Don Bosco - ein Leben für die Jugend
Verfasst: Sonntag 12. Januar 2014, 18:48
Don Bosco – ein Leben für die Jugend
„Menschen machen Heilige immer anders, als Gott sie gemacht hat“, seufzte einmal ein Hagiograph. Ist es nicht ein ärgerliches, ja sogar verflixtes Tun, Gott gleichsam ins Handwerk zu pfuschen? Oder trifft die Aussage nicht zu? Die Menschen modeln, bewusst und unbewusst, solange an den Heiligen herum bis sie in das zurechtgelegte Schema hineinpassen. Kirchlich salonfähig müssen sie sein, verlockend müssen sie aussehen, sonst darf man sie dem gläubigen Volk nicht präsentieren
Dieses vorgefasste Verfahren ist falsch, weil es alle Heiligen nach dem gleichen Muster abwandelt. Es ergibt sich daraus eine Uniformierung von tötender Langeweile.
Auch Don Bosco widerfuhr das Schicksal, in die Hände der brünstig Frommen zu fallen. In mehr als einer Darstellung modellierte man an ihm herum, bis er fugenlos der üblichen Schablone entsprach.
Wir stellen uns bewusst gegen die kuriale Schreibweise und wollen vor allem den wahren Heiligen sehen. Es geht uns um die Erfassung seines echten Seins: im Fleisch, in der Anfechtung und auch in seiner Erniedrigung. Der Christ ist der Wahrheit verpflichtet und muss ihr auch in der Hagiographie um jeden Preis dienen. Die Heiligen selbst waren Freunde der Wahrheit, und wer ihr Leben schildern will, muss es auch sein. Man darf nichts wegradieren oder auslassen, zumal sich die fromme Lüge immer rächt, indem die Nichtchristen nach ihr suchen und sie richtig stellen.
Don Bosco war ein viel zu frischer, urwüchsiger Mensch, als dass bei ihm der Versuch gelingen könnte, ihn anders zu zeichnen, als Gott ihn gemacht hatte. Lebendig, wie er war sprengte er immer wieder jede ihm zugedachte Schablone. Das stilisierte Heiligenkleid passte dem Sohn aus Becchi bei Turin keineswegs.
Die Realität gehört zu der Schöpfung Gottes. Die Wirklichkeit ist ein Grundbegriff, Sie ist groß, und wir schrecken immer wieder vor ihr zurück, weil sie stärker ist als wir. Die Wirklichkeit ist weder schön noch hässlich, und nie werden wir mit ihr fertig. Sie ist mit dem menschlichen Dasein identisch. Wir sind verpflichtet, stets tiefer in die geheimnisvolle Wirklichkeit eine Heiligen einzudringen. Die Heiligen in ihrer Größe und in ihrem Elend zu erfassen, heißt fast überstarke Spannungen auszuhalten.
Eine erste Vorstellung von Don Boscos Wirklichkeit vermittelt ein Foto von ihm, das unvoreingenommen betrachtet sein will. Man erblickt einen prächtigen, italienischen Kopf von seltener Frische. Die leuchtenden Augen und die lebhaften Gesichtszüge verraten etwas kindlich Bubenhaftes. Auch die ländliche Herkunft kommt zum Vorschein. Bei allem schelmischen Lächeln liegt etwas Strahlendes in diesem Antlitz. Er war ein kristallklarer Mensch, durch den der göttliche Sonnenschein hindurch flutete. Er verkörperte in seiner Einfachheit das ewige Kind Gottes im Menschen, wie man ihm nur ausnahmsweise begegnet. Der Mann auf diesem Bild tritt auf uns zu in seiner fröhlichen Entschlossenheit. Don Bosco ist der neuzeitliche Heilige, wie er der Gegenwart entspricht, und doch ragt er ins Zeitlose hinein. Die paradoxe Formulierung „der neuzeitlich-zeitlose Heilige“ umschreibt seine Wirklichkeit, die dem üblichen Klischee entgegengesetzt ist.
Die Wissenschaft als Wahrheitsforschung in allen Ehren, zur Erfassung der höheren Realität der Heiligen aber ist sie nicht dienlich. Alle Gelehrsamkeit und alle Akribie können sich nicht des Heiligen bemächtigen. Mit Experimenten und Statistiken ist hier nicht das Geringste zu erreichen. Die Heiligen sind buchstäblich im Meer des Wissens ertrunken. Wer die Heiligen in einem akademisch-kritischen Stil beschreiben will, der schreibt daneben.
Wir müssen den Mut aufbringen, offen zu erklären, dass Hagiographie keine Wissenschaft ist, sondern weit eher religiöser Durchblick und innere Aneignung. Wir beugen uns nicht vor dem riesengroßen Wissenschaftsgötzen, vor dem so viele Zeitgenossen auf den Knien liegen.
Viele Menschen haben schon von Don Bosco gehört und haben namentlich von seiner großen Erziehertätigkeit erfahren. Tatsächlich war ein überragender Pädagoge. Wer wollte dies im Ernst bezweifeln? War er nur das? War er nicht vielmehr? Die Frage stellt sich von selbst. Es geht um ein Wissen, das vor allem auf das Heil der Seelen bedacht ist. Es geht vor allem darum, den Heiligen mit dem inneren Auge zu sehen, ihn klar und deutlich zu sehen, denn in den Heiligen vollzieht sich die wahre Geschichte.
Zum Verständnis der Bildersprache der Heiligen bedarf es eines anderen Denkens. Das Schul-Denken, dieses rationale, nach Ursache und Wirken fragende Denken, entspricht dem naturwissenschaftlichen Gebiet, auf dem der analytische Intellektualismus herrscht, der sich mit Begriffen, Definitionen und Formeln zufrieden gibt. Aber in der Welt der Heiligen ist er nicht am Platze. Hier ist das Bilddenken Voraussetzung, ein Denken, das die Kinder, die Künstler und auch die religiösen Menschen betätigen.
Don Bosco hätte, ohne eine Miene verziehen zu müssen, mit seiner charismatischen Begabung den ganzen pädagogischen Hochschulbetrieb lächelnd in die Tasche stecken können, weil er mehr, als nur ein Erzieher war. Er war ein Heiliger - das ist der Oberbegriff, der ihm gehört, wenn man hierarchisch denken will. Nicht umsonst ist bei ihm der Einbruch des Heiligen in das pädagogische Gebiet erfolgt: Er hat neue Richtpfeile gesetzt und aller bloßen Schulfuchserei ein Ende bereitet.
Es wird nie gelingen, die letzten Tiefen Don Boscos auszuloten, und stets werden wir auf einen nicht aufzuhellenden Rest stoßen, auf eine Stelle bei der das Geheimnis von der Wirklichkeit des Heiligen erst beginnt.
Wir gehen von Don Boscos südländischer Natürlichkeit aus – obwohl er so wenig wie irgendein anderer Heiliger von Natur aus heilig war – und werden von ihr unmerklich zu einer Übernatürlichkeit geführt. Es gab zu seinen Lebzeiten auch andere italienische Heilige wie Josef Benedikt Cottolengo, Josef Cafasso, Maria Domenica Mazzarello, Dominikus Savio, Gemma Galgani usw., Menschen, die uns Respekt abnötigen, obwohl sie unser Herz nicht so unmittelbar ansprechen wie der Mann aus Turin. Wir suchen nach einem Wort und finden es nicht; ach, wie soll man es nur sagen? Don Bosco glich einem Maronibrater, wie sie bei uns im Winter bei ihren Öfen stehen. Als Kinder haben wir gierig die zauberhaften Düfte der gebratenen Maroni eingeatmet. Was aber Don Bosco uns anzubieten hat, ist doch unendlich viel mehr als nur „heiße Maroni, dick und heiß“. Einerlei, mögen wir ihn nun mit den erstaunten Augen eines Buben oder mit dem prüfenden Blick eines Erwachsenen betrachten, er fasziniert uns durch seine originelle Heiligkeit dermaßen, dass wir förmlich in seinen Bann geraten.
Don Bosco kommt uns mit einer lebhaften italienischen Gebärdensprache entgegen, kitzelt uns ein wenig unter dem Kinn und marschiert dann dicht an uns vorbei, mögen wir uns darüber mit einem noch so verdutzten Gesicht anschauen, das ruft nur sein zauberhaftes Lächeln hervor, dem wir restlos unterliegen.
Fortsetzung folgt
„Menschen machen Heilige immer anders, als Gott sie gemacht hat“, seufzte einmal ein Hagiograph. Ist es nicht ein ärgerliches, ja sogar verflixtes Tun, Gott gleichsam ins Handwerk zu pfuschen? Oder trifft die Aussage nicht zu? Die Menschen modeln, bewusst und unbewusst, solange an den Heiligen herum bis sie in das zurechtgelegte Schema hineinpassen. Kirchlich salonfähig müssen sie sein, verlockend müssen sie aussehen, sonst darf man sie dem gläubigen Volk nicht präsentieren
Dieses vorgefasste Verfahren ist falsch, weil es alle Heiligen nach dem gleichen Muster abwandelt. Es ergibt sich daraus eine Uniformierung von tötender Langeweile.
Auch Don Bosco widerfuhr das Schicksal, in die Hände der brünstig Frommen zu fallen. In mehr als einer Darstellung modellierte man an ihm herum, bis er fugenlos der üblichen Schablone entsprach.
Wir stellen uns bewusst gegen die kuriale Schreibweise und wollen vor allem den wahren Heiligen sehen. Es geht uns um die Erfassung seines echten Seins: im Fleisch, in der Anfechtung und auch in seiner Erniedrigung. Der Christ ist der Wahrheit verpflichtet und muss ihr auch in der Hagiographie um jeden Preis dienen. Die Heiligen selbst waren Freunde der Wahrheit, und wer ihr Leben schildern will, muss es auch sein. Man darf nichts wegradieren oder auslassen, zumal sich die fromme Lüge immer rächt, indem die Nichtchristen nach ihr suchen und sie richtig stellen.
Don Bosco war ein viel zu frischer, urwüchsiger Mensch, als dass bei ihm der Versuch gelingen könnte, ihn anders zu zeichnen, als Gott ihn gemacht hatte. Lebendig, wie er war sprengte er immer wieder jede ihm zugedachte Schablone. Das stilisierte Heiligenkleid passte dem Sohn aus Becchi bei Turin keineswegs.
Die Realität gehört zu der Schöpfung Gottes. Die Wirklichkeit ist ein Grundbegriff, Sie ist groß, und wir schrecken immer wieder vor ihr zurück, weil sie stärker ist als wir. Die Wirklichkeit ist weder schön noch hässlich, und nie werden wir mit ihr fertig. Sie ist mit dem menschlichen Dasein identisch. Wir sind verpflichtet, stets tiefer in die geheimnisvolle Wirklichkeit eine Heiligen einzudringen. Die Heiligen in ihrer Größe und in ihrem Elend zu erfassen, heißt fast überstarke Spannungen auszuhalten.
Eine erste Vorstellung von Don Boscos Wirklichkeit vermittelt ein Foto von ihm, das unvoreingenommen betrachtet sein will. Man erblickt einen prächtigen, italienischen Kopf von seltener Frische. Die leuchtenden Augen und die lebhaften Gesichtszüge verraten etwas kindlich Bubenhaftes. Auch die ländliche Herkunft kommt zum Vorschein. Bei allem schelmischen Lächeln liegt etwas Strahlendes in diesem Antlitz. Er war ein kristallklarer Mensch, durch den der göttliche Sonnenschein hindurch flutete. Er verkörperte in seiner Einfachheit das ewige Kind Gottes im Menschen, wie man ihm nur ausnahmsweise begegnet. Der Mann auf diesem Bild tritt auf uns zu in seiner fröhlichen Entschlossenheit. Don Bosco ist der neuzeitliche Heilige, wie er der Gegenwart entspricht, und doch ragt er ins Zeitlose hinein. Die paradoxe Formulierung „der neuzeitlich-zeitlose Heilige“ umschreibt seine Wirklichkeit, die dem üblichen Klischee entgegengesetzt ist.
Die Wissenschaft als Wahrheitsforschung in allen Ehren, zur Erfassung der höheren Realität der Heiligen aber ist sie nicht dienlich. Alle Gelehrsamkeit und alle Akribie können sich nicht des Heiligen bemächtigen. Mit Experimenten und Statistiken ist hier nicht das Geringste zu erreichen. Die Heiligen sind buchstäblich im Meer des Wissens ertrunken. Wer die Heiligen in einem akademisch-kritischen Stil beschreiben will, der schreibt daneben.
Wir müssen den Mut aufbringen, offen zu erklären, dass Hagiographie keine Wissenschaft ist, sondern weit eher religiöser Durchblick und innere Aneignung. Wir beugen uns nicht vor dem riesengroßen Wissenschaftsgötzen, vor dem so viele Zeitgenossen auf den Knien liegen.
Viele Menschen haben schon von Don Bosco gehört und haben namentlich von seiner großen Erziehertätigkeit erfahren. Tatsächlich war ein überragender Pädagoge. Wer wollte dies im Ernst bezweifeln? War er nur das? War er nicht vielmehr? Die Frage stellt sich von selbst. Es geht um ein Wissen, das vor allem auf das Heil der Seelen bedacht ist. Es geht vor allem darum, den Heiligen mit dem inneren Auge zu sehen, ihn klar und deutlich zu sehen, denn in den Heiligen vollzieht sich die wahre Geschichte.
Zum Verständnis der Bildersprache der Heiligen bedarf es eines anderen Denkens. Das Schul-Denken, dieses rationale, nach Ursache und Wirken fragende Denken, entspricht dem naturwissenschaftlichen Gebiet, auf dem der analytische Intellektualismus herrscht, der sich mit Begriffen, Definitionen und Formeln zufrieden gibt. Aber in der Welt der Heiligen ist er nicht am Platze. Hier ist das Bilddenken Voraussetzung, ein Denken, das die Kinder, die Künstler und auch die religiösen Menschen betätigen.
Don Bosco hätte, ohne eine Miene verziehen zu müssen, mit seiner charismatischen Begabung den ganzen pädagogischen Hochschulbetrieb lächelnd in die Tasche stecken können, weil er mehr, als nur ein Erzieher war. Er war ein Heiliger - das ist der Oberbegriff, der ihm gehört, wenn man hierarchisch denken will. Nicht umsonst ist bei ihm der Einbruch des Heiligen in das pädagogische Gebiet erfolgt: Er hat neue Richtpfeile gesetzt und aller bloßen Schulfuchserei ein Ende bereitet.
Es wird nie gelingen, die letzten Tiefen Don Boscos auszuloten, und stets werden wir auf einen nicht aufzuhellenden Rest stoßen, auf eine Stelle bei der das Geheimnis von der Wirklichkeit des Heiligen erst beginnt.
Wir gehen von Don Boscos südländischer Natürlichkeit aus – obwohl er so wenig wie irgendein anderer Heiliger von Natur aus heilig war – und werden von ihr unmerklich zu einer Übernatürlichkeit geführt. Es gab zu seinen Lebzeiten auch andere italienische Heilige wie Josef Benedikt Cottolengo, Josef Cafasso, Maria Domenica Mazzarello, Dominikus Savio, Gemma Galgani usw., Menschen, die uns Respekt abnötigen, obwohl sie unser Herz nicht so unmittelbar ansprechen wie der Mann aus Turin. Wir suchen nach einem Wort und finden es nicht; ach, wie soll man es nur sagen? Don Bosco glich einem Maronibrater, wie sie bei uns im Winter bei ihren Öfen stehen. Als Kinder haben wir gierig die zauberhaften Düfte der gebratenen Maroni eingeatmet. Was aber Don Bosco uns anzubieten hat, ist doch unendlich viel mehr als nur „heiße Maroni, dick und heiß“. Einerlei, mögen wir ihn nun mit den erstaunten Augen eines Buben oder mit dem prüfenden Blick eines Erwachsenen betrachten, er fasziniert uns durch seine originelle Heiligkeit dermaßen, dass wir förmlich in seinen Bann geraten.
Don Bosco kommt uns mit einer lebhaften italienischen Gebärdensprache entgegen, kitzelt uns ein wenig unter dem Kinn und marschiert dann dicht an uns vorbei, mögen wir uns darüber mit einem noch so verdutzten Gesicht anschauen, das ruft nur sein zauberhaftes Lächeln hervor, dem wir restlos unterliegen.
Fortsetzung folgt