Reform, Restauration, Neustart
Verfasst: Samstag 18. August 2018, 18:06
Guten Tag!
Wie ich sehe, ist dieser Thread nicht der erste zu diesem Themenkomplex. Ich habe dennoch beschlossen, einen neuen zu öffnen, da der Grundimpetus meines Beitrags ein anderer ist.
Die katholische Kirche fußt auf einer sehr langen Geschichte. Das gilt für vieles, doch hat dieser Umstand in der Kirche besonderes Gewicht, da es sich nicht nur um eine lange Abfolge, sondern um eine lange Kontinuität handelt. Diese Kontinuität ist jedoch mit gewissen … Herausforderungen verbunden. Konkret meine ich die lange Geschichte der groben Verfehlungen.
Ich nehme einen Einwand gleich vorweg: Menschen sind fehlbare Sünder und die Kirche beruht auf menschlichem Handeln, ergo kann die Kirche nicht frei von Fehlern sein. Ich stimme zu, sehe das Problem der Kirche damit jedoch keinesfalls gelöst. Nur zwei Beispiele:
I Die Heiligen. »Heilige« sollten, wenn ich mich recht erinnere, Vorbilder sein. Das sind nun jedoch sehr viele heiliggesprochene Personen durchaus nicht. Ich denke beispielsweise an Pius V., der es zumindest mit dem fünften Gebot nicht so eng sah, und an viele weitere. Nach meinem Dafürhalten ist dadurch die Heiligsprechung an und für sich diskreditiert. Auch die »Heiligkeit« von Personen wie Johannes Paul II, die erst jüngst heiliggesprochen wurden, sehe ich nicht über jeden Zweifel erhaben. Bezeichnenderweise fiel es der Kirche entsprechend schwerer, jemanden wie Óscar Romero überhaupt einmal seligzusprechen, aber das alles ist eine andere Geschichte.
II Die Schriften. Genauso, wie es Heilige gibt, die man heute eher einem Tribunal als einem Heiligsprechungsverfahren zuführen würde, gibt es auch zahlreiche päpstliche Schriften, die heute kein vernünftiger Mensch schreiben würde und die im Gegenteil Inhalten späterer Schriften widersprechen, etwa der Syllabus errorum. Man sollte doch meinen, dass zumindest in einem so gravierenden Fall wie der ausdrücklichen Ächtung von Meinungen (und unzähligen anderen Bullen, Enzykliken etc.) eine gewisse überzeitliche Wahrheit ausgedrückt werde, zumal es ja den Heiligen Geist gibt und die Kirche doch eine bestimmte Verbindung mit der Dreifaltigkeit (oder deren Elementen) postuliert. Sie scheint sich bloß nicht manifestiert zu haben. Auch aus Enzykliken des 20. Jahrhunderts gewinne ich indes keine große Faszination für die Kirche.
Es gäbe freilich noch viele Punkte, etwa die Frage, ob denn im »Kampf gegen den Kommunismus« wirklich alle Mittel heilig waren, die Bereicherungen der Kirche, die Rolle bei den Hexenverfolgungen, die Diskrepanzen zwischen dem Evangelium und dem päpstlichen Gebaren usf., es geht mir jedoch viel eher darum, worauf das hinausläuft: Ich halte eine Kirche, die keinen eindeutigen, dicken Strich unter diesen Geschichten macht, für nicht glaubwürdig. Mit »dickem Strich« meine ich,
Hinweis: Ich glaube nicht an Gott und bin kein Katholik. Allerdings bin ich in einem sehr katholischen Umfeld (Westösterreich) aufgewachsen und habe einige Jahre ministriert, was mir auch ermöglicht hat, am Weltjugendtag 2005 teilzunehmen. — Eindrucksvoll, aber mehr des internationalen flairs wegen als aufgrund der Papstbesichtigungsekstase. Das ist deshalb auch mein letzter Thread. Ich hoffe entsprechend, dass man ihm trotz seines Autors einige Zeit und Antworten zugesteht.
Wie ich sehe, ist dieser Thread nicht der erste zu diesem Themenkomplex. Ich habe dennoch beschlossen, einen neuen zu öffnen, da der Grundimpetus meines Beitrags ein anderer ist.
Die katholische Kirche fußt auf einer sehr langen Geschichte. Das gilt für vieles, doch hat dieser Umstand in der Kirche besonderes Gewicht, da es sich nicht nur um eine lange Abfolge, sondern um eine lange Kontinuität handelt. Diese Kontinuität ist jedoch mit gewissen … Herausforderungen verbunden. Konkret meine ich die lange Geschichte der groben Verfehlungen.
Ich nehme einen Einwand gleich vorweg: Menschen sind fehlbare Sünder und die Kirche beruht auf menschlichem Handeln, ergo kann die Kirche nicht frei von Fehlern sein. Ich stimme zu, sehe das Problem der Kirche damit jedoch keinesfalls gelöst. Nur zwei Beispiele:
I Die Heiligen. »Heilige« sollten, wenn ich mich recht erinnere, Vorbilder sein. Das sind nun jedoch sehr viele heiliggesprochene Personen durchaus nicht. Ich denke beispielsweise an Pius V., der es zumindest mit dem fünften Gebot nicht so eng sah, und an viele weitere. Nach meinem Dafürhalten ist dadurch die Heiligsprechung an und für sich diskreditiert. Auch die »Heiligkeit« von Personen wie Johannes Paul II, die erst jüngst heiliggesprochen wurden, sehe ich nicht über jeden Zweifel erhaben. Bezeichnenderweise fiel es der Kirche entsprechend schwerer, jemanden wie Óscar Romero überhaupt einmal seligzusprechen, aber das alles ist eine andere Geschichte.
II Die Schriften. Genauso, wie es Heilige gibt, die man heute eher einem Tribunal als einem Heiligsprechungsverfahren zuführen würde, gibt es auch zahlreiche päpstliche Schriften, die heute kein vernünftiger Mensch schreiben würde und die im Gegenteil Inhalten späterer Schriften widersprechen, etwa der Syllabus errorum. Man sollte doch meinen, dass zumindest in einem so gravierenden Fall wie der ausdrücklichen Ächtung von Meinungen (und unzähligen anderen Bullen, Enzykliken etc.) eine gewisse überzeitliche Wahrheit ausgedrückt werde, zumal es ja den Heiligen Geist gibt und die Kirche doch eine bestimmte Verbindung mit der Dreifaltigkeit (oder deren Elementen) postuliert. Sie scheint sich bloß nicht manifestiert zu haben. Auch aus Enzykliken des 20. Jahrhunderts gewinne ich indes keine große Faszination für die Kirche.
Es gäbe freilich noch viele Punkte, etwa die Frage, ob denn im »Kampf gegen den Kommunismus« wirklich alle Mittel heilig waren, die Bereicherungen der Kirche, die Rolle bei den Hexenverfolgungen, die Diskrepanzen zwischen dem Evangelium und dem päpstlichen Gebaren usf., es geht mir jedoch viel eher darum, worauf das hinausläuft: Ich halte eine Kirche, die keinen eindeutigen, dicken Strich unter diesen Geschichten macht, für nicht glaubwürdig. Mit »dickem Strich« meine ich,
- einzugestehen, dass Teile der Heiligensammlung und Teile der apostolischen Sukzession Verbrecher waren oder zumindest aus heutiger Sicht —wobei gerade die heutige Sicht für eine Institution problematisch ist, die den Werterelativismus bekämpft— zu verurteilen und nicht als Vorbild zu verwenden sind.
- Zu bekennen, dass ein guter Teil der päpstlichen Literatur den heutigen (kirchlichen) Ansichten zuwiderlaufen.
- Das Dogma der Unfehlbarkeit aufzuheben und ähnliche Formulierungen zu verwerfen
- …
Hinweis: Ich glaube nicht an Gott und bin kein Katholik. Allerdings bin ich in einem sehr katholischen Umfeld (Westösterreich) aufgewachsen und habe einige Jahre ministriert, was mir auch ermöglicht hat, am Weltjugendtag 2005 teilzunehmen. — Eindrucksvoll, aber mehr des internationalen flairs wegen als aufgrund der Papstbesichtigungsekstase. Das ist deshalb auch mein letzter Thread. Ich hoffe entsprechend, dass man ihm trotz seines Autors einige Zeit und Antworten zugesteht.