Moderne Kirchenarchitektur

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taddeo
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von taddeo »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Auch das hier ist eine reine Betonkirche - ich hab sie noch im "Rohbau" gesehen, mittlerweile ist sie fertig -, deren einziger "Schmuck" die Architektur selbst ist:



Weitere Bilder: http://www.novydvur.cz/de/prayer_01.html
Ich möchte sogar noch weiter gehen. Bei solchen Bauwerken
geht es nicht nur um philosophische, psychiatrische und Ge-
schmacksfragen, sondern tatsächlich um den Glauben.

Dies Beispiel, Taddeo, ist reine, stein- und wandgewordene
Häresie. Das ist gewalttätiger, herrisch auftretender Ikonoklas-
mus. Anathema sit.
Man reiße diesen Ketzerklotz ab oder sprenge ihn hinweg. :ikb_tank:
Mal wieder ein typischer Ketelhohn, dieses Posting ... :ikb_taz:

Worin besteht für Dich der grundlegende Unterschied zwischen diesen beiden Kirchen?


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Robert Ketelhohn
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Wann hat man in der zweiten die Ausmalungen entfernt?
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Sebastian
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Sebastian »

taddeo hat geschrieben:Worin besteht für Dich der grundlegende Unterschied zwischen diesen beiden Kirchen?

Die untere wird nicht mehr als Kirche benutzt?
Die von Dir eingestellte Kirche (obere Bild) finde ich von dem Schnitt her jetzt nicht so schlimm, aber es ist zu kahl und kalt. Sind das Zisterzienser?
Finde diese calvinistische Richtung lieblos ... meine Meinung ...
"Selig sind die, die nicht gesehen und doch geglaubt haben" (Joh. 20,31)

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Sebastian
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Sebastian »

Hab's schon selber gefunden ;-) Sind Zisterzienser ...
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Bernado
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Bernado »

cantus planus hat geschrieben:Eine solche Glanzleistung ist auch Kolumba, der erzdiözesane Kunstmuseum in Köln. Ich habe festgestellt, dass ich der einzige in der Stadt bin, der diesen Flakbunker mitten in der Stadt einfach nur häßlich findet:
Es stammt von einem berühmten und teuren Architekten (Zumthor) - da muß es einfach toll sein.

Welcher Ungeist hinter derartigen Versuchen steckt, die Kirche auf die (nicht nur) ästhetischen Werte der Säkulargesellschaft festzulegen, geht sehr schön aus dieser Wortmeldung hervor.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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Robert Ketelhohn
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Bernado hat geschrieben:Es stammt von einem berühmten und teuren
Architekten (Zumthor)
Abrißunternehmer Ing. grad. Hasso Haudrauf
rät:

Bild
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taddeo
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von taddeo »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Wann hat man in der zweiten die Ausmalungen entfernt?
Meines Wissens gar nicht - sie hatte wohl von Anfang an keine. Falls jemand das besser weiß, möge er mich gerne korrigieren.
Sebastian hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Worin besteht für Dich der grundlegende Unterschied zwischen diesen beiden Kirchen?

Die untere wird nicht mehr als Kirche benutzt?
Die von Dir eingestellte Kirche (obere Bild) finde ich von dem Schnitt her jetzt nicht so schlimm, aber es ist zu kahl und kalt. Sind das Zisterzienser?
Finde diese calvinistische Richtung lieblos ... meine Meinung ...
Das ist nicht calvinistisch, sondern zisterziensisch, ebenso wie Sénanque in Südfrankreich.

In Novy Dvur in der Tschechei ist es ein Trappistenkloster, für das diese Kirche gebaut wurde. Der Tagesablauf beruht auf Schweigen, Gebet und Arbeit. Und so ganz auf das Geistige bezogen ist auch die Kirche. In ihr soll nichts von dem ablenken, was darin geschieht. Es gibt bei den Trappisten z. B. keine Instrumentalmusik, keinen mehrstimmigen Gesang - nur Einstimmigkeit, ähnlich wie in der alten Kirche. Der Altar, der Tabernakel, die Marienstatue darauf sind alles, was in der Kirche wichtig ist. Ich muß ehrlich sagen, ich kann diese Haltung ohne weiteres nachvollziehen. Wenn man dort in der Kirche ist, spürt man unwillkürlich, wie sehr sich der Glaube auf diese wenigen Zeichen reduzieren läßt, ohne deswegen leer zu werden - vorausgesetzt, das Herz ist voll. Darin ein Leben lang seinen ganzen Schatz zu finden, ist eine Gnade, die sicher nur wenigen Menschen gegeben ist.

Das andere Bild ist die Klosterkirche von Sénanque. Sie wird durchaus noch als Kirche benützt, soweit ich weiß, allerdings wohl nicht als Pfarrkirche. Auch darin spiegelt sich die ursprüngliche, strenge Observanz der Zisterzienser wider, die auf jeglichen Zierat bewußt verzichteten, obwohl schon zur Bauzeit dieser Kirche ganz andere architektonische und dekorative Möglichkeiten zur Verfügung standen.

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Bernado
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Bernado »

Jetzt macht aber mal einen Punkt. Die Zisterzienser haben ihre Kirchen von Anfang an ohne großflächige Ausmalung und manchmal ganz ohne jede Ausmalung erbaut. Das entspricht einer besonderen Ausprägung der monastischen Spirutualität, die davon ausgeht, daß Mönche, die sich 16 Stunden am Tag in Gebet und Arbeit in die Anschauung Gottes versenken, durch Bilder an der Wand nur vom Wesentlichen abgelenkt werden.

Diese Spiritualität muß man nicht teilen, darf sie aber auch nicht verketzern. @ Robert: Der Fehler liegt nicht darin, daß Mönche einiger Orden diese Spiritualität seit Bernard von Claiveaux pflegen, sondern darin, daß unverständige Leute sie zum Maßstab des Kirchenbaus allgemein und auch für Weltleute gemacht haben - die dringend auf Bilder und andere äußere Zeichen angewisen sind, um den (bei Mönchen weitaus weniger scharf ausgeprägten) Schritt aus dem Weltgetriebe in die Gegenwart Gottes zu bewältigen.

Deshalb ist auch gegen die Kirche von Novy Dvur - dort leben Trappisten - nichts einzuwenden. Sie ist eine hervorragend gelungene Anpassung der Grundstruktur und der Prinzipien des zisterzienischen Kirchenbaus an moderne Baumaterialien. Wenn man einen so guten Architekten hat, muß man nicht unbedingt auch in der Dekoration historisieren.

Zu Roberts Vorschlag in Sachen Zumthor: Bei einem Diözesanmuseum gelten wieder andere Kriterien als bei einer Kirche. Da muß man auch mehr hinnehmen können. Ich halte gar nichts von Zumthors Materialfetischismus und Originalitätssucht, und ich finde es bedauerlich, daß das Erzbistum sich dem Verlangen der '"Kunstwelt" gebeugt hat, einen dieser Modearchitekten zu beschäftigen. Den Abriss zu fordern, ist dennoch überflüssig: Der kommt von alleine ins Gespräch, wenn sich die Mode ändert und der Kreis der Show-Baumeister, die sich gegenseitig hochloben und die Wettbewerbssiege zuschanzen, von einer ebenso mafiösen Vereinigung der nachfolgenden Generation abgelöst worden ist.
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cantus planus
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von cantus planus »

Bernado hat geschrieben:Deshalb ist auch gegen die Kirche von Novy Dvur - dort leben Trappisten - nichts einzuwenden. Sie ist eine hervorragend gelungene Anpassung der Grundstruktur und der Prinzipien des zisterzienischen Kirchenbaus an moderne Baumaterialien. Wenn man einen so guten Architekten hat, muß man nicht unbedingt auch in der Dekoration historisieren.
Das ist wahr. Doch hätte ich mir eine etwas stärkere Betonung der Kirchlichkeit gewünscht: kreuzförmiger Grundriss etwa, oder eine entsprechende Anlage der Fenster. Eine deutlichere Ausrichtung auf den hier fast verschwindenden Altar und das Allerheiligste. Auf mich wirkt das wie typische Zen-Architektur, die man an den Auftrag eine Kirche zu bauen angepasst hat - und Wert darauf legte, dass die kirchlichen Bedürfnisse den Raum nicht stören...
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taddeo
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von taddeo »

cantus planus hat geschrieben:Doch hätte ich mir eine etwas stärkere Betonung der Kirchlichkeit gewünscht: kreuzförmiger Grundriss etwa, oder eine entsprechende Anlage der Fenster. Eine deutlichere Ausrichtung auf den hier fast verschwindenden Altar und das Allerheiligste. Auf mich wirkt das wie typische Zen-Architektur, die man an den Auftrag eine Kirche zu bauen angepasst hat - und Wert darauf legte, dass die kirchlichen Bedürfnisse den Raum nicht stören...
Lieber cantus,

man sollte bei der Beurteilung dieser Kirche immer eines bedenken: Es ist in allererster Linie eine Kirche für die Mönche und nicht für eine Gemeinde. Zisterzienser hatten schon immer eine Trennung zwischen Konvent und Pastoral, in unseren bayerischen Zisterzen gab (und gibt es zum Teil noch) überall "Portenkirchen", in die auch das Volk Zutritt hatte, während ihm die eigentlichen Klosterkirchen verschlossen waren. Das hat sich hierzulande erst in der Säkularisation geändert.

Ich würde im Fall von Novy Dvur eher sagen: man hat hier Wert darauf gelegt, daß der Raum die kirchlichen Bedürfnisse nicht stört. Der Grundriß ist eine Hallenkirche, die Fenster bewirken eine raffinierte indirekte Beleuchtung, geben aber keinen Blick außerhalb der Klostermauern frei - die Kirche gehört praktisch zur Klausur! Kein Mönch muß da hinausschauen können, und kein "Weltlicher" braucht zu sehen, was dahinter ist. Und Altar und Allerheiligstes sind den Mönchen ohnehin das Zentrum ihres ganzen Lebens - man muß sie nicht gewaltsam darauf hinweisen, deshalb sind sie ja Trappisten geworden. (Was man übrigens nicht sieht: hinter dem Altarraum geht eine große Treppe in eine Krypta hinab, in der die Mönche einmal bestattet werden. Von dort aus ist auch der Zugang aus dem Kloster in die Kirche, soweit ich mich erinnere. Ein memento mori bei jedem Betreten der Kirche - ich persönlich finde diese Kirche ein Zeichen der Weltentsagung in Reinform.)

Hier der Link zur Google Maps mit der Draufsicht auf das Klosterareal: Novy Dvur

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Robert Ketelhohn
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Bernado hat geschrieben:Der Fehler liegt nicht darin, daß Mönche einiger Orden diese Spiritualität seit Bernard von Claiveaux pflegen, sondern darin, daß unverständige Leute sie zum Maßstab des Kirchenbaus allgemein und auch für Weltleute gemacht haben - die dringend auf Bilder und andere äußere Zeichen angewisen sind, um den (bei Mönchen weitaus weniger scharf ausgeprägten) Schritt aus dem Weltgetriebe in die Gegenwart Gottes zu bewältigen.

Deshalb ist auch gegen die Kirche von Novy Dvur - dort leben Trappisten - nichts einzuwenden. Sie ist eine hervorragend gelungene Anpassung der Grundstruktur und der Prinzipien des zisterzienischen Kirchenbaus an moderne Baumaterialien. Wenn man einen so guten Architekten hat, muß man nicht unbedingt auch in der Dekoration historisieren.
Ich bleibe bei meiner Formulierung: Das ist gewalttätiger, herrisch auftreten-
der Ikonoklasmus.

Wäre das Ding um zwei Drittel kleiner, wäre das Argument diskutabel. Aber
auch dann wendete ich ein: 1. Das grell-agressive Weiß ist völlig deplaciert.
2. Auch die Zisterzienser haben zwar mit eher kargem Zierat, aber doch nicht
völlig schmucklos gebaut. Flächen werden architektonisch strukturiert und so
aufgelockert, gewisse Elemente vom Steinmetz verziert, Decken oder Wände
wenn auch nicht komplett ausgemalt, so doch mit malerischen Ornamenten
und geistlichen Darstellungen geschmückt.
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taddeo
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von taddeo »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich bleibe bei meiner Formulierung: Das ist gewalttätiger, herrisch auftreten-
der Ikonoklasmus.

Wäre das Ding um zwei Drittel kleiner, wäre das Argument diskutabel. Aber
auch dann wendete ich ein: 1. Das grell-agressive Weiß ist völlig deplaciert.
2. Auch die Zisterzienser haben zwar mit eher kargem Zierat, aber doch nicht
völlig schmucklos gebaut. Flächen werden architektonisch strukturiert und so
aufgelockert, gewisse Elemente vom Steinmetz verziert, Decken oder Wände
wenn auch nicht komplett ausgemalt, so doch mit malerischen Ornamenten
und geistlichen Darstellungen geschmückt.
OMNIA MUNDA MUNDIS.

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cantus planus
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von cantus planus »

taddeo hat geschrieben:OMNIA MUNDA MUNDIS.
Allen Mündern mundet's! Ein gutes Schlußwort.


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Bernado
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Bernado »

cantus planus hat geschrieben:
Bernado hat geschrieben:Deshalb ist auch gegen die Kirche von Novy Dvur - dort leben Trappisten - nichts einzuwenden. Sie ist eine hervorragend gelungene Anpassung der Grundstruktur und der Prinzipien des zisterzienischen Kirchenbaus an moderne Baumaterialien. Wenn man einen so guten Architekten hat, muß man nicht unbedingt auch in der Dekoration historisieren.
Das ist wahr. Doch hätte ich mir eine etwas stärkere Betonung der Kirchlichkeit gewünscht: kreuzförmiger Grundriss etwa, oder eine entsprechende Anlage der Fenster. Eine deutlichere Ausrichtung auf den hier fast verschwindenden Altar und das Allerheiligste. Auf mich wirkt das wie typische Zen-Architektur, die man an den Auftrag eine Kirche zu bauen angepasst hat - und Wert darauf legte, dass die kirchlichen Bedürfnisse den Raum nicht stören...
Traditionell sind viele Klosterkirchen nicht nur der Zisterzienser als reine Langhaus-Kirchen gestaltet - das passt nämlich so gut zum Quadrat-Grundriss der Gesamtanlage um den Kreuzgang. Zum meisten anderen schließe ich mich Taddeo gerne an.
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Bernado
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Bernado »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Bernado hat geschrieben:Der Fehler liegt nicht darin, daß Mönche einiger Orden diese Spiritualität seit Bernard von Claiveaux pflegen, sondern darin, daß unverständige Leute sie zum Maßstab des Kirchenbaus allgemein und auch für Weltleute gemacht haben - die dringend auf Bilder und andere äußere Zeichen angewisen sind, um den (bei Mönchen weitaus weniger scharf ausgeprägten) Schritt aus dem Weltgetriebe in die Gegenwart Gottes zu bewältigen.

Deshalb ist auch gegen die Kirche von Novy Dvur - dort leben Trappisten - nichts einzuwenden. Sie ist eine hervorragend gelungene Anpassung der Grundstruktur und der Prinzipien des zisterzienischen Kirchenbaus an moderne Baumaterialien. Wenn man einen so guten Architekten hat, muß man nicht unbedingt auch in der Dekoration historisieren.
Ich bleibe bei meiner Formulierung: Das ist gewalttätiger, herrisch auftreten-
der Ikonoklasmus.

Wäre das Ding um zwei Drittel kleiner, wäre das Argument diskutabel. Aber
auch dann wendete ich ein: 1. Das grell-agressive Weiß ist völlig deplaciert.
2. Auch die Zisterzienser haben zwar mit eher kargem Zierat, aber doch nicht
völlig schmucklos gebaut. Flächen werden architektonisch strukturiert und so
aufgelockert, gewisse Elemente vom Steinmetz verziert, Decken oder Wände
wenn auch nicht komplett ausgemalt, so doch mit malerischen Ornamenten
und geistlichen Darstellungen geschmückt.
Du weigerst dich, auf den Unterschied zwischen einer Klosterkiche eines in strenger Abgeschiedenheit im Böhmerwald liegenden Trappistenkonvents und einer Pfarrkirche einzugehen. Das entkräftet die Behauptung der Gewalttätigkeit, denn dort wird niemandem etwas angetan - da sind nur Freiwillige. Und die Unterstellung des "Ikonklasmus" passt auch nicht so recht zum Sachverhalt: Was hinter dem Altar auf der Säule steht, ist nämlich nicht der Tabernakel, sondern eine altehrwürdige irgendwie mit der Region verbundene Marienstatue - eine Plazierung, die durchaus nicht ohne Bedenken hingenommen werden kann. Die Kirche ist übrigens nicht so groß, wie sie in den Weitwinkelaufnnahmen erscheint. So fotografiert man nun mal Architektur.

Die Mönche von Novy Dvur sind übrigens ziemlich traditionell eingestellt, und obwohl sie den von Mariawald wieder eingeführten Usus von Monte Cistello nicht offiziell übernommen haben, orientiert sich vieles in ihrer Liturgie, in der Lebensweise und am Tagesablauf an der Tradition. Wir sollten froh sein, daß es rechtgläubige Gruppierungen gibt, die das schwierige Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Moderne auf diese Weise angehen. Nicht alle Unterschiede in der Spiritualität beruhen auf Häresien - "katholisch" zu sein, heißt auch gerade in Fragen der Ästhetik ein weites Herz zu haben, solange es nicht die Ästhetik des Feindes ist.

Summorum-pontificum.de hat übrigens eine Dokumentation zum Usus von Monte Cistello mit Bildern aus Novy Dvur ilustriert.
Zuletzt geändert von Bernado am Freitag 16. Oktober 2009, 15:58, insgesamt 1-mal geändert.
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Niels
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Niels »

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Sebastian
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Sebastian »

Niels hat geschrieben:Gallspach, Diözese Linz:

http://www.dioezese-linz.at/pfarren/gal ... Fertig.asp

:panisch: :panisch: :panisch:
Naja über die Innenansicht brauchen wir nicht sprechen :daumen-runter:

Den Innenhof find ich recht stimmig und beruhigend (wahrscheinlich, weil viel mit Holz gebaut wurde). Die Kirche würd' ich also nicht besuchen, wohl aber den Kirchhof :-D
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holzi
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von holzi »

Sebastian hat geschrieben:
Niels hat geschrieben:Gallspach, Diözese Linz:

http://www.dioezese-linz.at/pfarren/gal ... Fertig.asp

:panisch: :panisch: :panisch:
Naja über die Innenansicht brauchen wir nicht sprechen :daumen-runter:

Den Innenhof find ich recht stimmig und beruhigend (wahrscheinlich, weil viel mit Holz gebaut wurde). Die Kirche würd' ich also nicht besuchen, wohl aber den Kirchhof :-D
Ganz meine Meinung. Der Innenraum sieht aus wie die Eingangshalle zu einem Kino, der Innenhof erinnert mich ein bisschen an die Siebenbürgischen Kirchenburgen.

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Sebastian
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Sebastian »

holzi hat geschrieben:
Sebastian hat geschrieben:
Niels hat geschrieben:Gallspach, Diözese Linz:

http://www.dioezese-linz.at/pfarren/gal ... Fertig.asp

:panisch: :panisch: :panisch:
Naja über die Innenansicht brauchen wir nicht sprechen :daumen-runter:

Den Innenhof find ich recht stimmig und beruhigend (wahrscheinlich, weil viel mit Holz gebaut wurde). Die Kirche würd' ich also nicht besuchen, wohl aber den Kirchhof :-D
Ganz meine Meinung. Der Innenraum sieht aus wie die Eingangshalle zu einem Kino, der Innenhof erinnert mich ein bisschen an die Siebenbürgischen Kirchenburgen.
Den Kreuzweg finde ich etwas zu abstrakt.
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Petur
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Petur »

RK Kirche, Martfű, Ostungarn:

Bild
Quelle: http://babus-szabi.freeblog.hu/

http://static.panoramio.com/photos/orig ... 48463.jpg
http://www.bucsujaras.hu/martfu/index.html

Während der kommunistischen Diktatur war Martfű die einzige Stadt Ungarns, in der es keine Kirche gab.

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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Petur »


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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Peregrin »

Niels hat geschrieben:Gallspach, Diözese Linz:

http://www.dioezese-linz.at/pfarren/gal ... Fertig.asp

:panisch: :panisch: :panisch:
Naja, architektonisch ist das ja ganz witzig. Die Aufgaben, die dem Architekten wahrscheinlich gestellt waren, hat er wohl gut gelöst. Den Geist des Tempels vermißt man freilich, aber den hat vermutlich in der Projektbeschreibung auch niemand erwähnt.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Petur hat geschrieben: Während der kommunistischen Diktatur war Martfű die einzige Stadt Ungarns, in der es keine Kirche gab.
Wie kam es dazu?

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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von taddeo »

holzi hat geschrieben:
Sebastian hat geschrieben:
Niels hat geschrieben:Gallspach, Diözese Linz:

http://www.dioezese-linz.at/pfarren/gal ... Fertig.asp

:panisch: :panisch: :panisch:
Naja über die Innenansicht brauchen wir nicht sprechen :daumen-runter:

Den Innenhof find ich recht stimmig und beruhigend (wahrscheinlich, weil viel mit Holz gebaut wurde). Die Kirche würd' ich also nicht besuchen, wohl aber den Kirchhof :-D
Ganz meine Meinung. Der Innenraum sieht aus wie die Eingangshalle zu einem Kino, der Innenhof erinnert mich ein bisschen an die Siebenbürgischen Kirchenburgen.
Das ist wieder so ein Beispiel wie der windschiefe Betonbunker (in Freiburg war der, meine ich): Das könnten womöglich tolle Konzertsäle sein oder überhaupt eines der landauf, landab fehlenden weltlichen Kulturgebäude. Aber als Kultusgebäude - Kirchen - sind sie völlig daneben. Andererseits ist diese Architektur auch sehr verräterisch, ohne es zu wollen: Kirche ist halt oft nur noch ein weicher Kulturfaktor im Leben eines Ortes - einer neben vielen anderen.

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Bernado
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Bernado »

Sebastian hat geschrieben: Den Kreuzweg finde ich etwas zu abstrakt.
Anbstrakt? Bestenfalls leicht abstrahierend - reine 50er-Jahre Ästhetik. Das finde ich so bemerkenswert an vielen Hervorbringungen angeblich moderner kirchlicher Kunst: Sie sind komplett in den 50ern stehengeblieben.

Wahrscheinlich, weil bei vielen späteren Entwicklungen der nihilistische Grundzug so unübersehbar wird, daß man keine Traute hat, das für die Kirche zu nutzen. So bleibt es denn doch dabei: Die Fähigkeit zur "Verheutigung" hat Grenzen, die man aus prinzipiellen Gründen schwer überschreiten kann.

Ob man dann aber nostalgisch auf 1950 oder 1850 zurückgreift, ist wirklich nur noch Geschmackssache.
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Petur »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:
Petur hat geschrieben: Während der kommunistischen Diktatur war Martfű die einzige Stadt Ungarns, in der es keine Kirche gab.
Wie kam es dazu?
Martfű ist erst seit 1950 selbständig und war eine sozialistische Industrieortschaft.

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Linus
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Linus »

Bernado hat geschrieben:JDas entspricht einer besonderen Ausprägung der monastischen Spirutualität, die davon ausgeht, daß Mönche, die sich 16 Stunden am Tag in Gebet und Arbeit in die Anschauung Gottes versenken, durch Bilder an der Wand nur vom Wesentlichen abgelenkt werden.

Diese Spiritualität muß man nicht teilen, darf sie aber auch nicht verketzern. @ Robert: Der Fehler liegt nicht darin, daß Mönche einiger Orden diese Spiritualität seit Bernard von Claiveaux pflegen, sondern darin, daß unverständige Leute sie zum Maßstab des Kirchenbaus allgemein und auch für Weltleute gemacht haben - die dringend auf Bilder und andere äußere Zeichen angewisen sind, um den (bei Mönchen weitaus weniger scharf ausgeprägten) Schritt aus dem Weltgetriebe in die Gegenwart Gottes zu bewältigen.
.
Das wage ich zu bezweifeln. Man wird in der heutigen Zeit permanent mit Bildern - sprachlich und visuell zugetextet. Da tut eine solche "Nacktheit" auch in einer Pfarrkirche wohl. Ich bete in solchen Kirchen durchaus gern, wenn der Tabernakel in der Sichtachse ist.

Linus, "normalerweise" in einer Barockkirche die Messe erlebend.
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holzi
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von holzi »

Hier die Christ-the-King-Kirche in LaCrosse, USA:
http://www.newliturgicalmovement.org/2 ... rosse.html
BildBild
Bild
Ich finde, hier wurden gotische Zitate schön und sorgfältig umgesetzt.

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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von BenJoh »

cantus planus hat geschrieben:Eine solche Glanzleistung ist auch Kolumba, der erzdiözesane Kunstmuseum in Köln. Ich habe festgestellt, dass ich der einzige in der Stadt bin, der diesen Flakbunker mitten in der Stadt einfach nur häßlich findet!
Wir wäre es mit der Gründung eines städteübergreifenden Clubs? In München bin ich bislang noch keinem anderen Menschen begegnet, der die neue Synagoge häßlich findet:

Bild

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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von BenJoh »

Linus hat geschrieben:
Bernado hat geschrieben:JDas entspricht einer besonderen Ausprägung der monastischen Spirutualität, die davon ausgeht, daß Mönche, die sich 16 Stunden am Tag in Gebet und Arbeit in die Anschauung Gottes versenken, durch Bilder an der Wand nur vom Wesentlichen abgelenkt werden.

Diese Spiritualität muß man nicht teilen, darf sie aber auch nicht verketzern. @ Robert: Der Fehler liegt nicht darin, daß Mönche einiger Orden diese Spiritualität seit Bernard von Claiveaux pflegen, sondern darin, daß unverständige Leute sie zum Maßstab des Kirchenbaus allgemein und auch für Weltleute gemacht haben - die dringend auf Bilder und andere äußere Zeichen angewisen sind, um den (bei Mönchen weitaus weniger scharf ausgeprägten) Schritt aus dem Weltgetriebe in die Gegenwart Gottes zu bewältigen.
.
Das wage ich zu bezweifeln. Man wird in der heutigen Zeit permanent mit Bildern - sprachlich und visuell zugetextet. Da tut eine solche "Nacktheit" auch in einer Pfarrkirche wohl. Ich bete in solchen Kirchen durchaus gern, wenn der Tabernakel in der Sichtachse ist.

Linus, "normalerweise" in einer Barockkirche die Messe erlebend.
Bezüglich der sprachlichen und visuellen Zutextung stimme ich ganz mit Dir überein. Mit dem Tabernakel in der Sichtachse habe ich allerdings meine Schwierigkeiten. Mir will - kirchliche Baubestimmungen hin oder her - einfach nicht einleuchten, warum man a.) Altar und Tabernakel überhaupt trennen sollte und b.) Der Tabernakel dann irgendwo seitlich im Altarraum steht.
Ich hätte zum Beispiel mit der hier schon behandelten Kirche Mariä Geburt keine Schwierigkeiten, wenn da a.) in der Apsis ein Hochaltar mit Tabernakel stünde. Altar und Tabernakel müssten natürlich aus angemessenen Materialien in angemessener Form hergestellt sein b.) eine Altarschranke den Altarraum vom Gemeinderaum trennen würde c.) und diese in den Gemeinderaum reinragende Plattform samt Mahltisch komplett verschwinden würde.

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Im übrigen möchte ich bei dieser Gelegenheit auch noch einmal in Erinnerung rufen, dass es natürlich bester westlicher Tradition entspricht, eine Kirche nicht von oben bis unten mit Bildern vollzupacken:
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Im Mittelpunkt steht der Hochaltar, der selbstverständlichdas wichtigste Element in jeder Kirche sein sollte. Die anderen farblichen Elemente in St. Michael sind folgerichtig die Seitenaltäre. Nichts lenkt hier vom zentralen Geschehen am zentralen Ort während einer Messfeier ab.

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Bernado
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von Bernado »

Wir feiern die hl. Messe in einem irdischen "Kontaktpunkt" des himmlischen Jerusalem in Anwesenheit der Cherubim und Seraphim, Throne und Mächte... des ganzen himmlischen Hofstaates und aller Heiligen. Um das zu vergegenwärtigen, muß man die Kirche zwar nicht so programmatisch ausmalen, wie das etwa die Orthodoxen tun - aber es hilft.

Ich sehe in den weißgekälkten Kirchen der Nachkriegs- Nachkonzilszeit AUCH eine der Ursachen dafür, daß das Bewußtssein vom himmlischen Jerusalem geschwunden ist und die Gemeinden der von vielen Theologen begünstigten Täuschung erliegen, die "Eucharistiefeier" sei eine von den Versammelten veranstalte Gedenkfeier. Insoweit stimme ich also mit Roberts Ikonoklasmus-Vorwurf durchaus überein. Ich wehre mich nur gegen die Verabsolutierung: Es gibt Kontexte, in denen die weiße Schlichtheit angebracht ist, und andere, in denen sie pastoral und katechetisch von Übel ist.

Ich habe auch Verständnis dafür, daß jemand in unserer visuell hoch aufgeladenen Umwelt die Abwesenheit von optischen Reizen als wohltuend empfindet, denke aber, daß man hier nichts verabsolutieren sollte. Wenn es gelingt, bei einem Kirchenneubau mit äußerst sparsamem Bildprogramm auszukommen - soll mir recht sein, ich muß da vielleicht ja nicht hingehen, wenn es mir nicht zusagt. Oft genug verbirgt sich hinter der angeblichen Bilderlosigkeit aber nur ein anderes Bildprogramm: Betonte "Naturmaterialien" signalisieren dann grüne Ideologeme, große ungestaltete Flächen können nicht nur für Bild-, sondern auch für Bindungslosigkeit stehen usw.

Für einen tatsächlich ikonoklastischen Fehlgriff halte ich es, wenn neugotische oder auch ältere ursprünglich ausgemalte Kirchen wie im Falle Mariä Geburt gekalkt werden: Das ist signalhafte Abkehrung von und Zerstörung der Tradition, die bauliche Seite der Hermeneutik des Bruches.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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BenJoh
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Re: Moderne Kirchenarchitektur

Beitrag von BenJoh »

Bernado hat geschrieben:Wir feiern die hl. Messe in einem irdischen "Kontaktpunkt" des himmlischen Jerusalem in Anwesenheit der Cherubim und Seraphim, Throne und Mächte... des ganzen himmlischen Hofstaates und aller Heiligen. Um das zu vergegenwärtigen, muß man die Kirche zwar nicht so programmatisch ausmalen, wie das etwa die Orthodoxen tun - aber es hilft.

Ich sehe in den weißgekälkten Kirchen der Nachkriegs- Nachkonzilszeit AUCH eine der Ursachen dafür, daß das Bewußtssein vom himmlischen Jerusalem geschwunden ist und die Gemeinden der von vielen Theologen begünstigten Täuschung erliegen, die "Eucharistiefeier" sei eine von den Versammelten veranstalte Gedenkfeier. Insoweit stimme ich also mit Roberts Ikonoklasmus-Vorwurf durchaus überein. Ich wehre mich nur gegen die Verabsolutierung: Es gibt Kontexte, in denen die weiße Schlichtheit angebracht ist, und andere, in denen sie pastoral und katechetisch von Übel ist.

Ich habe auch Verständnis dafür, daß jemand in unserer visuell hoch aufgeladenen Umwelt die Abwesenheit von optischen Reizen als wohltuend empfindet, denke aber, daß man hier nichts verabsolutieren sollte. Wenn es gelingt, bei einem Kirchenneubau mit äußerst sparsamem Bildprogramm auszukommen - soll mir recht sein, ich muß da vielleicht ja nicht hingehen, wenn es mir nicht zusagt. Oft genug verbirgt sich hinter der angeblichen Bilderlosigkeit aber nur ein anderes Bildprogramm: Betonte "Naturmaterialien" signalisieren dann grüne Ideologeme, große ungestaltete Flächen können nicht nur für Bild-, sondern auch für Bindungslosigkeit stehen usw.

Für einen tatsächlich ikonoklastischen Fehlgriff halte ich es, wenn neugotische oder auch ältere ursprünglich ausgemalte Kirchen wie im Falle Mariä Geburt gekalkt werden: Das ist signalhafte Abkehrung von und Zerstörung der Tradition, die bauliche Seite der Hermeneutik des Bruches.
Weißt Du, wie die Kirche vorher aussah? Ich habe auf die Schnelle leider keine Bilder gefunden.
Die Zerstörung von Altären in den 70ern ist mir natürlich ein Greuel. Das ist in der Tat reinster Ikonoklasmus und verabscheuenswert. Ich vermute mal, das Mariä Geburt bezüglich des Altares auch solch einem Ikonoklasmus zum Opfer gefallen ist. Dass Mariä Geburt vorher ausgemalt war, kann ich mir hingegen nicht vorstellen. Diese Kirche wurde 1894/95 erbaut. Das entspräche überhaupt nicht damaligen neugotischen Gepflogenheiten. Ich kenne jedenfalls nur (echte) gotische Kirchen, die barockisiert wurden und dann dementsprechend ausgemalt wurden. Aber das wäre ein anderes Thema, da dort ja dann Bilder hinzugefügt worden wären, wo vorher keine waren. Eine kahle Kirche weiß anzustreichen, ist daher doch etwas anderes.

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