Hexenverbrennung

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Trisagion
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Trisagion »

Bruder Donald hat geschrieben:
Samstag 24. April 2021, 00:27
2. "machen will": Widerspricht das auch zugleich einem "Können"?
Es stellt vor allem die Realität des Folgenden in Frage. Zum Vergleich: "Hans will seinen Krebs durch Einnahme von homöpathischen Mitteln heilen." Hier ist absolut nichts über der Effektivität der Homöpathie ausgesagt. Der Wille des Hans schafft aber eben keine Realitäten, außer der Realität, daß Hans etwas will.
Bruder Donald hat geschrieben:
Samstag 24. April 2021, 00:27
4. "Amulette": Warum verwerflich, wenn es sowieso nix bringt?
Weil Du etwas Böses willst und aktiv versuchst. Daß die Welt sich Deinem bösen Willen hier nicht beugt bedeutet nicht, daß Du nicht einer Sünde schuldig bist. Wenn Du als verheirateter Eheman immer von der Nachbarin träumst, und er auch ständig aber erfolglos nachstellst, ist das nicht verwerflich? Bist Du nicht schuldig, nur weil Du erfolglos bist, nur weil die Nachbarin nichts mit Dir zu tun haben will?

Bruder Donald

Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Bruder Donald »

Agricola hat geschrieben:
Samstag 24. April 2021, 20:26
Ich bestreite, dass Zeus, Thor oder Baron Samedi existieren, irgendetwas bewirken usw.
Es war ja wohl nicht die Frage, welche Namen Menschen irgendwelchen Geistern oder Dämonen geben oder ob du an spezifische Bilder glaubst oder nicht.
Die Frage ist und bleibt, ob die kath. Kirche und nicht du persönlich die Meinung vertritt, dass z. B. Schamanismen durch Kontaktierung der "Geisterwelt" eine Gefahr durch übernatürliche Wirkungen darstellen, oder dies als wirkungslos abtut. Punkt!
Agricola hat geschrieben:
Samstag 24. April 2021, 20:26
Oder schlicht mit gar nichts Übernatürlichem. Und das ist das Rationalste und Naheliegendste.
Da sagen Zeugen und Zeugnisse aber durchaus was anderes. Alles dumme Lügner? Jesus ist dann auch nicht auferstanden, ist ja schließlich auch das das "Rationalste und Naheliegendste", egal was die Zeugen dazu sagen.
Agricola hat geschrieben:
Samstag 24. April 2021, 20:26
Aber von alledem war oben auch keine Rede, von daher: Strohmann.
1. Ich habe Fragen gestellt und keine Argumente gebracht, die dich widerlegen oder vom Thema ablenken sollten.
2. Doch es war davon die Rede. Ich habe mich eben darauf bezogen, dass in Afrika wohl ursprünglich pagane Theorien und Praktiken bis heute überlebt haben. Die heutige afrikanische Hexerei hat ihre Wurzeln in schamanistischen Traditionen afrikanischer Völker und Kulturen. Das sehe ich für das europäische "Phänomen" nicht. Deswegen hilft es nicht wirklich auf Europas Vergangenheit zu schauen, um das afrikanische Problem zu lösen. So meine Theorie.
Aber wenn du jegliche Wirkung von schamanistischer Praktik leugnest, dann erklärst du praktisch die gesamte Menschheit, von ihren Anfängen bis heute, für verrückt. "Religion" beginnt also erst mit dem Christentum bzw. noch Judentum. So muss ich deine Ausführungen hier deuten.
Agricola hat geschrieben:
Samstag 24. April 2021, 20:26
Die Sache ist aber die: Es gibt zumindest auch schädlichen Unsinn und wirkungsvollen Aberglauben unterschiedlichster Art (die auch nicht zwingend eine voll entwickelte, pagane Hochreligion zu ihrer Voraussetzung haben) ohne übernatürliche Elemente. Auch das kann man ausdrücklich verbieten, zumal in Kulturen und zu Zeiten, wo Derartiges besonders verbreitet ist.
Und? Habe ich das irgendwo bestritten? Welchen Schaden dummer und naiver Aberglaube anrichten kann, sehen wir ja u. a. an vergangener wie aktueller Hexenverfolgung.

Mich interessiert aber eben der Teil mit "übernatürlichen Elementen". Wenn die kath. Kirche meint, es gebe durchaus übernatürlich wirkende Hexerei, dann halte ich eine Argumentation pauschaler Einschätzung von Hexerei als Aberglaube ebenso für dumm wie gefährlich.
Was dann nun wirklich übernatürlich wirkhaft ist und was nicht, müssen dann die Profis einschätzen.
Ich für meinen Teil halte schamanistische Praktiken durchaus für wirkhaft und gefährlich, weshalb ich mich davon fern halte und anderen davon abrate, statt es nur verächtlich als wirkungslosen Humbug abzutun.

Bruder Donald

Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Bruder Donald »

Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 00:34
Es stellt vor allem die Realität des Folgenden in Frage.
Wenn die kath. Kirche der Meinung war und ist, dass alles genannte abergläubischer Mumpitz ist, aber der Wille dafür allein verwerflich (weil auf seine Weise schädlich) ist, dann kann sie das gerne auch in einem Punkt formulieren, statt dreien, wo schon wieder Interpretationsspielraum bleibt.

Agricola
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Agricola »

Da sagen Zeugen und Zeugnisse aber durchaus was anderes.
Ja, und die Hexen sagen auch, ihr Humbug bewirke Übernatürliches. Die Heidenpriester ebenso. So what?

Noch einmal: Wen interessiert deren (Selbst-)Interpretation bezüglich der Bestimmung dessen, worum es sich bei ihren Praktiken und deren vermeintlichen Wirkungen handelt, angesichts derartiger Absurditäten, die da behauptet werden?

Das kann maximal von ethnologischem und religionswissenschaftlichem Interesse sein. Zu irgendetwas Übernatürlichem kommt man auf dieser Basis allerdings nicht.
Alles dumme Lügner?
Möglich. Oder Getäuschte. Oder … – Allerhand ist auch ganz ohne Übernatürliches möglich. Jedenfalls naheliegender als das Durchbrechen der Naturgesetze.
Aber wenn du jegliche Wirkung von schamanistischer Praktik leugnest, dann erklärst du praktisch die gesamte Menschheit, von ihren Anfängen bis heute, für verrückt.
Erneut ein falsches Dilemma der oben beschriebenen Art.
Ich glaube z. B. auch nicht an die übernatürliche Wirkung heidnischer Opferrituale, was nicht ausschließt, dass diese Opferrituale innerhalb einer heidnischen Gemeinschaft überhaupt etwas bewirken. Welche Wirkungen (i. S. d. Funktion von Opferritualen) das sind, kann man u. a. bei René Girard oder Walter Burkert nachlesen.

Also, weder muss ich pauschal diejenigen, die Derartiges praktizieren für Dummköpfe halten noch muss ich deren Interpretation von irgendetwas übernehmen und schon gar nicht muss ich etwas Übernatürliches annehmen. Ist das schön langsam einmal klar?
"Religion" beginnt also erst mit dem Christentum bzw. noch Judentum.
Das Christentum sah das durchaus so: Die wahre Gottesverehrung beginnt gewissermaßen erst mit dem Volk Israel und erreicht nach der Inkarnation ihre volle Verwirklichung in der christlichen Kirche. Das Selbstverständnis, zumal des antiken Christentums der Väter, war tatsächlich das einer ganz neuen Form der Aufklärung über den alten heidnischen Aberglauben.
Jesus ist dann auch nicht auferstanden, ist ja schließlich auch das das "Rationalste und Naheliegendste", egal was die Zeugen dazu sagen.
1. Falsche Analogie. Hexenbretter u. Dgl. und ihre nicht-vorhandenen übernatürlichen Wirkungen sind kein Teil der Offenbarung, was die Erkenntnisordnung anbelangt. Sie sind auch nicht gerade Gott selbst, was die Seinsordnung anbelangt.
2. Atheisten sind (wenigstens dann, wenn sie Naturalisten o. Ä. sind) erst einmal rational völlig gerechtfertigt, derartigen Zeugnissen für sich genommen keinen Glauben zu schenken. Aber das hatten wir bereits bei David Hume (s. „Dialogues Concerning Natural Religion“) vor über 200 Jahren.
Das sehe ich für das europäische "Phänomen" nicht.
Aha. Skandinavische/nordische Zauberei geht z. T. darauf (d. h. Schamanismus) sowie auf sonstige „pagane Theorien und Praktiken“ zurück. Allerdings nicht alleine und irgendwann nach der Reformation gab es dort zwar eindeutig noch Zauberei, der ursprüngliche weltanschauliche Hintergrund verblasste aus mehr als nur einem Grund jedoch immer mehr und wurde von Neuem überformt bzw. mit christlichen Vorstellungen verschmolzen (prinzipiell ähnlich wie im karibischen Voodoo, brasilianischen Candomblé oder der Umbanda). Für den Ostseeraum bzw. Nordrussland bis zu den Karpaten gilt Analoges. Für die Alpen bzw. Norditalien wurde auch einmal diese These – sogar für die Frühe Neuzeit! – aufgestellt. Das müsste ich jetzt suchen.

Usw. usf.

Irgendwelche Generalthesen über Ursprung und Ursache (monokausal!) der gesamten afrikanischen Zauberpraktiken gehen meilenweit an der Problematik und ihrer Lösung vorbei. Dazu sollte man sich m. E. Vergleichbares ansehen und zwar weniger Vergleichbares bezogen auf die jeweiligen heidnischen Hochreligionen, die irgendwo einmal vorherrschten und heute praktisch überall gebrochen und am verblassen sind, so, wie sie ab dem Hochmittelalter auch in Europa überall gebrochen waren. Ebenso wenig oder noch weniger Vergleichbares bezogen auf die unterstellten übernatürlichen Wirkungen von irgendetwas, sondern Vergleichbares bezogen auf Sozial-, Wirtschafts- und Rechtsstrukturen.

Gut, aber es wird zunehmend off-topic, von daher weg damit.
Wenn die kath. Kirche meint, es gebe durchaus übernatürlich wirkende Hexerei […]
Was im Canon Episcopi geschrieben steht ist noch in Geltung, im Katechismus findet sich nichts, was ihn außer Kraft setzt oder ihm widerspricht. Ergo…
[…] dann kann sie das gerne auch in einem Punkt formulieren […]
Sag’s ihr. :D
[…] statt dreien, wo schon wieder Interpretationsspielraum bleibt.
Interpretationsspielraum oder schwammige Formulierungen sind besonders nach dem Vaticanum II etwas ganz Neues.
Ich für meinen Teil halte schamanistische Praktiken durchaus für wirkhaft […]
Das wissen inzwischen sicherlich alle, die das lesen.

Trisagion
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Trisagion »

Bruder Donald hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 04:32
Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 00:34
Es stellt vor allem die Realität des Folgenden in Frage.
Wenn die kath. Kirche der Meinung war und ist, dass alles genannte abergläubischer Mumpitz ist, aber der Wille dafür allein verwerflich (weil auf seine Weise schädlich) ist, dann kann sie das gerne auch in einem Punkt formulieren, statt dreien, wo schon wieder Interpretationsspielraum bleibt.
In der Tat, ich denke das ist vorsichtig so formuliert, daß da keine Wertung des Realismus solcher Tätigkeiten steht, sondern nur ob sie statthaft sind. Ich habe nur gesagt, daß man aufgrund dieser Sätze nicht wie Du folgern kann, daß die Kirche an irgendwelche magischen Dinge glaubt. Da steht einfach kein Aussagesatz zu dieser Frage. Das steht schlicht "versuche das erst garnicht". Ob der Versuch an sich etwas erreichen könnte, wird nicht besprochen, nur daß man ihn unterlassen soll.

Ich denke wie müssen hier sehr aufpassen, prinzipielle Aussagen zu der Frage was einer Kreatur bzw. Gott möglich ist nicht damit zu verwechseln, was Stand heutiger Naturwissenschaft ist. Ich gebe mal zu bedenken, daß sowohl Engel als auch Dämonen körperlich erscheinen können und auch körperlich wirken, der Schrift und Theologie nach. Unser Verständnis ist aber, daß sie an sich köperlose Geister sind. Weder erlaubt der heutige Stand der Naturwissenschaft solche Wesen, noch ist es in ihr vorstellbar daß solche Wesen dann physikalisch aktiv sein könnten. Diese Wesen haben auch intuitiven Zugang zu Wissen über unserem hinaus, und sind viel intelligenter als wir. Sie können mit uns umgehen wie ein Erwachsener mit einem kleinen Kind umgeht, was die Vorhersage und Beherrschung der Welt angeht. Derlei ist zwar nicht prinziell nach dem Stand der Naturwissenschaft ausgeschlossen, aber praktisch schon. Man würde eben Dinge sagen wie "das weiß derzeit niemand" oder "niemand weiß wie man das bewirken kann". Aber niemand kann eben jemand sein, nämlich Engel und Dämonen. Das führt zu einer Art "praktischen" Magie, unerklärlichem Wissensstand und Fertigkeit.

Im Sinne der heutigen Naturwissenschaft sind Engel und Dämonen also unzweifelhaft "magisch" in ihrem Sein und Tun. Wer erfolgreich einen Dämon für seine Zwecke einspannt, kann dann in diesem Sinne "magisch" wirken. Wieviel an den Dingen die Leute so versuchen in diesem Sinne "echt" ist möchte ich mal dahingestellt sein lassen. Ich denke diese Wesen sind recht effizient, und ein Dämon kann sicher viel effizientere Dinge tun um der Menschheit zu schaden als die abstrusen Rituale irgendeines Spinners mit Leben zu erfüllen. Aber vielleicht machen die das ab und zu aus Jux und Dollerei, wer weiß.

Trisagion
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Trisagion »

Agricola hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 10:41
"Religion" beginnt also erst mit dem Christentum bzw. noch Judentum.
Das Christentum sah das durchaus so: Die wahre Gottesverehrung beginnt gewissermaßen erst mit dem Volk Israel und erreicht nach der Inkarnation ihre volle Verwirklichung in der christlichen Kirche. Das Selbstverständnis, zumal des antiken Christentums der Väter, war tatsächlich das einer ganz neuen Form der Aufklärung über den alten heidnischen Aberglauben.
Nun sind wir aufgrund einer langen und kontinuierlichen - und in meinen Augen weitgehend richtigen und sinnvollen - Entwicklung aber heute deutlich weiter in dieser Frage. Ich muß heute weder einem alten Ägypter der seine Göttern ein Opfer bringt, noch einem sibirischen Schamanen heute gleich jeden Kontakt mit Gott absprechen und alle Dinge die sie tun und lassen als entweder illusionär oder vielleicht gar dämonisch betrachten. Das Christentum die einzig wahre Religion ist bedeutet eben nicht - haben wir inzwischen herausgefunden - daß alles sonst absolut falsch und Gott-gegnerisch ist.

Nebenbei bemerkt ist die Mystik, die wir anderorts besprachen, immer schon ein Problem gewesen für die scharfe Haltung die Gott nur im Judentum und dann später im Christentum vorhanden sieht. Denn es besteht schlicht keinerlei Zweifel, daß echte mystische Erfahrung durch viele verschiedene Praktiken in vielen verschieden Religionen und Spiritualitäten gewonnen werden können. Oder genauer gesagt, nur Leute die selber nie praktiziert haben zweifeln daran... Wer es kennt, erkennt es an vielen Orten. Das ist ein Grund warum die Mystik trotz ihrer offensichtlichen spirituellen Vorteile immer eine Randerscheinung war. Es gab quasi immer einen schleichenden Generalverdacht der potentiellen Untreue gegenüber Christus. Erst heute wissen wir wirklich, wie damit umzugehen ist, und eben nur mit dem "modernen" Ansatz der sich entwickelt hat.

Dies ist einer der Gründe, warum ich erwarte, daß das nun entstehende Rest-Christentum im Westen von der spirituellne Praxis her am Ende sehr mystisch angehaucht sein wird. Ich erwarte eine neue Polarisierung "Liturgie - Mystik" die viele unserer heutigen Konflikte ablösen wird, schlicht weil nur noch Leute übrig bleiben werden die irgendwie aktiv praktizieren.

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Jakobgutbewohner
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Bruder Donald hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 04:28
Ich für meinen Teil halte schamanistische Praktiken durchaus für wirkhaft und gefährlich, weshalb ich mich davon fern halte und anderen davon abrate, statt es nur verächtlich als wirkungslosen Humbug abzutun.
Vielleicht fördert es die Diskussion diese beispielhafte Bibelstelle einzubeziehen:

"Und Mose ging hinein und Aaron zu Pharao und sie taten so wie Jehovah geboten hatte und Aaron warf seinen Stab vor Pharao und vor seine Knechte und er ward zur Wasserschlange. Und Pharao rief auch die Weisen und Zauberer und auch sie, die Wahrsager Ägyptens, taten also mit ihren Zauberformeln. Und sie warfen jeder Mann seinen Stab hin und sie wurden zu Wasserschlangen; aber Aarons Stab verschlang ihre Stäbe." 2. Mo 7,10-12
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15

Agricola
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Agricola »

Trisagion hat geschrieben:Ich muß heute weder einem alten Ägypter der seine Göttern ein Opfer bringt, noch einem sibirischen Schamanen heute gleich jeden Kontakt mit Gott absprechen und alle Dinge die sie tun und lassen als entweder illusionär oder vielleicht gar dämonisch betrachten. Das Christentum die einzig wahre Religion ist bedeutet eben nicht - haben wir inzwischen herausgefunden - daß alles sonst absolut falsch und Gott-gegnerisch ist.
Das ist aber noch einmal eine völlig andere Frage als das, was oben besprochen wurde. Abgestritten wurde nicht, dass die heidnischen Kulte eine natürliche, mit dem derzeitige Stand der Wissenschaft perfekt vereinbare Funktion hatten, z. B. bezogen z. B. auf die Stabilität und Kohäsion einer Gemeinschaft. Die meisten Arten der Durchführung besonders von Opferkulten dürften Gott aber tatsächlich ein Grä.uel[*] gewesen sein. Wahre Gottesverehrung kann ich bei Polytheisten auch beim besten Willen nicht erkennen, dahingehend kann es m. E. keine wirkliche "Evolution" geben, es sei denn, man gibt das Christentum in seinen wesentlichen Gehalten auf. Was man aber zugestehen kann, ist, dass bestimmte Kulte und Praktiken eine Ordnungsfunktion hatten oder einfach kulturspezifische Einkleidungen einer traditionellen, substantiellen Sittlichkeit des betreffenden Volkes waren. Als das entsprechen sie Gottes Willen, hierüber ist ein Anknüpfungspunkt an das natürliche Gesetz gegeben, das sind m. E. die berühmten „λόγοι σπερματικοὶ“ in den heidnischen Kultreligionen.

In dieser Hinsicht war der heidnische Kult und seine Riten weder falsch noch dämonisch. Allerdings sind diese Kulte mit dem Auftreten des Christentums definitiv überholt. Das behelfsmäßig Gute – und mehr als Krücken für die, die der Arzt noch nicht heilte, konnten sie nie sein – benötigt man nicht mehr und der Rest des heidnischen Aberglaubens war ohnehin verkehrt.

In anderer Hinsicht, und zwar bezogen auf irgendwelche unterstellten übernatürlichen Wirkungen, sind sie m. E. illusionär und schädlich. Da hilft auch nicht der Stand einer hypothetischen zukünftigen Wissenschaft, denn wenn ich sie oder deren unbestimmte Ergebnisse annehme, kann ich schlicht alles willkürlich annehmen. Vielleicht ist das, was ich hier schreibe, eine Täuschung gemessen am Stand irgendeiner hypothetischen zukünftigen Wissenschaft. Wissen kann das gegenwärtig aber niemand. Denn heute ist das keine Täuschung und nicht irrational. Andernfalls könnten die Heiden, Schwurbler, Scharlatane und sonstiges Volk dasselbe bezogen auf ihre Position behaupten, die ja genauso wenig strikt logisch ausgeschlossen werden kann und sich in Zukunft vielleicht noch bestätigen könnte. Das können sie natürlich auch, bloß kümmert das zu Recht niemanden.

(Ach ja, noch etwas: Würde ich nicht bestimmte Dinge glauben, die Inhalte der Offenbarung einfach als gesetzt annehmen, hätte ich auch keinerlei Veranlassung, so etwas wie die Existenz reiner Geister anzunehmen, vielleicht mit der Ausnahme Gottes. Da kommt es darauf an, ob es gültige/valide Gottesbeweise gibt oder nicht.)

Off-topic-Anmerkung: Das Christentum selbst war und ist eben auch ein Projekt philosophischer "Erstvolksaufklärung". Nietzsche hat diesen Sachverhalt, wahrscheinlich in Kenntnis des heiligen Augustinus‘, ganz gut ausgedrückt mit seinem Sager vom Christentum als „Platonismus für das ‚Volk‘“ (Nietzsche, in: Vorrede zu „Jenseits von Gut und Böse“). Die zweite Aufklärung, die wir heute als die Aufklärung kennen, erwuchs auf dem vom Christentum bereiteten Boden und das Christentum ließ sich z. T. auch in dieses zweite Aufklärungsprojekt einspannen, das mit einer vollständigen „Entzauberung“ (Max Weber) und Rationalisierung der Welt sowie am Ende einer expliziten Gegnerschaft zum Christentum einherging.

Was nun den Fehler der zweiten Aufklärung angeht, so gilt m. E. der Satz Leopardis:
Giacomo Leopardi hat geschrieben:Die Vernunft ist eine Leuchte; und die Natur will Licht durch sie erhalten, aber nicht von ihrer Flamme verzehrt werden.
Das geschieht aber, wenn man nicht versteht, dass die Natur nicht nur erleuchtet, sondern auch verborgen sein will. Dieses feine dialektische Wechselverhältnis wird heute nicht mehr beachtet. Dass es so ist, hat seine Gründe, zersetzt jedoch am Ende alle Kultur und zerstört die Natur, wie man heute allenthalben beobachten kann. Vernunft- und Naturgemäßheit sind die Pfeiler, einseitig dies oder jenes oder die Missachtung eines von beiden oder beider, lässt direkt in Chaos und Wahnsinn abgleiten.

(Mit der Annahme von "echter" Zauberei ist man schnell im Bereich eines Wahns, den niemand im Ernst wollen kann, mit im schlimmsten Fall Folgen, wie man sie vor 300 bis 500 Jahren erleben konnte. Aber es reichen genauso die kleinen Verfolgungen Einzelner irgendwo in Afrika oder einfach nur, dass Menschen auf der Basis kompletter Spinnereien in Angst und Schrecken versetzt werden.)
Giacomo Leopardi hat geschrieben:Kultur besteht in einer Vermählung von Natur und Vernunft, einem Bund, bei dem der Natur die wichtigere Rolle zufällt.
Ein weiterer Unterschied ist der, dass zumindest für den rechtgläubigen Christen das höchste und letzte Ziel kein immanentes ist; kein ewiger Freiheitsprogress, der nur in ständiger Befreiung als Selbstzweck bestehen kann, wie das die Liberalen sehen.

Die Härten und scheinbaren Inkonsistenzen, die aus der Ablehnung eines solchen selbstzweckhaften Befreiungsprozesses erwuchsen, waren im Idealfall – es gab auch andere, in sich schlechte Gründe – der christlichen Sensibilität für die Dinge gemäß ihrer je eigenen natürlichen Wirkweise – die Daoisten würden sagen: ihrem Dao – geschuldet. Gewisse Gegebenheiten, die substantielle Sittlichkeit der Völker z. B., konnte und wollte man nicht einfach vergewaltigen, so, wie die Neueren dies tun.
---
[*] Nur falls sich jemand fragt: Diesen Punkt musste ich setzen, sonst hätte mir die Forentechnik das Wort automatisch hin zur alten Rechtschreibung korrigiert. :roll:

Bruder Donald

Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Bruder Donald »

Agricola hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 10:41
Noch einmal: Wen interessiert deren (Selbst-)Interpretation bezüglich der Bestimmung dessen, worum es sich bei ihren Praktiken und deren vermeintlichen Wirkungen handelt, angesichts derartiger Absurditäten, die da behauptet werden?
Noch einmal: Es ist eine Frage der objektiven Tatsachen. Wenn du meinst, etwas wäre einfach nicht möglich, weil es dir aus ideologischen Gründen einfach nicht in den Kram passt, dann ist es eben dein Bier, oder anders gesagt: deine (Selbst-)Interpretation.
Wenn ich aber von Exorzisten höre, dass man sich z. B. bei spiritistischen Sitzungen oder Schwarzen Messen eine Besessenheit "einfangen" kann, dann habe ich keinen Grund von einer pauschalen Wirkungslosigkeit solcher Praktiken auszugehen, nur weil ich es gerne hätte, dass das Humbug sei.
Es sei denn natürlich, solche Exorzisten seien nun Lügner oder Getäuschte, wovon ich aber nicht ausgehe.
Agricola hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 10:41
Erneut ein falsches Dilemma der oben beschriebenen Art.[...]
Agricola hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 14:08
Das ist aber noch einmal eine völlig andere Frage als das, was oben besprochen wurde.
Du hast mMn meinen Punkt nicht recht begriffen.
Seit den Anfängen der Menschheit sind religiöse Phänomene dokumentiert, die man dem Schamanismus zuordnen kann. Was man unter "Schamanismus" in Form und Inhalt nun genau verstehen mag, da ist sich die Wissenschaft uneins. Jedenfalls ist es die älteste fassbare Form menschlicher Religionsausübung, in der der Mensch Kontakt zur "Jenseitigen-Welt" aufnimmt. Dein Worte interpretiere ich nun so, dass diese "Kontaktaufnahme" völliger Schwachsinn war/ist und echter Kontakt erst mit dem Judentum/Christentum stattfand. Positives wie Negatives aus prä-christlich, -jüdischen Religionsphänomenen reduzieren sich auf eine Art "Psychologismus" oder sozio-ökonomische Verhältnisse, enthalten aber keine übernatürliche Note. Deswegen müssen die Menschen aus Urzeiten offenbar "verrückt" gewesen sein, wenn sie Religion ohne Übernatur ausgeübt haben.
Auch wenn man das nicht gerne hören will, man kann, wenn man denn will, durchaus schamanistische Elemente im Christentum, mehr dem katholischen als protestantischen, "erkennen":
1. Der Priester/Schamane als Mittler zwischen dem Jenseits und dem Diesseits.
2. Reliquien-, Totemverehrung bzw. "magisch"-übernatürliche Kraft von Gegenständen.
3. Heiligen-, Ahnenverehrung.
4. "mystische" Entrückung.
5. Wird die Transsubstantiation nicht gerade von Protestanten als "Magie" verächtlicht?
Klar, das ist von mir jetzt überzeichnet. Aber wenn man "bösen" Zungen glauben schenken mag... Ich sehe dich aber zurecht sagen: "Was interessieren uns (Fremd-)Interpretationen?"
Soweit ich Trisagions Einwurf auch verstehe, findet man eben in allen/vielen Religionen "mystische Erfahrungen" und enthalten sogar explizite Anweisungen, wie man dahin kommt. Ich finde es jedenfalls interessant, dass sich z. B. Texte aus nicht-christlichen Quellen mit den mystischen Erfahrungen von Christen durchaus ähneln. Dürfte doch gar nicht möglich sein, da in diesen ja jegliches Übernatürliche eingebildeter Mumpitz ist?
Agricola hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 10:41
Also, weder muss ich pauschal diejenigen, die Derartiges praktizieren für Dummköpfe halten noch muss ich deren Interpretation von irgendetwas übernehmen und schon gar nicht muss ich etwas Übernatürliches annehmen. Ist das schön langsam einmal klar?
Nun, eigentlich sollte dir einmal schön langsam klar sein, dass es ja um die Frage der "übernatürlichen Wirkung" geht. Wozu du deine Beiträge jetzt mit dem Verweis auf "natürliche Wirkungen" streckst, erschließt sich mir nicht recht.
Agricola hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 10:41
Skandinavische/nordische Zauberei geht z. T. darauf (d. h. Schamanismus) sowie auf sonstige „pagane Theorien und Praktiken“ zurück.
Das nehme ich erstmal so zur Kenntnis. Kann natürlich sein, "glaube" ich so erstmal nicht. Ebenso wenig "glaube" ich daran, dass ein ominöses "urkeltisches" Totenfest den Ursprung für "Halloween" darstellt. Das halte ich für (anti-christliches) Wunschdenken, statt seriöser Wissenschaft.
Agricola hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 10:41
Was im Canon Episcopi geschrieben steht [...]
Würde das gerne selber lesen, aber es findet sich auf die Schnelle keine deutsche Übersetzung im Internet dazu.
Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 12:40
Das steht schlicht "versuche das erst garnicht". Ob der Versuch an sich etwas erreichen könnte, wird nicht besprochen, nur daß man ihn unterlassen soll.
Gut, ich muss wohl akzeptieren müssen, dass das die "vernünftigste" Leseart ist.
Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 12:40
Man würde eben Dinge sagen wie "das weiß derzeit niemand" oder "niemand weiß wie man das bewirken kann".
Das ist im Grunde mein Punkt. Ich persönlich weiß nicht, ob gewisse Praktiken nun wirken oder eben nicht. Und mit "wirken" meine ich selbstverständlich nicht, dass Baba Jaga einen Liebestrank braut der dann der armen Anjeschka zur "Liebe" des Sascha verhilft.
Aber wenn ich von erfahrenen Exorzisten höre, dass man sich bei Seancen und dergleichen durchaus eine dämonische Besessenheit einfangen kann, dann zweifle ich eben daran, dass solche Praktiken per se (übernatürlich) wirkungslos sein sollen.
Wäre ich ein lügnerischer Dämon, dann würde ich doch die Pappnasen gerade glauben lassen wollen, dass z. B. Seancen harmloser Spaß ist.
Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 12:40
Wieviel an den Dingen die Leute so versuchen in diesem Sinne "echt" ist möchte ich mal dahingestellt sein lassen. Ich denke diese Wesen sind recht effizient, und ein Dämon kann sicher viel effizientere Dinge tun um der Menschheit zu schaden als die abstrusen Rituale irgendeines Spinners mit Leben zu erfüllen.
Die Teufel haben wohl schon genug damit erreicht, wenn man glaubt, man könne mit gewissen Praktiken zu Wissen, Macht etc. pp. kommen und man bräuchte Gott nicht bzw. existiere nicht.

Trisagion
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Trisagion »

Agricola hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 14:08
Wahre Gottesverehrung kann ich bei Polytheisten auch beim besten Willen nicht erkennen, dahingehend kann es m. E. keine wirkliche "Evolution" geben, es sei denn, man gibt das Christentum in seinen wesentlichen Gehalten auf.
Wenn das Christentum die einzig wahre Gottesverehrung ist, dann findet sich die einzig wahre Gottesverehrung in der Tat nur bei den Christen. Das ist richtig, aber zirkulär. Jedoch ist der Mensch auf Gott hin geschaffen, und so strebt er dann auch auf Gott zu mit seinen Verehrungsversuchen - der Mensch an sich, nicht nur die Christen oder antiken Juden. Es gibt eben auch eine Wahrheit der Intention und Ausrichtung, des Suchen und Versuchen, nicht nur des erfolgreichen Findens. Ich kann einem zu Vishnu betendem Hindu nicht einfach alle Gottgewandtheit absprechen, und ich bin mir sicher, Gott kann das auch nicht. Und ich meine hier eben nicht nur "natürliche Moral", sondern Religion, echten Gottesdienst. Wie das mit nur Jesus als dem einzigen Weg zum Vater, extra ecclesiam nulla salus, etc. zusammenpasst, daran schrauben die Christen seit den Anfängen herum. Aber die Geschichte ist hier m.E. recht klar. Hier wird eine aus der Situation geborene extreme Position korrigiert, stetig und über viele Jahrhunderte. Die Moderne und Vatikan II ist eben nicht einfach reines Übel, und nicht alles was alt ist ist auch Gold. In diesem Punkt sind wir heute schlicht weiter.

Organisierter Polytheismus wie in den großen antiken Systemen ist bereits recht weit fortgeschrittener Ausdruck der Bewegung auf Gott zu. Und er entwickelt sich durchaus und typisch, nämlich zur Monolatrie. So gab es beim griechisch-römischen Polytheismus die Bestrebung aus Jupiter den einzigen Gott zu machen ohne dabei den etablierten Pantheon einfach aufzugeben (wenn ich mich recht entsinne von Augustinus in "Vom Gottesstaat" diskutiert). Bei den Ägypter erwuchs aus dem System bekannterweise die Monolatrie des Aton, konnte sich aber nicht durchsetzen (da war aber viel Machtpolitik im Spiel). Der Hinduismus ist sowieso Monolatrie durch und durch, in einer Handvoll Varianten wer oder was als das Eine identifiziert wird.

Die Geschichte und auch die Neuzeit zeigt m.E. recht deutlich, daß das Gerede vom Wegwerfen der Krücken wenig mit der gelebten Realität von Menschen zu tun hat. Eine Krücke ist ein externes Behelfsmittel bei einer (hoffentlich temporären) Behinderung. Es ist allen offensichtlich was eine Krücke ist, inklusive und gerade dem der sie gebraucht. Andere Religionen sind aber nicht so. In der gelebten Realität ähnelt die Situation viel mehr der Politik, links gegen rechts, oder der Diskussion umstrittener gesellschaftlicher Themen wie Klimawandel oder derzeit gerade der Umgang mit Covid. Montheismus, Christentum, katholische Kirche - diese Dinge sind nicht so "offensichtlich", sicher nicht für die Masse der Leute (und philosophisch reicht es nur für den ersten Schritt).
Agricola hat geschrieben:
Sonntag 25. April 2021, 14:08
In anderer Hinsicht, und zwar bezogen auf irgendwelche unterstellten übernatürlichen Wirkungen, sind sie m. E. illusionär und schädlich. Da hilft auch nicht der Stand einer hypothetischen zukünftigen Wissenschaft, denn wenn ich sie oder deren unbestimmte Ergebnisse annehme, kann ich schlicht alles willkürlich annehmen.
Tut mir leid, aber das funktioniert so einfach nicht - außer eben, Du bist bereit den christlichen Glauben an Engel und Dämonen zu verwerfen. Ich habe ja keineswegs abstrakt irgendeinem übernatürlichen Ungewußtem das Wort geredet. Ich habe konkret dargelegt, daß der christliche Glaube an Engel und Dämonen eine "magische" Bresche in die heutige Naturwissenschaft schlägt. Das was Du glaubst (vermutlich, wenn Du hier christlicher Lehre folgst) ist mit heutiger Naturwissenschaft nicht kompatibel und hat Auswirkungen die man aus dieser Perspektive schlicht "Magie" nennen muß.

Wenn Du Aberglauben als Unfug verwirfst, dann eben aufgrund christlichen Wissens, nicht aufgrund naturwissenschaftlich-modernem Wissens. Sicherlich sind sich beide einig was schwarze Katzen und Kristallpyramiden angeht. Das macht sie aber noch lange nicht identisch, und aus der Sicht der naturwissenschaftlichen Moderne schleppst Du als Christ eben auch "magischen" Aberglauben mit Dir rum. Geschliffeneren, ausgearbeiteten, schwer anzugreifenden Aberglauben, aber eben doch Aberglauben.

Agricola
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Agricola »

Bruder Donald hat geschrieben: Noch einmal: Es ist eine Frage der objektiven Tatsachen. Wenn du meinst, etwas wäre einfach nicht möglich, weil es dir aus ideologischen Gründen einfach nicht in den Kram passt, dann ist es eben dein Bier, oder anders gesagt: deine (Selbst-)Interpretation.
Auf diverse eristische Manöver folgen also die Projektionen. Herrlich. :kugel:

Also, der Einzige, der bisher allein auf der Grundlage seines höchstpersönlichen Einbildung – um es wenigstens etwas freundlicher auszudrücken als Du – die Existenz bzw. reale Wirksamkeit von Hokuspokus verteidigt, bist Du schon selbst.

(Ach ja, noch ein guter Rat: Wirf nicht mit Worten nach andern, die nur Dir alleine auf den Kopf fallen.)
Bruder Donald hat geschrieben:Du hast mMn meinen Punkt nicht recht begriffen.
Nein, nein, es liegt bloß ein fundamentaler Dissenz vor und zwar derjenige, dass ich genauso wenig wie der gemeine, einigermaßen gebildete Bewohner westlicher Industrienationen aus ganz guten Gründen und im Gegensatz zu Dir nicht an die übernatürliche Wirksamkeit irgendwelchen Hokuspokus‘ glaube. Nichts, was hier bisher dazu geschrieben wurde, kann einen vernünftigen Menschen dazu veranlassen. Irgendwelche Analogien zwischen Hokuspokus unterschiedlicher Art und katholischen Ritualen lassen sich bestimmt zuhauf finden, das wertet Ersteren allerdings nicht auf oder lässt ihn reale übernatürliche Wirkungen entfalten.
Bruder Donald hat geschrieben:Auch wenn man das nicht gerne hören will, man kann, wenn man denn will, durchaus schamanistische Elemente im Christentum, mehr dem katholischen als protestantischen, "erkennen": […] Wird die Transsubstantiation nicht gerade von Protestanten als "Magie" verächtlicht?
Ok. Es bringt bei Dir zwar nichts, aber siehe oben: Atheisten und Protestanten sind, unter bestimmten Bedingungen und zumindest dem ersten Anschein nach, gerechtfertigt, solche Dinge zurückzuweisen. Man muss den Leuten schon zeigen, dass dem nicht so ist, dass Derartiges vernünftig sein kann. Was im Falle der Transsubstantiation und anderer kirchlicher Lehren m. E. nicht isoliert von einer Reihe weiterer interpretativer Annahmen und Voraussetzungen möglich ist. Insgesamt ist das m. M. n. auch alles andere als einfach.
Bruder Donald hat geschrieben:Das nehme ich erstmal so zur Kenntnis.
:roll:
Carlo Ginzburg bspw. stellte so eine These für die Alpenregion und die italienischen Benandanti auf. Mircea Eliade, Pionier und Experte im Bereich religionswissenschaftlicher Schamanismusforschung, fand das m. W. gar nicht so übel.
Bruder Donald hat geschrieben:Deswegen müssen die Menschen aus Urzeiten offenbar "verrückt" gewesen sein, wenn sie Religion ohne Übernatur ausgeübt haben.
Bruder Donald hat geschrieben:
Agricola hat geschrieben: Also, weder muss ich pauschal diejenigen, die Derartiges praktizieren für Dummköpfe[/verrückt] hlten noch muss ich deren Interpretation von irgendetwas übernehmen und schon gar nicht muss ich etwas Übernatürliches annehmen. Ist das schön langsam einmal klar?
Nun, eigentlich sollte dir einmal schön langsam klar sein, dass es ja um die Frage der "übernatürlichen Wirkung" geht. Wozu du deine Beiträge jetzt mit dem Verweis auf "natürliche Wirkungen" streckst, erschließt sich mir nicht recht.
Gut, Du bist also nicht in der Lage, meine Beiträge sinnerfassend zu lesen. „Das nehme ich erst mal so zur Kenntnis.“

Einmal noch, allerdings nur für etwaige Dritte, die hier mitlesen: Ich muss niemanden dieser Alten für verrückt, dumm o. Dgl. halten, „they did very well“ – vor ihrem epistemischen Hintergrund (s. Ernst Cassirer). Mit irgendeiner übernatürlichen Wirksamkeit ihrer Praktiken hatte das aber gar nichts zu tun. Und im Vergleich zu unserm eigenen Hintergrund ist ihrer ohnehin überholt. Es sei denn natürlich, man wechselt das Weltbild hin zum Mythos. Was das allerdings für Widersprüche und kognitive Dissonanzen auslöst, das erlebt man allenthalben bei den einschlägigen Herrschaften im Westen, die es versuchen.
Ich stelle die Diskussion nun allerdings ein, da sie sich im Kreis zu drehen beginnt.

Schönen Tag noch. :hutab: :blinker:

---
Edit: Vertipper korrigiert.
Zuletzt geändert von Agricola am Montag 26. April 2021, 14:35, insgesamt 3-mal geändert.

Agricola
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Agricola »

Trisagion hat geschrieben: Wenn das Christentum die einzig wahre Gottesverehrung ist, dann findet sich die einzig wahre Gottesverehrung in der Tat nur bei den Christen. Das ist richtig, aber zirkulär.
Das sagen manche auch ganz allgemein vom Christentum, nämlich dass die Begründung derjenigen Gehalte, die über die natürliche Vernunft hinausweisen, schlicht zirkulär ist. Das ist aber nicht speziell mein Problem, sondern ebenso ein Problem des Offenbarungsglaubens schlechthin: Woher "weiß" ich denn z. B., dass es wahr ist, dass Gott sich den Menschen auch tatsächlich offenbart (hat)? – Es ist für jemanden, der eine Offenbarungsreligion annimmt, schlicht als Prinzip gesetzt.

Ich betrachte weiters die Wahrheit der Glaubenssätze des Christentums einmal als gesetzt. Ich schließe ferner, dass wenn etwas den Glaubenssätzen des Christentums widerspricht, es nicht wahr sein kann. Jetzt kann sich jedermann die Glaubenssätze diverser Religionssysteme ansehen, welche Gehalte für diese wesentlich sind und wie das alles in einem systematischen internen Zusammenhang steht, gerade auch bezogen auf ihre jeweiligen Praktiken. Dann können diese mit dem Christentum oder mit seinen Glaubenssätzen verglichen werden. Gibt es echte Widersprüche, oder nicht? Kann beides zugleich wahr sein, oder nicht? …

Gut. Ferner verwerfe ich, unter dieser Voraussetzung, auch nicht die Position der Väter zu dieser Sache oder die Position der letzten zig Jahrhunderte, weil sie mir erstens in sich konsistent erscheint und zweitens ihr Verwerfen das Christentum oder wenigstens eine bestimmte christliche Lehrtradition inkonsistent(er?) werden lässt.

Übrigens, weil das vielleicht für manche oben nicht ganz klar wurde: Es geht um die Religionssysteme, also bestimmte soziokulturelle Größen, über die aus säkularer und m. E. eben gerade auch christlicher Sicht aufzuklären ist. Und zwar auch gemäß der oben getroffenen Unterscheidungen.
Es geht dagegen z. B. nicht um die Frage, ob nicht irgendwelche Individuen jenseits des Christentums unter ganz bestimmten Bedingungen gerettet werden und von daher fromm oder rechtschaffen sein können. Das mag, wie die Kirche lehrt, durchaus der Fall sein, aber nicht wegen, sondern trotz ihrer Religion(sausübung), in die sie hineingeboren werden und wahrscheinlich leben müssen – andernfalls sie das Christentum annehmen könnten und sollten. Die Philosophen und gewisse Mystiker der verschiedenen Religionen mögen u. a. hierhergehören, aber das werde ich natürlich nicht beurteilen.
Trisagion hat geschrieben:Tut mir leid, aber das funktioniert so einfach nicht - außer eben, Du bist bereit den christlichen Glauben an Engel und Dämonen zu verwerfen.
Ohne die obige Setzung verwürfe ich diese auch – und zwar kategorisch. Zumindest gemäß einem bestimmten, eher herkömmlichen Verständnis.
Trisagion hat geschrieben:Ich habe konkret dargelegt, daß der christliche Glaube an Engel und Dämonen eine "magische" Bresche in die heutige Naturwissenschaft schlägt. Das was Du glaubst (vermutlich, wenn Du hier christlicher Lehre folgst) ist mit heutiger Naturwissenschaft nicht kompatibel […]
Es kommt darauf an, was man unter der Geistigkeit dieser Geister versteht, würde ich meinen. Dazu könnte man definitiv einiges sagen, es würde nur irgendwie völlig den Rahmen sprengen.
Trisagion hat geschrieben: Wenn Du Aberglauben als Unfug verwirfst, dann eben aufgrund christlichen Wissens, nicht aufgrund naturwissenschaftlich-modernem Wissens.
Die christliche Glaubenslehren muss ich dazu ehrlich nicht bemühen.

Und es gibt m. E. auch keinerlei Veranlassung dazu anzunehmen, dass Gott oder sonst jemand oder etwas irgendwelche Rituale heidnischer Religionen mit übernatürlichem Leben erfüllt oder sie etwas speziell Übernatürliches bewirken. Darum ging es ja ursprünglich mal.
Trisagion hat geschrieben:[A]us der Sicht der naturwissenschaftlichen Moderne schleppst Du als Christ eben auch "magischen" Aberglauben mit Dir rum.
Dem Prinzip nach? Ja klar. – Siehe, dass ich das oben bereits mehrfach bezüglich der säkularen Perspektive (Atheisten & Co.) auf zumindest den übernatürlichen Gehalt des christlichen Glaubens anmerkte.
Zuletzt geändert von Agricola am Montag 26. April 2021, 14:46, insgesamt 2-mal geändert.

Agricola
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Agricola »

Was die Mystik angeht, die in diesem Kontext angesprochen wurde:

1. Wie bereits andernorts angedeutet ist es eine offene Diskussion innerhalb der Religionswissenschaft, ob sich alle mystischen Einzelerfahrungen tatsächlich auf denselben Gegenstand beziehen. Klar ist das ganz und gar nicht, die jeweiligen individuellen Erfahrungen für sich genommen können darüber auch keine Auskunft geben.

2. Mystische Erfahrungen sind mit jedem, diese Erfahrung interpretierenden Theorierahmen irgendwie vereinbar. Sie treten m. W. auch bei Menschen mit jeglicher Weltanschauung auf, egal ob diese nun monotheistisch-transzendent oder atheistisch-immanent ist.

Ein Argument bezüglich Mystik und Sachhaltigkeit heidnischer Religionen sähe wohl ungefähr so aus:

(1) Jede mystische Erfahrung bezieht sich auf denselben Gegenstand.
(2) Jedes Religionssystem bezieht sich auf eine mystische Erfahrung.
--------------------------------------------------------------------------------------
c. Jedes Religionssystem bezieht sich auf denselben Gegenstand.


Prämisse 1 ist zweifelhaft oder gar falsch. Ergo…

Ferner scheint mir so ein Argument aus der Mystik für die Wahrheit der Heidenreligion ungefähr das Folgende zu sein:

(1) Wenn mystische Erfahrungen die Wahrheit des möglichen interpretativen Theorierahmens in dem sie auftreten begründen[*], dann ist der interpretative Theorierahmen wahr, in dem mystische Erfahrungen auftreten.
(2) Mystische Erfahrungen begründen die Wahrheit des möglichen interpretativen Theorierahmens in dem sie auftreten.
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
(3) c. Der interpretative Theorierahmen, in dem mystische Erfahrungen auftreten, ist wahr. (aus 1, 2)
(4) Religion x und das Christentum sind interpretative Theorierahmen in dem mystische Erfahrungen auftreten.
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
(5) c. Religion x und das Christentum sind wahr. (aus 3,4)


Allerdings:

(6) Interpretative Theorierahmen mystischer Erfahrung, die sich hinsichtlich ihrer wesentlichen Gehalte widersprechen, können nicht (zugleich) wahr sein.
(7) Religion x und das Christentum sind interpretative Theorierahmen mystischer Erfahrung, die sich hinsichtlich ihrer wesentlichen Gehalte widersprechen.
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
c. Religion x und das Christentum sind nicht (zugleich) wahr.


So wird der Widerspruch manifest. Ich bin nicht wirklich geneigt, (6) für falsch zu halten aus m. E. sehr naheliegenden Gründen. (7) scheint mir prima facie ebenfalls wahr zu sein. (4) ist auch wahr. Bleibt noch (2) – und das halte ich für unzutreffend.

[*] Oder „beweisen“, „belegen“.

Allgemeine Bemerkung: Ich habe gar kein Problem mit mystischen Erfahrungen per se. Es handelt sich dabei definitiv um höchst interessante Phänomene, die das Leben von Menschen radikal verändern können. Über die Wahrheit oder Unwahrheit der weltanschaulichen Systeme oder einzelnen Glaubensvorstellungen und Praktiken derjenigen, die solche Erfahrungen machen, sagen sie allerdings nichts aus. Jedenfalls nichts Allgemeingültiges. Was natürlich an sich auch vollkommen in Ordnung ist. Allein, zu dieser Diskussion trägt der Verweis auf mystische Erfahrungen m. E. nichts Substantielles bei.

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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Trisagion »

Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 13:47
Trisagion hat geschrieben: Wenn das Christentum die einzig wahre Gottesverehrung ist, dann findet sich die einzig wahre Gottesverehrung in der Tat nur bei den Christen. Das ist richtig, aber zirkulär.
Das sagen manche auch ganz allgemein vom Christentum, nämlich dass die Begründung derjenigen Gehalte, die über die natürliche Vernunft hinausweisen, schlicht zirkulär ist. Das ist aber nicht speziell mein Problem, sondern ebenso ein Problem des Offenbarungsglaubens schlechthin: Woher "weiß" ich denn z. B., dass es wahr ist, dass Gott sich den Menschen auch tatsächlich offenbart (hat)?
Ich fragte nicht ob Gott sich offenbart hat, sondern was er offenbart hat bzgl. der Verehrung. Und da geht es um die Bedeutung des Wortes "wahr". Denn es gibt Fragen, die sind mit wahr oder falsch zu beantworten, "tertium non datur". Aber es gibt viel mehr Fragen, die sind mit besser oder schlechter zu beantworten, wobei "wahr" die bestmögliche Antwort ohne Fehl darstellt. Und ich denke eben, daß die Frage des Gottesverehrung nicht binär zu beantworten ist, sondern graduell.
Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 13:47
Es geht dagegen z. B. nicht um die Frage, ob nicht irgendwelche Individuen jenseits des Christentums unter ganz bestimmten Bedingungen gerettet werden und von daher fromm oder rechtschaffen sein können. Das mag, wie die Kirche lehrt, durchaus der Fall sein, aber nicht wegen, sondern trotz ihrer Religion(sausübung), in die sie hineingeboren werden und wahrscheinlich leben müssen – andernfalls sie das Christentum annehmen könnten und sollten.
Diese Ansicht - nicht "wegen" sondern "trotz" - halte ich für falsch, uns sie entwertet unbeabsichtigt die Religionsausübung. Die Idee ist, daß man nicht auf das religiöse und spirituelle Leben schaut, sondern nur auf das moralische, und wenn das innerhalb der Gegebenheiten gut genug ist wird man vielleicht gerettet. Aber Moral - wenn man eben die Religion explizit herausnimmt - reduziert sich auf die Liebe des Nächsten. Und das ist das zweite, nicht das erste, Gebot. Niemand kommt mit einem "ausreichend" nur in diesem Fach durch die göttliche Prüfung. Das primäre Kriterium ist selbstverständlich die Liebe Gottes, da muß man sein "ausreichend" abholen. Du hast Dich scheinbar darauf festgelegt, daß hier kein Nicht-Christ jemals punkten kann. Meines Erachtens geht das aber sehr wohl. Niemand bezweifelt hier, daß der Hindu der zu Vishnu (als alleinigem Gott in einer Monolatrie) betet etwas nicht richtig macht. Aber er macht es eben auch nicht ganz falsch. Vergleichen wir ihn mit seinem Nachbarn, der sich keinen Deut um Religion schert und stattdessen lieber irgendwelchen weltlichen Aktivitäten nachgeht. Hat der Beter nicht ein Besseres gewählt? Ich denke ja. Ich denke Gott wird honorieren, daß dieser Mensch in dem Rahmen dessen was er weiß und kann versucht hat sich ihm zu nähern, ihm zu dienen. Ob es ausreicht ist eine andere Frage, darum geht es mir nicht. Mir geht es darum was in die Waagschale geworfen wird. Und Frömmigkeit ist genauso von Gott in den Menschen gelegt wie die Moral, und sie ist wichtiger.
Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 13:47
Und es gibt m. E. auch keinerlei Veranlassung dazu anzunehmen, dass Gott oder sonst jemand oder etwas irgendwelche Rituale heidnischer Religionen mit übernatürlichem Leben erfüllt oder sie etwas speziell Übernatürliches bewirken.
Selbstverständlich gibt es da oft Veranlassung, nämlich das ehrliche Bemühen eines Menschen Gott zu finden und zu dienen. Umfang und Art der Antwort ist eine komplett andere Frage. Und das Gott es nicht so mit den äußerlichen "Zeichen und Wundern" hat, sondern mit den innerlichen, ist ja wohlbekannt. Aber Gott ist nicht so knausrig mit seiner Gnade, jedenfalls glaube ich das nicht.

Bruder Donald

Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Bruder Donald »

Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 13:47
Darum ging es ja ursprünglich mal.
Das ist eben der kategorische Sinnfehler deinerseits: Es geht die ganze Zeit darum, du willst die Diskussion hingegen davon wegführen. Deswegen drehst du dich im Kreis und wunderst dich, warum vermeintlich deine Beiträge nicht "verstanden" werden. Werden sie, nur führen sie am Thema völlig vorbei. Denn dann bräuchtest du dich nicht sinnlos wiederholen:
Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 13:42
Mit irgendeiner übernatürlichen Wirksamkeit ihrer Praktiken hatte das aber gar nichts zu tun.
:gaehn:
Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 13:47
Und es gibt m. E. auch keinerlei Veranlassung dazu anzunehmen, dass Gott oder sonst jemand oder etwas irgendwelche Rituale heidnischer Religionen mit übernatürlichem Leben erfüllt oder sie etwas speziell Übernatürliches bewirken.
Doch , gibt es. Konkrete Beispiele habe ich genannt. Weder du noch sonst einer hat dazu Stellung bezogen. Besonders du hast ausschweifend drumherum geredet.
Ich gebe dir noch eine Gelegenheit endlich mal zum Thema Stellung zu beziehen:

Gibt es Engel und Dämonen? (Die Kirche sagt "Ja"; hast du nicht beantwortet)

Können Dämonen in unsere Welt einwirken? (Die Kirche sagt "Ja"; hast du ja sogar selbst dargelegt)

Können Menschen durch Praktiken Kontakt zu Dämonen aufnehmen, damit diese aus übernatürlicher Wirkung heraus negativ in die Welt einwirken (können)? (Das würde ich durchaus als "Hexerei" bezeichnen. Meine Frage war, wie die Kirche dazu positioniert ist. Der KKK sagt offensichtlich nichts dazu aus, Erfahrungen von katholischen Exorzisten sagen dazu klar "Ja". Du scheinst das zu leugnen. Sind Exorzisten also (getäuschte?) Lügner, gar Ketzer? Dem bist du auch ausgewichen.)
Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 13:42
Nein, nein, es liegt bloß ein fundamentaler Dissenz vor und zwar derjenige, dass ich genauso wenig wie der gemeine, einigermaßen gebildete Bewohner westlicher Industrienationen aus ganz guten Gründen und im Gegensatz zu Dir nicht an die übernatürliche Wirksamkeit irgendwelchen Hokuspokus‘ glaube.
Dann wirst du kein Problem damit haben, genau belegen zu können, welchen konkreten "Hokuspokus" ich für wahr/wirkhaft halte. Bitte benennen!
Oder kannst du nur abstrakt?
Mit deiner Argumentation lässt sich auch prima gegen das Christentum argumentieren. Denn, welcher "gemeine, einigermaßen gebildete Bewohner westlicher Industrienationen" glaubt diesen religiösen "Hokuspokus"? Ist doch schließlich nur dummer Aberglaube. :blinker:
Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 13:47
Ich betrachte weiters die Wahrheit der Glaubenssätze des Christentums einmal als gesetzt.
Ich sehe es schon in alle Ewigkeit zirkulieren. :roll: Warum müssen Atheisten solcher "Selbstinterpretation" irgendeinen Glauben schenken?
Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 13:42
Man muss den Leuten schon zeigen, dass dem nicht so ist, dass Derartiges vernünftig sein kann.
Aha? Also hier werden dann doch "objektive" Argumente bemüht, aber beim Thema "Hexerei" (bzw. die konkreten von mir gebrachten Beispiele) verbleibst du subjektiv-ideologisch? Weil etwas nicht sein kann, was nicht sein darf? Dann dreh dich mal schön weiter im Kreis. :huhu:
Wenn du meinst, es besser als Exorzisten zu wissen, dann bist du einfach ein falscher Ansprechpartner zu diesem Thema. Brauchst ja nicht antworten.

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Protasius
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Protasius »

Dämonen und Engel existieren und können – wenn Gott es zuläßt – in unserer Welt wirken. Die Parenthese „wenn Gott es zuläßt“ ist dabei wichtig; wenn ein Dämon ein Werk tut, hat Gott das aus irgendeinem Grund zugelassen, wie alles in der Welt nur aus Gottes Zulassung geschieht. Die moralische Verwerflichkeit der Handlungen, mit denen man sich die Dämonen nutzbar machen will, haben wir bereits behandelt, weil sie zweifelsfrei aus dem KKK folgt. Die Frage, die offenbar hier noch nicht zufriedenstellend beantwortet ist, war dann die nach der Wirksamkeit magischer Handlungen; ist das sündhafter, aber letztlich sinn-, da wirkungsloser Aberglaube, oder hat das noch weitere Konsequenzen?

Meinem Verständnis nach hat die Anrufung von Dämonen zunächst mal negative Konsequenzen für den Anrufenden selbst, weil er – seinen freien Willen nutzend – sich dämonischen bzw. teuflischen Einflüssen öffnet. Das entspräche mE den Gefahren, auf die die von Bruder Donald angeführten Exorzisten hinweisen.

Können Magier negative Auswirkungen auf andere haben, sie also verhexen, verfluchen, verwünschen? Wenn Gott es nicht zuläßt, können sie es nicht, wie wir am Beispiel des Bileam sehen, der dem Volk Israel fluchen sollte, es aber nicht konnte (Numeri 22). Kann Gott es zulassen, daß Dämonen und Teufel dem Menschen schaden? Grundsätzlich ja, das Buch Hiob handelt schließlich genau davon, daß Gott dem Teufel gestattet Hiob zu schaden (körperlich durch Krankheiten, materiell durch Verlust seines Besitzes, durch den Tod seiner Söhne).

Ich denke, daß Magier grundsätzlich anderen schaden können, wenn und falls Gott das zuläßt (so wie jedes Übel nur geschieht, wenn Gott es zuläßt, daß jemand oder etwas es anrichtet); aber ein sicheres Verfahren ist das nicht. Ein Magier schadet allerdings in jedem Fall sich selbst, indem er in schwerem Maße sündigt und sich dem Einfluß dunkler Mächte aussetzt.

Der Canon Episcopi (hier eine Übersetzung ins Englische; im Wesentlichen scheint sie mir den lateinischen Text vernünftig wiederzugeben) spricht zunächst mal davon, daß die Hexen, die behaupten durch die Nacht zu fliegen, vom Teufel verführt worden sind und seinen Täuschungen erlegen sind, der ihnen dies im Traume vorgaukelt. Um das Volk zu schützen, das diesen Irrtümern Glauben schenkt und damit vom wahren Gottesglauben in das Heidentum verfällt, sollen die Priester dem Volke predigen, daß Berichte über Hexenflug auf Lügen und Täuschungen des Teufels beruhen und man ihnen keinen Glauben schenken darf, wie man auch anderem nicht glaubt, daß man im Traume sieht, weil es ein Abfall von Gott ist zu glauben, es gebe andere außer ihm, die jemanden verwandeln können etc. (den letzten Teil habe ich ja oben bereits übersetzt).
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Agricola
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Agricola »

Trisagion hat geschrieben:Und da geht es um die Bedeutung des Wortes "wahr".
Also Zirkularität war nicht wirklich das Problem. Es wäre in der Tat auch etwas seltsam, einfach nur bezogen auf partikuläre Inhalte der Offenbarung (im konkreten Falle den, dass Gott einen Kult gestiftet hat, nach dem er im Geist und in der Wahrheit verehrt werden will), von Zirkularität zu sprechen, wo das doch, wenn man so will, für die gesamte Offenbarung gilt.

Ansonsten muss ich ehrlich sagen, ginge es mir persönlich doch etwas zu weit, deswegen, das heißt, um irgendwelche Heidentümer und ihre Glaubensinhalte zu retten, in revisionärer Absicht gänzlich oder bezogen auf einzelne Bereiche auf einen nichtklassischen Wahrheitsbegriff umzuschalten (und infolge auch noch auf eine nichtklassische Logik). Ist mir zu heiß und insgesamt zu problematisch.
Trisagion hat geschrieben:Diese Ansicht - nicht "wegen" sondern "trotz" - halte ich für falsch, uns sie entwertet unbeabsichtigt die Religionsausübung.
Ja, aber nicht die eigene, von Gott gestiftete Religionsausübung, mal ganz direkt gesagt. Es werden auch keine Religionssysteme und Rituale gerettet, sondern menschliche Individuen.
Trisagion hat geschrieben:Die Idee ist…
… was das angeht und die Rettung der Heiden betrifft, wohl ähnlich der Idee Kants zur Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft.

Ansonsten mal danke für die Antwort. Ich nehme so zur Kenntnis (ohne das respektlos zu meinen).
Zuletzt geändert von Agricola am Montag 26. April 2021, 20:06, insgesamt 1-mal geändert.

Agricola
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Agricola »

Bruder Donald hat geschrieben:Aha? Also hier werden dann doch "objektive" Argumente bemüht, aber beim Thema "Hexerei" (bzw. die konkreten von mir gebrachten Beispiele) verbleibst du subjektiv-ideologisch? Weil etwas nicht sein kann, was nicht sein darf?
Er projiziert wieder, wer hätte das gedacht. Außerdem meint er, wie’s scheint, Hexerei stünde auf einer Stufe mit dem, was er für wesentliche Glaubensinhalte seiner – ob das meine ist, kann ich so nicht sagen – Religion hält. Die obendrein „schamanistische Elemente“ enthält, denn wo nichts ist, kann man nichts „"erkennen"“. Wäre dem nicht so, würde er den Unterschied bemerken, ob man jemandem z. B. die Existenz Gottes zu beweisen versucht oder die reale Wirksamkeit von Hexerei. Ferner meint er noch, man solle Belege für sein abergläubisches Denken beibringen. Das kann man sich nicht ausdenken. :kugel:
Bruder Donald hat geschrieben:Dann wirst du kein Problem damit haben, genau belegen zu können, welchen konkreten "Hokuspokus" ich für wahr/wirkhaft halte. Bitte benennen!
Jetzt merkt der Arme also nicht einmal mehr, was er so schreibt.

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Vielleicht kann man Dir helfen. Siehe oben, Zitat:
Bruder Donald hat geschrieben:Doch , gibt es. Konkrete Beispiele habe ich genannt […]
… nämlich dafür, anzunehmen, dass irgendwer heidnischen Rituale mit „übernatürlichem Leben erfüllt oder sie etwas speziell Übernatürliches bewirken.“ Genau darum ging es, oder weshalb bezogst Du Dich auf meinen Satz, der das zum Inhalt hatte? Wenn das kein Hokuspokus ist, dann weiß ich auch nicht mehr. Und wenn Du das nicht annimmst und nicht für möglich hältst, was soll der ganze Affenzirkus, den Du hier bei mir veranstaltest?
Bruder Donald hat geschrieben:Mit deiner Argumentation lässt sich auch prima gegen das Christentum argumentieren.
Na das hast Du jetzt aber fein bemerkt, Sherlock. Und weiter? Tut das sehr weh?

Das kann doch gar kein Problem für ein Christentum sein, das nicht völlig in die Irrationalität abgeglitten ist, oder etwa nicht?
Bruder Donald hat geschrieben:Können Menschen durch Praktiken Kontakt zu Dämonen aufnehmen, damit diese aus übernatürlicher Wirkung heraus negativ in die Welt einwirken (können)?
Nach allem, was man tatsächlich wissen kann? Nein! Und: Von sich aus? Nein!

Um Himmels willen, was sollte mich oder irgendjemanden im Ernst dazu veranlassen, das für wahr zu halten? Irgendein konkretes Argument, irgendetwas Brauchbares, wieso Du so etwas überhaupt annimmst? Nichts? Gar nichts? – Hab ich erwartet. Danke.

Ach so, nein, Du hast doch etwas:
Bruder Donald hat geschrieben:Erfahrungen von katholischen Exorzisten sagen dazu klar "Ja".
Bruder Donald hat geschrieben:Wenn du meinst, es besser als Exorzisten zu wissen, dann bist du einfach ein falscher Ansprechpartner zu diesem Thema.
Ach, shit, wieder nichts: Argumentum ad verecundiam.

Das, was Du anscheinend für "Denken" hältst, ist, wie man auch oben sieht, eine einzige Ansammlung an Trugschlüssen und Projektionen, zwischendurch garniert mit ein paar überheblichen Frechheiten andern Usern gegenüber und das nicht zum ersten Mal und nicht allein in diesem Thread.

Also ehrlich, Bruder… :freude: :kugel: :kugel:

Dein sonstiges Kreuzverhör kannst Du Dir schenken, wir sind hier ja nicht vorm Inquisitionstribunal. Hättest Du ernsthaft etwas wissen wollen, hättest Du mich lieb darum bitten können, Dir auf die Sprünge zu helfen. Das wäre auch eine Gelegenheit gewesen, ein wenig an Deinen Umgangsformen zu arbeiten. Tja, Chance vertan. Und ein nächstes Mal gibt es für Dich nicht.
Bruder Donald hat geschrieben:Brauchst ja nicht antworten.
Ja, keine Sorge. Das ist mir in der Tat zu dumm.

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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Lycobates »

Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 19:54
[...]
Es werden auch keine Religionssysteme und Rituale gerettet, sondern menschliche Individuen.
Ja!
Das ist genau der springende Punkt.
Es werden Seelen gerettet, oder auch nicht.
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
*
Fac me Tibi semper magis credere, in Te spem habere, Te diligere
*
... una cum omnibus orthodoxis, atque catholicae et apostolicae fidei cultoribus

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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Trisagion »

Lycobates hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 20:22
Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 19:54
[...]
Es werden auch keine Religionssysteme und Rituale gerettet, sondern menschliche Individuen.
Ja!
Das ist genau der springende Punkt.
Es werden Seelen gerettet, oder auch nicht.
Sicherlich ist das der springende Punkt der Religion, jedenfalls der christlichen. Aber es war keineswegs der springende Punkt der Diskussion die wir dort hatten. Die Frage war eben, was für Auswirkungen es auf die Rettung der Seele hat, wenn ein Mensch einem Religionssystem folgt und seine Rituale ausführt, diese Religion aber nicht christlich ist.

Agricola behauptet, daß das schädlich ist, bestenfalls wohl neutral (obwohl ich nachschauen müßte ob er das irgendwo zugestanden hat). Ich halte diese Behauptung für falsch. Ich sehe Religionsausübung als direkt parallel zu "Moralausübung", wobei die sich in der Praxis sowieso überschneiden und die Unterscheidung vermutlich mehr eine menschliche ist. Es gibt soetwas wie eine "natürliche Religiösität" des Menschen und wer der folgt tut etwas Gottgefälliges, Gutes. Der Gott verehrende Mensch ist an und für sich ein guter Mensch, auch wenn er nicht das Stundenbuch in der Hand hält. Jedoch kann - genau wie bei der Moral - hier sehr viel schief gehen. Ohne jeden Zweifel ist viel Religiöses alles andere als gut, aber auch viel "Moralisches" ist alles andere als gut. Der moderne Westen liefert ja ein Paradebeispiel für ein moralisches System das aus dem Ruder gelaufen ist. Derlei gibt und gab es natürlich auch in der Religion. Aber in der Moral schließen wir deswegen nicht, daß der moralische Zug des Menschen nicht von Gott gegeben ist, und bzgl. der Religion sollten wir es auch nicht tun. Und in beiden Fällen gibt es eben auch Leute die trotz ihrer Einbindung in ein fehlgelaufenes System selber der Wahrheit treu bleiben, oder jedenfalls deutlich treuer. Schließlich gilt auch für beide, daß es Grenzen dafür gibt wie weit man "natürlich" kommen kann. Zu sagen, daß die Religion in die Natur des Menschen gelegt ist, und gut ist, bedeutet eben nicht zu sagen, daß der Mensch mit seinen natürlichen Kräften die volle Wahrheit der Religion herausfinden kann. Genausowenig wie er das bei der Moral tun kann, denn auch die wird durch Gnade überformt. Aber es erlaubt eben Respekt für die ehrlichen Bestrebungen und Bemühungen einer immensen Zahl von Menschen zu haben, und nicht einfach alles in Bausch und Bogen zu verdammen.

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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Jakobgutbewohner »

Protasius hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 19:28
Ich denke, daß Magier grundsätzlich anderen schaden können, wenn und falls Gott das zuläßt (so wie jedes Übel nur geschieht, wenn Gott es zuläßt, daß jemand oder etwas es anrichtet);
Könnte man das auch so formulieren?

Es gibt Hexerei und wie alles andere auch, z.B. gewöhnliches Tun von Menschen, wird sie dadurch begrenzt, daß Gott den Erfolg unterbinden kann.
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15

Bruder Donald

Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Bruder Donald »

Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 20:04
Ja, keine Sorge. Das ist mir in der Tat zu dumm.
Offensichtlich nicht, wenn du es nicht lassen konntest, wieder einmal ausschweifend um den heißen Brei zu reden. :pfeif:
Kannst es dir wohl doch nicht verkneifen, auch wenn du es jetzt schon zum dritten mal behauptest, aber nicht einhalten kannst.
Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 20:04
Und: Von sich aus? Nein!
Das war aber nicht die Frage.
Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 20:04
Nach allem, was man tatsächlich wissen kann? Nein!
Gut, ich gebe zu Protokoll, dass du Exorzisten für Täuscher und/oder Lügner hältst, zudem wohl für Ketzer, wenn sie behaupten, okkulte Praktiken (z. B. Seancen) könnten übernatürlich-schädliche Folgen haben. Ist ja deiner Meinung nach laut katholischer Doktrin schlicht nicht möglich.
Ein Interview mit so einem "Ketzer" aus dem Bistum Chur, Pater Christoph Casetti:
Gibt es auch Alltagserfahrungen des Bösen?
In den konkreten Erfahrungen der Menschen kann es ganz unterschiedlich sein. Das können Spuk-Phänomene sein, oder es kann die Erfahrung sein, dass Flüche oder Hexereien eine Wirksamkeit haben, dass es tatsächlich so etwas wie Voodoo-Zauber gibt. Solche Dinge werden so glaubwürdig und vielseitig bezeugt, dass ich davon ausgehe, dass es nicht einfach nur eine Spinnerei von einem kranken Gehirn ist.
[...]
Müssen wir also glauben, dass das alles wirksam ist?
Ja, wenn man es gewähren lässt! Im Großen Glaubensbekenntnis sagen wir, wir glauben an den Schöpfer „der sichtbaren und der unsichtbaren Welt“. Für mich ist es klar, dass es diese unsichtbare Welt eben auch gibt. Wir blenden die nur meistens aus in unserer technisierten, industrialisierten, westlichen Welt. Seit ich das in mein Denken aktiv einbeziehe, halte ich vieles nicht mehr einfach für absurd oder für Spinnereien.
Man liest natürlich heraus, dass der Pater hier keinen unumstößlichen Lehrsatz ausspricht. Als puren Aberglauben tut er es aber auch nicht ab. Ich kann damit leben, schließlich sage ich auch nichts anderes. Daher auch meine Frage hier: "Hexerei - alles purer Aberglaube oder doch ein Fünkchen gefährlicher Wahrheit?".
Wieso es bei dir aber solche Aggressionen hervorruft, wenn man an der "alles-Aberglaube-These" zweifelt, weiß ich nicht. Musst es ja aber nicht hier an mir auslassen.
Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 20:04
… nämlich dafür, anzunehmen, dass irgendwer heidnischen Rituale mit „übernatürlichem Leben erfüllt oder sie etwas speziell Übernatürliches bewirken.“ Genau darum ging es, oder weshalb bezogst Du Dich auf meinen Satz, der das zum Inhalt hatte? Wenn das kein Hokuspokus ist, dann weiß ich auch nicht mehr.
Ich sprach aber nicht abstrakt von "heidnischen Ritualen". Ich habe konkrete Beispiele gebracht.
Ein "heidnisches Ritual" wäre z. B. ein Regentanz oder Opferung für das Schreiben einer guten Klausurarbeit. Ich würde sogar sagen, Beten um z. B. im Lotto zu gewinnen wäre im gewissen Grad durchaus "heidnisch". In diesem Sinne hat Aberglaube durchaus auch im Christentum überdauert.
Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 20:04
Außerdem meint er, wie’s scheint, [...]
Nö, meinen tut er den Quatsch nicht, den du da von dir gibst. Wärst du willens gewesen, meine Äußerungen ohne dümmliche Aggression zu lesen, hättest du es verstanden. Im Gegensatz zu dir, habe ich glasklar erklärt, was meine Position ist.
"Scheinen" tut's bei dir daher nicht, eher dunkel umnachtet... Wut macht offenbar blind?

Schade, ich finde deine Äußerungen durchaus interessant, lesenswert und gewinnbringend, ich kann eigentlich so einiges damit anfangen.
Aber du bist offenbar empfindlich, wenn man nicht deine Meinung teilt.

Agricola
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Agricola »

Bruder Donald hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 21:17
...
Na ja, ich bin, offen gestanden, eher amüsiert... :kugel:

Egal. Das könnte jetzt ewig so weitergehen, aber, wie oben geschrieben, von meiner Seite kommt nichts mehr zu dieser Thematik. Außer:


Friede, Bruder! Verzeih, wenn ich Dich beleidigt oder gekränkt habe.

Bruder Donald

Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Bruder Donald »

Protasius hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 19:28
[...],aber ein sicheres Verfahren ist das nicht.
Glaube ich auch nicht. Es ist so, wenn man Kleinkindern einen heißen Topf mit einem ätzend-giftigen Inhalt gibt und die nicht wirklich wissen, wie sie damit umgehen sollen. Etwas vom Inhalt schwappt dann auf sie über, etwas eben auch auf andere.
Protasius hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 19:28
Der Canon Episcopi (hier eine Übersetzung ins Englische; im Wesentlichen scheint sie mir den lateinischen Text vernünftig wiederzugeben) spricht zunächst mal davon,[...]
Ich hab die englische Übersetzung schon gefunden, aber ich war mir nicht sicher, ob das alles ist. Ich habe einen längeren Text erwartet, nicht so etwas kurzes.

Bruder Donald

Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Bruder Donald »

Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 21:47
Friede, Bruder! Verzeih, wenn ich Dich beleidigt oder gekränkt habe.
Das gebe ich gerne zurück und biete es dir auch an. :huhu: :hutab:

Trotz meines stichelnden Stils in den letzten Beiträgen bin ich natürlich ernsthaft daran interessiert, wie du zu den Fragen stehst.
Ich kann mir nämlich nur schlecht vorstellen, dass du dem Pater Casetti da grundsätzlich widersprichst. Und wenn doch, nun, dann ist es so. Du hast dazu dann eine begründete Meinung, die ich dann gerne zur Kenntnis nehme*. Vielleicht schließe ich mich mit Zeiten dem auch an, wer weiß.


* Ich habe das Gefühl, dass du mir diese Formulierung in vorherigen Beiträgen krumm genommen hast. Ich will dir versichern, dass es neutral gemeint war, so wie es da steht und keine Geringschätzung beinhaltet hat.

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Lycobates
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Lycobates »

Trisagion hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 20:58
Lycobates hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 20:22
Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 19:54
[...]
Es werden auch keine Religionssysteme und Rituale gerettet, sondern menschliche Individuen.
Ja!
Das ist genau der springende Punkt.
Es werden Seelen gerettet, oder auch nicht.
Sicherlich ist das der springende Punkt der Religion, jedenfalls der christlichen. Aber es war keineswegs der springende Punkt der Diskussion die wir dort hatten. Die Frage war eben, was für Auswirkungen es auf die Rettung der Seele hat, wenn ein Mensch einem Religionssystem folgt und seine Rituale ausführt, diese Religion aber nicht christlich ist.

Agricola behauptet, daß das schädlich ist, bestenfalls wohl neutral (obwohl ich nachschauen müßte ob er das irgendwo zugestanden hat). Ich halte diese Behauptung für falsch. Ich sehe Religionsausübung als direkt parallel zu "Moralausübung", wobei die sich in der Praxis sowieso überschneiden und die Unterscheidung vermutlich mehr eine menschliche ist. Es gibt soetwas wie eine "natürliche Religiösität" des Menschen und wer der folgt tut etwas Gottgefälliges, Gutes. Der Gott verehrende Mensch ist an und für sich ein guter Mensch, auch wenn er nicht das Stundenbuch in der Hand hält. Jedoch kann - genau wie bei der Moral - hier sehr viel schief gehen. Ohne jeden Zweifel ist viel Religiöses alles andere als gut, aber auch viel "Moralisches" ist alles andere als gut. Der moderne Westen liefert ja ein Paradebeispiel für ein moralisches System das aus dem Ruder gelaufen ist. Derlei gibt und gab es natürlich auch in der Religion. Aber in der Moral schließen wir deswegen nicht, daß der moralische Zug des Menschen nicht von Gott gegeben ist, und bzgl. der Religion sollten wir es auch nicht tun. Und in beiden Fällen gibt es eben auch Leute die trotz ihrer Einbindung in ein fehlgelaufenes System selber der Wahrheit treu bleiben, oder jedenfalls deutlich treuer. Schließlich gilt auch für beide, daß es Grenzen dafür gibt wie weit man "natürlich" kommen kann. Zu sagen, daß die Religion in die Natur des Menschen gelegt ist, und gut ist, bedeutet eben nicht zu sagen, daß der Mensch mit seinen natürlichen Kräften die volle Wahrheit der Religion herausfinden kann. Genausowenig wie er das bei der Moral tun kann, denn auch die wird durch Gnade überformt. Aber es erlaubt eben Respekt für die ehrlichen Bestrebungen und Bemühungen einer immensen Zahl von Menschen zu haben, und nicht einfach alles in Bausch und Bogen zu verdammen.
Ja, aber hier gilt es, genauestens zwischen Subjekt und Objekt zu unterscheiden.

Verdammt wird von uns Menschen in foro interno, als Subjekt (im modernen Sinne, vgl. http://www.utopix.org/wiki/SubjektDefinitionen.html), keiner; dazu sind wir nicht befugt. Wenn es doch geschieht, ist das mißbräuchlich.
Das Urteil über die subjektive Schuld des Einzelnen steht allein Gott zu.

Systeme und Rituale, Akte, objektive Sachen, ja, die können und müssen allerdings schon verdammt und u.U. auch verhindert werden, jedenfalls in der Öffentlichkeit, wobei davon als unerheblich die Frage zu trennen ist, ob es Individuen gibt, die, rein subjektiv, daran treu festhalten, und dies sogar, solange ihre conscientia errans das befiehlt, und sie kein Zweifel befällt, propter apprehensionem rationis nach dem Aquinaten, auch tun müssen, jedenfalls im stillen Kämmerlein.
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
*
Fac me Tibi semper magis credere, in Te spem habere, Te diligere
*
... una cum omnibus orthodoxis, atque catholicae et apostolicae fidei cultoribus

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Protasius
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Protasius »

Bruder Donald hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 21:50
Protasius hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 19:28
[...],aber ein sicheres Verfahren ist das nicht.
Glaube ich auch nicht. Es ist so, wenn man Kleinkindern einen heißen Topf mit einem ätzend-giftigen Inhalt gibt und die nicht wirklich wissen, wie sie damit umgehen sollen. Etwas vom Inhalt schwappt dann auf sie über, etwas eben auch auf andere.
Protasius hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 19:28
Der Canon Episcopi (hier eine Übersetzung ins Englische; im Wesentlichen scheint sie mir den lateinischen Text vernünftig wiederzugeben) spricht zunächst mal davon,[...]
Ich hab die englische Übersetzung schon gefunden, aber ich war mir nicht sicher, ob das alles ist. Ich habe einen längeren Text erwartet, nicht so etwas kurzes.
Das ist die vollständige Übersetzung des lateinischen Textes, den ich oben schon verlinkt habe. Es scheint leicht unterschiedliche Textfassungen zu geben, aber letzten Endes war das Teil des mittelalterlichen Kirchenrechts; für einen Rechtstext ist es nach meiner laienhaften Erfahrung (zugegebenermaßen mit modernen Gesetzestexten der nachnapoleonischen Zeit) eigentlich schon ziemlich ausführlich.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Bruder Donald

Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Bruder Donald »

Protasius hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 22:42
Das ist die vollständige Übersetzung des lateinischen Textes, den ich oben schon verlinkt habe.
Ah, okay. Dann danke vielmals, muss der englische Text reichen. :hutab:

Agricola
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Agricola »

Bruder Donald hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 22:03
Agricola hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 21:47
Friede, Bruder! Verzeih, wenn ich Dich beleidigt oder gekränkt habe.
Das gebe ich gerne zurück und biete es dir auch an. :huhu: :hutab:
Ist schon gut, danke Dir! :huhu:

Was den Rest angeht, vielleicht schreibe ich noch einmal etwas dazu, aber das wäre wenn, wohl sehr umfangreich.

Agricola
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Agricola »

Lycobates hat geschrieben:
Montag 26. April 2021, 22:22
Systeme und Rituale, Akte, objektive Sachen, ja, die können und müssen allerdings schon verdammt und u.U. auch verhindert werden

Ich greife diesen Satz einmal auf, da er meines Erachtens zutreffend ist, aber es vielleicht noch ein paar Bemerkungen verlangt, wieso ich heidnische Religionen und Kulte für schädlich halte.

(1) Was zur menschlichen Natur gehört, kommt allen Menschen wesentlich und gleichermaßen zu.
(2) Die heidnische Religion kommt nicht allen Menschen wesentlich und gleichermaßen zu.
----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
c. Die heidnische Religion gehört nicht zur menschlichen Natur.


Wenn die heidnische Religion nicht zur menschlichen Natur gehört, dann gehören sie entweder a) zur Übernatur oder b) zur Kultur.
A. Wenn sie zur Übernatur gehört, dann ist sie entweder i) göttlichen oder ii) dämonischen Ursprungs.
B. Wenn sie zur Kultur gehört, dann ist sie entweder i) gemäß der Natur oder ii) wider die Natur.

Ad A.i): Diese Position besagt, dass Gott eine Reihe von Religionen und Kulten direkt oder indirekt (über seine Engel) stiftet, die sich allesamt diametral widersprechen und das nicht in Nebensächlichkeiten, sondern hinsichtlich der ihnen wesentlichen Lehren und Praktiken. Obendrein widersprechen sie auch seiner finalen Offenbarung. Welche Rückschlüsse ließe das auf so einen Gott zu? Meines Erachtens die, dass so ein Gott entweder (1) nicht weiß, was er tut, (2) es nicht anders, was so viel heißt wie: nicht ohne Widersprüche machen kann oder dass er (3) uns schlicht durch Widersprüche täuschen und in die Irre führen will. Außerdem, sozusagen als Krönung des ganzen Wahnsinns, bestraft er uns noch, wenn wir angesichts solcher Umstände, wirklich in die Irre gehen. Im ersten Fall wäre so ein Gott nicht allwissend, im zweiten Fall nicht allmächtig und im dritten Fall nicht gütig. So ein Gott wäre, nach allem, was wir darüber vernünftigerweise wissen könnten, nicht Gott. Folglich wären diese Religionen nicht von Gott gestiftet.
Ferner, wie der Aquinat sagt (vgl. S. c. g. lib. 3 cap. 118 n. 3): Wenn Gott die Wahrheit selbst ist, was er ist (vgl. Joh 14,6), so kann uns von Gott nichts Falsches zu glauben vorgelegt werden. Wenn daher jemand etwas Falsches glaubt, glaubt er es nicht von Gott her. Wenn man an die den heidnischen Religionen und Kulten wesentlichen Inhalte glaubt, glaubt man an etwas Falsches. Diese können folglich nicht von Gott stammen.

Ad A.ii): Wenn die heidnischen Religionen und Kulte nicht von Gott (und seinen Engeln) gestiftet, aber dennoch übernatürlichen Ursprungs sein sollen, dann bleiben, zumindest gemäß christlicher Lehre, nur der Teufel und die gefallenen Engel als Stifter. Dieser Fall – das heißt, dass die heidnischen Religionen Teufelswerk sind und ihr Kult dämonischer Afterdienst – nutzt dem Verteidiger der heidnischen Religionen aber nicht, kann also unbeachtet bleiben. Sollte dem allerdings so sein, dass sie vom Teufel und seinen Engel gestiftet sind, sind die heidnischen Religionen und Kulte zweifellos als schädlich zu klassifizieren.


Wenn die heidnischen Religionen und Kulte also weder zur Natur noch zur Übernatur gehören[*], dann bleibt nur die Kultur, das heißt, sie sind ungefähr so etwas wie vom Menschen erzeugte Sinngebilde.

Ad B.i): Vom Menschen erzeugte Sinngebilde können gemäß der Natur sein. Gemäß der Natur ist etwas, das seinem gottgesetzten Zweck entspricht bzw. seine natürliche Funktion erfüllt. Hinsichtlich der Religiosität, die aus den heidnischen Religionen und Kulten erwächst, sieht es wie folgt aus:

1. Wenn es eine natürliche Religiosität gibt, dann ist diese – da direkt von Gott stammend – die Norm der Zwecke und Funktionen aller kulturellen Religiosität – die vom Menschen stammt – und Letztere darf Erstere daher nicht widersprechen. Sie ist jedoch nicht die Norm der übernatürlichen Religiosität. Denn die Übernatur vervollkommnet die Natur und das Unvollkommene kann nicht des Vollkommenen Norm sein.
2. Die natürliche Religiosität kommt dem Menschen als Menschen wesentlich und überall gleichermaßen zu.
3. Die Funktion der natürlichen Religiosität besteht darin, in den Menschen Liebe zum einen, wahren Gott zu erwecken.
4. Jede Liebe aber ist intentional auf ein Geliebtes als seinen Gegenstand gerichtet. Intentionale Gerichtetheit/Bezugnahme geht mit einer bestimmten Tätigkeiten des Intellekts einher, nämlich der Begriffsbildung. Der Begriff leitet die intentionale Gerichtetheit auf seinen jeweiligen Gegenstand.
5. Die heidnischen Religionen und Kulte beinhalten viele unterschiedliche falsche Gottesbegriffe, die sich ferner je nach Religion, Ort und Zeit gegenseitig widersprechen.
6. Selbst wenn nun nicht der jeweilige gesamte Gottesbegriff falsch sein sollte, sondern bloß ein einzelnes Merkmal des Begriffs, so ist doch der gesamte Begriff falsch. Bezogen auf Gott gibt es auch keine Gradualität im Irrtum, denn wie der Aquinat ausführt (vgl. S. c. g. lib. 3 cap. 118 n. 4): Jeder, der bezüglich des Wesens eines Dinges irrt, erkennt dieses Ding nicht. Wer sich bei zusammengesetzten Dingen bezüglich eines seiner Wesensmomente irrt, erkennt zwar nicht das Ding schlechthin, jedoch erkennt er es in einer bestimmten Hinsicht. Bei den einfachen Dingen dagegen schließt jeder beliebige Irrtum die Erkenntnis vollständig aus. Gott aber ist vollkommen einfach. Jeder beliebige Irrtum schließt also die Erkenntnis Gottes vollständig aus.
7. Wenn die Erkenntnis Gottes mittels eines korrekten Begriffs ausgeschlossen ist, kann es auch keine intentionale Bezugnahme auf den einen, wahren Gott geben. In der Religiosität der heidnischen Religionen und Kulte sind Menschen zwar intentional auf einen Gegenstand gerichtet, aber dieser Gegenstand ist nicht der eine, wahre Gott. In diesem Sinne lieben die Heiden auch nicht Gott, sondern etwas anderes, das wir gemäß der Heiligen Schrift „Idol“, „Götze“ o. Dgl. nennen.
8. Die kulturelle Religiosität der heidnischen Religionen und Kulte erweckt also in den Menschen ihrer Funktion nach keine Liebe zum einen, wahren Gott. Im Gegenteil, da der eine, wahre Gott dem Götzen entgegengesetzt ist, hassen die Heiden Gott, sofern sie das erkennen und ihren Götzen (weiterhin) lieben (vgl. S. th. Iª-IIae q. 29 a. 2 co.).
9. Das, was die heidnischen Religionen und Kulte erzeugen, widerspricht nun aber nicht bloß der übernatürlichen, sondern ebenso der natürlichen Religiosität im obigen Sinne. Diese sind folglich wider die Natur.

Ad B.ii): Bleiben noch die heidnischen Religionen und Kulte als vom Menschen erzeugte Sinngebilde, die wider die Natur sind. Was an der menschlichen Kultur wider die Natur ist, entspricht nicht Gottes Willen, der die Ordnung der Natur gewollt hat. Was an der menschlichen Kultur nicht Gottes Willen entspricht, ist schädlich für den Menschen, da Gott das Gute ist und nur das Gute für uns will. Die heidnischen Religionen und Kulte als nicht der Natur gemäße menschengemachte Sinngebilde sind also schädlich.
Ferner ist es schädlich Falsches bezogen auf einen Bereich für wahr zu halten, in dem ein Fehler den Tod bedeuten kann. Die heidnischen Religionen und Kulte beinhalten als wesentliche Bestandteile Falsches bezogen auf einen Bereich, in dem ein Fehler den (ewigen) Tod bedeuten kann. Also ist an sie zu glauben oder sie zu praktizieren schädlich.
Weiters verhält sich, wie der Aquinat sagt (vgl. S. c. g. lib. 3 cap. 118 n. 5), das Wahre in der Ordnung der Erkenntnis wie die Tugend in der Ordnung des Sittlichen (Aristoteles: „Das Gute des Verstandes ist das Wahre“). Zum göttlichen Gesetz gehört es aber, dass das Laster verhindert wird. Also gehört es zum göttlichen Gesetz, dass falsche Meinungen über Gott verhindert werden. Die heidnischen Religionen beinhalten als wesentliche Bestandteile falsche Meinungen über Gott, also gehört es zum göttlichen Gesetz, dass die heidnischen Religionen und ihre Religionsausübung verhindert werden.

---
[*] Ich persönlich neige allerdings zu der Ansicht, dass die heidnischen Religionen und Kulte im Allgemeinen mit irgendetwas Übernatürlichem ungefähr so viel zu schaffen haben wie ein alter Autoreifen. Das tue ich u. a. deshalb, weil wir hier und heute als Bewohner westlicher Industrienationen, selbst in unserem manifesten Weltbild darauf festgelegt sind, dass die Welt i. S. d. naturwissenschaftlichen Weltbildes – und natürlich immer des jeweiligen Standes desselben! – mit rechten Dingen zugeht. Aus Letzterem kann man aber weder einfach aussteigen noch es partiell beiseite wischen, ohne in Widersprüche zu geraten, dass es nur so kracht. Und zwar durchaus gerade auf der Ebene des manifesten Weltbildes. Man könnte auch schlicht sagen, die Inhalte des einen gehören zusammen mit den Inhalten des anderen zu unserer intersubjektiv geteilten Selbst- und Weltinterpretation, auf die wir uns ständig de facto in unserer Alltagspraxis festlegen und die nicht willkürlich aufgebbar oder hintergehbar ist. Was das seit wohl gut 200 Jahren für die Religion oder das Selbstverständnis eines religiösen Menschen bedeutet, ist m. E. ähnlich dem (wahrscheinlich aber in vielerlei Hinsicht gravierender), was im Hochmittelalter der Einbruch der aristotelischen Wissenschaftslehre und verschiedene weitere Veränderungen in der damaligen Gesellschaft für den hl. Thomas von Aquin bedeutete. Mit durchaus ähnlichen Konsequenzen und Anforderungen hinsichtlich der – ich nenne es einfach mal – "Reformulierung" zentraler Lehrgehalte, ohne deren Wahrheitsgehalt preiszugeben.

Trisagion
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Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Trisagion »

Getretener Quark wird breit, nicht stark. - Johann Wolfgang von Goethe, West-östlicher Divan: Buch der Sprüche

Die gesamte - allzulange - Argumentationslinie von Agricola bricht in sich zusammen, wenn man nur das Offensichtliche zulässt: nämlich, daß Religion ein Mischding ist, jedenfalls alle Religion außer der "wahren". Man kann ein Mischding nicht wie wie Agricola das versucht prinzipiell kategorisieren, jedenfalls sicher nicht bzgl. der Charakteristiken der Mischelemente. Das ist so als ob man fragt ob eine Vinaigrette ein Öl ist, und aus der korrekten Antwort "nein" schließt, daß eine Vinaigrette demnach nicht ölig sein kann. Dann fragt man ob sie eine Säure ist, ist sie aber nicht, also ist sie auch nicht sauer. Sie ist auch nicht salzig, oder pfeffrig, oder .... Am Ende stellt sich heraus, daß die Vinaigrette wohl ein Haferbrei sein muß.

Agricola
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Registriert: Donnerstag 8. April 2021, 12:57

Re: Hexenverbrennung

Beitrag von Agricola »

Mhm, ah ja. Interessant. Jetzt erzählt er wieder, dass man von seiner versalzenen Suppe nicht wahrheitsgemäß sagen könne, dass die ganze Brühe ungenießbar sei, weil doch die richtige Menge Pfeffer zugegeben wurde und das alles sowieso ein „Mischding“ sei. Usw. usf.

Das hätte er gern, der Meisterkoch, das kann ich mir schon vorstellen. :D

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