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Die päpstliche Zweifaltigkeit
Verfasst: Mittwoch 24. November 2010, 13:27
von overkott
Kann man eigentlich zwischen dem öffentlichen und dem privaten Papst, der sich gültig, aber nicht förmlich öffentlich äußert, differenzieren? Ist der einfache Gläubige mit den beiden Hypostasen des einen Papstes nicht überfordert?
Re: Die päpstliche Zweifaltigkeit
Verfasst: Mittwoch 24. November 2010, 13:32
von cantus planus
Fangen wir mal von hinten an. Ja, der einfache Gläubige ist damit überfordert. Deshalb sollte der Papst auch unterlassen, ständig(!) irgendwelche Privataussagen an den Mann zu bringen. Gerade Benedikt XVI. zeigt klar, wie problematisch das ist. Seine privaten Aussagen und Interviews sorgen immer wieder für Irritation, während seine Katechesen präzise und lehrreich sind.
Zur ersteren Frage: es ist ohnehin problematisch, zwischen privaten und offiziellen Aussagen des Papstes zu unterscheiden. Im Prinzip dürfte es da keinen Unterschied geben, so dass sich die Frage gar nicht stellt. Wenn es aber zu Unterschieden kommt, ist die Qualität des Themas zu beachten. Divergenzen zwischen offiziellen und privaten Aussagen in Fragen der Lehre und Moral sind äußerst schwierig. Zwar gilt für den Gläubigen ohnehin nur das, was der Heilige Vater offiziell verkündet. Doch kann man eben nicht davon ausgehen, dass private Aussagen keinerlei Relevanz hätten.
Ich glaube aber, dass sich mit diesen Fragen ohnehin besser Theologen im Rahmen eines akademischen Disputs auseinandersetzen sollten. Der einfache Gläubige möge sich an das halten, was die Kirche offziell lehrt. (Das peinliche Problem, dass man von der offiziellen Lehre oft genug nichts mehr erfährt, wenn man nicht selbst danach sucht, sei jetzt einmal ausgenommen.)
Re: Die päpstliche Zweifaltigkeit
Verfasst: Mittwoch 24. November 2010, 13:36
von Marion
cantus planus hat geschrieben:Der einfache Gläubige möge sich an das halten, was die Kirche offziell lehrt. (Das peinliche Problem, dass man von der offiziellen Lehre oft genug nichts mehr erfährt, wenn man nicht selbst danach sucht, sei jetzt einmal ausgenommen.)
Ja genau, falls er Glück hat und einer sich erbarmt sie (die offizielle Lehre der Kirche) ihm zu zeigen
Re: Die päpstliche Zweifaltigkeit
Verfasst: Mittwoch 24. November 2010, 13:37
von overkott
Hochgelobt hat Bischof Zollitsch, was da kommt im Namen des Papstes. Aber er hat gleichzeitig die Frage nach der öffentlichen und der öffentlich-förmlichen katholischen Sexuallehre aufgeworfen. Ist die Sittenlehre vom Gebrauch von Kondomen zum leiblichen Wohl des Nächsten noch nicht unfehlbar? Besteht nicht die Gefahr einer Verselbständigung des päpstlichen Geistes in Theologie und Medien?
Re: Die päpstliche Zweifaltigkeit
Verfasst: Mittwoch 24. November 2010, 13:43
von cantus planus
Das ist ein Problem interpretierbarer oder unpräziser Aussagen. Gerade die aktuelle Kondom-Debatte zeigt, dass sowas in der Tat eine gefährliche Eigendynamik entwickeln kann. Hier kann man - bei allem Respekt - sowohl den Heiligen Vater selbst, als auch den Rest des Vatikans kritisieren: den ersteren, weil er ohne jegliche Not ein Faß aufgemacht hat, dass man besser der pastoralen Klugheit der jeweiligen Beichtväter überlassen hätte, denn öffentlich statt über die Regel über mögliche Ausnahme zu raisonieren; die zweiteren, weil sie - wie schon in den vergangenen dreißig Jahren dieser Debatte - wieder einmal heillos überfordert waren mit der vorhersehbaren öffentlichen Reaktion, aus vergangenen Fällen nichts gelernt haben und durch noch unklarere Aussagen den entstandenen Schaden vergrößern.
Re: Die päpstliche Zweifaltigkeit
Verfasst: Mittwoch 24. November 2010, 14:58
von overkott
Die Eigendynamik hat sicher auch ihre besonderen Chancen. Auch die Rollenaufteilung als weiche Lösung für ein hartes Thema ist sicher von pastoraler Klugheit. Das Boot der Kirche könnte sonst kentern. Die Medien haben verstanden.