Ökumene

Allgemein Katholisches.
Trisagion
Beiträge: 1890
Registriert: Donnerstag 26. Dezember 2019, 03:59

Re: Ökumene

Beitrag von Trisagion »

taddeo hat geschrieben:
Mittwoch 30. Juni 2021, 19:28
Ich habe ausdrücklich gesagt, dass es für die katholische Kirche de fide ist. Wir dürfen es nicht einfach weglassen, um uns irgendwem anzubiedern, ohne gegen die für uns verbindliche Glaubenslehre zu verstoßen.
Das "filioque" bringt im Glaubensbekenntnis eine Lehre zum Ausdruck, die in der Tat de fide für Katholiken ist. Das "filioque" ist aber nicht alleine präzise genug um diese de fide Lehre zu spezifizieren. Und wenn man das Glaubensbekenntnis ohne das "filioque" spricht, drückt man damit eben auch nicht notwendigerweise Unglauben an diese de fide Lehre zum Ausdruck.

Das Glaubensbekenntnis kann sowohl mit als auch ohne das "filioque" falsch verstanden werden, was die tatsächliche de fide Lehre der Kirche angeht.

Und das ist keineswegs rein theoretisch. Man kann eben "der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht" leicht so verstehen, daß etwas in zwei separaten Prozessen sowohl aus dem Vater als auch aus dem Sohn hervorgeht, und dann irgendwie in eine Einheit Heiliger Geist verschmilzt - so in etwa wie zwei separate Wasserpumpen die beide Wasser speien und so gemeinsam einen Teich füllen. Das wäre aber falsch.

Insofern ist es zweifelsohne möglich für die Kirche das "filioque" wegzulassen, ohne gegen verbindliche Glaubenslehre zu verstoßen. Ob das sinnvoll ist und ob es die richtigen Signale setzt, ist eine ganz andere Frage...

Benutzeravatar
holzi
Beiträge: 7875
Registriert: Montag 28. November 2005, 15:00
Wohnort: Regensburg

Re: Ökumene

Beitrag von holzi »

Vielleicht bringt auch die Betrachtung des griechischen und des lateinischen Ausdrucks etwas Licht in die Sache. Im Griechischen wurde das Wort "egeneto" gewählt, das den Ursprung des Hl. Geistes beton. Im Lateinischen das Wort "procedit", was eher den Vorgang betont (-> "Prozedur"). Von daher ist sowohl der Ursprung des Hl. Geistes aus dem Vater korrekt, aber auch die Betonung der Sendung des Geistes des Vaters durch den Sohn ("den ich Euch senden werde...").
Es heißt ja immer, dass die Sprache das Denken formt - und das passiert auch hier.

Raphael

Re: Ökumene

Beitrag von Raphael »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 30. Juni 2021, 21:10
taddeo hat geschrieben:
Mittwoch 30. Juni 2021, 19:28
Ich habe ausdrücklich gesagt, dass es für die katholische Kirche de fide ist. Wir dürfen es nicht einfach weglassen, um uns irgendwem anzubiedern, ohne gegen die für uns verbindliche Glaubenslehre zu verstoßen.
Das "filioque" bringt im Glaubensbekenntnis eine Lehre zum Ausdruck, die in der Tat de fide für Katholiken ist. Das "filioque" ist aber nicht alleine präzise genug um diese de fide Lehre zu spezifizieren. Und wenn man das Glaubensbekenntnis ohne das "filioque" spricht, drückt man damit eben auch nicht notwendigerweise Unglauben an diese de fide Lehre zum Ausdruck.

Das Glaubensbekenntnis kann sowohl mit als auch ohne das "filioque" falsch verstanden werden, was die tatsächliche de fide Lehre der Kirche angeht.

Und das ist keineswegs rein theoretisch. Man kann eben "der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht" leicht so verstehen, daß etwas in zwei separaten Prozessen sowohl aus dem Vater als auch aus dem Sohn hervorgeht, und dann irgendwie in eine Einheit Heiliger Geist verschmilzt - so in etwa wie zwei separate Wasserpumpen die beide Wasser speien und so gemeinsam einen Teich füllen. Das wäre aber falsch.

Insofern ist es zweifelsohne möglich für die Kirche das "filioque" wegzulassen, ohne gegen verbindliche Glaubenslehre zu verstoßen. Ob das sinnvoll ist und ob es die richtigen Signale setzt, ist eine ganz andere Frage...
Innertrinitarische Vorgänge geschehen unter der Prämisse der Ort- und Zeitlosigkeit.

Der Hl. Geist wird ja schließlich nicht durch den Hervorgang aus dem Vater und dem Sohn geschaffen, sondern er ist und bleibt genauso unerschaffen wie der Vater und der Sohn. Das Bild vom Teich, der durch zwei wasserspeiende Pumpen geschaffen wird, ist insofern unzutreffend.

Die Monarchie des Vaters bleibt von der innertrinitarischen Anwesenheit von Sohn und Hl. Geist unberührt.
Zuletzt geändert von Raphael am Donnerstag 1. Juli 2021, 08:30, insgesamt 1-mal geändert.

Trisagion
Beiträge: 1890
Registriert: Donnerstag 26. Dezember 2019, 03:59

Re: Ökumene

Beitrag von Trisagion »

Raphael hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 06:42
Innertrinitarische Vorgänge geschehen unter der Prämisse der Ort- und Zeitlosigkeit.

Der Hl. Geist wird ja schließlich nicht durch den Hervorgang aus dem Vater und dem Sohn geschaffen, sondern er ist und bleibt genauso unerschaffen wie der Vater und der Sohn. Das Bild vom Teich, der durch zwei wasserspeiende Pumpen geschaffen wird, ist insofern unzutreffend.

Die Monarchie des Vaters bleibt von der innertrinitarischen Anwesenheit von Sohn und Hl. Geist unberührt.
Das ist alles korrekt, wird aber ebenfalls alles nicht vom "filioque" selber zum Ausdruck gebracht. (Höchstens kann man Schlußfolgern von Aussagen anderswo im Glaubensbekenntnis.)

Obwohl die Analogie selber Ort und Zeit beinhaltet hängt das von mir beschriebene Mißverständnis des "filioque" auch keineswegs am Gebrauch dieser Analogie. Das Mißverständnis beruht alleine auf den Worten selber: "der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht". Denn dies sagt nur aus das eine Ding aus zwei Dingen hervorgeht. Es ist aber natürlich das woraus etwas hervorgeht als seinen Usprung zu verstehen. Und rein "beziehungstechnisch" ist dem ja auch so. Nur eben nicht "kausal". Wie schon mehrfach erwähnt, die Väterformel "aus dem Vater durch den Sohn" ist hier deutlich verständlicher als das "und" des filioque.

Es bleibt dabei, daß das filioque einfach nicht genau genug ist um quasi wortwörtlich de fide zu sein. Man kann aber sagen, daß die komplette Ablehnung des filioque anathema ist. Denn das filioque richtig verstanden ist korrekt, und das "richtig verstehen" ist vernünftig und folgerichtig, obwohl nicht unbedingt offensichtlich. Es komplett abzulehnen würde also in der Tat bedeuten die richtige Lehre abzulehnen.

Darum kann man gegenüber einem Photisten (einem "aus dem Vater allein" Orthodoxen) durchaus auf dem filioque bestehen, aber nicht gegenüber einem moderaten Orthodoxen (dem gesprochen das monarchisch-kausale Prnzip einfach wichtiger ist als der doppelte Beziehungs-Ursprung).

Meine eigene Meinung ist daß die katholische Kirche und die Orthodoxen sich auf die Väterformel "aus dem Vater durch den Sohn" einigen sollten. Die Formel ist historisch klar belegt. Sie ist deutliche verständlicher und vermeidet typische Mißverständnisse sowohl der Katholiken (zwei kausale Ursprünge) als auch der Orthodoxen (kein Beziehungs-Ursprung des Sohnes). Kichenpolitisch wäre dies eine enormes Zeichen der christlichen Einheit. Und weil beide Seite etwas zum Besseren hin verändern, verliert keine Seite das Gesicht. Um Abspaltungen von Gläubigen zu vermeiden, können beide Seite ihre derzeite Praxis als erlaubt beibehalten, solange eben diese Praxis als kompatibel mit der neuen Formel verstanden wird. Indem sie dies tun, gibt die katholische Kirche die Frankenkönige auf, und die Orthodoxen Photius. Beides kann nicht schaden...

Raphael

Re: Ökumene

Beitrag von Raphael »

Das kann man 'mal so stehen lassen, denn es ist ein guter Nachweis dafür, warum man die Theologie nicht in die Hände von Physikern legen sollte! :roll:

Wenn man etwas weiter zurück geht, dann gab es noch gar kein Glaubensbekenntnis, aber eine christliche Gemeinde, die das glaubte, was später im Credo ausformuliert worden ist. Und daher ist das Glaubensbekenntnis keine Begriffs-Maschine, an der nach Belieben herumgeschraubt werden kann.

Um etwas konkreter zu werden:
Wie war es denn im Alten Bund?
Wer sprach da zu den Menschen und insbesondere zu den Propheten?
Und wer sorgte dafür, daß die Botschaften verständlich waren?
War es vielleicht der Hl. Geist, der auch damals schon wirkte, ohne daß das Volk des Alten Bundes überhaupt einen Namen dafür kannte?

Und was veränderte die Inkarnation des dreieinigen Gottes?
Gibt es nun ein neues Verständnis von Gott?
Eines, das weiter ausdifferenziert werden konnte, ohne an Konsistenz zu verlieren?
Ist dies vielleicht der Grund, warum der neue Bund »Neuer Bund« genannt wird?

Benutzeravatar
Lycobates
Beiträge: 3891
Registriert: Mittwoch 12. Juni 2013, 23:12

Re: Ökumene

Beitrag von Lycobates »

holzi hat geschrieben:
Mittwoch 30. Juni 2021, 21:56
Vielleicht bringt auch die Betrachtung des griechischen und des lateinischen Ausdrucks etwas Licht in die Sache. Im Griechischen wurde das Wort "egeneto" gewählt, das den Ursprung des Hl. Geistes beton. Im Lateinischen das Wort "procedit", was eher den Vorgang betont (-> "Prozedur"). Von daher ist sowohl der Ursprung des Hl. Geistes aus dem Vater korrekt, aber auch die Betonung der Sendung des Geistes des Vaters durch den Sohn ("den ich Euch senden werde...").
Es heißt ja immer, dass die Sprache das Denken formt - und das passiert auch hier.
:hmm:
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
*
Fac me Tibi semper magis credere, in Te spem habere, Te diligere
*
... una cum omnibus orthodoxis, atque catholicae et apostolicae fidei cultoribus

Trisagion
Beiträge: 1890
Registriert: Donnerstag 26. Dezember 2019, 03:59

Re: Ökumene

Beitrag von Trisagion »

Raphael hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 16:41
Wenn man etwas weiter zurück geht, dann gab es noch gar kein Glaubensbekenntnis, aber eine christliche Gemeinde, die das glaubte, was später im Credo ausformuliert worden ist. Und daher ist das Glaubensbekenntnis keine Begriffs-Maschine, an der nach Belieben herumgeschraubt werden kann.
Dir ist aber schon klar daß wir hier gerade über das "filioque" reden, dem Paradebeispiel des Herumschraubens an einem Glaubensbekenntnis? Die Mischung aus nicht-intuitiver Theologie, Häresiebekämpfung und sogar weltlicher Machtpolitik die zur Einführung bzw. kategorischen Ablehnung des "filioque" geführt hat, hat eher wenig mit dem tief empfunden Volksglauben der Ursprungschristen zu tun. Das war das Werk von "Profis" der Kirche und Politik in der späten Antiken und im frühren Mittelalter. Und wenn überhaupt ist auf dieser Argumentationsschiene der Verbundenheit mit einfachem Glauben höchstens die Orthodoxe Position zu motivieren, nicht die katholische... also genau die Position gegen die Du Dich weiter oben aufgestellt hast. Nicht nur ist Dein Kommentar also unsinning - wäre er sinning, würdest Du Dir nur selber widersprechen.

Raphael

Re: Ökumene

Beitrag von Raphael »

Trisagion hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 22:00
Raphael hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 16:41
Wenn man etwas weiter zurück geht, dann gab es noch gar kein Glaubensbekenntnis, aber eine christliche Gemeinde, die das glaubte, was später im Credo ausformuliert worden ist. Und daher ist das Glaubensbekenntnis keine Begriffs-Maschine, an der nach Belieben herumgeschraubt werden kann.
Dir ist aber schon klar daß wir hier gerade über das "filioque" reden, dem Paradebeispiel des Herumschraubens an einem Glaubensbekenntnis?
Was soll man schon auf eine solch herablassende Frage sagen? Am besten gar nichts! :roll:
Trisagion hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 22:00
Die Mischung aus nicht-intuitiver Theologie, Häresiebekämpfung und sogar weltlicher Machtpolitik die zur Einführung bzw. kategorischen Ablehnung des "filioque" geführt hat, hat eher wenig mit dem tief empfunden Volksglauben der Ursprungschristen zu tun. Das war das Werk von "Profis" der Kirche und Politik in der späten Antiken und im frühren Mittelalter. Und wenn überhaupt ist auf dieser Argumentationsschiene der Verbundenheit mit einfachem Glauben höchstens die Orthodoxe Position zu motivieren, nicht die katholische... also genau die Position gegen die Du Dich weiter oben aufgestellt hast. Nicht nur ist Dein Kommentar also unsinning - wäre er sinning, würdest Du Dir nur selber widersprechen.
Die Geschichte der Einfügung des filioque in das Credo ist mir bekannt.

Wenn mein Kommentar unsinnig gewesen sein sollte, bist Du aufgefordert, diesen Unsinn nachzuweisen und nicht einfach nur eine derartige Behauptung abzulassen. :huhu:

Interessant auch, daß auf keine meiner Frage auch nur ansatzweise eingegangen wird. :pfeif:

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: Ökumene

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Raphael hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 16:41
Das kann man 'mal so stehen lassen, denn es ist ein guter Nachweis dafür, warum man die Theologie nicht in die Hände von Physikern legen sollte! :roll:

Wenn man etwas weiter zurück geht, dann gab es noch gar kein Glaubensbekenntnis, aber eine christliche Gemeinde, die das glaubte, was später im Credo ausformuliert worden ist. Und daher ist das Glaubensbekenntnis keine Begriffs-Maschine, an der nach Belieben herumgeschraubt werden kann.
WAS – HAT – DAS – KONZIL – IN – KONSTANTINOPEL – DEFINIERT ?

Wer schraubt wo? Wo sind Schrauben locker?
Wer liest Synodentexte? Wer nicht?
Wer weiß alles besser, ohne etwas zu wissen?
Wer weiß lesend und verstehend sein Nichtwissen?
Γνῶθι σεαυτόν, sprach der Spiegel, und bekam von der
bösen Königin in die Fresse.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: Ökumene

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Raphael hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 22:28
Die Geschichte der Einfügung des filioque in das Credo ist mir bekannt.
Bitte darlegen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Bruder Donald

Re: Ökumene

Beitrag von Bruder Donald »

Trisagion hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 10:57
Meine eigene Meinung ist daß die katholische Kirche und die Orthodoxen sich auf die Väterformel "aus dem Vater durch den Sohn" einigen sollten.
Klingt gut und vernünftig. Auch alles sehr schön verständlich dargelegt. :daumen-rauf:
Wer keine Ahnung vom Glaubensbekenntnis hat und nicht weiß, wann das Filioque eingefügt wurde bzw. wie wann dogamtisiert, sollte ganz kleine Brötchen backen. Und von Katholiken vielleicht auch grundsätzlich etwas mehr Demut, wenn man ohne Rücksprache und Bestätigung seitens der orthodoxen Kirchen am Glaubensbekenntnis herumspielt.
Schade, dass auch in dem von mir verlinkten Artikel nicht auf den Beschluss des 4. Konzils von Konstantinopel eingegangen wurde:
Entsprechend bestätigte das Vierte Konzil von Konstantinopel 879–880 das unveränderte Glaubensbekenntnis von 381 (Erstes Konzil von Konstantinopel) und erklärte sämtliche Zusätze für ungültig[!]. Dieser Entscheid des Konzils wurde durch alle fünf Patriarchen der Kirche bestätigt, in Rom durch Papst Johannes VIII., in Konstantinopel durch Photius, außerdem in Antiochia, Jerusalem und Alexandria, sowie durch den byzantinischen Kaiser Basileios I.

Trisagion
Beiträge: 1890
Registriert: Donnerstag 26. Dezember 2019, 03:59

Re: Ökumene

Beitrag von Trisagion »

Raphael hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 22:28
Raphael hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 16:41
Und daher ist das Glaubensbekenntnis keine Begriffs-Maschine, an der nach Belieben herumgeschraubt werden kann.
Die Geschichte der Einfügung des filioque in das Credo ist mir bekannt.
Wenn mein Kommentar unsinnig gewesen sein sollte, bist Du aufgefordert, diesen Unsinn nachzuweisen und nicht einfach nur eine derartige Behauptung abzulassen. :huhu:
OK. Historisch gesehen ist das "filioque" halb-kirchliches Herumschrauben an einem konzilaren Glaubensbekenntnis, motiviert als Erläuterung zum Begreifen bestimmter häretischer Tendenzen im Westen, und schließlich von der Kirche im Westen akzeptiert und offiziell propagiert (formal rechtens). Wenn Dir diese Geschichte bekannt ist, dann kannst du nicht gleichzeitig für das "filioque" sein und sagen daß ein Glaubensbekenntnis nicht so modifiziert werden kann wie es das "filioque" nunmal eben getan hat. Denn dann bist Du wissentlich "für X und gegen X im gleichen Sinne", und das ist unsinnig. QED.
Raphael hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 22:28
Interessant auch, daß auf keine meiner Frage auch nur ansatzweise eingegangen wird. :pfeif:
Nun gut, also denn:
  • Wie war es denn im Alten Bund?
    Mit dem Glaubensbekenntnis? schəma jisrael adonai elohenu adonai echad...
  • Wer sprach da zu den Menschen und insbesondere zu den Propheten?
    Das ist eine durchaus interessante Frage. "Gott" (und seine Engel) ist natürlich eine sichere Antwort. Aber das Glaubenbekenntnis etwa ist ja durchaus präzise bzgl. des Heiligen Geistes "der gesprochen hat durch die Propheten". Man vergleiche etwa auch 2 Petrus 1,21 "sondern vom Heiligen Geist getrieben haben Menschen im Auftrag Gottes geredet" (EÜ). Wer aber hat zu den Menschen gesprochen, wer war der konkrete Gott mit ihnen? Vielleicht hat die Trinität öfter mal Schicht gefahren, und gelegentlich gabe es sicher auch mal einen Gruppenausflug (Genesis 18,2). Aber ich habe den Verdacht, daß vom ersten Wandeln durch den Garten an schon immer eine der Personen mit Menschen besonders direkten Kontakt pflegte... Ist aber natürlich Spekulation.
  • Und wer sorgte dafür, daß die verständlich waren?
    Hmm. Niemand? Jedenfalls nicht zeitnah und erfolgreich. Schließlich Jesus, und seine apostolische Kirche (gelegentlich inspiriert vom Heiligen Geist).
  • War es vielleicht der Hl. Geist, der auch damals schon wirkte, ohne daß das Volk des Alten Bundes überhaupt einen Namen dafür kannte?
    Jedenfalls ist der Heilige Geist sicher nicht erst durch den Neuen Bund entstanden oder aufgewacht. Allerdings geht es für die Menschen des Alten Bundes nicht um einen fehlenden Name für eine bekannte Person. Gott war für sie eben nicht differenziert in drei Personen, oder höchstens schemenhaft, wohingegen sie durchaus Namen für Aspeke oder Tätigkeiten Gottes hatten. Die Frage ob der ruach unter ihnen wirkte wäre aber sicher erklärungsbedürtftig für sie gewesen.
  • Und was veränderte die Inkarnation des dreieinigen Gottes?
    War mir nicht bekannte, daß der dreieinige Gott inkarniert ist. Ich dachte immer es ẃäre nur die zweite Person Gottes inkarniert. Direkte Folgen für die dritte Person Gottes hat das erstmal nicht. Allerdings hat sich durch diese Inkarnation natürlich viel am Wissen und der Einstellung der Menschen zum Heiligen Geist geändert. Und das Schaffen der Kirche war wohl auch 'ne Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die dritte Person.
  • Gibt es nun ein neues Verständnis von Gott?
    Ja? Sogar ein sich entwickelndes, unter anderem Dank der Hilfe des Heiligen Geistes für die Kirche.
  • Eines, das weiter ausdifferenziert werden konnte, ohne an Konsistenz zu verlieren?
    Keine Ahnung ob die Konsistenz weiter so wunderbar fluffig blieb. Aber während die Kohärenz bewahrt blieb, ging die Einfachheit dabei doch oft verloren. Der erste Sonntag nach Pfingsten z.B. ist bekanntermaßen ein Fest des stammelnden Rumdrucksens der Prediger.
  • Ist dies vielleicht der Grund, warum der neue Bund »Neuer Bund« genannt wird?
    Nun, er wird so genannt nach Hebräer 8,6-13 und Jeremia 31,31-34.

Raphael

Re: Ökumene

Beitrag von Raphael »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 23:56
Raphael hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 22:28
Die Geschichte der Einfügung des filioque in das Credo ist mir bekannt.
Bitte darlegen.
Das hat die Kirche längst getan! :huhu:

Ein Blick in die entsprechenden kirchengeschichtlichen Bücher erleichtert den Zugang, wenn man denn verstehen will. Demjenigen, der nicht verstehen will, ist schwerlich zu helfen, weil sein freier Wille dem korrekten Verständnis entgegensteht.
Das gilt im übrigen auch für platonisierende Ex-Protestanten! 8)

Raphael

Re: Ökumene

Beitrag von Raphael »

Bruder Donald hat geschrieben:
Freitag 2. Juli 2021, 00:30
Trisagion hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 10:57
Meine eigene Meinung ist daß die katholische Kirche und die Orthodoxen sich auf die Väterformel "aus dem Vater durch den Sohn" einigen sollten.
Klingt gut und vernünftig. Auch alles sehr schön verständlich dargelegt. :daumen-rauf:
..............
Ist aber keine ganz neue Idee, sondern wurde in den Gesprächen mit der sich orthodox nennenden Gemeinschaft seit der Annäherung in den 60-er Jahren des letzten Jahrhunderts schon mehrfach angesprochen. 8)

Raphael

Re: Ökumene

Beitrag von Raphael »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 23:55
Raphael hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 16:41
Das kann man 'mal so stehen lassen, denn es ist ein guter Nachweis dafür, warum man die Theologie nicht in die Hände von Physikern legen sollte! :roll:

Wenn man etwas weiter zurück geht, dann gab es noch gar kein Glaubensbekenntnis, aber eine christliche Gemeinde, die das glaubte, was später im Credo ausformuliert worden ist. Und daher ist das Glaubensbekenntnis keine Begriffs-Maschine, an der nach Belieben herumgeschraubt werden kann.
WAS – HAT – DAS – KONZIL – IN – KONSTANTINOPEL – DEFINIERT ?

Wer schraubt wo? Wo sind Schrauben locker?
Wer liest Synodentexte? Wer nicht?
Wer weiß alles besser, ohne etwas zu wissen?
Wer weiß lesend und verstehend sein Nichtwissen?
Γνῶθι σεαυτόν, sprach der Spiegel, und bekam von der
bösen Königin in die Fresse.
Die Königin ist so böse gar nicht, sondern sie versucht gut zu sein, erreicht aber das Gegenteil! :pfeif:

Raphael

Re: Ökumene

Beitrag von Raphael »

Anbei noch ein Link, der den Stand der innerkirchlichen Diskussion widerspiegelt: :doktor:
https://www.oki-regensburg.de/filioque.htm

Raphael

Re: Ökumene

Beitrag von Raphael »

Trisagion hat geschrieben:
Freitag 2. Juli 2021, 03:12
Raphael hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 22:28
Raphael hat geschrieben:
Donnerstag 1. Juli 2021, 16:41
Und daher ist das Glaubensbekenntnis keine Begriffs-Maschine, an der nach Belieben herumgeschraubt werden kann.
Die Geschichte der Einfügung des filioque in das Credo ist mir bekannt.
Wenn mein Kommentar unsinnig gewesen sein sollte, bist Du aufgefordert, diesen Unsinn nachzuweisen und nicht einfach nur eine derartige Behauptung abzulassen. :huhu:
OK. Historisch gesehen ist das "filioque" halb-kirchliches Herumschrauben an einem konzilaren Glaubensbekenntnis, motiviert als Erläuterung zum Begreifen bestimmter häretischer Tendenzen im Westen, und schließlich von der Kirche im Westen akzeptiert und offiziell propagiert (formal rechtens). Wenn Dir diese Geschichte bekannt ist, dann kannst du nicht gleichzeitig für das "filioque" sein und sagen daß ein Glaubensbekenntnis nicht so modifiziert werden kann wie es das "filioque" nunmal eben getan hat. Denn dann bist Du wissentlich "für X und gegen X im gleichen Sinne", und das ist unsinnig. QED.
Das ist zu simplizistisch gedacht, weil es die Tiefenstruktur der Glaubensaussagen im Credo außer Acht läßt.
Vordergründig ist das filioque ein Einfügung in einen Text, der als unveränderlich definiert worden war.
In der Tiefe jedoch wird mit dem filioque etwas ausgesagt, was das im definierten Credo-Text Gemeinte näherhin ausführt und erklärt.

Wenn man sich der Trinität denkerisch nähert, kann man das in Bildern tun; so wie Du es in dem Bild mit dem zusammenfließenden Teich auch getan hast. Diese Bilder sind als positive Theologie dann ausschließlich analog zu verstehen und können - wie es auch im Dogma zur prinzipiellen Überlegenheit der negativen Theologie gegenüber der positiven Theologie festgeschrieben ist - abgelehnt werden.

Nichtsdestoweniger können sie Klarheit schaffen und überzeugend sein wie es das Kleeblatt des Hl. Patrick in Irland war.


Das Bild, mit dem das das filioque erklärt werden kann, geht wie folgt:
Ein Mann steht auf einem Berg. Er hat ein Megaphon in der Hand und spricht zu den Menschen im Tal. Der Mann symbolisiert den Vater, das Megaphon den Sohn und das gesprochene Wort den Hl. Geist.
Die Menschen im Tal hören natürlich nur das gesprochene Wort. Weil sie aber intelligent und wortaffin (vulgo: gläubig) sind, können sie das Wort verstehen. Das Wort, welches im Tal von den Menschen verstanden wird, wird vom Mann durch das Megaphon gesprochen. Auf den ersten Blick spricht dies für die Väterformel ex Patre per Filium.
Aber vom Tal aus betrachtet kommt es vom Mann auf dem Berg und vom Megaphon; daher ist das filioque im Credo richtig und paßt 100%-ig in Selbiges hinein.

Und wenn man das zuvor geschilderte Bild verstanden hat (verstehen will), sieht man auch, daß das filioque gar keine inhaltliche Veränderung des Credo enthält.


Zu den Antworten auf die Fragen später!
Zuletzt geändert von Raphael am Samstag 3. Juli 2021, 20:47, insgesamt 2-mal geändert.

Trisagion
Beiträge: 1890
Registriert: Donnerstag 26. Dezember 2019, 03:59

Re: Ökumene

Beitrag von Trisagion »

Raphael hat geschrieben:
Samstag 3. Juli 2021, 19:15
Das ist zu simplizistisch gedacht, weil es die Tiefenstruktur der Glaubensaussagen im Credo außer Acht läßt.
Du - nicht ich - hast Standards aufgestellt. Nun willst Du sagen, daß das filioque etwas Besonderes ist, und somit nicht unter Deine eigenen Standards fällt. Das ist "special pleading", Sonderplädoyer. Wie bei allen Sonderplädoyers ist die korrekte Antwort zu schauen, ob man dann nicht auf gleicher Weise für andere Dinge Sonderplädoyers halten könnte. Wenn man das tut, findet man die Lücken, Ungenauigkeiten oder gar Falschheiten in den angenommen Standards. Will sagen, daß nachträgliche Anführen von Sonderfällen weißt praktisch immer auf anfängliches Schludern bei der Regelaufstellung hin. So auch hier.

Es ist üblich das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel zusammen mit dem von Nizäa zu betrachten. Und das ist gut so. Denn wir sehen sofort zwei Dinge. Erstens: dem Glaubensbekenntnis von Nizäa in 325 AD folgt direkt nur ein einziges Anathema. Und das sagt keineswegs "und an all das was wir hier gesagt haben müßt auch ihr genau so glauben wie es nunmal hier steht"! Vielmehr beschäftigt es sich konkret mit der arianischen Häresie, und gibt eine halbes Dutzend Formulierungen und Konzepte an die ein Arianer wohl zu dem Gesagten hinzufügen würde. Und die, nur die, werden dann mit einem Anathema belegt. Alles andere ist zwar nun in den Raum gestellt, aber nicht explizit konzilar festgezurrt. Und selbst bzgl. Arius wurde nicht gesagt, daß man an das Geschriebene so wie es ist glauben muß, sondern nur daß ganz bestimmte Änderungen und Erweiterungen nicht zulässig sind.

Und das ist ja auch gut so, denn das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel 381 AD ist ja bereits deutlich anders als das von Nizäa. Es ist selbst bereits eine klare Erweiterung, es wird mehr und spezifischeres gesagt. Aber es gibt eben kein Anathema von Nizäa, daß das untersagen würde. Wie steht es nun mit Konstantinopel selber, führen die ein "wörtlich so und nicht anders" Anathema ein? Nein, tun sie nicht. Oder genauer: wir haben keine Ahnung ob sie das vielleicht getan haben. Die echten Entscheidungen des Konzils von 381 AD "tomos kai anathematismos engraphos" sind uns garnicht erhalten! Formal gibt es darum überhaupt keine bekannten konzilare Entscheidungen bzgl. dieses Textes. Denn was wir hier benutzen ist nicht ein konzilarer Text, sondern vielmehr der Text eines Synoden-Briefes von 382 AD, der das Konzil zusammenfaßte. Man kann allerdings annehmen, daß das Konzil von Konstantinopel, ähnlich dem von Nizäa, wenn überhaupt nur spezifische Anathema ausgesprochen hat, die wiederum nicht wirklich den Text selber festlegen, sondern vielmehr ganz bestimme Erweiterungen oder Veränderungen abwehren.

Das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel wurde dann populär im Osten als Taufbekenntnis, zuerst belegt übrigens bei Häretikern (Monophysiten). Im Westen wurde 589 AD in der 3. Synode von Toledo in die Liturgie eingeführt (übrigens bereits mit filioque...).

Wenn wir hier von explizit konziliarer "de fide" Definition reden, wie sehr bin ich dann also an den spezifischen Text von 381 (oder 382) AD gebunden? So gut wie garnicht! Man kann nun sicher ein viel kompliziertes geschichtliches Bild aufbauen mit späteren kirchlichen Entscheidungen hier und da. Und man kann auch über den allgemeinen Gebrauch über Tausend Jahre hinweg reden, und was der bedeutet. Alles gar keine Frage, ich sage mein Credo gerne und habe keine Probleme damit, daß als bindende Richtlinie für mich zu sehen. Aber wenn wir hier von "de fide" und Konzil reden und so tun als ob es um die Veränderung eines für immer im Wortlaut festgenagelten Textes ginge, dann muß man eben auf die Bremse treten. Dieses Glaubensbekenntnis drückt sicher Dogmen der Kirche aus, und wir sind ihm aus Tradition und kirchlichem Gebot auch im Wortlaut verpflichtet. Aber der Wortlaut selber ist nicht durch Anathema abgesichert. Und somit kann auch das Hinzufügen oder Hinweglassen des filioque nicht selbst in diesem Sinne problematisch sein.
Raphael hat geschrieben:
Samstag 3. Juli 2021, 19:15
Und wenn man das zuvor geschilderte Bild verstanden hat (verstehen will), sieht man auch, daß das filioque gar keine inhaltliche Veränderung des Credo enthält.
Deine Analogie ist nett, aber hilft leider bzgl. des hier diskutierten Problems nicht weiter. Denn wenn ich sage, daß etwas von einem Mann und Megaphon kommt, nimmt niemand an, daß das Megaphon mehr tut als passiv den Laut zu verstärken. Niemand nimmt an, daß das Megaphon eine eigenständige aktive Quelle ist, es ist nur ein Instrument des Mannes. (Wenn überhaupt ist das Megaphon eine Störquelle. Wenn ich z.B. sage, daß der Laut verzerrt ist, dann würde man eventuell das Megaphon als die Quelle der Verzerrung betrachten.)

Wenn man Deine Analogie auf unseren Fall anwenden wollte, dann könnte man eventuell sagen, daß ein alter Mann einem jungen Mann mit deutlich besseren Lungen sagt, was der in die Welt rufen soll. Wenn wir nun sagen, daß das Gehörte von dem alten und dem jungen Mann auf dem Berg kommt, dann haben wir das "filioque" Problem. Das "und" schließt eben nicht aus, daß der junge Mann seinen eigenen Senf dem Gerufenen beigefügt hat. Ja, es sagt uns nichtmal, daß die Situation überhaupt so it, daß der alte Mann durch den jungen spricht. Alleine von der Formulierung her könnte man meinen, daß beide etwas vom Berg herunter rufen, und daß was wir konkret hören eine Mischung ist. Es ist eine ungenaue Formulierung, die eine bestimme Sache verdeutlicht (es sind zwei Leute involviert in der Lautproduktion) aber eine andere nicht klar zum Ausdruck bringt und vielleicht sogar verschleiert (inhaltlich kommt die Verlautbarung nur von einem der beiden).

Raphael

Re: Ökumene

Beitrag von Raphael »

Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 4. Juli 2021, 13:32
Raphael hat geschrieben:
Samstag 3. Juli 2021, 19:15
Das ist zu simplizistisch gedacht, weil es die Tiefenstruktur der Glaubensaussagen im Credo außer Acht läßt.
Du - nicht ich - hast Standards aufgestellt. Nun willst Du sagen, daß das filioque etwas Besonderes ist, und somit nicht unter Deine eigenen Standards fällt. Das ist "special pleading", Sonderplädoyer. Wie bei allen Sonderplädoyers ist die korrekte Antwort zu schauen, ob man dann nicht auf gleicher Weise für andere Dinge Sonderplädoyers halten könnte. Wenn man das tut, findet man die Lücken, Ungenauigkeiten oder gar Falschheiten in den angenommen Standards. Will sagen, daß nachträgliche Anführen von Sonderfällen weißt praktisch immer auf anfängliches Schludern bei der Regelaufstellung hin. So auch hier.
Hier stellt Du den Verlauf des Disputes falsch dar. :daumen-runter:
Warum Du das tust, darf Dein Geheimnis bleiben. 8)

Tatsache ist, daß ich gar keine Standards aufgestellt habe, sondern lediglich darauf verwiesen habe, daß sich die Kirche ( ! ! ! ) an ihre selbst gesetzten Standards ( ! ! ! ) gehalten hat, als sie das filioque einfügte.
Daß das filioque ein Sonderfall ist, braucht da gar nicht besonders betont werden, weil es die einzige bekannte Einfügung in das Nicaeno-Konstantinopolitanum ist.
Darüber hinaus habe ich versucht mit dem Bild "Mann auf Berg" zu zeigen, warum das so ist, daß die Standards eingehalten worden sind. Mehr nicht, aber auch nicht weniger! 8)

In dem Kontext ist allerdings zu beachten, daß die sich orthodox nennende Gemeinschaft dieser Darlegung nicht folgt und sich insofern schismatisch verhält.

Raphael

Re: Ökumene

Beitrag von Raphael »

Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 4. Juli 2021, 13:32
Es ist üblich das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel zusammen mit dem von Nizäa zu betrachten. Und das ist gut so. Denn wir sehen sofort zwei Dinge. Erstens: dem Glaubensbekenntnis von Nizäa in 325 AD folgt direkt nur ein einziges Anathema. Und das sagt keineswegs "und an all das was wir hier gesagt haben müßt auch ihr genau so glauben wie es nunmal hier steht"! Vielmehr beschäftigt es sich konkret mit der arianischen Häresie, und gibt eine halbes Dutzend Formulierungen und Konzepte an die ein Arianer wohl zu dem Gesagten hinzufügen würde. Und die, nur die, werden dann mit einem Anathema belegt. Alles andere ist zwar nun in den Raum gestellt, aber nicht explizit konzilar festgezurrt. Und selbst bzgl. Arius wurde nicht gesagt, daß man an das Geschriebene so wie es ist glauben muß, sondern nur daß ganz bestimmte Änderungen und Erweiterungen nicht zulässig sind.

Und das ist ja auch gut so, denn das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel 381 AD ist ja bereits deutlich anders als das von Nizäa. Es ist selbst bereits eine klare Erweiterung, es wird mehr und spezifischeres gesagt. Aber es gibt eben kein Anathema von Nizäa, daß das untersagen würde. Wie steht es nun mit Konstantinopel selber, führen die ein "wörtlich so und nicht anders" Anathema ein? Nein, tun sie nicht. Oder genauer: wir haben keine Ahnung ob sie das vielleicht getan haben. Die echten Entscheidungen des Konzils von 381 AD "tomos kai anathematismos engraphos" sind uns garnicht erhalten! Formal gibt es darum überhaupt keine bekannten konzilare Entscheidungen bzgl. dieses Textes. Denn was wir hier benutzen ist nicht ein konzilarer Text, sondern vielmehr der Text eines Synoden-Briefes von 382 AD, der das Konzil zusammenfaßte. Man kann allerdings annehmen, daß das Konzil von Konstantinopel, ähnlich dem von Nizäa, wenn überhaupt nur spezifische Anathema ausgesprochen hat, die wiederum nicht wirklich den Text selber festlegen, sondern vielmehr ganz bestimme Erweiterungen oder Veränderungen abwehren.

Das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel wurde dann populär im Osten als Taufbekenntnis, zuerst belegt übrigens bei Häretikern (Monophysiten). Im Westen wurde 589 AD in der 3. Synode von Toledo in die Liturgie eingeführt (übrigens bereits mit filioque...).

Wenn wir hier von explizit konziliarer "de fide" Definition reden, wie sehr bin ich dann also an den spezifischen Text von 381 (oder 382) AD gebunden? So gut wie garnicht! Man kann nun sicher ein viel kompliziertes geschichtliches Bild aufbauen mit späteren kirchlichen Entscheidungen hier und da. Und man kann auch über den allgemeinen Gebrauch über Tausend Jahre hinweg reden, und was der bedeutet. Alles gar keine Frage, ich sage mein Credo gerne und habe keine Probleme damit, daß als bindende Richtlinie für mich zu sehen. Aber wenn wir hier von "de fide" und Konzil reden und so tun als ob es um die Veränderung eines für immer im Wortlaut festgenagelten Textes ginge, dann muß man eben auf die Bremse treten. Dieses Glaubensbekenntnis drückt sicher Dogmen der Kirche aus, und wir sind ihm aus Tradition und kirchlichem Gebot auch im Wortlaut verpflichtet. Aber der Wortlaut selber ist nicht durch Anathema abgesichert. Und somit kann auch das Hinzufügen oder Hinweglassen des filioque nicht selbst in diesem Sinne problematisch sein.
Damit bestätigst Du in ausführlicher Weise das, was ich bereits im Vorhinein in verkürzter Form geschildert hatte:
Raphael hat geschrieben:Wenn man etwas weiter zurück geht, dann gab es noch gar kein Glaubensbekenntnis, aber eine christliche Gemeinde, die das glaubte, was später im Credo ausformuliert worden ist. Und daher ist das Glaubensbekenntnis keine Begriffs-Maschine, an der nach Belieben herumgeschraubt werden kann.

Raphael

Re: Ökumene

Beitrag von Raphael »

Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 4. Juli 2021, 13:32
Raphael hat geschrieben:
Samstag 3. Juli 2021, 19:15
Und wenn man das zuvor geschilderte Bild verstanden hat (verstehen will), sieht man auch, daß das filioque gar keine inhaltliche Veränderung des Credo enthält.
Deine Analogie ist nett, aber hilft leider bzgl. des hier diskutierten Problems nicht weiter. Denn wenn ich sage, daß etwas von einem Mann und Megaphon kommt, nimmt niemand an, daß das Megaphon mehr tut als passiv den Laut zu verstärken. Niemand nimmt an, daß das Megaphon eine eigenständige aktive Quelle ist, es ist nur ein Instrument des Mannes. (Wenn überhaupt ist das Megaphon eine Störquelle. Wenn ich z.B. sage, daß der Laut verzerrt ist, dann würde man eventuell das Megaphon als die Quelle der Verzerrung betrachten.)
Jetzt gibt Du Dir alle Mühe, das Bild zu zerstören! :roll:
Das kannst Du natürlich tun, aber dieser begriffliche Ikonoklasmus ist nicht besser als die derzeit vorherrschende philosophische Strömung des Dekonstruktivismus.

Wenn man hört, daß Worte von einem Mann und einem Megaphon kommen, dann weiß Jeder, daß der Mann derjenige ist, der spricht! :huhu:
Im Bild wird damit die Monarchie des Vaters gewahrt. Dies ist nicht ohne Belang, weil der von "orthodoxer" Seite erhobene Vorwurf, durch das filioque werde Selbige untergraben, implizit zurückgewiesen wird.

Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 4. Juli 2021, 13:32
Wenn man Deine Analogie auf unseren Fall anwenden wollte, dann könnte man eventuell sagen, daß ein alter Mann einem jungen Mann mit deutlich besseren Lungen sagt, was der in die Welt rufen soll. Wenn wir nun sagen, daß das Gehörte von dem alten und dem jungen Mann auf dem Berg kommt, dann haben wir das "filioque" Problem. Das "und" schließt eben nicht aus, daß der junge Mann seinen eigenen Senf dem Gerufenen beigefügt hat. Ja, es sagt uns nichtmal, daß die Situation überhaupt so it, daß der alte Mann durch den jungen spricht. Alleine von der Formulierung her könnte man meinen, daß beide etwas vom Berg herunter rufen, und daß was wir konkret hören eine Mischung ist. Es ist eine ungenaue Formulierung, die eine bestimme Sache verdeutlicht (es sind zwei Leute involviert in der Lautproduktion) aber eine andere nicht klar zum Ausdruck bringt und vielleicht sogar verschleiert (inhaltlich kommt die Verlautbarung nur von einem der beiden).
Bilder, die übernatürliche Gegebenheiten veranschaulichen sollen, sollte man nicht überdehnen. :hmm:

Die jetzt von Dir vorgenommene Anpassung, statt einem Mann und einem Megaphon, einen alten und einen jungen Mann zu nehmen, hat das Problem, daß dann nicht klar wird, von wem denn das Wort letztlich ausgeht. Die beiden wären ja ein Duett und damit wäre die Monarchie des Vaters nicht gewahrt.
Jesus sagt aber ganz klar:
Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir. (Joh 15, 26)

Das Symbol des Megaphons schützt gleichsam die Väterformel ex patre per filium.

Trisagion
Beiträge: 1890
Registriert: Donnerstag 26. Dezember 2019, 03:59

Re: Ökumene

Beitrag von Trisagion »

Raphael hat geschrieben:
Sonntag 4. Juli 2021, 15:41
Hier stellt Du den Verlauf des Disputes falsch dar. :daumen-runter:
Warum Du das tust, darf Dein Geheimnis bleiben. 8)
Was wir jeweils gesagt haben, kann man ja problemlos weiter oben nachlesen. Ich stelle das gerne dem Urteil des Lesers an.
Raphael hat geschrieben:
Sonntag 4. Juli 2021, 15:41
Tatsache ist, daß ich gar keine Standards aufgestellt habe, sondern lediglich darauf verwiesen habe, daß sich die Kirche ( ! ! ! ) an ihre selbst gesetzten Standards ( ! ! ! ) gehalten hat, als sie das filioque einfügte.
In dem Sinne vielleicht, daß die Kirche mit der Einführung des filioque keinen von ihr selbst gesetzten Standard verletzt hat.
Raphael hat geschrieben:
Sonntag 4. Juli 2021, 15:41
In dem Kontext ist allerdings zu beachten, daß die sich orthodox nennende Gemeinschaft dieser Darlegung nicht folgt und sich insofern schismatisch verhält.
Ein Orthodoxer ist dann primär schismatisch, wenn er das filioque als richtig (oder jedenfalls richtig interpretierbar) anerkennt, aber seine Einführung in das Glaubenbekenntnis als nicht legitim ansieht. Wenn er hingegen das filioque als falsch (oder jedenfalls als inakzeptabel irreführend) betrachtet, dann wäre er primär häretisch. Und wenn er es nur ablehnt, weil man ihm gelehrt hat, daß das filioque von Rechtsgläubigen abzulehnen ist, dann wäre er primär naiv. Ich denke es gibt in dieser Sache mehr naive Orthodoxe als häretische, und mehr häretische Orthodoxe als schismatische - jedenfalls unter den Laien, in der Hierarchie dürften sich die Anteile verschieben.

Raphael

Re: Ökumene

Beitrag von Raphael »

Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 4. Juli 2021, 18:06
Raphael hat geschrieben:
Sonntag 4. Juli 2021, 15:41
In dem Kontext ist allerdings zu beachten, daß die sich orthodox nennende Gemeinschaft dieser Darlegung nicht folgt und sich insofern schismatisch verhält.
Ein Orthodoxer ist dann primär schismatisch, wenn er das filioque als richtig (oder jedenfalls richtig interpretierbar) anerkennt, aber seine Einführung in das Glaubenbekenntnis als nicht legitim ansieht.
Wenn er hingegen das filioque als falsch (oder jedenfalls als inakzeptabel irreführend) betrachtet, dann wäre er primär häretisch.
Und wenn er es nur ablehnt, weil man ihm gelehrt hat, daß das filioque von Rechtsgläubigen abzulehnen ist, dann wäre er primär naiv. Ich denke es gibt in dieser Sache mehr naive Orthodoxe als häretische, und mehr häretische Orthodoxe als schismatische - jedenfalls unter den Laien, in der Hierarchie dürften sich die Anteile verschieben.
Da hat sich ja in den vergangenen Jahrzehnten Erhebliches getan:
7. Dezember 1965

Derzeit sind wir offenbar in einer Art "Zwischenzeit". :hmm:
Das Schisma besteht, die diesbezüglichen Strafen sind jedoch ausgesetzt. :)

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema