Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Allgemein Katholisches.
Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

Protasius hat geschrieben:
Donnerstag 31. Dezember 2020, 10:00
Wenn ich Trisagion recht verstehe, bezieht er sich dabei auf die Moraltheologie, wie sie gegenwärtig üblicherweise an den Fakultäten für katholische Theologie gelehrt wird.
Danke für das schöne Zitat von JPII. :hutab:

Ich habe aber doch noch ein wenig mehr gesagt. Der Utilitarismus ist inzwischen unbestritten die moralische Leitideologie der (westlich dominierten) Welt. Wenn man sich die Verlautbarungen aus den Mündern der Bischöfe anhört - oder auch allgemein christlicher Führer, das ist keineswegs auf die katholische Kirche begrenzt - spricht da auch fast immer nur der Utilitarismus. Nur ist es quasi ein Utilitarismus in einer christlichen Zwangsjacke. An gewissen Prinzipien kommt man (noch nicht...) vorbei, also macht man die utilitaristische Rechnung unter der Bedingung auf, daß diese Prinzipien nicht (vollständig) verletzt werden. Verkauft wird das, wo es den Leuten bewußt ist, als "Utilitarismus plus", will sagen, ein besserer Utilitarismus weil göttliche Regeln in Betracht gezogen werden. Klappen tut das aber selbstverständlich überhaupt nicht. Der Utilitarismus funktioniert, weil alle Betroffenen gefragt werden wie sie es denn gerne hätten, und dann wird abgewogen, was wohl die Lösung ist die allen am meisten von dem gibt was sie wollen. Das ist klar, sauber, und Gott kommt nicht vor - allenfalls kommt er noch im Wollen eines bestimmten Individuums vor, aber warum jemand etwas will ist hier einfach nicht die Frage, sondern nur was. Der "Utilitarismus plus" ist darum eine prinzipiell schlechtere Optimierung (eingschränkte Optionen), und wird auch genau so von der Welt wahrgenommen.

Eine der einfachsten Regeln zum Wahrnehmen des "Utilitarismus plus" im Gegensatz zu klassischen Morallehren betrifft die "Nähe zur Sünde". Klassisch wird man angewiesen, die Sünde möglicht weiträumig zu meiden. Es wird angenommen, daß wenn man viele Möglichkeiten zur Sünde kriegt die Wahrscheinlichkeit groß ist, daß man sündigen wird. Und das nicht nur als einfache Wahrscheinlichkeitsrechnung, sondern auch weil die Gewohnheit eine solch große Rolle spielt. Wenn man sich an das gewöhnt, was der Sünde nahe ist, dann wird man für die Sünde selbst viel anfälliger. Kurz, jemand der mit dem Alkoholismus kämpft sollte das Kneipenviertel meiden. Was sagt hingegen der "Utilitarismus plus"? Nun dieser Mensch will ja offenbar etwas, und zwar sehr. Also soll er es nach Möglichkeit auch bekommen. Wenn dem nicht andere Leute im Wege stehen (wo man zwischen verschiedenen Willen abwägen müßte), dann bleibt nur das Prinzip das hier "Sünde" deklariert als Hindernis der Willensoptimierung. Also sollte man soviel man kann erlauben, alles was gerade noch irgendwie mit dem Prinzip vereinbar ist. Der "Utilitarismus plus" gibt dem Menschen der mit Alkohlismus kämpft also eine Freikarte für eine große Kneipentour, aber unter der Bedingung, daß er bitte nichts trinken soll.

Das nächste Mal wenn z.B. von Homosexualität die Rede ist, einfach mal zuhören wie das Gesagte mit der "Nähe zur Sünde" umgeht.

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Kai
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Kai »

philipp hat geschrieben:
Donnerstag 31. Dezember 2020, 11:59
Wie erklärt ihr euch dass der "Bischof und Papst" Petrus verheiratet war, aber später das Zölibat zur wahren Lehre wurde.. (einer von vielen Fällen der sich ändernden Lehrmeinung)
Zu der Thematik empfehle ich diese dreiteilige Videoreihe (Vortrag von Dr. Kreier), lang (zusammen knapp anderthalb Stunden), aber nicht langweilig:

Teil 1: https://youtu.be/v1D6VJUfF_4

Teil 2: https://youtu.be/0Grc3CzxMew

Teil 3: https://youtu.be/3D27rjle030
"We have feminized the Church so much that it is not attractive to men."
(Eric Sammons)

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Mittwoch 30. Dezember 2020, 23:43
Die Religionsfreiheit steht wohl nicht im strengen Widerspruch zur bisherigen Lehre. Hat die Kirche jemals gesagt "andere Religionen dürfen nicht toleriert werden, wenn jemand sie praktiziert muss er gesellschaftlich ausgeschlossen werden"? Nein...
Nun ja... Es sei die Lektüre von Quanta cura und dem beigefügten Syllabus errorum empfohlen, um das vielleicht doch ein klein wenig zu problematisieren:
Von dieser falschen Auffassung der Gesellschaftsordnung aus begünstigen sie weiter jene irrige Ansicht, die der katholischen Kirche und dem Seelenheile höchst verderblich ist und von Unserm unmittelbaren Vorgänger Gregor XVI. als "Wahnsinn" erklärt wurde, nämlich, "die Freiheit des Gewissens und die Gottesverehrung seien jedes einzelnen Menschen Eigenrecht, das in jedem Staat mit ordentlicher Verfassung gesetzlich umschrieben und gewahrt werden müsse, und die Bürger hätten ein Recht auf jede beliebige Freiheit, die weder durch kirchliche noch staatliche Hoheit eingeschränkt werden dürfe, sie sollten vielmehr ihre Meinung in Wort und Schrift oder sonst wie öffentlich verkünden und verbreiten können."
Die zitierte Enzklika ist übrigens Mirari vos. Dort kann man mal etwas über die "nie genug zu verurteilende und zu verabscheuende Freiheit der Presse" lesen... :pfeif:

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Lycobates hat geschrieben:
Donnerstag 31. Dezember 2020, 14:13
Der (der !) Zölibat ist an sich eine disziplinarische, keine lehrmäßige Angelegenheit.
Der Apostel Petrus war verheiratet und lebte als verheirateter Mann, bis er dem Herrn zuliebe *alles* hinter sich ließ, um Christo zu folgen.
Ecce nos reliquimus omnia... Mt. 19,27.
Ebenso taten es die anderen Apostel, die zum Zeitpunkt ihrer Berufung verheiratet waren. Die anderen blieben ledig, wie der Völkerapostel einschärft.
Gut. War nicht das beste beispiel. Aber wenn ich mir Tris so anhöre, wie er das kirchliche Lehramt mit politischen Phänomenen vergleicht, fällt es mir schwer zwischen all der menschlichen Machtpolitik noch Gottes Lehre zu erkennen. Das klingt für mich eher nach "der stärkere gewinnt"...

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Donnerstag 31. Dezember 2020, 15:54
Aber wenn ich mir Tris so anhöre, wie er das kirchliche Lehramt mit politischen Phänomenen vergleicht, fällt es mir schwer zwischen all der menschlichen Machtpolitik noch Gottes Lehre zu erkennen. Das klingt für mich eher nach "der stärkere gewinnt"...
:roll: Aber genau darum streiten wir ja alle so verbissen darum was die "traditionelle Lehre" der Kirche ist. Es ist die einzige Begrenzung für das Machtspiel. Es ist die einzige Möglichkeit "bis hierhin und nicht weiter" zu sagen, entgegen dem allzumenschlichem Wollen und Tun. Selbst die Protestanten haben das Prinzip auf ihre Art und Weise sofort wiedererfunden, als "Bibeltreue" halt. Es muß einen unverrückbaren göttlichen Kern geben, und der muß geschützt werden, um wirklich jeden Preis. Denn ansonsten zerfällt alles in Schall und Rauch, in menschliche Beliebigkeit.

Tradition hat für mich letztlich nicht wirklich mit Vergangenem zu tun, wie gut oder schlecht das auch gewesen sein mag. Die Vergangenheit ist nur ein Erkenntnismittel, in die Zeit geschrieben Signale der Wahrheit. Tradition ist vielmehr der immerwährende Kampf gegen Groucho Marx: “Those are my principles, and if you don’t like them… well, I have others.” (Dies sind meine Prinzipien, und wenn Du die nicht magst, ... naja, ich hab [noch] andere.)

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Ich kann dir nicht folgen Tris.

"Es ist die einzige Begrenzung" Was ist "es"?

Und den Ausflug zur "Tradition" verstehe ich auch nicht. Die göttliche Lehre besteht in der Einhaltung der Tradition?

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Hubertus
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Hubertus »

philipp hat geschrieben:
Mittwoch 30. Dezember 2020, 17:09
@Hubertus: Es gibt Abstufungen unter den Konzilen? Ich dachte jedes ist gleichrangig
An sich ja (bezugnehmend auf den zweiten Satz).
Wenn aber eine Kirchenversammlung von vornherein beschließt, nichts verbindlich lehren zu wollen, reiht es sich naturgemäß selbst in der Verbindlichkeit hinter die anderen Konzilien ein.
philipp hat geschrieben:
Mittwoch 30. Dezember 2020, 23:43
Hubertus hat geschrieben:
Mittwoch 30. Dezember 2020, 21:13
a) welches konkrete Dogma es betrifft und
Was meinst du wenn du von Dogma sprichst? Das Dogma der Unfehlbarkeit? Das betrifft ja dann gerade einmal 2, 3 Lehren.
Allgemein im Sinne der Definition einen von der Kirche den Gläubigen als verbindlich anzunehmenden Glaubenssatz.
Es geht mir um "neue Dogmen", welche VII angeblich definiert hätte... soweit ich weiß, ist dies eben nicht der Fall.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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taddeo
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von taddeo »

Hubertus hat geschrieben:
Donnerstag 31. Dezember 2020, 19:42
philipp hat geschrieben:
Mittwoch 30. Dezember 2020, 17:09
@Hubertus: Es gibt Abstufungen unter den Konzilen? Ich dachte jedes ist gleichrangig
An sich ja (bezugnehmend auf den zweiten Satz).
Wenn aber eine Kirchenversammlung von vornherein beschließt, nichts verbindlich lehren zu wollen, reiht es sich naturgemäß selbst in der Verbindlichkeit hinter die anderen Konzilien ein.
philipp hat geschrieben:
Mittwoch 30. Dezember 2020, 23:43
Hubertus hat geschrieben:
Mittwoch 30. Dezember 2020, 21:13
a) welches konkrete Dogma es betrifft und
Was meinst du wenn du von Dogma sprichst? Das Dogma der Unfehlbarkeit? Das betrifft ja dann gerade einmal 2, 3 Lehren.
Allgemein im Sinne der Definition einen von der Kirche den Gläubigen als verbindlich anzunehmenden Glaubenssatz.
Es geht mir um "neue Dogmen", welche VII angeblich definiert hätte... soweit ich weiß, ist dies eben nicht der Fall.
Hubertus: Das 2. Vaticanum hat (und wollte das auch!) sehr wohl verbindlich gelehrt. Eine "Dogmatische Konstitution" etwa ist die höchste Form, in der ein Konzil die verbindliche Kirchenlehre darlegen kann. Im Gegensatz zu den beiden Vorgängerkonzilien, die ja schon Jahrhunderte her waren, wollte das Konzil allerdings die (schon bestehende) Lehre in einer anderen, positiv formulierten Art und Weise lehren, nicht wie früher durch Negationen und Verurteilungen. In diesem - und NUR in diesem! - Sinne war es ein "Pastoralkonzil". Es wollte auch keine "neuen" Dogmen verkünden, weil keine Notwendigkeit dazu bestand (man könnte allerdings z. B. die Entfaltung der Lehre über die Bischöfe durchaus als Erweiterung der bisherigen Dogmatik werten).
Aber ein Konzil muss sich nicht nur mit Dogmatik befassen; auch die Kirchendisziplin ist ein legitimes Arbeitsfeld, und gerade da hat das 2. Vaticanum eine Unzahl an echten Kirchengesetzen beschlossen, die dann naturgemäß in die (ebenfalls vom Konzil angestoßene) Kodexreform eingegangen sind, und auch in die Kurienreform unter JPII. Wenn man alles in Summe anschaut, dann war das 2. Vaticanum auf alle Fälle ein vollwertiges Konzil, das seine Kompetenzen sehr klar wahrgenommen hat.
(Freilich muss man ebenso klar feststellen: die Kirchengesetze des Konzils, etwa hinsichtlich der Liturgiereform, wurden teilweise im Nachhinein durch den seinerzeitigen Papst ad absurdum geführt. Was in der Liturgiekonstitution von den Konzilsvätern beschlossen wurde, hat fast nichts gemeinsam mit dem, was Paul VI. dann als "neue" Liturgie vom Reißbrett promulgiert hat. Aber das kann man, finde ich, schwerlich den Konzilsvätern anlasten; hier hat der Papst seine seit dem 1. Vaticanum zementierten Vollmachten ausgespielt nach dem Motto "potuit, ergo fecit". Leider hat er das entscheidende "decuit" in diesem alten Spruch des Duns Scotus einfach ignoriert.)

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Donnerstag 31. Dezember 2020, 19:08
Ich kann dir nicht folgen Tris.
"Es ist die einzige Begrenzung" Was ist "es"?
Die traditionelle Lehre ... oder genauer, das Konzept, daß es eine göttliche Lehre gibt die unverändert (höchstens weiter entfaltet) tradiert wird.

Das ähnelt etwas der modernen Einstellung zu Grundgesetzen oder Menschenrechten in der politischen Sphäre.
philipp hat geschrieben:
Donnerstag 31. Dezember 2020, 19:08
Und den Ausflug zur "Tradition" verstehe ich auch nicht. Die göttliche Lehre besteht in der Einhaltung der Tradition?
Die Tradition besteht in der Einhaltung der göttlichen Lehre. Sie schmückt sich mit allerlei, und umfasst auch viel praktisches Beiwerk. Aber bestehen oder untergehen tut sie alleine darin.

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

@Hubertus welches kriterium bestimmt wann eine Lehre "ein verbindlich anzunehmender Glaubenssatz" ist?

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Trisagion hat geschrieben:
Freitag 1. Januar 2021, 00:11
philipp hat geschrieben:
Donnerstag 31. Dezember 2020, 19:08
Ich kann dir nicht folgen Tris.
"Es ist die einzige Begrenzung" Was ist "es"?
Die traditionelle Lehre ... oder genauer, das Konzept, daß es eine göttliche Lehre gibt die unverändert (höchstens weiter entfaltet) tradiert wird.

Was bringt das wenn sich jeder uneins ist was denn nun die traditionelle Lehre ist?

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

@taddeo: verstehe ich dich richtig, du meinst, dass das Konzil viele Dinge auf niederer Ebene beschlossen hat. Das aber dafür verbindlich.

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Freitag 1. Januar 2021, 02:13
Was bringt das wenn sich jeder uneins ist was denn nun die traditionelle Lehre ist?
Dabei hast Du doch die Gnade der späten Geburt was die Einheit der Lehre angeht. Heute geht es darum, ob es legitim ist das "Wiederverheiratete" an der Kommunion teilnehmen. Früher ging es mal darum, ob Jesus Gott war. Ob Jesus Mensch war. Ob Gott drei Götter ist. Ob die drei Personen Aspekte eines Gottes sind. Ob die Kirche auf Erden nur aus Heiligen besteht. Ob jüdische Riten zu beachten sind. Ob alle religiösen Bilder zerstört werden sollen. Ob das Alte Testament gültig ist. Ob die Ursünde die menschliche Natur beinträchtigt hat. Ob alles Leibliche von Übel ist. Ob aller Besitz von Übel ist. Ob der Mensch verdorben ist. Usw. usf.

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Das stimmt schon

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taddeo
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von taddeo »

philipp hat geschrieben:
Freitag 1. Januar 2021, 02:14
@taddeo: verstehe ich dich richtig, du meinst, dass das Konzil viele Dinge auf niederer Ebene beschlossen hat. Das aber dafür verbindlich.
Nicht ganz. "Das Konzil" ;D hat sicher viel auf niederer Ebene, also außerhalb der eigentlichen Dogmatik, verbindlich beschlossen. Es hat aber auch die bereits geltende Dogmatik erneut verbindlich gelehrt, was zu dieser Zeit nicht unbedingt so zu erwarten war. Man denke da etwa an die päpstliche Unfehlbarkeit.

Aber das ist keine Spezialität des 2. Vaticanums, das war in Trient schon genauso. Es gab die dogmatischen Klarstellungen, und es gab zahllose disziplinäre Anordnungen, deren Umsetzung teilweise Jahrhunderte gedauert hat, weil sie auf Ortskirchenebene ausgearbeitet werden mussten.

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Du meinst es ist ein Widerspruch etwas nochmal zu Lehren wenn es schon einmal gelehrt wurde... Verstehe ich dich?

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Protasius
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Protasius »

philipp hat geschrieben:
Freitag 1. Januar 2021, 20:47
Du meinst es ist ein Widerspruch etwas nochmal zu Lehren wenn es schon einmal gelehrt wurde... Verstehe ich dich?
Wenn ich A sage und du dann zwei Jahre später auch A sagst, kann das rein logisch kein Widerspruch sein.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Entschuldige dass ich mich so schlecht ausdrücken kann. Du hast natürlich recht, aber ich hoffe es ist klar was ich sagen will...

Es wäre komisch dass zweimal exakt dasselbe gelehrt wurde. Auch wenn ich nicht weiss ob das so stimmt.

Was die päpstliche Unfehlbarkeit damit zu tun hat leuchtet mir aber gar nicht ein.

Petrus
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Petrus »

taddeo hat geschrieben:
Freitag 1. Januar 2021, 20:37
und es gab zahllose disziplinäre Anordnungen, deren Umsetzung teilweise Jahrhunderte gedauert hat, weil sie auf Ortskirchenebene ausgearbeitet werden mussten.
Das interessiert mich jetzt.

Nein, ich erwarte von Dir jetzt keine "zahllose" Aufzählung, aber einige Beispiele von disziplinären Anordnungen, deren Umsetzung (teilweise) Jahrhunderte gedauert hatte, weil sie auf Ortskirchenebene ausgearbeitet werden mußten, - kannst Du mir Beispiele nennen?

Danke im Voraus,
Petrus.

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taddeo
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von taddeo »

Petrus hat geschrieben:
Freitag 1. Januar 2021, 21:56
taddeo hat geschrieben:
Freitag 1. Januar 2021, 20:37
und es gab zahllose disziplinäre Anordnungen, deren Umsetzung teilweise Jahrhunderte gedauert hat, weil sie auf Ortskirchenebene ausgearbeitet werden mussten.
Das interessiert mich jetzt.

Nein, ich erwarte von Dir jetzt keine "zahllose" Aufzählung, aber einige Beispiele von disziplinären Anordnungen, deren Umsetzung (teilweise) Jahrhunderte gedauert hatte, weil sie auf Ortskirchenebene ausgearbeitet werden mußten, - kannst Du mir Beispiele nennen?

Danke im Voraus,
Petrus.
Musterbeispiel von Trient ist das Ehedekret "Tametsi". Wirklich bis in den letzten Winkel des Orbis terrarum erlangte das erst mit Inkrafttreten des CIC 1917 Rechtswirkung. Trient hatte sein Inkrafttreten von der Verkündung in den einzelnen Pfarreien abhängig gemacht. Wo es nicht verkündet wurde (warum auch immer), galt es folglich nicht.

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Wie schaut es jetzt eigentlich mit der Lehre zum Papstamt aus.

Jesus hat das Papstamt ja offenbart. Danach sind die Gläubigen anscheinend abgekommen und es gab in den ersten Jahrhunderten ein Papstamt light. Dann hat sich das Papstamt entwickelt...

Wie kann man das katholisch erklären?

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 01:55
Jesus hat das Papstamt ja offenbart. Danach sind die Gläubigen anscheinend abgekommen und es gab in den ersten Jahrhunderten ein Papstamt light. Dann hat sich das Papstamt entwickelt...
Wie kann man das katholisch erklären?
Jesus hat sicher einiges zu und über Petrus gesagt. Die anderen Apostel auch. Aber erstens haben auch damals schon nicht alle alles gehört, insbesondere nicht in den schnell wachsenden Gemeinden in der Ferne. Zweitens ist nichts von dem was uns überliefert ist so klar und eindeutig wie sagen wir mal der CIC83 oder die dogmatischen Definitionen von Vatikan I. Was bedeutet denn z.B. Matt 16,19 nun konkret, für die Verhätlnisse in der Hierarchie und das Miteinander in der Kirche? Drittens war ja Petrus nicht nur Papst, sondern eben auch Petrus, das Original. Wieviel von dem was über Petrus gesagt wurde gilt denn jetzt für Petrus wegen seines Amtes as Papst, und wird somit an einen Nachfolger im Amte weitergegeben, und wieviel gilt nur für Petrus persönlich, weil er eben das Original war, die rechte Hand von Jesus Christus zu Lebzeiten? Viertens, wenn irgendein Mensch in Rom zum Papst gewählt wird, wie lange dauert es in der Antike bis das in irgendeinem christlichen Dorf in Anatolien oder Ägypten ankommt? Und was genau wird man von diesem Menschen dann während seiner Amtszeit zu hören kriegen? Überhaupt jemals irgendetwas? Die hatten ja keine modernen Kommunikationsmittel, und die Kirchenhierarchie und -verwaltung war rudimentär.

Es hat viele Jahrhunderte gedauert um herauszuarbeiten was jetzt wie zu verstehen und zuzuordnen ist. Es hat viele Jahrhundere gedauert, bis Kirchenstukturen überhaupt so verfestigt waren, daß die Rolle des Papstes innerhalb dieser Strukturen festgeschrieben wurde. Und es hat fast ein Jahrtausend gedauert, bis Kultur und Gesellschaft soweit waren, daß der Papst merkbar wurde für die meisten Katholiken. Und selbst da kann man argumentieren, daß das nur der Fall war, weil im Großen Schisma die Hälfte der Christenheit wegbrach.

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Das heisst du würdest auch nicht sagen, dass Petrus ganz sicher wusste, was Jesus von ihm will? (nämlich dass er die Papstrolle einnimmt ...)
Zuletzt geändert von Hubertus am Samstag 2. Januar 2021, 19:47, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Zitatebene repariert.

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

[...]
Was verstehst Du hier unter der "Papstrolle"? Ich denke Petrus hat seinen Auftrag nach Johannes 21:15-17 verstanden, im Zusatz zu seiner schon zu Jesu Lebzeiten etablierten Führerschaft unter den Aposteln, und der sich stetig ausweitenden Letztverantwortlichkeit in "Kirchenfragen" (etwa Apg 15, 6-7 führend zum Aposteldekret für Heidenchristen). Das war seine "Papstrolle". An diese Grundsätzen hat sich nichts geändert, an dem was das in der Praxis bedeutet schon. Warum? Weil sich sowohl Kirche als auch Gesellschaft geändert haben, ganz erheblich, und schlicht auch weil der tatsächliche Verlauf der Geschichte die Entwicklung entlang bestimmter Bahnen geführt hat. Hat Jesus dem Petrus also die "Papstrolle" anvertraut, die Papst F heute spielen sollte? In den Grundsätzen, ja, in den vielen Details, nein.

Warst Du vor zehn Jahren auch der Philipp? Oder warst Du jemand anders? Es ist sowohl richtig zu sagen, daß Du ein und derselbe Philipp bist, als auch, daß Du heute ein anderer Philipp bist als damals. Das widerspricht sich nicht wirklich, es ist beides auf seine Weise richtig. Genauso ist das mit der "Papstrolle" und überhaupt mit allen Lehren der Kirche. Genau diese Art der organischen Entwicklung ist gemeint, wenn man sagt, daß die Lehren der Kirche unverändert bleiben obwohl sie sich entwickelt haben.

Nun ist es leider nicht ganz so einfach bei einer Lehre zu sagen, wann man sie so sehr "entwickelt" hat, daß quasi aus dem Philipp eine Monika geworden ist. Bis hierhin Philipp, aber nicht weiter... darum geht es letztlich im Streit um die Lehre. (Außer für die ganz Umnachteten, die es total OK finden wenn man Philipp je nach momentanem Bedarf in Monika, Heinz, oder einen Außerirdischen "entwickelt".)
Zuletzt geändert von Hubertus am Samstag 2. Januar 2021, 19:49, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Durch Mod.maßnahme obsolet gewordene Inhalte entfernt.

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Danke Hubertus für das Beheben.
Trisagion hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 18:35
Ich denke Petrus hat seinen Auftrag nach Johannes 21:15-17 verstanden, im Zusatz zu seiner schon zu Jesu Lebzeiten etablierten Führerschaft unter den Aposteln, und der sich stetig ausweitenden Letztverantwortlichkeit in "Kirchenfragen"
Dieses praktische und theoretische Verständnis der Lehre dürfte dann aber in den ersten Jahren nach Christus entschwunden sein, um sich danach zu dem zu entfalten was wir heute haben... findest du das nicht problematisch, dass etwas zerfallen kann und dann wieder aufblüht. das schaut doch recht willkürlich aus.

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 20:44
Dieses praktische und theoretische Verständnis der Lehre dürfte dann aber in den ersten Jahren nach Christus entschwunden sein, um sich danach zu dem zu entfalten was wir heute haben...
Hast Du dafür irgendwelche Belege - oder spekulierst Du Dir einfach ein Problem zurecht, damit Du das dann problematisieren kannst?

Entweder der Heilige Geist ist mit der Kirche, oder nicht. Ich brauche nicht alles und jedes darauf abklopfen, ob es exakt belegbar der göttlichen Vorsehung entspricht. Ich brauche nur zu schauen, ob ich insgesamt der Meinung bin, daß die Kirche von Gott durch die Zeit geführt wird, als beste Annahme. Und ich brauche nur kontrollieren, daß keine Einzeltatsache diese Annahme direkt wiederlegt. Wenn ich da angelangt bin, dann ist selbst Dein herbeispekuliertes Problem nicht besonders bedrohlich. Widerspricht es der Führung der Kirche durch Gott eindeutig? Dafür gibt es keine Anhaltspunkte, jedenfalls hast Du da bisher nichts erwähnt. Somit ist meine Antwort schlicht: irgendwie hat es der Heilige Geist wohl gerichtet. Man kann jetzt Deine vermutlich unbegründeten Spekulationen mit genauso unbegründeten Spekulationen beantworten, wie das genau passiert sein könnte. Aber aller Wahrscheinlichkeit nach sind hier entscheidende Fakten schlicht im Nebel der Geschichte verschwunden, und derlei ist nicht mehr als ein Wettbewerb im Geschichtchen erzählen.

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Trisagion hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 21:42
philipp hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 20:44
Dieses praktische und theoretische Verständnis der Lehre dürfte dann aber in den ersten Jahren nach Christus entschwunden sein, um sich danach zu dem zu entfalten was wir heute haben...
Hast Du dafür irgendwelche Belege - oder spekulierst Du Dir einfach ein Problem zurecht, damit Du das dann problematisieren kannst?
Ich habe gedacht dass das common sense ist. Ich habe das hier im Forum so "gelernt". Am Anfang hatte der Bischof von Rom so etwas wie einen Ehrenvorrang. Dann hat der Bischof seinen Machtanspruch erweitert, dann kam der Papst, dann die Unfehlbarkeit. Petrus dürfte so wie du ihn beschreibst also mehr Papst gewesen sein, als die römischen Bischöfe der ersten Jahrhunderte.
Trisagion hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 21:42
Entweder der Heilige Geist ist mit der Kirche, oder nicht. Ich brauche nicht alles und jedes darauf abklopfen, ob es exakt belegbar der göttlichen Vorsehung entspricht. Ich brauche nur zu schauen, ob ich insgesamt der Meinung bin, daß die Kirche von Gott durch die Zeit geführt wird, als beste Annahme.
Daran kann ich eben noch nicht glauben, daher die Fragen. Die Fragen wären obsolet, wenn ich dieses Fundament hätte.
Trisagion hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 21:42
Und ich brauche nur kontrollieren, daß keine Einzeltatsache diese Annahme direkt wiederlegt. Wenn ich da angelangt bin, dann ist selbst Dein herbeispekuliertes Problem nicht besonders bedrohlich. Widerspricht es der Führung der Kirche durch Gott eindeutig? Dafür gibt es keine Anhaltspunkte, jedenfalls hast Du da bisher nichts erwähnt. Somit ist meine Antwort schlicht: irgendwie hat es der Heilige Geist wohl gerichtet. Man kann jetzt Deine vermutlich unbegründeten Spekulationen mit genauso unbegründeten Spekulationen beantworten, wie das genau passiert sein könnte. Aber aller Wahrscheinlichkeit nach sind hier entscheidende Fakten schlicht im Nebel der Geschichte verschwunden, und derlei ist nicht mehr als ein Wettbewerb im Geschichtchen erzählen.
Wie kannst du als Katholik denn bitte die Orthodoxen oder Altorientalier ausschliessen, wenn Einzelfragen (Petrusamt, Filioque etc.) erstens nicht wirklich wichtig und zweitens nicht wirklich eindeutig beantwortbar sind?
Gepaart mit deiner Haltung, dass "entscheidende Fakten im Nebel der Geschichte" verschwinden können, scheint es mir unmöglich den Katholizismus von Orthodoxie und Altorientaliern zu unterscheiden .

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Lycobates
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Lycobates »

philipp hat geschrieben:
Mittwoch 30. Dezember 2020, 09:51
Niels hat geschrieben:
Dienstag 29. Dezember 2020, 22:16
Ich würde zur Lektüre empfehlen: https://ia802701.us.archive.org/13/item ... wmiala.pdf
Danke!
Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 29. Dezember 2020, 22:17
Bischöfe und Päpste sind Sünder, aber in ihrer Lehrtätigkeit ist die Kirche vor Irrtum gefeit.
Wenn sie je die Gläubigen in die Irre führen könnte, wäre sie nicht Säule und Grundfeste der Wahrheit (1Tim. 3,15), sie ist dies aber, ihrem Wesen nach, nicht nur einmal, oder ein paarmal, sondern immer, bis zum jüngsten Tag.
Es gibt keine Fehler in der Lehrtätigkeit, sofern diese die ganze Kirche in Glaubens- und Sittenfragen lehren und verpflichten will.
In diesem Sinne gibt es keine Widersprüche, wie schon Hubertus angedeutet hat.
Dann musst du aber annehmen, dass ein Bischof oder Papst niemals Fehler begeht in seiner Lehrtätigkeit. Willst du das wirklich?
Was ich (oder ein anderer) „wirklich will“, oder nicht, ist für unsere Frage unerheblich. Es gilt, was wirklich ist.

Der Lehrtätigkeit der Gesamtheit der in hierarchischer Gemeinschaft mit dem Papst stehenden und in Übereinstimmung mit ihm lehrenden Bischöfe kommt Unfehlbarkeit zu (sei es, die Bischöfe sind auf einem ökumenischen Konzil versammelt, das ist außerordentliche Lehrtätigkeit, sei es, sie lehren jeder für sich in ihrem Bistum, durch ihre Hirtenbriefe, Katechismen, Gebetbücher, usw., in moralischer Einmütigkeit unter dem Papst, das ist ordentliche Lehrtätigkeit), sofern sie mit dieser Lehrtätigkeit Glaubens- und Sittenfragen aus dem Offenbarungsgut als solches, d.h. unter ausdrücklicher Angabe ihres Offenbarungsbezugs, ihre Gläubigen verbindlich lehren.
Das bedeutet nicht, daß nicht einzelne Bischöfe irren, ja vom Glauben abfallen können, sie verlören im letzteren Fall aber ihre Jurisdiktion (jurisdictio in haereticis non manet), und lehrten nicht mehr im Namen der Kirche.
Die Lehrtätigkeit der Kirche wäre demnach dadurch nicht betroffen.
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
*
Fac me Tibi semper magis credere, in Te spem habere, Te diligere
*
... una cum omnibus orthodoxis, atque catholicae et apostolicae fidei cultoribus

philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Es kommt mir so vor, als würdest du hier zu stark in Extremen denken Lycobates. Zuerst sagst du, dass die Bischöfe in einigen Fällen unfehlbar lehren können:
Lycobates hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 23:42
Der Lehrtätigkeit der Gesamtheit der in hierarchischer Gemeinschaft mit dem Papst stehenden und in Übereinstimmung mit ihm lehrenden Bischöfe kommt Unfehlbarkeit zu (sei es, die Bischöfe sind auf einem ökumenischen Konzil versammelt, das ist außerordentliche Lehrtätigkeit, sei es, sie lehren jeder für sich in ihrem Bistum, durch ihre Hirtenbriefe, Katechismen, Gebetbücher, usw., in moralischer Einmütigkeit unter dem Papst, das ist ordentliche Lehrtätigkeit), sofern sie mit dieser Lehrtätigkeit Glaubens- und Sittenfragen aus dem Offenbarungsgut als solches, d.h. unter ausdrücklicher Angabe ihres Offenbarungsbezugs, ihre Gläubigen verbindlich lehren.
Dann meinst du, dass Bischöfe vom Glauben abfallen können, was zur Folge hat, dass diese überhaupt nicht mehr lehren können:
Lycobates hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 23:42
Das bedeutet nicht, daß nicht einzelne Bischöfe irren, ja vom Glauben abfallen können, sie verlören im letzteren Fall aber ihre Jurisdiktion (jurisdictio in haereticis non manet), und lehrten nicht mehr im Namen der Kirche.
Die Lehrtätigkeit der Kirche wäre demnach dadurch nicht betroffen.

Ich frage mich, ob es da nicht einen gewissen Zwischenraum gibt zwischen "unfehlbar lehrend" und "gar nicht mehr lehrend". Jeder Bischof ist Mensch und macht Fehler. Gott wird aber in seiner Kirche nur zulassen, was er für erträglich/sinnovoll hält. Trotzdem kann es sein, dass manches falsch ist, was gelehrt wird.

Warum sollten Bischöfe sich beim gesamten 2. Vaticanum geirrt haben, aber dann bei kleineren Fragen nicht um eine Nuance etwas "Falsches" lehren?

Trisagion
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Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 21:52
Ich habe gedacht dass das common sense ist. Ich habe das hier so "gelernt". Am Anfang hatte der Bischof von Rom so etwas wie einen Ehrenvorrang. Dann hat der Bischof seinen Machtanspruch erweitert, dann kam der Papst, dann die Unfehlbarkeit. Petrus dürfte so wie du es erklärst also mehr Papst gewesen sein, als die römischen Bischöfe der ersten Jahrhunderte...
Schau mal hier, unter "II. Primacy of Peter’s Apostolic See". Ist Dir Clemens von Rom, 4. Papst, AD 96 früh genug?
philipp hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 21:52
daran kann ich eben noch nicht glauben, daher die Fragen.
Ich dachte Du wärest katholisch?
philipp hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 21:52
Wie kannst du als Katholik denn bitte die Orthodoxen oder Altorientalier ausschliessen, wenn Einzelfragen (Petrusamt, Filioque etc.) erstens nicht wirklich wichtig und zweitens nicht wirklich eindeutig beantwortbar sind?
Es gibt eine ganze Reihe von Gründen warum ich die Orthodoxen ausschließe (bei den orientalischen Kirchen kenne ich mich nicht so furchtbar aus). Zum Beispiel ist ihnen die rechte Lehre zur Ehe abhanden gekommen, und somit sind sie schonmal rein sakramental nicht "die Kirche". Die Ablehnung des "filioque" (als theologisches Konzept, die Rechtmäßigkeit das Credo zu ändern ist eine andere Frage) ist ein direkter Angriff auf den Sohn und den Heiligen Geist. Erstens ist die orthodoxe Position logisch nachweisbar falsch, insofern ist das ein Angriff auf den Logos. Zweitens ist eine Konsequenz des Fehlers, daß der Heilige Geist mit dem Sohn identifiziert wird, ein wahrlich persönliches Vergehen gegen den Heiligen Geist. Die orthodoxe Position ist somit formal unverzeihlich, obwohl in der Praxis wohl als ideologischer Aussetzer verzeihbar. Das theologische Verbrämen der Praktiken der Hesychasten, die vermutlich Sauerstoffmangel im Hirn als ewiges Licht Gottes bezeichnen, hat bei den Orthodoxen mit Palamas dogmatischen Status erlangt. Es ist aber komplett unvereinbar mit der Einfachheit Gottes, und somit schlicht eine dogmatisierte Häresie. Das Große Schisma war kirchentechnisch nicht zulässig, und seitdem haben sich die Orthodoxen als vergleichsweise unfähig erwiesen die Kirche in der Welt zu verbreiten. Sie sind auch nicht in der Lage sich untereinander auf irgendetwas Wesentliches zu einigen, und kabbeln sich ständig um irgendwas. Die Zurücknahme der Wiedervereinigung mit der katholischen Kirche aufgrund des Drucks der Laien zeigte ohne jeden Zweifel, daß die orthodoxen "Hirten" von ihren Schafen vor sich hergetrieben werden. Erst in den letzten Jahrzehnten sieht man ähnliche Mißstände in der katholischen Kirche. Was es an "orthodoxer Theologie" so gibt, ist vielfach von Orthodoxen geschaffen, die ihre Theologie im Westen studiert haben. Denn geistig (im Gegensatz zu geistlich) war im Osten lange tote Hose. Usw. usf.

Sie haben aber schöne Ikonen und Liturgie, und sind einige Jahrzehnte hinterher in der Selbstzerstörung. (Aber keine Sorge, die Moderne wird sie auch schwer erwischen - und ich bin mir garnicht mal sicher, ob sie es nicht schlimmer abkriegen werden. Es ist wie bei den Muslimen: die Steife ihre Glaubens läßt sie länger standhalten, aber wenn Hartes überlastet wird, bricht es katastrophal...)

Die Haltung der Orthodoxen zum Papst kann man interessanterweise numerisch ausschließen. Weil es 12 Apostel gab, haben die Orthodoxen unrecht. Das überlasse ich dem geneigten Leser als Denksportaufgabe. ;)

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Lycobates
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Registriert: Mittwoch 12. Juni 2013, 23:12

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von Lycobates »

philipp hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 00:13
Es kommt mir so vor, als würdest du hier zu stark in Extremen denken Lycobates. Zuerst sagst du, dass die Bischöfe in einigen Fällen unfehlbar lehren können:
Lycobates hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 23:42
Der Lehrtätigkeit der Gesamtheit der in hierarchischer Gemeinschaft mit dem Papst stehenden und in Übereinstimmung mit ihm lehrenden Bischöfe kommt Unfehlbarkeit zu (sei es, die Bischöfe sind auf einem ökumenischen Konzil versammelt, das ist außerordentliche Lehrtätigkeit, sei es, sie lehren jeder für sich in ihrem Bistum, durch ihre Hirtenbriefe, Katechismen, Gebetbücher, usw., in moralischer Einmütigkeit unter dem Papst, das ist ordentliche Lehrtätigkeit), sofern sie mit dieser Lehrtätigkeit Glaubens- und Sittenfragen aus dem Offenbarungsgut als solches, d.h. unter ausdrücklicher Angabe ihres Offenbarungsbezugs, ihre Gläubigen verbindlich lehren.
Dann meinst du, dass Bischöfe vom Glauben abfallen können, was zur Folge hat, dass diese überhaupt nicht mehr lehren können:
Lycobates hat geschrieben:
Samstag 2. Januar 2021, 23:42
Das bedeutet nicht, daß nicht einzelne Bischöfe irren, ja vom Glauben abfallen können, sie verlören im letzteren Fall aber ihre Jurisdiktion (jurisdictio in haereticis non manet), und lehrten nicht mehr im Namen der Kirche.
Die Lehrtätigkeit der Kirche wäre demnach dadurch nicht betroffen.

Ich frage mich, ob es da nicht einen gewissen Zwischenraum gibt zwischen "unfehlbar lehrend" und "gar nicht mehr lehrend".
[...]
Die in Frage kommenden „Zwischenräume“ werden in den oben zitierten Stellen meines Eintrags klar angesprochen.
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
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philipp

Re: Wie geht ihr mit damit um dass die Kirche ihre Positionen ändert?

Beitrag von philipp »

Lycobates hat geschrieben:
Sonntag 3. Januar 2021, 00:31
Die in Frage kommenden „Zwischenräume“ werden in den oben zitierten Stellen meines Eintrags klar angesprochen.
Das habe ich gesehen, ja ich habe sogar auf dein Zitat geantwortet... und die Zwischenräume sind so eng, dass ich sie für nicht leicht logisch verteidigbar halte.

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