Bonnys Aufsatz gibt es hier:
http://www.kerknet.be/admin/files/asset ... ILIE_D.pdf
Holprig finde ich seine Argumentation besonders, was die Diskussion über Empfängniskontrolle angeht. Bonny übersieht nämlich geflissentlich, dass die Entscheidung Pauls VI. zwar gegen den Rat der eingesetzten Kommission erfolgte, aber durch und durch mit dem Konzil auf einer Linie lag:
Gaudium et Spes 51 hat geschrieben:
Gott, der Herr des Lebens, hat nämlich den Menschen die hohe Aufgabe der Erhaltung des Lebens übertragen, die auf eine menschenwürdige Weise erfüllt werden muß. Das Leben ist daher von der Empfängnis an mit höchster Sorgfalt zu schützen. Abtreibung und Tötung des Kindes sind verabscheuenswürdige Verbrechen. Die geschlechtliche Anlage des Menschen und seine menschliche Zeugungsfähigkeit überragen in wunderbarer Weise all das, was es Entsprechendes auf niedrigeren Stufen des Lebens gibt. Deshalb sind auch die dem ehelichen Leben eigenen Akte, die entsprechend der wahren menschlichen Würde gestaltet sind, zu achten und zu ehren. Wo es sich um den Ausgleich zwischen ehelicher Liebe und verantwortlicher Weitergabe des Lebens handelt, hängt die sittliche Qualität der Handlungsweise nicht allein von der guten Absicht und Bewertung der Motive ab, sondern auch von objektiven Kriterien, die sich aus dem Wesen der menschlichen Person und ihrer Akte ergeben und die sowohl den vollen Sinn gegenseitiger Hingabe als auch den einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher Liebe wahren. Das ist nicht möglich ohne aufrichtigen Willen zur Übung der Tugend ehelicher Keuschheit. Von diesen Prinzipien her ist es den Kindern der Kirche nicht erlaubt, in der Geburtenregelung Wege zu beschreiten, die das Lehramt in Auslegung des göttlichen Gesetzes verwirft (14).
Hervorhebung von mir. Die Anmerkung 14 lautet:
Vgl. Pius XI., Enz. Casti connubii: AAS 22 (193) 559-561; Denz.-Schönm. 3716-3718; Pius XII., Ansprache an die Hebammen, 29. Okt. 1951: AAS 43 (1951) 835-854; Paul VI., Ansprache an die Kardinäle, 23. Juni 1964: AAS 56 (1964) 581-589. Bestimmte Fragen, die noch anderer sorgfältiger Untersuchungen bedürfen, sind auf Anordnung des Heiligen Vaters der Kommission für das Studium des Bevölkerungswachstums, der Familie und der Geburtenhäufigkeit übergeben worden, damit, nachdem diese Kommission ihre Aufgabe erfüllt hat, der Papst eine Entscheidung treffe. Bei diesem Stand der Doktrin des Lehramtes beabsichtigt das Konzil nicht, konkrete Lösungen unmittelbar vorzulegen.
Das Konzil bezieht sich also auf die Enzyklika
Casti connubii, die bekanntlich die Geburtenkontrolle verwirft. Der Kommission, der weitere Klärungen anvertraut sind, sind damit enge Grenzen gesetzt. Das kommt in Bonnys Argumentation überhaupt nicht vor, obwohl er selbst auf diese Anmerkung verweist. Der von ihm angesprochene Loyalitätskonflikt
Bonny, Seite 5 hat geschrieben:
Wie konnten sie [die belgischen Bischöfe] dem Papst verbunden bleiben und gleichzeitig dem Konzil die Treue halten?
existiert daher meines Erachtens schlicht nicht. Der Papst handelte im Rahmen dessen, was das Konzil selbst beschlossen hatte.
Auch Bonnys Berufung auf die katholische Gewissenslehre kommt mir nicht ganz stimmig vor, jedenfalls stellen sich mir einige Fragen. In GS 16 (worauf Bonny rekuriert) heißt es ja:
GS 16 hat geschrieben:
Im Innern seines Gewissens entdeckt der Mensch ein Gesetz, das er sich nicht selbst gibt, sondern dem er gehorchen muß und dessen Stimme ihn immer zur Liebe und zum Tun des Guten und zur Unterlassung des Bösen anruft und, wo nötig, in den Ohren des Herzens tönt: Tu dies, meide jenes.
Denn der Mensch hat ein Gesetz, das von Gott seinem Herzen eingeschrieben ist, dem zu gehorchen eben seine Würde ist und gemäß dem er gerichtet werden wird (9).
Wie lässt sich diese Aussage denn für die aktuelle Thematik in Anschlag bringen? Sinnvoll ist der Verweis nur, wenn der einzelne Gläubige durch Gewissenserforschung dazu kommt, dass ihm dieses oder jenes Verhalten erlaubt sein soll. Er soll dann das tun und das Böse(!) meiden. Kann dann in unserem Fall beispielsweise Humanae vitae das Böse sein, das zu meiden ist? Ich will ja nicht behaupten, dass die Gewissenslehre hier völlig unbedeutend wäre, aber mit diesen knappen Spitzenaussagen des Konzils kommt man in meinen Augen nicht wirklich weiter.
Edit: Zitation repariert.