal aufs neue, ist diese: Unfreiwillig vor die Alternative gestellt, folge ich dem Zelebranten oder folge ich dem Kommentator, gelingt mir weder das eine noch das andere. So bleibt das Eigentliche überdeckt, die medial grundsätzlich mögliche Teilnahme, wenn auch von anderer Art als die pysischer Präsenz, bleibt mir verwehrt.

Sieht so mündiges Christsein aus?

Was kann man tun? Eine zukünftige Richtlinie bzgl. Gottesdienstübertragungen entwerfen:
§ 1. Das, was Lateinisch vorgetragen wird, bleibt unübersetzt.
§ 2. Obiges gilt auch für Ordinariumsstücke, selbst dann, wenn sie in der Landessprache vorgetragen werden. Es steht dem Kommentator jedoch frei, diese zu Beginn mit einem prägnanten Satz zu erläutern,indem er ihre Stellung im liturgischen Geschehen und ihren Inhalt kurz umschreibt.
Grüße,
ad-fontes
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

Kilianus
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Re: Erwin Albrechts Meßparaphrasen..

Beitrag von Kilianus »

Ich weiß nicht, wo Pfarrer Albrecht kirchenpolitisch zu verorten ist. Ich weiß aber, daß er sich - wie seine Kollegen - über den Umfang seiner Kommentierung durchaus Gedanken macht und nicht leichtfertig daherschwätzt.

Prinzipiell ist Liturgie einfach nicht fürs Fernsehen gemacht. Wenn sie im Fernsehen übertragen wird, sind immer Kompromisse nötig. Die Vorstellung, man könnte einfach eine Kamera auf die Empore stellen, die dann eine Totale vom Altarraum abfilmt, ist schlicht naiv. Das Ergebnis würde wahrscheinlich auch treue Emporensitzer erschrecken, weil sie im Fernsehen einfach Perspektivwechsel gewohnt sind. Und eine Bildführung, die nicht einfach abbildet, sondern das Geschehen aktiv erläutert. Auf Text-Ebene gilt das ähnlich.

Zu den Eigengesetzlichkeiten des Fernsehen gehört es zum Beispiel auch die Neigung, sich "zu sehr beim Hauptzelebranten aufzuhalten" - eine Formulierung, die witzigerweise (ausgerechnet) von Marini I. stammt. Der war da übrigens - entgegen seinem Image, fürs Fernsehen alles zu machen - sehr problembewußt.

Ein weiteres Problem ist natürlich, daß die Zuschauerschaft sehr heterogen ist. Das gilt schon für die normalen Sonntagsgottesdienst-Übertragungen, wo längst nicht nur fromme Kranke vor den Bildschirm sitzen, sondern auch Suchende, interessierte Fernstehende, gelangweilte Zapper - Leute also, für die es eigentlich eher präkatechumenale Feierformen bräuchte, die aber von kirchlicher Seite her angesprochen werden sollen, weil man das für eine Form der Missionierung hält, und von Senderseite her, weil sie ihren Anteil ander Quote bringen.

Diese Gemengelage potenziert sich natürlich bei Papstgottesdiensten: Da sind die Bloß-Neugierigen erst recht dabei. Für die könnte man als TV-Sender genauso gut die Papst-Messen als gesellschaftliches Event einstufen und Nina Ruge die Kommentierung überlassen. Bei kirchlichen Adelshochzeiten wird genau das ja auch gemacht. Und wenn ich mir das vorstelle, freue ich mich wieder über Albrechts Kommentierung. Obwohl ich selbst natürlich auch lieber dem lateinischen Meßkanon ungestört folgen würde.

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Maurus
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Re: Erwin Albrechts Meßparaphrasen..

Beitrag von Maurus »

Kilianus hat geschrieben:Ich weiß nicht, wo Pfarrer Albrecht kirchenpolitisch zu verorten ist. Ich weiß aber, daß er sich - wie seine Kollegen - über den Umfang seiner Kommentierung durchaus Gedanken macht und nicht leichtfertig daherschwätzt.
Naja, ich erinnere mich noch gut an die Vesper im Münchener Mariendom. Am Schluss sang der Chor "Du lässt en Tag, oh Gott nun enden". Während(!) der letzten Strophe hielt es Pfr. Albrecht dann für nötig, den Zuschauer darüber aufzuklären, dass der Chor ein Abendlied angestimmt habe. Da komm ich mir für dumm verkauft vor. Und wenn man unbedingt nochmal den Titel diese Liedes bringen will (der Gesang war sehr verständlich), dann kann man das auch einblenden. Das soll heutzutage technisch möglich sein.

Ist sicher eher ne Kleinigkeit, hat mich aber ziemlich geärgert, zumal das bei solchen Übertragungen öfter vorkommt (nicht immer ist es Pfr. Albrecht).

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Niels
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Re: Erwin Albrechts Meßparaphrasen..

Beitrag von Niels »

ad-fontes hat geschrieben:..stören. Und zwar gewaltig.
Mir geht das ständige Kommentieren und Papaphrasieren auch sehr auf die Nerven. Früher gab's doch mal den Zweikanalton. Könnte man so etwas nicht für die Übertragung der Papstmessen wiederbeleben? Version 1 mit Kommentar und Version 2 ohne.
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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ad-fontes
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Re: Erwin Albrechts Meßparaphrasen..

Beitrag von ad-fontes »

Niels hat geschrieben:
ad-fontes hat geschrieben:..stören. Und zwar gewaltig.
Mir geht das ständige Kommentieren und Papaphrasieren auch sehr auf die Nerven. Früher gab's doch mal den Zweikanalton. Könnte man so etwas nicht für die Übertragung der Papstmessen wiederbeleben? Version 1 mit Kommentar und Version 2 ohne.
Daran dachte ich auch schon. Warum gibts den nicht mehr?

Alle wären happy.. :)
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