"Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Allgemein Katholisches.
Agricola
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Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Agricola »

philipp hat geschrieben:Eine Kirche ist wahr, wenn man Zugang zu ihr hat?
Zu Schrift, Lehre und Sakramenten wurde geschrieben.

In manchen christlichen Gemeinschaften blieb allein die Schrift übrig. In solchen Gemeinschaften hat man keinen "Zugang" zu den Sakramenten usw.

Bei der Entscheidung zwischen Gemeinschaft A und Gemeinschaft B, in denen Schrift, Lehre und Sakramente gleichermaßen gegeben sind, fand bei Trisagion, so habe ich das zumindest verstanden, schlicht eine pragmatische Güterabwägungen statt. Welches Gut ist wichtiger? Dass er z. B. in Gemeinschaft A, in der Schrift, Lehre und Sakrament gegeben sind, auch ausreichend (gemessen an Kriterium x) praktizieren kann, oder aber dass in Gemeinschaft B Schrift, Lehre und Sakrament in irgendeiner Hinsicht um Nuancen besser (gemessen an Kriterium y, das er auch an Schrift, Lehre und Sakrament von A anlegt) sind, er dort dafür aber höchstens unzulänglich (gemessen am selben Kriterium x) praktizieren kann.

Trisagion
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Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Trisagion »

Agricola hat geschrieben:
Sonntag 18. April 2021, 13:43
Bei der Entscheidung zwischen Gemeinschaft A und Gemeinschaft B, in denen Schrift, Lehre und Sakramente gleichermaßen gegeben sind, fand bei Trisagion, so habe ich das zumindest verstanden, schlicht eine pragmatische Güterabwägungen statt. Welches Gut ist wichtiger? Dass er z. B. in Gemeinschaft A, in der Schrift, Lehre und Sakrament gegeben sind, auch ausreichend (gemessen an Kriterium x) praktizieren kann, oder aber dass in Gemeinschaft B Schrift, Lehre und Sakrament in irgendeiner Hinsicht um Nuancen besser (gemessen an Kriterium y, das er auch an Schrift, Lehre und Sakrament von A anlegt) sind, er dort dafür aber höchstens unzulänglich (gemessen am selben Kriterium x) praktizieren kann.
Korrekt. Ich kann nach der wahren Religion zu jagen, oder Religion zu praktizieren, aber nicht wirklich beides. Das ist nicht nur eine Zeit- und Geldfrage, sonderen auch eine psychologische. Man kann sich nicht wirklich auf etwas einlassen wenn man voller Zweifel ist ob es richtig ist.

Das Problem kann man nicht lösen was die Religion selber angeht, denn es ist immer möglich, daß irgendeine bis dato unbekannte oder unerforschte Religion irgendwie noch besser ist. Das Problem kann man nur lösen mit Bezug auf einen selber. Was ändert sich denn in meinem Leben und in meiner Praxis wenn ich die Religion wechsele, und macht das einen signifikanten Unterschied? Ich bin in meinen spirituellen Bedüfnissen viel einfacher als die Religion die ich ausübe, darum wird das Problem entscheidbar.

Sollte ich irgendwann etwas über die Kopten hören, was mich glauben läßt, daß sie signifikant besser sind - und zwar nicht in einem abstrakten Sinne sondern für mich und mein Seelenheil - dann werde ich Zeit, Geld und "psychologische Energie" investieren um mir das näher anzuschauen. Und die "Rechnung" die da aufgemacht wird ist eben nicht absolut, sondern praktisch, "egozentrisch" in einen guten Sinne. Aber ich vertraue eben auch darauf, daß Gott mir Bescheid gibt, wenn ich mich bewegen sollte. Das hat er schließlich bisher auch getan, und ich bin recht hellhörig. Ich bin also zwar pragmatisch, aber auch offen mich zu "mehr" inspirieren zu lassen. Offen, nicht fierberhaft suchend...

philipp

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von philipp »

Agricola hat geschrieben:
Sonntag 18. April 2021, 13:43
In manchen christlichen Gemeinschaften blieb allein die Schrift übrig. In solchen Gemeinschaften hat man keinen "Zugang" zu den Sakramenten usw.
Wenn diese Gemeinschaft die wahre Kirche ist wird Gott darüber hinwegsehen.
Agricola hat geschrieben:
Sonntag 18. April 2021, 13:43
Bei der Entscheidung (...)
Danke. Ich habe hier die Haltung es ist immer besser man ist bei der Wahrheit als man ist bei einem substitute. Das ist ja dann fast wie Lügen, wenn ich etwas praktiziere was ich aber nicht ganz für wahr halte. Nur um dann zu sagen: es ist besser für mein Seelenheil wenn ich das so tue. Am Ende weiss nur Gott was mit meiner Seele passieren wird. Und der beste Weg zu Gott ist die Wahrheit oder?
Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 18. April 2021, 15:31
Das Problem kann man nicht lösen was die Religion selber angeht, denn es ist immer möglich, daß irgendeine bis dato unbekannte oder unerforschte Religion irgendwie noch besser ist.
Da würden viele im Forum opponieren und sagen, sie hätten die Wahrheit in Jesus Christus und der katholischen Kirche gefunden. Wenn ich meine Gott habe mir die wahre Kirche gezeigt, dann ist diese Frage entschieden. Nicht nur für einen persönlich. Sondern ganz prinzipiell. Der Himmel ist blau...Und durch Offenbarung wissen die Katholiken: die Kirche ist wahr.
Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 18. April 2021, 15:31
Was ändert sich denn in meinem Leben und in meiner Praxis wenn ich die Religion wechsele, und macht das einen signifikanten Unterschied? Ich bin in meinen spirituellen Bedüfnissen viel einfacher als die Religion die ich ausübe, darum wird das Problem entscheidbar.
Wenn du von den Kopten zu den Katholiken wechseln würdest. Und die Katholiken wären die wahre Kirche. Dann wäre der Unterschied vermutlich sehr gross weil zb die Sakramente am wirkungsvollsten in der wahren Kirche sind.
Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 18. April 2021, 15:31
Aber ich vertraue eben auch darauf, daß Gott mir Bescheid gibt, wenn ich mich bewegen sollte. Das hat er schließlich bisher auch getan, und ich bin recht hellhörig.
Hättest du nur das gesagt wäre die sache für mich gegessen gewesen.

Zugespitzt formuliert zum schluss: wenn das mit der wahren Kirche eh Wurst ist, warum schert sich überhaupt irgendein katholik darum dass man missioniert. Ist ja nur ein abstrakter Unterschied ob jemand kopte oder Katholik ist. Was ist der Sinn hinter dem Gedanken der EINEN katholischen Kirche.

Agricola
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Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Agricola »

philipp hat geschrieben:Das ist ja dann fast wie Lügen, wenn ich etwas praktiziere was ich aber nicht ganz für wahr halte.
Eines vorweg: Ich möchte natürlich nicht ständig als eine Art unberufener und ungewünschter Sprecher stellvertretend für andere Forennutzer antworten, die auch sehr gut ohne mich zu antworten verstehen. Daher bitte ich, das Folgende allgemeiner und bezogen auf diejenigen aufzufassen, deren Verständnis der Sache vielleicht ähnlich dem ist, das ich skizzieren werde, die sich hier aber nicht äußern können oder nicht äußern wollen.

Gut. Was nun die eigentliche Sache angeht: Das wurde ja gar nicht gesagt. Was aber gesagt wurde, ist, dass es nicht menschenmöglich ist, ewig zu suchen und die – relativ zu einem selbst – abgelegensten Möglichkeiten ernsthaft in Betracht zu ziehen. Oder mit Robert Spaemann, selig, gesprochen: „Der Diskurs ist zwar unendlich, aber das Leben ist es nicht. Das bedeutet, daß wir, wenn es um das richtige Handeln geht, nie abwarten können, bis der Diskurs beendet ist.“[*] Denn vielleicht stellen die Thomaschristen in Indien die christliche Religion in ihrer Fülle dar, vielleicht aber auch die „Western Branch of American Reform Presbylutheranism“? Wer von uns kann das wissen, zumal in Fällen von christlichen Gemeinschaften, von deren Existenz man nicht einmal gehört hat? Unsere kognitiven und materiellen Ressourcen sind begrenzt. Uns stehen schon aufgrund unserer eigenen Endlichkeit keine vollständigen Informationen zur Verfügung. Das ist also ein prinzipiell unlösbares Problem. Wir können in diesem irdischen Leben nicht wissen, welches System von Glaubenssätzen wahr ist, wir können nur aufgrund bestimmter vernünftiger Kriterien glauben, dass das eine wahr ist und andere falsch sind, und da das, was wir bezüglich des Seelenheils glauben, in aller Regel nicht einfach nur ein epistemisches Für-wahr-Halten darstellt, sondern wesentlich auch eine bestimmte Vollzugsweise des Geglaubten inkludiert, fließen an dieser Stelle auch ganz pragmatische Überlegungen in unsere Bewertungen der Wahrheit – die m. M. n. von Hause aus einen pragmatischen Aspekt beinhaltet – eines bestimmten Glaubenssatzes bzw. eines Systems solcher Sätze mit ein, in denen es um die Möglichkeit einer bestimmten, mit dieser verbundenen Praxis relativ zur je eigenen Situation geht.

---
[*] Spaemann, Robert: Das unsterbliche Gerücht. Die Frage nach Gott und die Täuschung der Moderne. Stuttgart: Klett-Cotta 2007, 228.

Agricola
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Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Agricola »

philipp hat geschrieben:Und durch Offenbarung wissen die Katholiken ...
Ah ja, eins noch: Die Katholiken "wissen" gar nichts, was die natürliche/rationale Theologie übersteigt. Sie glauben.

philipp

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von philipp »

Agricola hat geschrieben:
Sonntag 18. April 2021, 20:18
Ah ja, eins noch: Die Katholiken "wissen" gar nichts, was die natürliche/rationale Theologie übersteigt. Sie glauben.
Kenne genug gläubige die von wissen sprechen. Und die das auch authentisch so leben. Wenn es tatsächlich nur um "glauben" geht, wie kann dann überhaupt irgendein Glaube vernünftiger/besser sein als ein anderer? Ich weiss jetzt nicht welche Religionen mit der "rationalen theologie" kompatibel sind, aber wie kann ich Religion A von Religion B unterscheiden, wenn beide philosophisch zulässig sind? Nur durch Offenbarung (=nur durch subjektives Glauben) ? Oder was meinst du genau mit:
Agricola hat geschrieben:
Sonntag 18. April 2021, 20:00
wir können nur aufgrund bestimmter vernünftiger Kriterien glauben
Deine längere Erklärung "Gut. (...) situation geht" war erleuchtend. Ich danke und stimm schon zu. Aber es kam mir ein bisschen so vor als würde Tris - - er möchte mich nicht erschlagen - - sagen: "ah die kopten sind so weit weg und die Thomas-Christen, die können ja nicht mal deutsch, bleibt am besten alle Katholiken oder orthodoxe, was anderes ist ja gar nicht sinnvoll für das seelenheil". Kurz: es kam mir vor als würde er es dem suchenden zu einfach machen mit der genannten Schwierigkeit einer wahrheitsfindung wegen des schwierigen Zugangs. Man hat heutzutage sehr leichten Zugang zu allmöglichen Quellen und vor allem von einem intelligenten Menschen kann man sich ja eine gewisse Recherche und eine gewisse Auseinandersetzung mit verschiedenen Konfessionen erwarten. Es fallen mir spontan zwei Gründe ein mit der sucherei aufzuhören:

-ich habe eine kirche gefunden die ich für so wahr halte dass ich überzeugt bin nichts besseres zu finden

-ich habe so lange gesucht dass ich meine ein relativ gutes bild von der Christen-Landschaft zu haben, sodass ich mich guten Gewissens einer potenziell unvollkommenen Gemeinschaft hingeben kann, weil ich das gefühl habe dass eine bessere Gemeinschaft mir nicht viel mehr bringen würde Oder weil ich überzeugt bin dass ich an das Ende meiner Möglichkeiten gelangt bin.

Gut, vermutlich gibt es noch weitere argumentationslinien, aber ich hatte halt das Gefühl Tris stellt recht geringe Ansprüche an einen klugen suchenden Menschen (mit internetzugang). Ich warte aber gerne auf seine eventuell Anders gelagerte Meinung. Ich verstehe Tris oft falsch.

Agricola
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Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Agricola »

philipp hat geschrieben:Kenne genug gläubige die von wissen sprechen.
Als eine façon de parler, die eine feste Überzeugung zum Ausdruck bringen soll, hört man das gewiss. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Indes, wenn das jemand sensu stricto meinen sollte, sollte sich derjenige vielleicht einmal Gedanken darüber machen, wie er die Wahrheit seines Glaubens (epistem.) an einen Gott, der sich offenbart, dreieinig ist, der Mensch wurde und dennoch Gott blieb usw. usf. allgemeingültig zu rechtfertigen gedenkt. Ich sag‘s mal so: Es wird nicht ganz einfach werden, ist aber nötig, um von Wissen sprechen zu können…
philipp hat geschrieben:Wenn es tatsächlich nur um "glauben" geht, wie kann dann überhaupt irgendein Glaube vernünftiger/besser sein als ein anderer?
Inwiefern ist mein Glaube, dass morgen die Sonne wieder aufgeht vernünftiger als der, dass Beteigeuze aus leuchtendem Käse besteht? – Antwort: Das eine ist relativ kompatibler mit dem, was ich sonst so über die Beschaffenheit des Universums und, in diesem Fall, ganz allgemein aus meiner persönlichen Erfahrung weiß als das andere.
philipp hat geschrieben:Ich weiss jetzt nicht welche Religionen mit der "rationalen theologie" kompatibel sind, aber wie kann ich Religion A von Religion B unterscheiden, wenn beide philosophisch zulässig sind?
Manches ist schlicht relativ kompatibler mit den Prinzipien des (vernünftigen) Denkens und unserem jeweiligen Wissenstand als anderes.

Das rational festzustellen, was wirklich kompatibler mit den Prinzipien des Denkens und unserem jeweiligen Wissensstand ist, ist m. E. im Wesentlichen ein negatives Verfahren:

Gegen manche Glaubensüberzeugungen spricht schlicht weniger – oder im Idealfall auch gar nichts – als gegen (alle) andere(n). Dass aber relativ zu allen andern Glaubensüberzeugungen weniger oder gar nichts gegen diese bestimmte Glaubensüberzeugung spricht, begründet noch kein Wissen.

Ferner besteht wenn, dann doch eher kein kontradiktorischer, sondern bloß ein konträrer Gegensatz zwischen den unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen, um die es uns gerade geht, das heißt: A und B können zwar möglicherweise nicht zugleich wahr, wohl aber beide zugleich falsch sein.

Mehr ist m. E. in diesem Leben einfach nicht drin. Wir können nur die Hoffnung haben, eines Tages wirklich zu wissen, so Gott will:

„Jetzt sehen wir durch einen Spiegel im Rätsel, alsdann aber von Angesicht zu Angesicht.“ (1 Kor 13,12)

philipp

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von philipp »

philipp hat geschrieben:
Sonntag 18. April 2021, 22:46
Mehr ist m. E. in diesem Leben einfach nicht drin. Wir können nur die Hoffnung haben, eines Tages wirklich zu wissen, so Gott will:
Ich hab das hier schon rauf und runter beklagt, aber dann ist der Glaubende am Ende doch ein armes Würschtel. Am Ende ist er allein mit seinem Glauben und kann nur hoffen, dass sein Glauben und damit Gott, so wie er ihn kennen und lieben gelernt hat, wahr ist. Das kommt um einen Vergleich zu ziehen nicht ansatzweise an die Liebe zu einem echten Menschen ran. Zwar kann ich mich in Menschen täuschen, aber doch habe ich bisher immer festgestellt, dass etwas echtes bleibt. Eine Erfahrung, ein gemeinsamer Weg, ein Sein. Meine Beziehung zu Gott steht hingegen auf ganz wackligen Füßen und könnte in der Stunde meines Todes nichts anderes als blanke Fiktion gewesen sein.

Die Lösung bleibt wohl nur die Zugewandtheit zur Welt, das Leben im Jetzt. Vermutlich gelingt das optimale Leben-im-Jetzt aber am besten, wenn man Christ ist. Die glücklichsten Menschen, die ich bisher kennenlernendurfte waren wohl Christen. Vielleicht ist also der beste Hedonist, am Ende ein Christ. Er muss sich nur selbst von Christus, vom Beten usw. überzeugen (kriegt man schon hin) und schon hat er Hedonismus und Christentum wunderbar vereinigt.

Bruder Donald

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Bruder Donald »

Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 18. April 2021, 15:31
Und die "Rechnung" die da aufgemacht wird ist eben nicht absolut, sondern praktisch, "egozentrisch" in einen guten Sinne.
Sogar "existenziell". :doktor:
philipp hat geschrieben:
Sonntag 18. April 2021, 22:46
Am Ende ist er allein mit seinem Glauben und kann nur hoffen, dass sein Glauben und damit Gott, so wie er ihn kennen und lieben gelernt hat, wahr ist.
Glaube, Liebe und Hoffnung sind die drei Kardinaltugenden, nicht absolutes Wissen.
Alles wissen kann nur Gott, der Mensch kann "nur" glauben, lieben und hoffen. Jedes Wesen hat eben seine Vermögen. Das Unglück der Menschheit und vieler einzelner Menschen besteht darin, nach einem Vermögen zu streben bzw. zu beklagen dass man es nicht erreicht hat, welches einem von "Natur aus" eben nicht gegeben ist. Siehe den Fall Adam und Eva.
philipp hat geschrieben:
Sonntag 18. April 2021, 22:46
Das kommt um einen Vergleich zu ziehen nicht ansatzweise an die Liebe zu einem echten Menschen ran.
Ich würde es so sehen: Ist man sich der Existenz Gottes und einer Beziehung zu Gott "bewusst", dann kommt das an kein diesseitiges Verhältnis heran.
Dieses "Bewusstsein" erlangt man m. E. aber nicht durch das Nachdenken und Philosophieren kluger Worte, sondern durch aktives Tun/Kommunikation,/Beten oder einen Schritt weiter: "mystischer" Praktik. Will Gott gedacht oder geliebt werden?

Trisagion
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Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Trisagion »

Ich danke Agricola für die guten Kommentare, wir beide jedenfalls verstehen uns offenbar recht gut.

"Misery loves company" sagt man im Englischen, und der gute Philipp will ums Verrecken nicht alleine bleiben in seinen Glaubens- und Lebenszweifeln. Aber leider geht es mir ganz gut in meinem Glauben, ich bin mit mir und meinen Ansprüchen zufrieden, und trotz aller Anstrengungen Philipps will sich der nagende Zweifel bei mir einfach nicht so recht einstellen.

Interessanterweise ist hier die logische Antwort auch die psychologische. Es ist nicht nur logisch, Philipp aufzufordern gefälligst selber zu schauen ob die Kopten nun die wahre Kirche sind und uns ggf. darüber zu berichten, anstatt zu versuchen andere Leute dazu zu bringen seine Zweifel für ihn zu bereinigen. Es würde Philipp in der Tat auch verdammt gut tun, wenn er selber mal irgendwas erforschen würde und eigenständig zu einer überlegten Entscheidung käme. Und, Covid willig, es wäre noch viel besser wenn Philipp dazu mal nach Ägypten führe und sich ein paar Monate (gerne auch ein Jahr oder zwei) mit echt neuen Erfahrungen beschäftigen würde.

Viel Spaß also mit den Kopten, Philipp, laß mal irgendwann wieder von Dir hören. :huhu:

Bruder Donald

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Bruder Donald »

Trisagion hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 00:00
Aber leider geht es mir ganz gut in meinem Glauben, ich bin mit mir und meinen Ansprüchen zufrieden, und trotz aller Anstrengungen Philipps will sich der nagende Zweifel bei mir einfach nicht so recht einstellen.
Ich denke nicht, dass philipp in irgendeiner Form "bösartig" ist und dich oder sonst wen hier runterziehen will. Da nagt eben ein Zweifel ihm und ich hinterfrage den psychologischen Effekt darin, ihm jetzt sarkastisch/zynisch zu antworten.
Trisagion hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 00:00
Es ist nicht nur logisch, Philipp aufzufordern gefälligst selber zu schauen ob die Kopten nun die wahre Kirche sind und uns ggf. darüber zu berichten, anstatt zu versuchen andere Leute dazu zu bringen seine Zweifel für ihn zu bereinigen.
Soweit ich verstanden habe, hat er ja bereits seine Erfahrungen gemacht. Es klang bei mir jetzt nicht so, dass er in "tradtionalistische" Kreise hineingeboren wurde. M. E. liegt das Problem nicht darin, selbstständige Erfahrungen zu machen, sondern dass da immer ein kleiner Teufel ins Ohr flüstert: "und was, wenn es doch nicht das echte/richtige/wahre ist?"
Was mich wiederum zur Frage nach dem psychologischen Effekt führt: Was genau soll jetzt eine sarkastisch/zynische Antwort bringen?

philipp

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von philipp »

Danke donald. Ich hab ganz sicher nix böses im Sinne. Ich habe aber schon beim Schreiben meines Beitrags gedacht dass ich etwas ungeschickt formuliert habe und hatte das Gefühl Tris damit ärgerlich machen zu können. Entschuldigung an Tris, falls ich dich irgendwie beleidigt habe.

Was die inhaltliche Kritik betrifft: ich will dich nirgends hineinziehen, es hat mich primär intressiert wo du die Grenzen setzt: wie viel sollte man recherchieren, wann darf man mit der suche aufhören, wie schaut die genaue Abwägung zwischen Zugang und Praktizietung aus etc. Ich wollte durch meinen "Vorwurf" ein heranrasten an diese Abwägung anstoßen.

Ad "hineinziehen" : Ich hoffe im übrigen dass ich nicht irgendwelchen anderen menschen durch meine Zweifel den Glauben kaputt mache, aber ich bin zum schluss gekommen dass diese Gefahr nicht wirklich hoch ist, da ja auch zumeist auf meine Aussagen geantwortet wird. Ich posaune hier also nicht "anti-christliche" Propaganda herum, vielleicht dienen meine "widerlegbaren" Zweifel ja sogar zur Festigung mancher Mitleser.

Was die anderen möglichen Kirchen betrifft: mich hat nur die theoretische Güterabwägung (agricola) intressiert. Und warum sollte ich dann nicht fragen? Mein Kopf ist nicht der allerschnellste und im Gespräch kommt man immer weiter als im alleinigen grübeln. Vor allem in Glaubensfragen und vor allem wenn man in diesen Fragen sehr unsicher herumschwimmt. Mag sein dass ich derzeit mehr "nehme" als gebe, aber wenn ich mal fest im Glauben sein sollte werde ich logischerweise keine Fragen mehr stellen sondern hoffentlich die Fragen anderer beantworten und helfe dann gerne. Hier im forum bin ich halt der Fragende, der Suchende. Das bin ich nicht immer. Und vor allem bin ich es auch nicht gerne. Mir wäre lieber ich hätte meinen Kompass bereits. Die grossen Fragen nicht "beantworten" zu können ist schrecklich...

Trisagion
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Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Trisagion »

Bruder Donald hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 00:29
Was genau soll jetzt eine sarkastisch/zynische Antwort bringen?
Friede, Freude und Eierkuchen. Warum genau mischst Du Dich hier ein?

Bruder Donald

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Bruder Donald »

Trisagion hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 01:16
Warum genau mischst Du Dich hier ein?
Vermitteln, Missverständnisse ausräumen. Warum reagierst DU überhaupt so aggressiv?
Du magst vom bohrenden Nachfragen genervt sein, aber vielleicht "leidet" der Nachfragende darunter sogar mehr als du?

Trisagion
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Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Trisagion »

Bruder Donald hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 01:40
Warum reagierst DU überhaupt so aggressiv?
Na, mal schauen... Zum x-ten Mal wird auf einer Nebenbemerkung rumgeritten (warum habe ich nur je die gottverdammten Kopten erwähnt?!), meine Glaubenslüge, niedriger Wahrheitsanspruch und verwurstete Ekklesiologie wird beanstandet, und das Ergebnis der Tortur? Wenn man sich nur erfolreich selbst belügt bzgl. Christus ist das ganz toller Hedonismus...

So, und nun setzt Deinen blauen Helm mal wieder ab.

philipp

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von philipp »

Trisagion hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 02:26
Zum x-ten Mal wird auf einer Nebenbemerkung rumgeritten (warum habe ich nur je die gottverdammten Kopten erwähnt?!), meine Glaubenslüge, niedriger Wahrheitsanspruch und verwurstete Ekklesiologie wird beanstandet, und das Ergebnis der Tortur? Wenn man sich nur erfolreich selbst belügt bzgl. Christus ist das ganz toller Hedonismus...
Ich halte mein rumreiten weiterhin für sinnvoll (für mich). Es steht jedem frei mir auf den Beitrag zu antworten oder ihn zu ignorieren.

Trisagion
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Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 10:10
Ich halte mein rumreiten weiterhin für sinnvoll (für mich). Es steht jedem frei mir auf den Beitrag zu antworten oder ihn zu ignorieren.
Selbstverständlich. Und ich nutze diese Freiheit, um Deine Forschungsarbeit zum Thema Kopten ermunternd zu begleiten. Manche Leute würden es bei einem Mal belassen, aber ich denke stetige wohlwollende Resonanz ist sinnvoll (für Dich).

Also, was gibt's neues über die Kopten?

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Lycobates
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Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Lycobates »

Trisagion hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 11:11
philipp hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 10:10
Ich halte mein rumreiten weiterhin für sinnvoll (für mich). Es steht jedem frei mir auf den Beitrag zu antworten oder ihn zu ignorieren.
Selbstverständlich. Und ich nutze diese Freiheit, um Deine Forschungsarbeit zum Thema Kopten ermunternd zu begleiten. Manche Leute würden es bei einem Mal belassen, aber ich denke stetige wohlwollende Resonanz ist sinnvoll (für Dich).

Also, was gibt's neues über die Kopten?
Ja!
Hier: https://www.kreuzgang.org/viewtopic.php ... fe#p851041
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
*
Fac me Tibi semper magis credere, in Te spem habere, Te diligere
*
... una cum omnibus orthodoxis, atque catholicae et apostolicae fidei cultoribus

philipp

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von philipp »

"Und ich nutze diese Freiheit, um Deine Forschungsarbeit zum Thema Kopten ermunternd zu begleiten. (...)
Also, was gibt's neues über die Kopten?"

Tut mir leid. Mich intressiert erstmal nur die theoretische Frage wie und wie viel man sich mit Konfessionen beschäftigen muss, bis man sich festlegen darf.

Ich traue mir kein Urteil über die Kopten zu. Ich habe zu wenig Ahnung von filioque und wiederverheiratung, dass ich mich hier entscheiden könnte. Das beste Argument gegen die kopten ist, dass sie sich bis heute nicht verbreitet haben. Aber vielleicht will der gott das ja hier und jetzt so. Zudem gibt es, wie hier schon erwähnt wurde zahlreiche weitere Konfessionen. Sie frage nach der wahren Kirche dürfte wohl nur auf 2 Wege beantwortbar sein. 1. Intuition 2. Grosse expertise auf mehreren Gebieten (zumindest theologie und Geschichte)

Bruder Donald

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Bruder Donald »

Trisagion hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 02:26
[...]und das Ergebnis der Tortur? [...]
Ich kann nachvollziehen, dass du hier viel Zeit, Energie und Arbeit invertierst, aber diese offenbar nicht wirklich fruchtet und es dich frustriert. Ich denke aber auch, dass philipp dich nicht bewusst oder böswillig nerven will damit und es ihm auch keinen Spaß macht, dass er nicht so eine Gewissheit hat wie du sie eben hast. Und dieser Umstand frustriert ihn wohl mehr als dass du genervt bis von der Unfruchtbarkeit deiner Arbeit, die du hier leistest.
Um die "Kopten" geht's auch gar nicht, wozu dann auch weiter dahingehend sticheln?
Trisagion hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 02:26
So, und nun setzt Deinen blauen Helm mal wieder ab.
Ich behalts noch etwas an. :narr:
philipp hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 11:57
Mich intressiert erstmal nur die theoretische Frage wie und wie viel man sich mit Konfessionen beschäftigen muss, bis man sich festlegen darf.
Wozu der Theorie nachjagen, wenn man mit der Praxis der jeweiligen Konfession/Religion glücklich/zufrieden ist?
Was dir Trisagion und Agricola zu erklären versuchen ist: Denke weniger an die "Wahrheit", denke primär an dich.

philipp

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von philipp »

Bruder Donald hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 15:51
Wozu der Theorie nachjagen, wenn man mit der Praxis der jeweiligen Konfession/Religion glücklich/zufrieden ist?
Was dir Trisagion und Agricola zu erklären versuchen ist: Denke weniger an die "Wahrheit", denke primär an dich.
Zufriedenheit intressiert mich nicht. Oder nur sekundär. Primär hätte ich gern die Wahrheit

Bruder Donald

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Bruder Donald »

philipp hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 15:57
Zufriedenheit intressiert mich nicht. Oder nur sekundär. Primär hätte ich gern die Wahrheit
Das halte ich für einen sehr hohen Anspruch.
Des Weiteren bezweifle ich, dass man da allein mit kognitiven Eigenschaften etwas erreichen kann.
Thomas von Aquin wollte im Grunde auch "nur" die Wahrheit, seine Arbeit liegt uns ja vor. Dennoch, irgendwie war er damit nach einem wohl mystischen Erlebnis recht unzufrieden damit.

philipp

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von philipp »

Wir sind so im ungewissen. Die Fragen sind zu groß um irgendwie sinnvoll darauf zu antworten.

Bruder Donald

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Bruder Donald »

philipp hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 18:37
Wir sind so im ungewissen. Die Fragen sind zu groß um irgendwie sinnvoll darauf zu antworten.
Wozu sich dann darüber den Kopf zerbrechen?
Praktiziere, glaube, liebe, hoffe und gut ist.

philipp

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von philipp »

Eh

philipp

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von philipp »

Wir sind so im ungewissen. Die Fragen sind zu groß um irgendwie sinnvoll darauf zu antworten.
Ich möchte das korrigieren. Es ist eher so, dass die Entscheidung deshalb so hart ist weil sie so weitreichend und umwälzend ist. Wenn ich zum Beispiel eine Wahlentscheidung bei einer politischen Wahl treffe, ist diese Entscheidung für mich in 2 Sekunden gefällt. Obwohl man darüber auch Jahre nachdenken könnte. Aber es hat einfach keine große Relevanz. Auch bei größeren Lebensentscheidungen, die Relevanz haben, kann man nicht so fatal scheitern. Wenn ich mich für den Kelmpnerberuf entscheide anstatt meiner wahren Berufung "Tischler" zu folgen, dann ist mit der "Klempnerentscheidung" nicht alles verloren. Ich habe ja vermutlich trotzdem Freude am Beruf, kann meine Familie finanzieren. Es wird sich um Nuancen vom "wahren" Beruf unterscheiden. Aber auch der Klempner hat ein echtes Gut dass er mit seiner Entscheidung erworben hat. Es kommt im echten Leben nicht gar so oft vor, dass man sich so dramatisch fehlentscheidet, dass man am Ende draufkommt, dass man überhaupt kein "Gut" erreicht hat, durch seine Entscheidung. Derjenige, der sich auf eine "falsche" Frau eingelassen hat hat trotzdem echte, wertvolle Erfahrungen gesammelt, ist persönlich gewachsen, hat etwas gutes gemacht und gutes erhalten.

Der Christ hingegen, wenn er falsch liegt, hat nichts mehr in den Händen außer eine falsche Theorie der er angehangen ist. Soetwas wie eine Beziehung mit Jesus kann es nur dann geben, wenn Jesus wahr ist. Wenn Jesus nicht wahr ist habe ich mit der Luft kommuniziert und die Luft geliebt während ich Stunden im Gebet verbracht habe. Außerdem habe ich vermutlich auf falsche Intuition verlassen, die ich als Gottesentscheidung etikettiert habe. und so weiter... ich habe darüber nicht viel nachgedacht. Aber vielleicht habe ich in Zügen klar gemacht, warum das mit dem Glauben eine sehr schwere Nummer ist für mich.

Das Leben bietet recht gute Anker an die man sich verlässlich halten kann und mit Hilfe derer man mehr oder weniger gute Entscheidungen treffen kann. Das sehe ich ja nicht nur in meinem Leben sondern auch im Leben (älterer) Menschen, deren Entscheidungen ich beobachten durfte bzw mit denen ich gesprochen habe. Im Leben gibt es Anker. Im Glauben kann alles plötzlich weg und ganz anders sein.

Und dann verlangt der scheinbar ankerlose Glaube noch so viel von einem. Ich müsste mein Leben komplett umkrempeln wenn ich Christ würde, mein ganzes Denken, mein Weltbild, alles. Und das soll ich tun ohne irgendwelche spürbaren Sicherheiten?

Agricola
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Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Agricola »

Trisagion hat geschrieben:Ich danke Agricola für die guten Kommentare, wir beide jedenfalls verstehen uns offenbar recht gut.
:huhu:
---
Ludwig Wittgenstein, in: „Über Gewissheit“ hat geschrieben:192. Es gibt freilich Rechtfertigung; aber die Rechtfertigung hat ein Ende.

219. Es kann für mich, als vernünftigen Menschen, kein Zweifel darüber bestehen. – Das ist es eben. –

294. So überzeugen wir uns, das nennt man »mit Recht davon überzeugt sein«.

344. Mein Leben besteht darin, daß ich mich mit manchem zufriedengebe.

Bruder Donald

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Bruder Donald »

philipp hat geschrieben:
Montag 19. April 2021, 23:33
Und das soll ich tun ohne irgendwelche spürbaren Sicherheiten?
Im Grunde: Ja.
Kierkegaard spricht vom "Sprung" (von der Kannte des Wissens/Verstehbaren zum Glauben hin).
Jesus selbst sagt: "Selig sind, die nicht sehen und doch glauben." (Joh. 20, 29).

Ich persönlich denke, Karl Rahner hatte zumindest mit einem Satz recht:
"Der Fromme von morgen wird ein Mystiker sein, einer der etwas erfahren hat, oder er wird nicht mehr sein."
Der Christ von heute/morgen wird wohl nur/eher glauben können, wenn er eine gewisse Sicherheit "erspürt". Es mag eine Glaubensentscheidung einfacher machen, aber eine 100%ige unumstößliche Sicherheit und Gewissheit wird das auch wohl nicht sein.
Du hast ja kürzlich Blaise Pascal lobend erwähnt, daher kennst du ja wohl seine "Wette". Man muss sich eben entscheiden, worauf man wettet. Die Frage ist auch, willst du aus Angst auf Gott, Kirche, Glaube setzen, weil du sonst meinst mega verlieren zu können, oder setzt du darauf aus Vertrauen/Glauben/Überzeugung?

philipp

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von philipp »

Danke Agricola!
Danke Donald!


"294. So überzeugen wir uns, das nennt man »mit Recht davon überzeugt sein«."

Man ist dann mit Recht überzeugt, wenn man sich selbst überzeugt hat?
Bruder Donald hat geschrieben:
Dienstag 20. April 2021, 00:58
Der Christ von heute/morgen wird wohl nur/eher glauben können, wenn er eine gewisse Sicherheit "erspürt".
Ist das nicht bei jedem so? Der erzogene Christ glaubt halt, weil er in seiner Kindheit Erfahrungen gemacht hat und den Glauben seiner Eltern als gesehen hat. Das dient als Sicherheit.

Agricola
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Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Agricola »

philipp hat geschrieben:Das Leben bietet recht gute Anker an die man sich verlässlich halten kann und mit Hilfe derer man mehr oder weniger gute Entscheidungen treffen kann.
In einer Weise ist das natürlich so, aber alleine das ist schon nichts, was man, gerade bezüglich religiöser Fragen, nur theoretisch klärt.

Es gibt, an sich bzw. ganz prinzipiell, bereits eine epistemische Asymmetrie zwischen meinen Überzeugungsgrundlagen und meinen Überzeugungen. Hier ist auch der Ort der Fehlbarkeit. Durch diese Asymmetrie bedingt ist es nämlich möglich, dass unsere gesamten Überzeugungen falsch sind. Gleichzeitig gehört die Fehlbarkeit immer schon zum Objektivitätsanspruch unserer Urteile. Wir setzen diese Asymmetrie informell in jedem Urteil, dass p (der Fall ist) mit. Das heißt wir setzen mit jedem Urteil unsere eigene Fehlbarkeit mit. Andernfalls wäre nicht einfach jedes unserer Urteile wahr und weiter nichts, vielmehr würden wir dauerhaft auf einer epistemischen Stufe mit Träumen und sonstigen "reinen Erscheinungen" feststecken. Für diesen Zustand gölte mit Wittgenstein gesprochen: „[R]ichtig ist, was immer mir als richtig erscheinen wird.“ („Philosophische Untersuchungen“, § 258.) So etwas wäre aber kein theoretisches Problem, sondern es hat am Ende schlicht nichts mit dem zu tun, was wir faktisch tun, wenn wir Wissen beanspruchen. Ferner ist nicht jede Grundlage für jede Überzeugung gleichermaßen geeignet. M. E. sind zwar die wahren Inhalte der einzelnen Überzeugungen und ihre jeweiligen Grundlagen in bestimmter Weise miteinander verbunden, aber das heißt nicht, dass für genuin religiöse Überzeugungen (zu denen wir durch das „Licht des Glaubens“ Zugang haben) ohne Weiteres philosophisch-theoretische Grundlagen taugen. Es gibt für alles eine bestimmte Weise, selbst wenn man sich nicht über die genaue Ausgestaltung im Klaren ist. Wie man sich von genuin religiösen Inhalten überzeugt, nun, dazu kann man nur auf vernünftige religiöse Menschen verweisen und sagen: „[Schau, s]o überzeugen wir uns, das nennt man »mit Recht davon überzeugt sein«.“ („Über Gewissheit“, § 294.)

Und wie nicht jede Überzeugung zu allen Überzeugungsgrundlagen passt, so tritt nicht jedes Problem in jedem möglichen Kontext auf. Vielmehr treten bestimmte Probleme in bestimmten Kontexten auf. Wenn eine bestimmte Art Problem in einem Kontext auftritt, in einem andern Kontext dagegen nicht, dann hat das wahrscheinlich etwas mit dem Kontext zu tun. Da das Problem kontextbedingt auftritt, eventuell sogar notwendig auftritt, lässt es sich nicht innerhalb des bedingenden Kontexts lösen. Wenn man das nicht beachtet, ist das ein wenig so, wie sich durch ein Mauseloch ins Haus zwängen zu wollen, wie ein ständiges Gegen-die-Wand-Rennen, anstatt einmal nach der Tür zu suchen und so einzutreten.

Was wäre nun gerade auch das Ziel der christlichen Philosophie? Erneut mit Wittgenstein: „Das Ziel der Philosophie – der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas zeigen.“ („Philosophische Untersuchungen“, § 309.)

Deswegen sagt Dir Trisagion – sarkastisch hin oder her –, Du solltest mal nach Ägypten gehen, oder anders: Wechsle mal den Kontext. Das Wechseln sowie der Kontext dieser theoretischen Probleme ist dabei aber selbst nicht mehr einfach nur theoretisch. Deswegen hilft die Theorie auch nicht weiter, sondern nur ein wirklich pragmatischer, das heißt: sachgerechter Zugang. Was aber in Deiner konkreten Situation sachgerecht wäre, das können Außenstehende in einem Internetforum, die nichts mit Deinem Nicht-virrtuellen-Leben zu tun haben (wollen?), gar nicht beurteilen. Das sind Dinge, die Du andernorts klären müsstest.
philipp hat geschrieben:Man ist dann mit Recht überzeugt, wenn man sich selbst überzeugt hat?
Wovon konntest Du dich denn bisher so für Dich allein im stillen Kämmerlein überzeugen? Völlig unabhängig von allem sonst?
Zuletzt geändert von Agricola am Dienstag 20. April 2021, 13:25, insgesamt 1-mal geändert.

Bruder Donald

Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Bruder Donald »

philipp hat geschrieben:
Dienstag 20. April 2021, 12:49
Ist das nicht bei jedem so?
Nö, würde ich nicht so sehen. Man wird wohl genug Beispiele finden von Leuten, die von Kindheit an gute Voraussetzungen hatten, aber dennoch nicht gläubig sind/wurden.
Der springende Punkt mMn ist, eine eigene "Erfahrung" zu machen. Wenn man Christentum/Glauben als Beziehungsverhältnis zu/mit Gott versteht, dann mag das Wissen, dass andere durchaus eine solche positive Beziehung haben, motivierend wirken, aber es ist einfach kein Ersatz für den eigenen und selbstständigen Vollzug.
Es mag wohltuend sein, wenn man z. B. Eltern hat, die eine gute und harmonische Ehe führen, aber das kann man nicht damit vergleichen, wenn man selbst eine gute und harmonische Ehe führt. Zumindest sieht man am Beispiel der Eltern, dass es auch eine gutgeführte Ehe geben kann, was aber nicht bedeutet, dass man selbst je eine gute Ehe führen wird.

Agricola
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Re: "Den Weg der Erneuerung weitergehen" 2.0

Beitrag von Agricola »

Nachtrag:
philipp hat geschrieben:Man ist dann mit Recht überzeugt, wenn man sich selbst überzeugt hat?
Wir, nicht Du Dich in Deinem Kopf.
Ludwig Wittgenstein hat geschrieben:294. So überzeugen wir uns[*], das nennt man »mit Recht davon überzeugt sein«.
* Hervorhebung nicht im Original.

Wittgenstein war ein brillanter Stilist. So etwas ist meist kein Zufall.

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