Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

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Athanasius0570
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Athanasius0570 »

Man kann in Bezug auf Gott sagen, es gibt

a) Gott

b) Menschen

a) hat alles erschaffen, inkl. b).
Deshalb kann für b) das Leben nur gelingen, wenn sie sich ganz a) anvertrauen.
Ob sie ba) verheiratet oder bb) gottgeweiht oder bc) ledig oder bx) sonstwas sind, ist dafür sekundär.

Wäre das als Grundlage anerkannt, gäbe es viel weniger Probleme, weil dann Sekundäres nicht als Primäres missgedeutet würde...
Freut euch zu jeder Zeit! Betet ohne Unterlass! Dankt für alles; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus. (1 Thess 5, 16-18)

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Maurus
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Maurus »

Gallus hat geschrieben:Wie schon vorher von mir vermutet: Allein der Zeitpunkt der Freiburger Initiative stellt schon einen Verstoß gegen das Kirchenrecht dar:

http://canonlawblog.wordpress.com/213/ ... canon-428/
Dazu habe ich ein paar Fragen und Anmerkungen, die aber themenfremd sind und vor mir hierhin ausgelagert wurden: http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?p=692783#p692783

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Jorge_
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Jorge_ »

Gamaliel hat geschrieben:Würde der Mörder unentwegt morden, dann könnte er auch nicht zum Kommunionempfang zugelassen werden. Ein Gleiches gilt für den im fortgesetzten Ehebruch Lebenden, sowie für jeden anderen öffentlichen Sünder, der fleißig weitersündigt, statt umzukehren.
Diese Mafia-Problematik (Kommunionempfang für Berufskiller und Patrone) ist in Italien ja häufig diskutiert worden. Im Ergebnis kam bisher noch immer heraus, dass es von kirchlicher Seite angeblich keine Handhabe gibt und (stadtbekannte) Mafiabosse problemlos zur Kommunion gehen können. Problematisch sind wohl die Beweislage (und die Omertà). Diejenigen, die nicht überführt sind, geben natürlich nichts zu und gerieren sich als ehrenwerte Bürger (und obwohl alle Bescheid wissen, sagt keiner was). Und diejenigen, die überführt sind, brauchen ihre Verbrechen nur zu beichten. Selbst im Gefängnis bekamen und bekommen solche Leute die Kommunion (obwohl auch da jeder weiß, dass sie ihre Netze im Untergrund weiterbetreiben).

Technisch geht das wohl nicht anders, trotzdem ist es ein Ärgernis, das die Praxis gegenüber den zivil Wiederverheirateten ad absurdum führt. Auch ihnen wird die Kommunion ja nur auf Verdacht verweigert (denn ob ihre Lage wirklich Sünde ist, will und kann der Gesetzgeber gar nicht entscheiden, es geht ja bei dem Ganzen sowieso nur um den „objektiven“ äußeren Anschein der schweren Sünde, nicht um die „objektive Sünde“ selbst, die es ja auch gar nicht gibt).
Gamaliel hat geschrieben:Um Dein Beispiel zu korrigieren, habe ich aus dem einfachen Mörder, einen Serienmörder gemacht, wodurch auch hier der Aspekt des dauerhaften Sündigens gewahrt wurde. - Du kannst aber auch gerne ein anderes Beispiel wählen, bloß achte darauf, daß es sich dabei um eine fortgesetzte Situation des Sündigens handelt.
Ein gutes Beispiel wäre der Geschiedene oder getrennt Lebende, der zwar nicht wieder heiratet, aber regelmäßig Affären hat. Er kann diese Verstöße immer wieder beichten und dann auch zur Kommunion gehen. Sein unsteter Lebenswandel kann sogar in der Gemeinde bekannt sein, solange er nicht nochmal heiratet, ist er angeblich kein Dauerehebrecher.
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Jorge_
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Jorge_ »

Clemens hat geschrieben:
Thomas Morus hat geschrieben: Was mich aber wundert: Woher weiß denn ein Pfarrer, wer wiederverheiratet ist, mal angenommen, die Betroffenen sagen es ihm nicht selbst und Getratsche gibt es auch gerade einmal nicht (und wenn, sollte er dem ja keinen Glauben schenken) oder es handelt sich um Personen. über die man sonst in den Gemeinden nichts weiter weiß, neu Zugezogene etc.
Wird eine zivile Scheidung in kirchlichen Akten vermerkt? Und eine Wiederheirat?
Jedes deutsche Pfarramt bekommt vom zuständigen Standesamt in regelmäßigen Abständen Mitteilungen über alle seine Mitglieder und deren Partner und Kinder betreffenden relevanten Personenstandsveränderungen, also Kindsgeburten, Taufen, Eheschließungen, Scheidungen, Todesfälle, Austritte.
Seraphina hat geschrieben:JEDER kriegt die Kommunion, wenn der Priester ihn nicht kennt. Ist sogar kirchenrechtlich so festgelegt. Aber deshalb ist es noch lange nicht richtig, zur Kommunion zu gehen, wenn man weiß, dass man nicht im Stande der Gnade ist.
Im Prinzip richtig, aber nicht ganz präzise. Ob der Priester dich kennt oder ob der Priester vom Standesamt über eine Wiederheirat informiert wird, ist für den Kommunionempfang irrelevant. Es kommt darauf an, ob es in der Gemeinde, da wo man zur Kommunion geht, öffentlich bekannt ist. Solange der Priester vor der Messe keinen Aushang macht und darin bekannt gibt, wer alles zum zweiten Mal verheiratet ist oder sonstwie in „sündigen Verhältnissen“ lebt, muss er dir die Kommunion auch dann geben, wenn er persönlich über die Situation Bescheid weiß, aber nicht davon ausgehen kann, dass die Gottesdienstgemeinde das weiß.

Das alles bezieht sich natürlich auf das Verbot, einem Hinzutretenden die Kommunion zu verweigern. Wie Seraphina richtig sagt, ist es eine ganz andere Frage, ob der Betreffende überhaupt hinzutreten darf. Dafür ist es dann auch völlig egal, wo er zur Kommunion gehen will und ob man ihn kennt oder nicht. Natürlich ist hier das Gewissen der ausschlaggebende Punkt, allen Unkenrufen empörter Gewissensskeptiker zum Trotz.
Zu guter letzt lässt sich eben nur im „autonomen“ Gewissen feststellen, ob man annehmen darf, (wahrscheinlich) im Stande der Gnade zu sein oder nicht. Das hat nichts damit zu tun, dass sich das Gewissen nicht an kirchliche oder göttliche Regeln zu halten hätte, sondern nur damit, dass das Gewissen die allerletzte Instanz ist, die diese „objektiven“ Regeln auf dein „subjektives“ Leben anwendet. Das Gewissen ist „autonom“, weil letztlich du und nur du ganz allein vor dem göttlichen Gesetzgeber stehst. Daran kann kein menschlicher Gesetzgeber etwas ändern, auch nicht der kirchliche.
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Jorge_
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Jorge_ »

Theresita hat geschrieben:Es ist für einen Wiederverheirateten nicht verboten, an der Eucharistiefeier teilzunehmen ,sondern die Eucharistie zu empfangen.
Falls er die Hl. Kommunion also empfangen haben sollte, kann er zur Beichte gehen. Aber nur wenn er den Vorsatz faßt, das ehebrecherische Verhältnis in dem er jetzt lebt zu beenden. Also entweder eine Trennung von dem neuen Partner oder eine Josefsehe.
Es ist für einen zivil Wiederverheirateten vor allem verboten, zu beichten. Das ist der eigentliche Skandal bei der Sache, weil es die Betroffenen schlicht und einfach der kirchlichen Bußpraxis vollkommen entfremdet, sodass sie darin nichts Authentisches mehr erblicken können, sondern nur eine heuchlerische Fassade.

Es gibt ja genug Leute, die sich aus Gewissensgründen weigern, eine zweite, zivil geschlossene Ehe als „Dauersünde“ zu akzeptieren und zu bereuen. Das ist absolut nachvollziehbar. Es führt aber dazu, dass diese Leute auch andere Verfehlungen, möglicherweise sogar sehr schwere Sünden, nicht beichten können, weil sie bezüglich Fortführung ihrer neuen Zivilehe keine Reue empfinden können und/oder wollen. Ein völlig unhaltbarer Zustand.

Ob sie damit „objektiv“ recht haben, sei dahingestellt, aber diese Gewissensentscheidung muss man akzeptieren. Wer in seinem Gewissen (also so ehrlich und informiert, wie es ehrlicher und informierter nicht geht) davon überzeugt ist, dass die Aufrechterhaltung der neuen Partnerschaft in seiner jetzigen Situation (Ehe ist gescheitert, ein Zurück gibt es nicht) keine Sünde ist, kann die zweite Partnerschaft auch nicht bereuen. Das geht einfach nicht, dafür müsste er sich selbst anlügen. Ihm nur deswegen die Möglichkeit zu nehmen, seine „wirklichen“ Sünden zu beichten, ist das Gegenteil von Seelsorge.
Marion hat geschrieben:Die Kirche muss auch darauf Acht geben, daß sie glaubhaft ist und bleibt. Wenn die Kirche die Sakramente diesen offensichtlichen Wiederverheirateten spendet, dann sieht es so aus, als ob nicht einmal mehr die Kirche daran glaubt, daß Wiederheirat eine schwere Sünde ist.

(Hervorhebung von Jorge)
Wenn die Kirche die Sakramente (Buße, Eucharistie ...) diesen zivil Wiederverheirateten nicht spendet, dann aber Dinge sagt wie
Die Internationale Theologische Kommission des Vatikan hat geschrieben:Auch wenn die unrechtmäßige Situation keine volle Teilnahme am Leben der Gemeinschaft gestattet, so sind diese Christen doch nicht vom Wirken der göttlichen Gnade und der Verbindung mit der Kirche ausgeschlossen, und die Hirtensorge darf ihnen nicht entzogen werden.
dann merkt sie ja auch selbst, wie wenig glaubhaft das ist. Da war die früher übliche Bekanntgabe der Exkommunikation durch Verlesung eines Schriftstücks von der Kanzel wesentlich konsequenter.
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Pelikan
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Pelikan »

Jorge_ hat geschrieben:Technisch geht das wohl nicht anders, trotzdem ist es ein Ärgernis, das die Praxis gegenüber den zivil Wiederverheirateten ad absurdum führt. Auch ihnen wird die Kommunion ja nur auf Verdacht verweigert (denn ob ihre Lage wirklich Sünde ist, will und kann der Gesetzgeber gar nicht entscheiden, es geht ja bei dem Ganzen sowieso nur um den „objektiven“ äußeren Anschein der schweren Sünde, nicht um die „objektive Sünde“ selbst, die es ja auch gar nicht gibt).
Der Mafioso geht aber keinen öffentlichen Vertrag ein, in dem er sich zu zukünftigen Sünden verpflichtet. Das tut der zivil Wiederheiratende tatsächlich wahrscheinlich auch nicht, weil die Vorstellung der leiblichen Eheschuld den meisten ein Horror ist, erst recht den meisten über solche Verbindungen waltenden Staatsbeamten. Aber solange Zivilehen nicht generell für nichtig erklärt werden, genießen sie auch die Rechtsgunst.

Ohne die große Trennung vom staatlichen Rechtssystem wird es in dieser Frage keinen Fortschritt geben. Kirche und Staat, wenigstens aber die Kirche, werden zugeben müssen, daß das, was der Staat immer noch Ehe nennt, schon länger keine Ehe mehr ist, weil die leibliche Dimension völlig aus der Rechtswirklichkeit verschwunden ist. Dann könnten auch die Geschiedenen unterschiedslos wie die mit regelmäßigen Affären behandelt werden, weil die Tatsache ihrer neuen Verpartnerung sexuell gegenstandslos ist.

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Marion
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Marion »

Jorge_ hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Die Kirche muss auch darauf Acht geben, daß sie glaubhaft ist und bleibt. Wenn die Kirche die Sakramente diesen offensichtlichen Wiederverheirateten spendet, dann sieht es so aus, als ob nicht einmal mehr die Kirche daran glaubt, daß Wiederheirat eine schwere Sünde ist.

(Hervorhebung von Jorge)
Wenn die Kirche die Sakramente (Buße, Eucharistie ...) diesen zivil Wiederverheirateten nicht spendet, dann aber Dinge sagt wie
Die Internationale Theologische Kommission des Vatikan hat geschrieben:Auch wenn die unrechtmäßige Situation keine volle Teilnahme am Leben der Gemeinschaft gestattet, so sind diese Christen doch nicht vom Wirken der göttlichen Gnade und der Verbindung mit der Kirche ausgeschlossen, und die Hirtensorge darf ihnen nicht entzogen werden.
dann merkt sie ja auch selbst, wie wenig glaubhaft das ist. Da war die früher übliche Bekanntgabe der Exkommunikation durch Verlesung eines Schriftstücks von der Kanzel wesentlich konsequenter.
Stimmt.
Das hat wohl was mit dem neuen Kirchenverständnis zu tun.
Wer ist in der Kirche und wer ist außerhalb. Da lehrte die Kirche immer ganz klar, und wenn da auch nur an einem Eckchen des Glaubens bisschen rumgedreht wird, dann passt nichts mehr zusammen.
Römischer Katechismus hat geschrieben: VIII. Wer nicht zur streitenden Kirche gehört.

1) Drei Gattungen von Menschen sind aus der Kirche ausgeschlossen, erstlich, die Ungläubigen. 2) Die Ketzer stehen unter der Macht der Kirche, damit sie von ihr bestraft werden sollen. 3) Die lasterhaften Gläubigen verbleiben in der Kirche. Böse Vorsteher verlieren ihre Gewalt nicht.

I. Hieraus folgt, dass nur drei Gattungen von Menschen von ihr ausgeschlossen sind; erstens die Ungläubigen, dann die Ketzer und Abtrünnigen, endlich die Exkommunicirten. Die Heiden sind ausgeschlossen, weil sie nie zur Kirche gehörten, sie auch niemals anerkannten, und keines Sacramentes gemeinsam mit dem christlichen Volke theilhaftig waren.
II. Die Ketzer und Abtrünnigen sind ausgeschlossen, weil sie von der Kirche abfielen. Sie können ebensowenig zur Kirche gerechnet werden, wie Ueberläufer zu einem Heere, von welchem sie desertirten. Doch ist nicht zu läugnen, dass sie unter der Gewalt der Kirche stehen, da sie von ihr vor Gericht gerufen, bestraft, und mit dem Bannflüche belegt werden. Endlich auch die Exkommunicirten, weil sie durch das Urtheil der Kirche ausgeschlossen, solange nicht mehr zu ihrer Gemeinschaft gehören, bis sie sich bessern.
III. Die übrigen Menschen, wenn sie auch böse und lasterhaft sind, verbleiben in der Kirche. Diess ist den Gläubigen immerfort in's Gedachtniss zu rufen, damit sie, wenn vielleicht die Vorsteher der Kirche lasterhaft leben sollten, ganz gewiss wissen, dass diese doch zur Kirche gehören, und dass ihnen desswegen nichts von ihrer Gewalt entzogen werde.
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PigRace
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von PigRace »

Hallo,

anbei das Interview, aus dem Alois Glück in diversen Zeitungen öfters zitiert worden ist. Ich dachte, es wäre interessant, seine Meinung zur "Freiburger Handreichung" in gänze lesen zu können. Immerhin handelt es sich dabei - zumindest informell bzw. in der öffentlichen Wahrnehmung - um die oberste Meinung von uns Laien zu diesem Thema...
Interview Bayrischer Rundfunk Alois Glück und Matthias Dänzer-Vanotti, 8.10.2013, hat geschrieben:[Begrüßung]

Q: Sind Sie erleichtert über diesen Freiburger Vorstoß?

A: Ich bin erfreut. Es ist so, daß ja in mehreren Diözesen an dem Thema gearbeitet wird. Es ist gegenwärtig ein dringliches Thema in der katholischen Kirche in Deutschland und darüber hinaus, was sich auch darin zeigt, daß Papst Franziskus angekündigt hat, daß sich eine eventuelle Bischofssynode damit befaßt. Aber es wird sicher die Diskussion, die Beratungen und vielleicht auch den Prozeß beschleunigen, daß nun die Erzdiözese Freiburg mit einer solchen Handreichung auch an die Öffentlichkeit gegangen ist. Und es ist für den Dialogprozeß, den wir gerade in Deutschland haben, eigentlich gegenwärtig das zentrale Thema.


Q: Welche Bedeutung hat denn diese „Handreichung“? Ist das mehr als nur Signalcharakter? Weil verpflichtend ist das ja nicht…

A: Natürlich ist es nicht verpflichtend, weil das ist ja zunächst einmal die Sache der einzelnen Menschen, ob sie sich intensiv damit in der Weise auseinandersetzen. Grundsätzlich ist der Weg auch schon jetzt gangbar und wird auch immer wieder gegangen, liegt zunächst in der Gewissensentscheidung der unmittelbar betroffenen und natürlich auch beim Seelsorger. Nur gibt es und gab es in den letzten Jahren eine wachsende Unsicherheit und es gilt deswegen jetzt auch für die Situation Regeln zu finden. Es geht ja nicht darum nun Grundsätze über Bord zu werfen, d.h. der Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe und der Ehe als Sakrament ist damit im katholischen Verständnis ja nicht aufgehoben. Aber es werden Wege aufgezeigt, wie für Menschen, die sich mit ihrer Situation auseinandersetzen, denen der Glaube weiter wichtig ist, die in der Kirche voll mitleben möchten, wieder der Weg geöffnet werden kann zur vollen Teilnahme am kirchlichen Leben einschließlich dem Zugang der Sakramente.


Q: Ist nicht der Zeitpunkt gekommen, Herr Glück, sich jetzt auch einmal mit der Unauflöslichkeit der Ehe mal auseinanderzusetzen in der katholischen Kirche?

A: Nein, das Versprechen, das Ziel, das Wollen der lebenslangen Treue und des Zueinanders, was ja auch die Sehnsucht aller Menschen, so ziemlich aller Menschen ist, das steht nicht zur Disposition. Aber was wichtig ist, wie mit den Menschen umgehen, wie kirchlich mit der Situation umgehen, wenn es trotz aller Bemühungen scheitert. Und was jetzt in Freiburg aufgezeigt wird, was in andern Diözesen ja auch daran gearbeitet wird, das ist ja jetzt nicht irgendeine Billigvariante, sondern es ist der Weg begründeter Einzelfallentscheidungen für Menschen, denen das weiter wichtig ist. Und das ist auch wichtig, das auseinander zu halten. Es geht nicht um die Auflösung von Grundsätzen. Aber ganz im Sinne auch von Papst Franziskus: Im Vordergrund steht nicht das Gesetz, im Vordergrund – und das Gesetz wird damit auch nicht aufgehoben – aber im Vordergrund steht die Zuwendung zu den Menschen, die Vermittlung der Liebe Gottes zu den Menschen und das ist letztlich wichtiger als eine Starrheit im Gesetz.


Q: Müßte nicht, Herr Glück, der Moralkodex der Kirche grundlegend auf den Prüfstand gestellt werden? Kann es angehen, daß Wiederverheirateten die Sakramente verweigert werden, Priestern die Kinder mißbrauchen diese Rechte aber nicht aberkannt werden? Kann das angehen?

A: Priester die Kinder mißbrauchen, dazu gibt es mittlerweile ein sehr konsequentes Handeln. Das war nicht immer so. Das ist auch eine der der Glaubwürdigkeitskrisen der Kirche dann geworden. Und es darf in der Kirche natürlich auch keine doppelte Moral geben. Es muß in allen Fällen jeweils gerecht gehandelt werden, dem Menschen gerecht werden, aber auch konsequent gehandelt werden.

[Verabschiedung]
Link zum Interview

Persönlich wäre mir lieber gewesen, er hätte zur Sache geschwiegen bzw. darauf verwiesen, daß Dinge, die die Sakramente betreffen, für uns Katholiken "hot topics" sind, die besser in Rom besprochen und entschieden werden als von einem Amtsleiter eines deutschen Bistums. Ich halte es für nicht angemessen, daß Herr Glück hier so klar Partei ergreift. Vor allem vor dem Hintergrund, daß der Bischofssitz in Freiburg zur Zeit vakant ist und auch in der "Handreichung" keinerlei theologische Begründung für diese Ausnahme vom angeblichen Grundsatz gegeben wurde.

PigRace

[Edit: noch einmal ins Interview gehört und ein paar Kleinigkeiten nachgebessert - möchte ja fair ggü. A. Glück bleiben...]
Zuletzt geändert von PigRace am Mittwoch 16. Oktober 2013, 17:30, insgesamt 2-mal geändert.

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overkott
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von overkott »

Wichtig für die Überzeugungskraft kirchlicher Verkündigung ist die Bewertung von Gutem als gut und von Nein als Nein. Es wäre falsch, wenn die Kirche sagen würde: Ab heute ist auch Schlechtes gut; unser Nein bedeutet natürlich: Ja. Wiederverheiratung galt bisher als schlecht, jetzt ist dieser Status für den.... Sakramentenempfang egal.... wir reden nur Theologie auf Talkshow-Niveau: Recht bekommt, wo der Dümmste mitklatscht.

KlausLange
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von KlausLange »

Herr Erzbischof Zollitsch meint, und ich glaube ihm das, dass bei dem Gespräch mit dem Papst gestern, die Freiburger Handreichung zum Umgang mit den sog. wiederverheiratet Geschiedenen nicht besprochen wurde.

Dies ist sehr interessant. Auch vom Presseamt bezog sich die Kritik nicht auf den Inhalt der Handreichung, sondern auf den Umstand, dass dies ein voreiliger Vorstoß war, was aber nur im Rahmen der Weltkirche zu regeln sei.

Doch will ich über solche Signale aus Rom gar nicht spekulieren. Allein die Nichtbehandlung dieses Themas bei der Papstaudienz halte ich für bemerkenswert. Warten wir die Bsichofssynode ab.

Quelle

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Juergen
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Juergen »

D: Freiburger Handreichung war kein Thema beim Papst

Die Handreichung des Bistums Freiburg zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen war nach Angaben von Erzbischof Robert Zollitsch nicht Thema seines Gesprächs mit Papst Franziskus am Donnerstag. Das teilte der Freiburger Bistumsleiter und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz nach der Unterredung in Rom mit.


Dieser Text stammt von der Webseite http://de.radiovaticana.va/news/213/1 ... ted-73836
des Internetauftritts von Radio Vatikan
Damit wird noch klarer, wo beim Papst die Prioritäten liegen…
Den Papst interessiert die Unauflöslichkeit der Ehe und Ehebruch offenbar einen Scheißdreck.
Gruß Jürgen

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Pit
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Pit »

Juergen, ich denke nicht,dass dem so ist,denn aus dem Text geht nur hervor,dass das Thema in diesem Gespräch kein Thema war,ich weiss nicht,was vorher an Kommunikation war oder noch folgt.
Juergen hat geschrieben:
D: Freiburger Handreichung war kein Thema beim Papst

Die Handreichung des Bistums Freiburg zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen war nach Angaben von Erzbischof Robert Zollitsch nicht Thema seines Gesprächs mit Papst Franziskus am Donnerstag. Das teilte der Freiburger Bistumsleiter und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz nach der Unterredung in Rom mit.
...
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ad_hoc
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von ad_hoc »

Juergen hat geschrieben:
D: Freiburger Handreichung war kein Thema beim Papst

Die Handreichung des Bistums Freiburg zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen war nach Angaben von Erzbischof Robert Zollitsch nicht Thema seines Gesprächs mit Papst Franziskus am Donnerstag. Das teilte der Freiburger Bistumsleiter und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz nach der Unterredung in Rom mit.


Dieser Text stammt von der Webseite http://de.radiovaticana.va/news/213/1 ... ted-73836
des Internetauftritts von Radio Vatikan
Damit wird noch klarer, wo beim Papst die Prioritäten liegen…
Den Papst interessiert die Unauflöslichkeit der Ehe und Ehebruch offenbar einen Scheißdreck.
Womöglich wartet der Papst auch noch weitere Nachrichten in Bezug auf Zollitsch' neueste Eskapaden ab.
Ich hatte im Fernsehen den ersten Kommentar des Vorsitzenden der DBK gesehen, Mir schien, dass Zollitsch einen ziemlich betröpselten Eindruck machte, hypernervös war und ständig mit den Augen blinzelte. Womöglich war das Gespräch mit dem Papst doch nicht derart erfrischend, wie er sich das erträumt hatte (obwohl ich eher annehme, dass er schon mit zuvor unguten Gefühlen die Papsträumlichkeiten betreten hatte). Auch das übliche frohgemute Grinsen war ihm vergangen.
Mag der Papst zu einzelnen Problematiken stehen wie er will: Das öffentliche Auftreten Zollitsch' in der Angelegenheit des Limburger Bischofs kann ihm nicht gefallen haben.

Gruß, ad_hoc
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Pit
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Pit »

@ ad_hoc

Zu den Worten von EB Zollitsch sagte eine Moderatorin - ich meine es war im WDR-Fernsehen - wenig später leicht ironisch aber zutreffend:
"So sagt man,dass man nichts sagen kann!"
Was hätte er auch sagen sollen?
vieleicht:
"Zur Zeit kann ich nichts Detailiertes sagen,wir müssen das Ergebnis der Kommision abwarten!" ?
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ad_hoc
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von ad_hoc »

Es geht nicht um das, was Zollitsch gesagt hat, es geht um die Art, wie und in welcher Verfassung er etwas gesagt hat.
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phylax
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von phylax »

[quote="Juergen"][quote]D: Freiburger Handreichung war kein Thema beim Papst

Die Handreichung des Bistums Freiburg zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen war nach Angaben von Erzbischof Robert Zollitsch nicht Thema seines Gesprächs mit Papst Franziskus am Donnerstag. Das teilte der Freiburger Bistumsleiter und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz nach der Unterredung in Rom mit.


Das glaube, wer will - ich nicht.
Da macht der Vorsitzende eine Bischofskonferenz einen weltweit beachteten Vorstoss - egal, wie man das jetzt bewertet, und der Papst und Zollitsch reden über, ja über was? Tebartz kam ja erst später als Thema auf.
Von Gott kommt mir ein Freudenschein,/ wenn Du mich mit den Augen Dein/ gar freundlich tust anblicken

Ralf

Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Ralf »

Juergen hat geschrieben:Den Papst interessiert die Unauflöslichkeit der Ehe und Ehebruch offenbar einen Scheißdreck.
Wieso ist das "offenbar"?

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umusungu
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von umusungu »

Juergen hat geschrieben:Damit wird noch klarer, wo beim Papst die Prioritäten liegen…
Den Papst interessiert die Unauflöslichkeit der Ehe und Ehebruch offenbar einen Scheißdreck.
Deine Wortwahl ist geprägt durch höchsten Respekt vor dem höchsten Amt in unserer Kirche und von kindlicher Verbundenheit mit dem Nachfolger des hl. Petrus als Bischof von Rom.

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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Vir Probatus »

umusungu hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:Damit wird noch klarer, wo beim Papst die Prioritäten liegen…
Den Papst interessiert die Unauflöslichkeit der Ehe und Ehebruch offenbar einen Scheißdreck.
Deine Wortwahl ist geprägt durch höchsten Respekt vor dem höchsten Amt in unserer Kirche und von kindlicher Verbundenheit mit dem Nachfolger des hl. Petrus als Bischof von Rom.
Sie ist auch geprägt von höchstem Respekt gegen die Leute, denen unverschuldet in ihrem Leben etwas versagt blieb, die im schlimmsten Fall selbst zu Opfern wurden.
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Peti »

Juergen hat geschrieben: Damit wird noch klarer, wo beim Papst die Prioritäten liegen…
Den Papst interessiert die Unauflöslichkeit der Ehe und Ehebruch offenbar einen Scheißdreck.
Dummes Geschwätz.
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
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Raphael

Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Raphael »

Peti hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:
D: Freiburger Handreichung war kein Thema beim Papst

Die Handreichung des Bistums Freiburg zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen war nach Angaben von Erzbischof Robert Zollitsch nicht Thema seines Gesprächs mit Papst Franziskus am Donnerstag. Das teilte der Freiburger Bistumsleiter und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz nach der Unterredung in Rom mit.


Dieser Text stammt von der Webseite http://de.radiovaticana.va/news/213/1 ... ted-73836
des Internetauftritts von Radio Vatikan
Damit wird noch klarer, wo beim Papst die Prioritäten liegen…
Den Papst interessiert die Unauflöslichkeit der Ehe und Ehebruch offenbar einen Scheißdreck.
Dummes Geschwätz.
Gelinde gesagt verwundert es schon ein stückweit, wenn PP Franziskus den EB Zollitsch nicht darauf ansprechen würde, welch ein glaubenswidriges Papier da in dessen Beritt erstellt worden ist.


Aber da über den Inhalt des Gespräches nichts bekannt ist, wird man PP Franziskus auch nicht kritisieren können. :)
Möglicherweise ist er ja noch nicht einmal über die Existenz diese Papieres informiert gewesen ...........

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Athanasius0570
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Athanasius0570 »

Vir Probatus hat geschrieben:
umusungu hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:Damit wird noch klarer, wo beim Papst die Prioritäten liegen…
Den Papst interessiert die Unauflöslichkeit der Ehe und Ehebruch offenbar einen Scheißdreck.
Deine Wortwahl ist geprägt durch höchsten Respekt vor dem höchsten Amt in unserer Kirche und von kindlicher Verbundenheit mit dem Nachfolger des hl. Petrus als Bischof von Rom.
Sie ist auch geprägt von höchstem Respekt gegen die Leute, denen unverschuldet in ihrem Leben etwas versagt blieb, die im schlimmsten Fall selbst zu Opfern wurden.
Bei euch klingt das so, als gäbe es ein Recht auf ein Leben in geglückter sakramentaler Ehe, das man - ja wem? der Kirche? Gott? gegenüber geltend machen könnte.

Uns bleibt wohl allen mehr oder weniger unverschuldet "etwas versagt" im Leben, den einen viel, den anderen scheinbar kaum etwas. Zugesagt ist uns, dass wir trotzdem nicht zu kurz kommen werden, vor allem, wenn wir unser Leiden als Mitleiden mit Christus verstehen.
Freut euch zu jeder Zeit! Betet ohne Unterlass! Dankt für alles; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus. (1 Thess 5, 16-18)

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Gamaliel
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Gamaliel »

Interview mit dem Kirchenrechtler Prälat Markus Graulich:

„Elemente aus Hollywood-Filmen“

Daraus:
[...] kann dann ein Pfarrer in der Erzdiözese Freiburg mit dieser Handreichung arbeiten?

Theoretisch könnte er das nicht. In der Praxis gehe ich davon aus, dass er das tun wird. Erzbischof Zollitsch hat ja die Handreichung nicht zurückgenommen, sondern er hat sie relativiert. [...] Aber da es jetzt als Handreichung veröffentlicht wurde und innerhalb dieser Handreichung auch ein Segensritus für wiederverheiratete Geschiedene vorgesehen ist mit dieser Kerzenübergabe und Elementen aus Hollywood-Filmen, werden die Pfarrer das anwenden – und sie werden sich am Ende auf ihr eigenes Gewissen berufen.
Ist denn die Freiburger Handreichung eine Fortschreibung von „Familiaris consortio“?

Das würde ich jetzt nicht so sehen, denn „Familiaris consortio“ ist ja sehr eindeutig, was den Kommunionempfang von wiederverheirateten Geschiedenen angeht. Etwas pastoral in den Blick zu nehmen, hat nicht unbedingt etwas mit dem Kommunionempfang zu tun. Das heißt zum Beispiel auch, in einer Gemeinde dafür zu sorgen, dass zivil Wiederverheiratete nicht ausgegrenzt werden, dass sie nicht, wenn sie zur Messe kommen, mit der Frage konfrontiert werden: „Was machst Du denn hier?“ Sie sind weiterhin Mitglieder der Gemeinde, sie sind weiterhin getauft, sie haben weiterhin die Pflicht, sonntags zur Messe zu gehen. Sie dürfen eben nicht am Kommunionempfang teilnehmen. Die pastoralen Fragen gehen somit weit über dem Kommunionempfang hinaus.

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Jorge_
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Jorge_ »

Tja. Schade, dass so ein scharfsinniger und kluger Kopf wie Graulich sich von der Tagespost zu apologetischen Zwecken vorführen lässt und nichts Substanzielleres beizutragen weiß. Man stellt ihm halt auch nicht die richtigen Fragen. Das ist auch nicht zu erwarten, solange es nur darum geht, interne Hühnchen mit der „Gegenseite“ zu rupfen, statt den Finger in die wirklich wunden Punkte zu legen und die Sache ehrlich zu klären.

Formaljuristisch, was die Entscheidungsbefugnisse angeht, hat Graulich sicherlich recht: Das Vorgehen der Freiburger ist formal nicht korrekt, zudem war es offensichtlich ein Versuchsballon. Aber was soll man sonst machen, als solche Ballons zu starten? Offizielle Stellen und Prälaten wiederholen schon seit Generationen immer dieselben widersprüchlichen und unsinnigen Ansagen. Da muss man herumschiffen, anders kommt man nicht zu Ergebnissen.
Kann man um die Nichtzulassung von wiederverheiraten Geschiedenen zur Kommunion herumschiffen?
Nein, die kann man nicht umschiffen. Es steht im Codex nirgendwo geschrieben, dass wiederverheiratete Geschiedene nicht zur Kommunion gehen dürfen. Sondern man bezieht sich immer auf Canon 915, der besagt, dass derjenige, der offensichtlich in einer schweren Sünde lebt und in ihr verharrt, nicht zur Kommunion zugelassen werden darf. Das haben die Päpste seit Johannes Paul II. immer auch auf die wiederverheirateten Geschiedenen bezogen, indem sie sagen, dass diese in einer zweiten, kirchenrechtlich nicht gültigen Ehe leben, sie befinden sich objektiv in einem Status, der dem Willen Gottes widerspricht, der Sünde ist, wie immer man das ausdrücken möchte. Und sie könnten somit nicht zur Kommunion gehen, solange ihre Situation nicht geklärt und die erste Ehe für ungültig oder für nichtig erklärt wurde.

(Hervorhebungen von Jorge)
In den wesentlichen Punkten druckst Graulich herum.
Markus Graulich hat geschrieben:Es hat ja keiner etwas davon, wenn ich ihm sage: „Ach Du armer Kerl, dann komm doch mal.“ Denn der Betreffende weiß ja im Gewissen, dass das eigentlich nicht richtig ist. Wir müssen mit Hilfe des Kirchenrechts versuchen, die Menschen so zu begleiten, dass sie entweder wieder zur Kommunion gehen können, indem die Nichtigkeit der ersten Ehe festgestellt wird, oder aber mit ihrer Situation umzugehen und andere Wege aufzuzeigen, wie man katholisch sein und bleiben kann, auch wenn man vom Kommunionempfang ausgeschlossen ist. Menschen in ihrem Scheitern ernst zu nehmen, heißt für mich auch, ihnen das Scheitern nicht auszureden, sondern ihnen zu helfen, wirklich mit dieser Wunde zu leben. Da gibt es noch viele Möglichkeiten der Pastoral.

(Hervorhebungen von Jorge)
Der Klärungsbedarf besteht vor allem bei der Frage, wieso eine kirchenrechtlich nicht korrekte Situation „Sünde ist“ oder „wie immer man das ausdrücken möchte“. Wir reden hier doch nicht von Kinkerlitzchen. Es geht um einen Zustand unvergebener schwerer Schuld, unerlösbarer Gottferne, Verdammnis, – „wie immer man das ausdrücken möchte“ – der (wenn er denn tats. vorläge) nicht einfach nur von den Sakramenten ausschlösse, sondern nach trad. Lehre dazu führt, dass jemand, der mit der Kirche unversöhnt in diesem Zustand stirbt, zur Hölle fährt.
Entweder die Fortführung der nachehelichen Zweitbeziehung ist schwere Sünde, dann darf man natürlich nicht zur Kommunion und muss die Sünde schnellstens abstellen. Was will Graulich da für „andere Wege aufzeigen, wie man katholisch sein und bleiben kann, auch wenn man vom Kommunionempfang ausgeschlossen ist.“
Oder der Betreffende ist vor seinem Gewissen (das heißt vor Gott) entschuldigt. Dann hat die Kirche keinerlei Veranlassung, ihn „vorsorglich“ von den Sakramenten auszuschließen, weil da noch irgendwas geklärt werden müsste.

Was soll es denn außer der Zulassung zu den lebensspendenden Sakramenten der Buße und Eucharistie für „pastorale Möglichkeiten“ geben, die dabei helfen, „mit dieser Wunde zu leben“, dass man am ewigen Leben keinen Anteil hat, weil man seine Frau nicht verlässt? Lächerlich.

Und welch eine absurde Verrechtlichung und Verobjektivierung des Gewissens liegt in seiner Feststellung, der Betreffende wisse ja „im Gewissen“, dass das eigentlich nicht richtig ist. Der Betreffende weiß (wenn er sich informiert hat), dass der Rat für Gesetzesauslegung in seiner Erklärung von 1997 behauptet hat, das Gewissen des Einzelnen spiele keine Rolle, weil es nach außen hin so aussehe, als sei er ein hartnäckiger schwerer Sünder. Was das Gewissen dazu sagt, kann Graulich überhaupt nicht beurteilen. Das Gewissen kann zum Bsp. sagen, dass man sich wegen solcher widersinnigen Rechtauslegungen besser keinen Kopf macht und sich stattdessen umso liebevoller um seine Zweitfrau kümmern soll. Nur weil der Rat für Gesetzesauslegung eine spießige Auffassung von öffentlicher Moral vertritt und keine zweifelhaften Gestalten an der Kommunionbank sehen will, muss derjenige, der diese Auffassung nicht teilt, von seinem Gewissen doch nicht schuldig gesprochen sein, das wäre ja noch schöner. Oder hat der Rat für Gesetzesauslegung vom Papst die Unfehlbarkeit gepachtet?
"El humor obscurece la verdad, endurece el corazón, y entorpece el entendimiento."

Raphael

Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Raphael »

Jorge_ hat geschrieben:Oder der Betreffende ist vor seinem Gewissen (das heißt vor Gott) entschuldigt. Dann hat die Kirche keinerlei Veranlassung, ihn „vorsorglich“ von den Sakramenten auszuschließen, weil da noch irgendwas geklärt werden müsste.
Nun, Jorge, genau dort liegt wohl der Hase im Pfeffer!

Der Betreffende entschuldigt sich vor seinem Gewissen und hält sich daher für vor Gott gerechtfertigt. Daß diese eine offenbar subjektivistische Selbstrechtfertigung ist, liegt doch für jeden klar Denkenden auf der Hand.
Verkürzt könnte man auch sagen: Mein Gewissen ist Gott!

Der Mensch vergöttlicht sich so in gewisser (sic!) Weise selber, in dem er zwar nicht sich selber als Person dem Prozeß der Apotheose unterzieht jedoch ersatzweise sein eigenes Gewissen an diese Stelle setzt. Solchen Menschen ist von außen ins Gewissen zu reden, denn sie verschleiern auf subjektivistische Weise, daß sie gegen das erste Gebot verstoßen. Hier ist der Beichtvater gefragt!

HeGe
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von HeGe »

Jorge_ hat geschrieben:Es geht um einen Zustand unvergebener schwerer Schuld, unerlösbarer Gottferne, Verdammnis, – „wie immer man das ausdrücken möchte“ – der (wenn er denn tats. vorläge) nicht einfach nur von den Sakramenten ausschlösse, sondern nach trad. Lehre dazu führt, dass jemand, der mit der Kirche unversöhnt in diesem Zustand stirbt, zur Hölle fährt.
Entweder die Fortführung der nachehelichen Zweitbeziehung ist schwere Sünde, dann darf man natürlich nicht zur Kommunion und muss die Sünde schnellstens abstellen. Was will Graulich da für „andere Wege aufzeigen, wie man katholisch sein und bleiben kann, auch wenn man vom Kommunionempfang ausgeschlossen ist.“
Völlige Zustimmung. Natürlich sollte man nicht bei jedem Gespräch mit Höllenqualen drohen und letztendlich haben wir auch keinerlei endgültige Gewissheit, wen Gott errettet und wen nicht. Aber eine solche Situation kirchlicherseits sozusagen noch dauerhaft zu institutionalisieren, ist mindestens inkonsequent.
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Jorge_
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Jorge_ »

Raphael hat geschrieben:
Jorge_ hat geschrieben:Oder der Betreffende ist vor seinem Gewissen (das heißt vor Gott) entschuldigt. Dann hat die Kirche keinerlei Veranlassung, ihn „vorsorglich“ von den Sakramenten auszuschließen, weil da noch irgendwas geklärt werden müsste.
Nun, Jorge, genau dort liegt wohl der Hase im Pfeffer!
Ja, Raphael, das denke ich auch. Schon vor einigen Wochen wurde diese Gewissensgeschichte in einem anderen Strang (ich glaube bei Papst Franz im Zshg. mit dem Scalfari-Interview) einmal kurz angesprochen. Die klass. Lehre vom Gewissen ist in konservativen Kreisen nicht mehr bekannt und steht seit Jahren unter dem Generalverdacht „subjektivistischer Selbstrechtfertigung“.

Ein hist. wichtiger Einschnitt war hier übrigens tatsächlich diese Diskussion um die zivil Wiederverheirateten und das Papier der südwestdeutschen Bischöfe. Nach dessen Ablehnung traute sich (unter den „Lehramtstreuen“) keiner mehr, das Gewissen zu bemühen, und man verwies triumphierend auf objektive Regeln, die dem Gewissen angeblich vorgehen. Das Ganze firmierte unter dem Stichwort der „Gewissensbildung“. Diese wurde aber missverstanden, denn dem Gewissensurteil geht als moralische Instanz nichts vor. Das hat nichts damit zu tun, dass das Gewissen an die Wahrheit gebunden ist. Gerade um sie geht es dem Gewissensurteil ja. Hier tut Rehabilitierung Not. Die ist eigtl. auch ganz leicht, denn der KKK gibt die klass. Gewissenslehre ganz unverkürzt und m.E. gut verständlich wieder.
Raphael hat geschrieben:Der Betreffende entschuldigt sich vor seinem Gewissen und hält sich daher für vor Gott gerechtfertigt. Daß diese eine offenbar subjektivistische Selbstrechtfertigung ist, liegt doch für jeden klar Denkenden auf der Hand.
Verkürzt könnte man auch sagen: Mein Gewissen ist Gott!
Du beschreibst hier nur den Strohmann, auf den die Gewissensskeptiker eindreschen möchten. Sachlich sind in deiner Formulierung mehrere gravierende Missverständnisse:

1. Niemand kann sich selbst „vor seinem Gewissen entschuldigen“. Man kann vor dem Gewissen weglaufen oder es verdrängen. Man kann das Gewissen auch falsch verstehen, missbrauchen oder vorschieben. Oder es ist so schwach ausgebildet, dass man praktisch gar keins hat. Aber entschuldigt ist man im Gewissen (oder eben nicht). Da kann man nichts manipulieren.

2. Dein Gewissen ist nicht Gott, sondern Gott ist in deinem Gewissen. Präziser gesagt: Es ist der innerste Ort der Begegnung mit Gott, wo kein Dritter reingucken kann. Du musst nur auf ihn hören, dann ist dein Gewissen rein.

3. Das Gewissen lässt sich leicht zur subjektivistischen Selbstrechtfertigung missbrauchen. Wenn du ein gut ausgebildetes Gewissen hast, merkst du das aber. Dein Gewissen meldet sich und sagt: Stopp mein Freund, du fängst an, dich selbst zu belügen.

Das Dilemma des Gewissens besteht nun darin, dass man von außen nicht erkennen kann, ob jemand sich selbst frech belügt oder ein reines Gewissen hat. Das erkennt er nur selber (in seinem Gewissen). Deshalb ist die Berufung auf das Gewissen bei ordnungsliebenden Moralisten so verpönt: Man möchte wissen, wo man dran ist, ob der andere nun gut ist oder böse. Das kann man aber nicht, wenn der andere sich auf sein Gewissen beruft, weil man von außen letztlich nie oder nur sehr schwierig erkennt, ob der andere sein Gewissen nur vorschiebt oder wirklich danach handelt.
Raphael hat geschrieben:Der Mensch vergöttlicht sich so in gewisser (sic!) Weise selber, in dem er zwar nicht sich selber als Person dem Prozeß der Apotheose unterzieht jedoch ersatzweise sein eigenes Gewissen an diese Stelle setzt. Solchen Menschen ist von außen ins Gewissen zu reden, denn sie verschleiern auf subjektivistische Weise, daß sie gegen das erste Gebot verstoßen.
Das ist FOS-Ideologie vom Feinsten. Die Angst vor dem „geistlichen Hochmut“ wird so stark, dass man den Menschen ihr Gewissen ausreden möchte. Es zeigt nur, dass die Dynamik zwischen objektiver Wahrheitsfindung und subjektivem Gewissensurteil ganz unverstanden geblieben ist. Man kann nicht gegen das erste Gebot verstoßen, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen.
Raphael hat geschrieben:Hier ist der Beichtvater gefragt!
Natürlich ist der Beichtvater gefragt, jeder ist gefragt, der dem Pönitenten etwas Hilfreiches und Nützliches zu sagen hat, sich in dessen Gedankenwelt einfühlen und ihn auf den Boden der Tatsachen zurückholen kann. Aber niemand kann dem Pönitenten seine eigene Gewissensentscheidung abnehmen.

Das Ganze verdient einen eigenen Strang.
"El humor obscurece la verdad, endurece el corazón, y entorpece el entendimiento."

Raphael

Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Raphael »

Jorge_ hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
Jorge_ hat geschrieben:Oder der Betreffende ist vor seinem Gewissen (das heißt vor Gott) entschuldigt. Dann hat die Kirche keinerlei Veranlassung, ihn "vorsorglich" von den Sakramenten auszuschließen, weil da noch irgendwas geklärt werden müsste.
Nun, Jorge, genau dort liegt wohl der Hase im Pfeffer!
Ja, Raphael, das denke ich auch. Schon vor einigen Wochen wurde diese Gewissensgeschichte in einem anderen Strang (ich glaube bei Papst Franz im Zshg. mit dem Scalfari-Interview) einmal kurz angesprochen. Die klass. Lehre vom Gewissen ist in konservativen Kreisen nicht mehr bekannt und steht seit Jahren unter dem Generalverdacht "subjektivistischer Selbstrechtfertigung".

Ein hist. wichtiger Einschnitt war hier übrigens tatsächlich diese Diskussion um die zivil Wiederverheirateten und das Papier der südwestdeutschen Bischöfe. Nach dessen Ablehnung traute sich (unter den "Lehramtstreuen") keiner mehr, das Gewissen zu bemühen, und man verwies triumphierend auf objektive Regeln, die dem Gewissen angeblich vorgehen. Das Ganze firmierte unter dem Stichwort der "Gewissensbildung". Diese wurde aber missverstanden, denn dem Gewissensurteil geht als moralische Instanz nichts vor. Das hat nichts damit zu tun, dass das Gewissen an die Wahrheit gebunden ist. Gerade um sie geht es dem Gewissensurteil ja. Hier tut Rehabilitierung Not. Die ist eigtl. auch ganz leicht, denn der KKK gibt die klass. Gewissenslehre ganz unverkürzt und m.E. gut verständlich wieder.
Aber selbstverständlich geht dem Gewissensurteil die Gewissensbildung voraus.

Und selbstverständlich kann ein ungebildetes Gewissen zu einem objektiv falschen Urteil kommen. Und selbst ein gebildetes Gewissen kann noch zu einem objektiv falschen Urteil kommen.

Rehabiliert werden müssen lediglich diejenigen, welche sich auf den Hl. Thomas und seine Lehre zum Gewissen berufen und diese aber nur in verkürzter Weise wiedergeben.
Jorge_ hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Der Betreffende entschuldigt sich vor seinem Gewissen und hält sich daher für vor Gott gerechtfertigt. Daß diese eine offenbar subjektivistische Selbstrechtfertigung ist, liegt doch für jeden klar Denkenden auf der Hand.
Verkürzt könnte man auch sagen: Mein Gewissen ist Gott!
Du beschreibst hier nur den Strohmann, auf den die Gewissensskeptiker eindreschen möchten. Sachlich sind in deiner Formulierung mehrere gravierende Missverständnisse:

1. Niemand kann sich selbst "vor seinem Gewissen entschuldigen". Man kann vor dem Gewissen weglaufen oder es verdrängen. Man kann das Gewissen auch falsch verstehen, missbrauchen oder vorschieben. Oder es ist so schwach ausgebildet, dass man praktisch gar keins hat. Aber entschuldigt ist man im Gewissen (oder eben nicht). Da kann man nichts manipulieren.

2. Dein Gewissen ist nicht Gott, sondern Gott ist in deinem Gewissen. Präziser gesagt: Es ist der innerste Ort der Begegnung mit Gott, wo kein Dritter reingucken kann. Du musst nur auf ihn hören, dann ist dein Gewissen rein.

3. Das Gewissen lässt sich leicht zur subjektivistischen Selbstrechtfertigung missbrauchen. Wenn du ein gut ausgebildetes Gewissen hast, merkst du das aber. Dein Gewissen meldet sich und sagt: Stopp mein Freund, du fängst an, dich selbst zu belügen.

Das Dilemma des Gewissens besteht nun darin, dass man von außen nicht erkennen kann, ob jemand sich selbst frech belügt oder ein reines Gewissen hat. Das erkennt er nur selber (in seinem Gewissen). Deshalb ist die Berufung auf das Gewissen bei ordnungsliebenden Moralisten so verpönt: Man möchte wissen, wo man dran ist, ob der andere nun gut ist oder böse. Das kann man aber nicht, wenn der andere sich auf sein Gewissen beruft, weil man von außen letztlich nie oder nur sehr schwierig erkennt, ob der andere sein Gewissen nur vorschiebt oder wirklich danach handelt.
Diese Stellungnahme ist nun ein so ein buntes Gemisch aus Wahrem und Halbwahrem, dass es mir schwer fällt dies auseinanderzunehmen. :achselzuck:

Letztendlich bestätigt dieses Tohuwabohu jedoch genau die Richtigkeit meines Vorhalts, eben daß das Gewissen mißbrauchsanfällig ist. 8)

Der in Rede stehende Sachverhalt zeigt dies auch in augenfälliger Weise:
Geschiedene heiraten erneut und leben in ständiger sündiger Beziehung mit dem neuen Ehepartner, beruhigen ihr Gewissen jedoch damit, dass sie ja
- Verpflichtungen gegenüber den Kindern aus der neuen Beziehung haben
- oder dass sie den ersten Ehepartner ja gar nicht mehr lieben
- oder dass sie den neuen Ehepartner aber jetzt ganz toll lieb haben und die Liebe ist ja das Höchste, über das nichts hinaus geht
- oder Gott liebt ja auch die Sünder usw..

Es finden sich sicherlich viele überzeugend klingende "Gründe", mit denen man sein eigenes Gewissen beschwichtigen kann.

Wahr ist jedoch, dass all diesen Beschwichtigungen das klare Wort Jesu entgegensteht:
Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. (Mt 19, 6 ff.)
Jorge_ hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Der Mensch vergöttlicht sich so in gewisser (sic!) Weise selber, in dem er zwar nicht sich selber als Person dem Prozeß der Apotheose unterzieht jedoch ersatzweise sein eigenes Gewissen an diese Stelle setzt. Solchen Menschen ist von außen ins Gewissen zu reden, denn sie verschleiern auf subjektivistische Weise, daß sie gegen das erste Gebot verstoßen.
Das ist FOS-Ideologie vom Feinsten. Die Angst vor dem "geistlichen Hochmut" wird so stark, dass man den Menschen ihr Gewissen ausreden möchte. Es zeigt nur, dass die Dynamik zwischen objektiver Wahrheitsfindung und subjektivem Gewissensurteil ganz unverstanden geblieben ist. Man kann nicht gegen das erste Gebot verstoßen, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen.
Nun, nach den Regeln des Internet hättest Du jetzt den Disput verloren, denn in der ganzen Cyber-World gilt "Godwin's Law". :maske:
Es ist schon erstaunlich, wie schnell hier zur Nazi-Keule gegriffen wird; aber das nur nebenbei ……….......

In der Selbstapotheose, wie ich sie beschrieben hatte, zeigt sich ganz klar der geistliche Hochmut des Subjekts. Dieser geistliche Hochmut des Subjekts zeigt sich des Weiteren darin, dass sich viele Betroffene gar nicht mehr um eine wirkliche Gewissensbildung bemühen.
Letzteres wird durch Theologen wie Dich dann leider auch noch unterstützt, weil derlei Theologen falschen Rat bei der Gewissenserforschung erteilen:
Mach Du 'mal, Hauptsache Dein eigenes Gewissen spricht Dich frei! :patsch:
Jorge_ hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Hier ist der Beichtvater gefragt!
Natürlich ist der Beichtvater gefragt, jeder ist gefragt, der dem Pönitenten etwas Hilfreiches und Nützliches zu sagen hat, sich in dessen Gedankenwelt einfühlen und ihn auf den Boden der Tatsachen zurückholen kann. Aber niemand kann dem Pönitenten seine eigene Gewissensentscheidung abnehmen.

Das Ganze verdient einen eigenen Strang.
Der Boden der Tatsachen ist die Unauflöslichkeit des sakramentalen Ehebandes, welches selbst dann noch besteht, wenn die vormaligen Eheleute zivilrechtlich geschieden sind.

KlausLange
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von KlausLange »

Die Argumentation und Ausrichtung der Handreichung, in der letztlich das eigene Gewissen entscheidet, was bzgl. der Kommunion geht und was nicht, erinnert mich an die Argumentationslinie der Königssteiner Erklärung bzgl. des Gebrauchs von künstlichen Verhütungmitteln entgegen der Weisung der Enzyklika Humanae Vitae, die ich vor kurzem gelesen habe.

Hier (Handreichung) wie dort (Königsstein) wird stets die eigene Gewissensentscheidung über die Normen des Lehramts gestellt. Doch schon in der genannten Enzyklika wird festgehalten, dass sinngemäß das rechte Gewissen einem zur Treue des Lehramts hinführt bzw. ein Abweichen vom Lehramt zurückweist.

Papst Johnannes Paul II. hat 1988 noch mal diesen Punkt des rechten Gewissens beleuchtet, gerade im Hinblick auf Humanae Vitae und ich denke für das hier diskutierte Thema gilt das gleiche.

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Gamaliel
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Gamaliel »

Jorge_ hat geschrieben:Aber was soll man sonst machen, als solche Ballons zu starten?
Sich gewissenhaft an die kirchlichen Vorgaben zu halten, wäre ein löblicher Weg.

Jorge_ hat geschrieben:Der Klärungsbedarf besteht vor allem bei der Frage, wieso eine kirchenrechtlich nicht korrekte Situation „Sünde ist“...
Zunächst einmal geht es um eine moralische Frage, nämlich den Ehebruch.

Jorge_ hat geschrieben:Es geht um einen Zustand unvergebener schwerer Schuld...
Richtig wär's, wenn Du geschrieben hättest: Es geht um einen Zustand unbereuter schwerer Schuld.

Jorge_ hat geschrieben:Entweder die Fortführung der nachehelichen Zweitbeziehung ist schwere Sünde, dann darf man natürlich nicht zur Kommunion und muss die Sünde schnellstens abstellen. Was will Graulich da für „andere Wege aufzeigen, wie man katholisch sein und bleiben kann, auch wenn man vom Kommunionempfang ausgeschlossen ist.“
Das Katholischsein hängt (in seiner Wurzel) nicht vom Kommunionempfang ab. Auch schwere Sünder bleiben Katholiken. Gerade das Verbleiben (und die Betätigung) in der kirchlichen Gemeinschaft ist von großem Wert für den Sünder. Helfende Gnaden, die er hier empfängt, können ihm die Umkehr ermöglichen.

Jorge_ hat geschrieben:Nur weil der Rat für Gesetzesauslegung eine spießige Auffassung von öffentlicher Moral vertritt und keine zweifelhaften Gestalten an der Kommunionbank sehen will, muss derjenige, der diese Auffassung nicht teilt, von seinem Gewissen doch nicht schuldig gesprochen sein, das wäre ja noch schöner.
Wenn irgendwelche hartgesottenen Sünder glauben, sie können der Kirche in demokratischer Manier ihre Unmoral aufzwingen, dann ist die Kirche gut beraten die Katechese zu intensivieren und sich um eine effektive Gewissensbildung der Gläubigen zu kümmern.

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Jorge_
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Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Jorge_ »

Raphael hat geschrieben:zur Nazi-Keule gegriffen
:hae?:
Das muss ein Missverständnis sein. Der Buchstabendreher von FSO zu FOS geht natürlich auf meine Kappe, aber irgendetwas Nazikeulenmäßiges mit diesen Buchstaben kenne ich wirklich nicht.
Wikipedia hat geschrieben:Die geistliche Familie „Das Werk“ (lat. Familia Spiritualis Opus, FSO) ist eine katholische geistliche Gemeinschaft, die 1938 von Julia Verhaeghe (1910–1997) gegründet wurde.
Die haben das mit diesem „geistlichen Hochmut“, wo kritisches Hinterfragen als Zeichen für Unglauben gilt. Das gibt es ganz ähnlich auch bei anderen Vereinigungen dieser Art, etwa im Opus Dei. Aber Du hattest nach meiner Erinnerung schonmal was von einem FSO-Priester verlinkt, deshalb dachte ich, es sei bekannt, worauf ich mich damit beziehe. Habe mich aber unklar ausgedrückt, sorry.
Raphael hat geschrieben:Theologen wie Dich
Glücklicherweise nur Hobby-Theologe wie die meisten hier, als Berufstheologe dürfte ich nichts Falsches sagen und müsste immer professionell agieren, das wäre mir zu anstrengend.
"El humor obscurece la verdad, endurece el corazón, y entorpece el entendimiento."

Raphael

Re: Wiederverheiratete, Eucharistie und Eheverständnis

Beitrag von Raphael »

Jorge_ hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:zur Nazi-Keule gegriffen
:hae?:
Das muss ein Missverständnis sein. Der Buchstabendreher von FSO zu FOS geht natürlich auf meine Kappe, aber irgendetwas Nazikeulenmäßiges mit diesen Buchstaben kenne ich wirklich nicht.
Wikipedia hat geschrieben:Die geistliche Familie „Das Werk“ (lat. Familia Spiritualis Opus, FSO) ist eine katholische geistliche Gemeinschaft, die 1938 von Julia Verhaeghe (1910–1997) gegründet wurde.
Die haben das mit diesem „geistlichen Hochmut“, wo kritisches Hinterfragen als Zeichen für Unglauben gilt. Das gibt es ganz ähnlich auch bei anderen Vereinigungen dieser Art, etwa im Opus Dei. Aber Du hattest nach meiner Erinnerung schonmal was von einem FSO-Priester verlinkt, deshalb dachte ich, es sei bekannt, worauf ich mich damit beziehe. Habe mich aber unklar ausgedrückt, sorry.
OK, dann beruht die Nazi-Keule offensichtlich auf einem Mißverständnis! :huhu:

Nichtsdestoweniger ist die FSO eine sehr lobenswerte Bewegung, insbesondere weil der verstorbene Kardinal Scheffczyk eng damit verbunden war.
Jorge_ hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Theologen wie Dich
Glücklicherweise nur Hobby-Theologe wie die meisten hier, als Berufstheologe dürfte ich nichts Falsches sagen und müsste immer professionell agieren, das wäre mir zu anstrengend.
Nun, Theologe bin ich auch nicht; es reicht mir völlig aus, als Katholik durch diese Welt zu gehen! 8)

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