Opfertheologie

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Ralf

Opfertheologie

Beitrag von Ralf »

Hallo.

Besonders in bezug auf das Hl. Messopfer, die unblutige Vergegenwärtigung (Wiederholung wäre missverständlich) des Kreuzestodes Christi, gibt es meiner kurzen Erfahrung nach viele Unklarheiten, lange Zeit auch bei mir selbst.

Ich wurde neulich von einem in Theologie nicht unfitten Kaplan darauf hingewiesen, dass die ausschließliche Betonung nur des Kreuzestodes als Opfer vielleicht eine Verkürzung bzw. Vereinseitigung der Hingabe Jesu an den Willen des Vaters sein könnte.

War es nicht eher so, die Konzilsdokumente der Alten Kirche schließen das ja nicht aus (müsste jetzt nochmal im Ott, Grundriss der Dogmatik, nachschauen, welche es genau waren) und betrachten das weiter, dass die gesamte irdische Existenz des Sohnes eine Hingabe an den Vater war?
Die Schrift deutet es ja so: Jesu Mission ist es, den Willen dessen zu tun, der ihn gesandt hat. Die Erfüllung dessen, also die Hingabe an den Willen des Vaters, endet zwar (im Englischen kann man es so schön sagen) eventually am Kreuz, aber es ist keine eigentliche Hingabe ans Kreuz, sondern in den Willen des Vaters mit dem Kreuz als unvermeidliches Ziel dieser Liebe.

Ist dann die Erlösung "nur" im Kreuzesopfer zu sehen oder doch nicht vielmehr in der gesamten Existenz Jesu als dem Vater Ergebenen? Und wenn wir unsere Erlösung im Hl. Sakrament feiern, feiern wir damit dann nicht viel eher die gesamte Hingabe als "nur" (in dicken Anführungszeichen!) den Tod am Kreuz?

Ich hoffe es ist klar geworden, was ich mal zum gedanklichen Austausch stellen möchte.

Gast

Re: Opfertheologie

Beitrag von Gast »

Zuletzt geändert von Gast am Samstag 5. Februar 2005, 19:44, insgesamt 1-mal geändert.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Das Opfer des »Lammes wie geschlachtet«, Ralf, vollzieht sich in der Himmlischen Liturgie vor dem Thron des Vater in Ewigkeit. Darum auch konnte der Gründonnerstag dem Karfreitag vorausgehen.
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mk

Re: Opfertheologie

Beitrag von mk »

Ralf hat geschrieben:Ich wurde neulich von einem in Theologie nicht unfitten Kaplan darauf hingewiesen, dass die ausschließliche Betonung nur des Kreuzestodes als Opfer vielleicht eine Verkürzung bzw. Vereinseitigung der Hingabe Jesu an den Willen des Vaters sein könnte.

War es nicht eher so, [...] dass die gesamte irdische Existenz des Sohnes eine Hingabe an den Vater war?
Die Schrift deutet es ja so: Jesu Mission ist es, den Willen dessen zu tun, der ihn gesandt hat. Die Erfüllung dessen, also die Hingabe an den Willen des Vaters, endet zwar (im Englischen kann man es so schön sagen) eventually am Kreuz, aber es ist keine eigentliche Hingabe ans Kreuz, sondern in den Willen des Vaters mit dem Kreuz als unvermeidliches Ziel dieser Liebe.

Ist dann die Erlösung "nur" im Kreuzesopfer zu sehen oder doch nicht vielmehr in der gesamten Existenz Jesu als dem Vater Ergebenen? Und wenn wir unsere Erlösung im Hl. Sakrament feiern, feiern wir damit dann nicht viel eher die gesamte Hingabe als "nur" (in dicken Anführungszeichen!) den Tod am Kreuz?
Oh, mann, Ralf - da hast Du ja ein ganz großes Faß aufgemacht... ;) denn das ist tatsächlich (gerade heute habe ich noch mit jemandem darüber diskutiert) eine der soteriologischen Grundfragen. Kurz gesagt: Es ist klar, daß Erlösung "irgendwie" mit der Sendung Jesu zu tun haben muß - aber wie diese Sendung nun genau mit seinem Tod am Kreuz zusammenhängt, ist halt sehr umstritten. Ich fände es aber auch schön, hierzu neue, qualifizierte Beiträge lesen zu können!

Edith
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Re: Opfertheologie

Beitrag von Edith »

Margarete G. hat geschrieben: "Eventually"... mhm. Aber dann ist das Kreuz doch wohl nicht "unvermeidlich". "Unvermeidlich" war's wohl, wenn Jesus seiner Berufung treu bleiben wollte?
Um hier kein Misverständnis aufkommen zu lassen.

eventually - übersetzt sich nicht mit "eventuell" sondern mit "letzlich, schließlich, endlich"

Edith
(Dolmetscherin für engl.) :)

Edith
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Re: Opfertheologie

Beitrag von Edith »

mk hat geschrieben: Kurz gesagt: Es ist klar, daß Erlösung "irgendwie" mit der Sendung Jesu zu tun haben muß - aber wie diese Sendung nun genau mit seinem Tod am Kreuz zusammenhängt, ist halt sehr umstritten. Ich fände es aber auch schön, hierzu neue, qualifizierte Beiträge lesen zu können!
Bedaure, wenn Dich das Thema langweilt.... mir ist es neu. :(

Ich lese im KKK:
517 Das ganze Leben Christi ist Erlösungsgeheimnis. Die Erlösung wird uns vor allem durch das am Kreuz vergossene Blut zuteil [Vgl. Eph 1,7; Kol 1, 13-14; 1 Petr 1,18-19.], aber dieses Mysterium ist im ganzen Leben Jesu am Werk: schon in seiner Menschwerdung, in der er arm wird, um uns durch seine Armut zu bereichern [Vgl. 2 Kor 8,9.]; in seinem verborgenen Leben, das durch seinen Gehorsam [Vgl. Lk 2,51]unseren Ungehorsam sühnt; in seinem Wort, das seine Zuhörer läutert [Vgl. Joh 15,3.]; in seinen Heilungen und Exorzismen, in denen er ,,unsere Leiden auf sich genommen und unsere Krankheiten getragen" hat (Mt 8,17) [Vgl. Jes 53,4.]; in seiner Auferstehung, durch die er uns gerecht Vgl. Röm 4,25.].

518 Das ganze Leben Christi ist ein Mysterium der erneuten Zusammenfassung von allem unter ein Haupt. Alles, was Jesus getan, gesagt und gelitten hat, war dazu bestimmt, den gefallenen Menschen wieder in seine ursprüngliche Berufung zu versetzen:

,,Indem er durch die Inkarnation Mensch wurde, faßte er die lange Entwicklung der Menschen in sich zusammen und gab uns in dieser Zusammenfassung das Heil, damit wir unser Sein nach dem Bilde und Gleichnis Gottes, das wir in Adam verloren hatten, in Christus Jesus wiedererlangen würden" (Irenäus, hær. 3,18,1). ,,Deshalb durchlief Christus auch jede Altersstufe, um für alle die Gemeinschaft mit Gott wiederherzustellen" (hær. 3,18,7) [Vgl. hær. 2,22,4.].


Wie darf ich das also verstehen?

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Ralf, mir ist nicht ganz klar geworden, um was es bei deiner Frage geht.
Geht es darum, dass mancherorts das Leben Jesu nicht als Gesamtheit seines Gehorsams und seines Opfers angesehen wird, sondern eine Art Trennung gemacht wird zwischen "sein Leben vorher" und "Kreuz"? Wäre ja nicht begründbar aus dem KK.
Oder habe ich deine Frage falsch interpretiert?
Liege ich falsch, wenn ich annehme, dass evtl. dahinter der gesamte Komplex von Fragen wie "hatte Jesus wirklich eine freie Entscheidung als Mensch" dräut?

Geronimo

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Amigo
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Re: Opfertheologie

Beitrag von Amigo »

Ralf hat geschrieben:Ist dann die Erlösung "nur" im Kreuzesopfer zu sehen oder doch nicht vielmehr in der gesamten Existenz Jesu als dem Vater Ergebenen? Und wenn wir unsere Erlösung im Hl. Sakrament feiern, feiern wir damit dann nicht viel eher die gesamte Hingabe als "nur" (in dicken Anführungszeichen!) den Tod am Kreuz?
Sehr interessante Frage! Ich seh darin kein "entweder - oder", sondern ein "sowohl - als auch":

Hätte Jesus ein rebellisches Leben gegen Gottes Willen gelebt (jaja, ist natürlich nicht denkbar, hypostatische Union und so) und sich erst am Gründonnerstag oder auch erst am Kreuz dem Willen des Vaters gehorsam gezeigt, dann wäre eine Trennung in "Jesu Leben" und "Jesu Opfer" denkbar. Da es aber nicht so war, feiern wir in der Heiligen Messe zwar explizit das Opfer der Versöhnung, die Darbringung des Opferlammes, hören aber im Evangelium ebenso von Seinem Leben und Seiner Lehre. Und die Annahme der Erlösung durch Jesu Leiden und Sterben bedingt ja, dass wir Sein Wort hören und danach zu leben trachten; wenn wir also alles negieren wollten, was Jesus zu Lebzeiten getan und gesagt hat, und ausschließlich den Karfreitag feiern wollten, dann könnten wir nicht behaupten, das Erlösungswerk anzunehmen.

Also sag ich mal laienhaft: Das eine kann ohne das andere nicht wirklich gefeiert werden; wir können Jesu Leben nicht von Seinem Leiden und Sterben trennen.

Grüsse,
Georg

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Erich_D
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Re: Opfertheologie

Beitrag von Erich_D »

Amigo hat geschrieben:Hätte Jesus ein rebellisches Leben gegen Gottes Willen gelebt (jaja, ist natürlich nicht denkbar, hypostatische Union und so) ....
Ist das tatsächlich nicht denkbar? War Jesus in allem uns gleich - ausser der Fähigkeit zur Sünde? Konnte Jesus gar nicht anders? Lief sein Leben gewissermaßen auf Schienen? Der Versucher sah das übrigens anders. Denn wäre er überzeugt gewesen, Jesus könnte nicht gegen Gott rebellieren, hätte er sich die Versuchung (ich gebe Dir alle Reiche ...) auch sparen können.

Ich glaube schon, dass Jesus auch anders gekonnt hätte, dass er tatsächlich in allem uns gleich war - ausser der Sünde. Das schließt für mich die Fähigkeit dazu ein. Darin liegt, meine ich, auch seine Besonderheit: dass sein menschliches Ich aus freiem Entschluß seinem göttlichen Ich Folge leistete.

Ich hoffe, mich einigermaßen verständlich ausgedrückt zu haben?
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

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Amigo
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Re: Opfertheologie

Beitrag von Amigo »

Erich Dumfarth hat geschrieben:Ist das tatsächlich nicht denkbar? War Jesus in allem uns gleich - ausser der Fähigkeit zur Sünde? Konnte Jesus gar nicht anders?
Sehe es so wie du: Er hätte durchaus sündigen können, denn Seine Menschennatur umfasste einen Freien Willen, so wie deine und meine. Auch Maria hätte "Nein" sagen können. Dass Er nicht sündigte, muss Ihm wohl als Verdienst (und Opfer?), nicht als Automatismus angerechnet werden.
Darin liegt, meine ich, auch seine Besonderheit: dass sein menschliches Ich aus freiem Entschluß seinem göttlichen Ich Folge leistete.
Finde ich viel besser als mein "undenkbar wegen hypostatischer Union", auch wenn sicherlich noch unscharf (Jesus hatte keine "zwei Ichs"). Danke! Denn damit kommen wir ja auch der Frage näher, ob nicht Jesu Leben als Teil Seines Opfers betrachtet werden kann - hätte Er "auf Schienen" gelebt, voll prädeterminiert also, dann wäre so eine Ansicht wohl auf jeden Fall zu verneinen.

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Juergen
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Re: Opfertheologie

Beitrag von Juergen »

Amigo hat geschrieben:Jesus hatte keine "zwei Ichs".
Was immer man mit "Ich" bezeichnet. Zwei Willen hatte er jedenfalls.
(Da gab es doch mal einen Monotheletistenstreit :kratz: Achja, auf dem 3. Konzil v. Konstantinopel 680)
Gruß Jürgen

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Amigo
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Re: Opfertheologie

Beitrag von Amigo »

Juergen hat geschrieben:Was immer man mit "Ich" bezeichnet. Zwei Willen hatte er jedenfalls.
"Zwei Ichs" gehört tatsächlich geschärft. Aber hatte Jesus "zwei Willen"? Wahrer Mensch und wahrer Gott, zwei Naturen, untrennbar, unvermischt, unteilbar, jedoch nur eine Person, und alles an der Menschennatur Christi ist seiner göttlichen Person als ihrem eigentlichen Träger zuzuschreiben (KKK 468). Ist nun die Natur - davon hatte Jesus zwei - oder die Person Jesus Christus Träger des Willens? Daraus gehts nicht hervor, oder? :kratz:

Gott hat einen Willen. Jeder Mensch hat einen Willen. Da "die Eigentümlichkeit jeder der beiden Naturen gewahrt bleibt und sich in einer einzigen Person und einer einzigen Hypostase vereinigt", erscheint es plausibel (was nicht heißt "vorstellbar"), dass Jesus in der Tat einen göttlichen und einen menschlichen Willen hatte - und letzteren dem ersteren stets unterordnete. Andererseits tat Jesus, wie das NT ja des öfteren sagt, "den Willen des Vaters" und nicht seinen eigenen. Hatte Jesus vielleicht doch keinen "eigenen göttlichen Willen"? Immerhin meinte Er selbst, "Vater, nicht mein, sondern dein Wille geschehe"... (vgl. auch KKK 1019)

Aber Gott hat einen Willen, keine Frage. Als "wahrer Gott" muss Jesus einen göttlichen Willen haben - Da Gott in sich nicht zwei Willen haben kann, muss der "göttliche Wille des Sohnes" identisch mit dem "Willen des Vaters" sein. Wenn Jesus also sagt, dass der Wille des Vaters geschehe, dann sagt Er das "von Seinem menschlichen Standpunkt aus" und schliesst damit nicht aus, dass Er, Jesus, diesen göttlichen Willen ebenfalls hat.

OK - mal wieder was gelernt: Jesus hatte zwei Willen. 8)

Unklar bleibt für mich, ob Jesus diesen göttlichen Willen während Seines Erdenlebens "aktiv wahrnahm", ob Er ihn "betätigte", oder ob der göttliche Wille Jesu während dieser 33 Jahre "versteckt" war. Ich denke da an die vielbegrübelten Verse Phil 2,6-7 - was bedeutet es, wenn Jesus je nach Bibelübersetzung "nicht daran festhielt, wie Gott zu sein", "nichts wurde", "sich entäusserte"...? Das wäre nicht unwesentlich für die gegenständliche Frage des Threads. Wer weiß da was?

Grüsse,
Georg

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lancelot
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Re: Opfertheologie

Beitrag von lancelot »

Amigo hat geschrieben:
Erich Dumfarth hat geschrieben:Ist das tatsächlich nicht denkbar? War Jesus in allem uns gleich - ausser der Fähigkeit zur Sünde? Konnte Jesus gar nicht anders?
Sehe es so wie du: Er hätte durchaus sündigen können, denn Seine Menschennatur umfasste einen Freien Willen, so wie deine und meine. Auch Maria hätte "Nein" sagen können. Dass Er nicht sündigte, muss Ihm wohl als Verdienst (und Opfer?), nicht als Automatismus angerechnet werden.
Darin liegt, meine ich, auch seine Besonderheit: dass sein menschliches Ich aus freiem Entschluß seinem göttlichen Ich Folge leistete.
Finde ich viel besser als mein "undenkbar wegen hypostatischer Union", auch wenn sicherlich noch unscharf (Jesus hatte keine "zwei Ichs"). Danke! Denn damit kommen wir ja auch der Frage näher, ob nicht Jesu Leben als Teil Seines Opfers betrachtet werden kann - hätte Er "auf Schienen" gelebt, voll prädeterminiert also, dann wäre so eine Ansicht wohl auf jeden Fall zu verneinen.
Aber Eure Argumentation setzt voraus, daß derjenige mehr Freiheit oder eine höhere Form von Freiheit besitzt, der sich infolge einer Wahl dafür entscheidet als der, der sich "natürlich" für das Gute, Wahre, Schöne, für den Willen Gottes entscheidet. Das ist in Anbetracht unserer menschlichen Erlebniswelt und unser angeborenen Behinderungen - Erbsünde etc. - eine verständliche Voraussetzung. Es ist sicher auch schwer, sich vorzustellen, wie jemand, dem unsere Neigung zum Bösen abgeht oder der sich ohne Wahl auf der "richtigen Seite" vorfindet, ja der immer schon die "rechte Wahl" ist, seine Freiheit verwirklicht.

Aber wir nehmen von GOtt doch auch an, daß ER frei ist - und dann doch wohl frei im Sinne, daß IHM das Gute quasi von selbst, natürlich, von Statten geht. Wieso sollte Jesus diese Form von Freiheit nicht ins Menschliche übersetzen?

Ein Beispiel: Wenn wir unterwegs sind und wissen, daß es nur einen Weg zum Ziel gibt - den nämlich, auf dem wir gehen: sind wir dann unfrei? Oder weniger frei als wenn wir uns entscheiden müssten?

Für den Fall, daß jemand einwendet, daß es hier nicht um den Weg geht, sondern darum ob Jesus oder wir auf dem einen Weg nach vorne gehen, stehen bleiben oder umkehren: Wenn am Ende der auf mich wartet, der mich liebt, wenn seine Liebe mich anzieht - "unwiderstehlich": Bin ich dann frei? Ja, sicher - nicht weil ich auch anders könnte und weil das Anders-können eine reale Möglichkeit wäre, sondern weil ich weiß, daß meine Liebe in ihm/ihr zur Vollendung kommt. Weil ich schon immer für ihn/sie bestimmt war. Sicher, ich kann mich täuschen, aber das ist keine Beeinträchtigung meiner Freiheit.

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Amigo
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Re: Opfertheologie

Beitrag von Amigo »

lancelot hat geschrieben:Aber wir nehmen von GOtt doch auch an, daß ER frei ist - und dann doch wohl frei im Sinne, daß IHM das Gute quasi von selbst, natürlich, von Statten geht. Wieso sollte Jesus diese Form von Freiheit nicht ins Menschliche übersetzen?
Ich würde sagen: Weil Jesus nicht Gott in Menschengestalt war, sondern wahrer Gott und wahrer Mensch.

Die Freiheit Gottes unterscheidet sich von der Freiheit des Menschen ganz grundsätzlich. Der Mensch ist frei, Gutes zu tun, wenn er es erkannt hat, und das ist stets der Wille Gottes, auch wenn der Mensch das nicht immer weiß; der Wille des Menschen, sich für das Gute zu entscheiden oder auch nicht, ist Teil der geschaffenen menschlichen Natur und hat einen klaren Zweck, nämlich die Hinwendung des Menschen zu Gott, zum Guten.

Gott IST der Gute, Sein Wille ist nicht geschaffen und hat keinen aus Seiner Herkunft bedingten Zweck in dem Sinn, in dem unser Wille einen (von Gott gewollten) Zweck hat, denn Gott ist herkunftslos, un-bedingt, während wir durch Seinen Schöpferwillen bedingt sind. Gott ist frei, zu erschaffen und zu erlösen. (Manche Theologen meinen allerdings, Gott wäre nicht frei, sondern müsse aufgrund Seines Wesens als Schöpfer notwendigerweise schaffen. Das hab ich noch nie kapiert.)

Für Gott wie für den Menschen gilt: Eine Entscheidung, eine Betätigung des Willens, ist zugleich Ausübung der Freiheit. Anders als Gott kann der Mensch sich aber auch falsch (nämlich gegen Gott) und sogar umentscheiden - solange wir in der Zeit leben. Gott kann sich nicht gegen Gott entscheiden. (Randbemerkung zur Allmacht... ;) )

Die Frage ist also: Konnte Jesus sich gegen Gott entscheiden? Und ich denke, die Antwort lautet, insofern als Jesus wahrer Mensch war, mit einem geschaffenen Leib und einer geschaffenen Seele, hatte Er auch einen menschlichen Willen - dieser kann sündigen, also sich willentlich gegen Gott entscheiden. Dass Er es nicht tat, ist Verdienst Jesu und kein Automatismus.

So würde sich rechtfertigen lassen, dass Jesus "zwei Willen" hatte.

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lancelot
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Re: Opfertheologie

Beitrag von lancelot »

Amigo hat geschrieben:
lancelot hat geschrieben:Aber wir nehmen von GOtt doch auch an, daß ER frei ist - und dann doch wohl frei im Sinne, daß IHM das Gute quasi von selbst, natürlich, von Statten geht. Wieso sollte Jesus diese Form von Freiheit nicht ins Menschliche übersetzen?
Ich würde sagen: Weil Jesus nicht Gott in Menschengestalt war, sondern wahrer Gott und wahrer Mensch.
...

So würde sich rechtfertigen lassen, dass Jesus "zwei Willen" hatte.
Aber Jesus hatte keinen gefallenen, postlapsarischen menschlichen Willen, oder? Ansonsten landen wir beim Gollum-Modell von zwei Willen in einem Ich, die auch gegeneinander streiten können. Ein Sündenfall hätte Jesus zerrissen.

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Erich_D
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Re: Opfertheologie

Beitrag von Erich_D »

lancelot hat geschrieben:Aber Jesus hatte keinen gefallenen, postlapsarischen menschlichen Willen, oder? Ansonsten landen wir beim Gollum-Modell von zwei Willen in einem Ich, die auch gegeneinander streiten können. Ein Sündenfall hätte Jesus zerrissen.
Nein, den hatte er nicht. Aber den hatte auch der Stammvater des Menschengeschlechtes nicht. Und war dennoch zur Sünde fähig. In dem Zusammenhang möchte ich auf Raymund Schwagers Skript zur Vorlesung "Dogmengeschichte der Christologie" verweisen, konkret auf Das menschliche Wissen Christi, da hier Querbezüge zum diskutierten Thema bestehen.

Zum Menschsein gehört die Versuchung. Wo Versuchung nicht tatsächlich Versuchung ist - wegen der Unmöglichkeit ihr nachzugeben - wird das Menschsein verlassen.
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Juergen
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Re: Opfertheologie

Beitrag von Juergen »

lancelot hat geschrieben:Aber Jesus hatte keinen gefallenen, postlapsarischen menschlichen Willen, oder?
3.Konzil v. Konstantinopel hat geschrieben:...Ebenso verkünden wir gemäß der Lehre der heiligen Väter, daß sowohl zwei natürliche Weisen des Wollnes bzw. Willen als auch zwei natürliche Tätigkeiten ungetrennt, unveränderlich, unteilbar und unvermischt in ihm sind; und die zwei natürlichen Willen sind einander nicht entgegengesetzt - das sei ferne! -, wie ruchlose Häretiker behaupten; vielmehr ist sein menschlicher Wille folgsam und widerstrebt und widersetzt sich nicht, sondern ordnet sich seinem göttlichen und allmächtigen Willen unter; ...
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Re: Opfertheologie

Beitrag von Erich_D »

Juergen hat geschrieben:sondern ordnet sich seinem göttlichen und allmächtigen Willen unter; ...
Aber auch hier: insofern seinem menschlichen Willen sein göttliches Wollen erkenntlich und begreifbar war.

Hinterlegung des Jesus an sich 'gebührenden' und 'zugänglichen Wissens' beim Vater (Theodramatik II/2, 176): Die zweite göttliche Person ist Träger des menschlichen Wissens (wahrnehmbar am subjektiven Pol des menschlichen Bewußtseins) ("Ich und der Vater sind eins"). Sein menschliches Bewußtsein ist aber ganz auf den himmlischen Vater ("Abba") ausgerichtet (objektiver Pol). Die Hinterlegung bedeutet, daß trotz der Personeinheit in Jesus in ihm das menschliche Wissen vom göttlichen abgeschirmt ist. Was Jesus an einzelnem göttlichen Wissen zufließt, strömt ihm nicht von seinem Ich-Pol, sondern vom Vater her zu. Sein Bewußtsein, das ganz durch die Sendung bestimmt ist, ist identisch mit einem Bewußtsein, das ganz aus dem Glauben lebt. (Quelle: Schwager, Dogmengeschichte Christologie, Hans Urs v. Balthasar).
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Re: Opfertheologie

Beitrag von Juergen »

Erich Dumfarth hat geschrieben:Die Hinterlegung bedeutet, daß trotz der Personeinheit in Jesus in ihm das menschliche Wissen vom göttlichen abgeschirmt ist.
Mit solchen Sätzen bastelt man sich aber selbst eine schöne Rutschbahn, auf der man leicht auf die Nase fallen kann.

Das gesagte kann man so verstehen, daß dort eben nicht mehr gilt: ungetrennt, unveränderlich, unteilbar und unvermischt!
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Re: Opfertheologie

Beitrag von Erich_D »

Juergen hat geschrieben:
Erich Dumfarth hat geschrieben:Die Hinterlegung bedeutet, daß trotz der Personeinheit in Jesus in ihm das menschliche Wissen vom göttlichen abgeschirmt ist.
Mit solchen Sätzen bastelt man sich aber selbst eine schöne Rutschbahn, auf der man leicht auf die Nase fallen kann.

Das gesagte kann man so verstehen, daß dort eben nicht mehr gilt: ungetrennt, unveränderlich, unteilbar und unvermischt!
Dennoch ist der Gedankengang plausibel ... es sei denn, man würde unterstellen, dass bereits der Säugling in der Krippe sich seines Kreuzestodes bewusst sei; oder das die Rede "nahm zu an Weisheit" im Evangelium eine leere Floskel sei ... und andere sich daraus ergebende Widersprüche.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

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lancelot
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Beitrag von lancelot »

Ihr seid mir da ein bißchen schnell vom Willen zum Wissen gesprungen.

Beim Wissen Christi geht es darum, wann er was wusste, wie reflexiv er das wusste, was er über seine Präexistenz, über seinen Auftrag, über seine Sendung, über seine Zukunft, über Gott.

Beim Willen steht doch eher im Vordergrund, wie er sich zu dem, was er jeweils wusste, stellte, wie er seine Freiheit engagierte in Akten der Entscheidung (Versuchungen, aber auch die vielen harmlosen Entscheidungen "was tue ich als nächstes", "gehe ich links oder rechts", "benenne ich Judas zum Apostel", "ist Petrus der geeignete Primus der 12" etc., wie er sein Wissen und seine Entscheidung in sein Leben umsetzte.

Was die Freiheit des menschlichen Willens Jesu angeht, bin ich noch nicht überzeugt, denn ich denke, daß der Wille, wie wir ihn jetzt in uns haben, erbsündlich belastet ist, daß der Wille unter einer "Schwerkraft" leidet, die uns nach unten zieht und uns da lassen möchte, wo wir gerade sind.
Was aber, wenn diese Schwerkraft fehlt - und nach unserem Glauben hat sie bei Jesus, Maria, Adam und Eva gefehlt? Was, wenn die beiden Wege vor uns nicht mehr gleichwertig wären, sondern wir die Güte des richtigen und die Langeweile, Perversion, Zerstörungskraft des falschen sehen würden? Dann sähe die Situation ganz anders aus. Aber wäre nicht weniger frei.
Und wenn unser Wille nicht mehr unter der Schwerkraft leiden und wir eine richtige Entscheidung nicht dauernd überprüfen und revidieren möchten; wenn wir dann weitergehen würden, wären wir nicht weniger frei, sondern freier als jetzt - weil uns die Wahrheit frei machen könnte.

Bei Jesus (und Maria) können wir sehen, wie die Wahrheit frei macht und der Wille die Freiheit verwirklicht. (Und bei den Heiligen in einem menschlichen Spiegel auch: Ihr Entscheidungssituationen sind anders als meine, weil ihr göttlicher Geschmackssinn Gut und Böse, Richtig und Falsch, Gott und Welt leichter unterscheiden kann. Weil sie mehr "wissen und deshalb nicht Sklaven ihres Wissens, sondern Freigelassene in der Wahrheit sind.)

Aber ich gebe zu, das läßt mich jetzt mit der Frage nach der Versuchung Christi zurück, die ja nicht einfach eine Farce ist.

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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

lancelot hat geschrieben:Ihr seid mir da ein bißchen schnell vom Willen zum Wissen gesprungen.

Beim Wissen Christi geht es darum, wann er was wusste, wie reflexiv er das wusste, was er über seine Präexistenz, über seinen Auftrag, über seine Sendung, über seine Zukunft, über Gott.

Beim Willen steht doch eher im Vordergrund, wie er sich zu dem, was er jeweils wusste, stellte, wie er seine Freiheit engagierte in Akten der Entscheidung (Versuchungen, aber auch die vielen harmlosen Entscheidungen "was tue ich als nächstes", "gehe ich links oder rechts", "benenne ich Judas zum Apostel", "ist Petrus der geeignete Primus der 12" etc., wie er sein Wissen und seine Entscheidung in sein Leben umsetzte.

Was die Freiheit des menschlichen Willens Jesu angeht, bin ich noch nicht überzeugt, denn ich denke, daß der Wille, wie wir ihn jetzt in uns haben, erbsündlich belastet ist, daß der Wille unter einer "Schwerkraft" leidet, die uns nach unten zieht und uns da lassen möchte, wo wir gerade sind.
Was aber, wenn diese Schwerkraft fehlt - und nach unserem Glauben hat sie bei Jesus, Maria, Adam und Eva gefehlt? Was, wenn die beiden Wege vor uns nicht mehr gleichwertig wären, sondern wir die Güte des richtigen und die Langeweile, Perversion, Zerstörungskraft des falschen sehen würden? Dann sähe die Situation ganz anders aus. Aber wäre nicht weniger frei.
Und wenn unser Wille nicht mehr unter der Schwerkraft leiden und wir eine richtige Entscheidung nicht dauernd überprüfen und revidieren möchten; wenn wir dann weitergehen würden, wären wir nicht weniger frei, sondern freier als jetzt - weil uns die Wahrheit frei machen könnte.

Bei Jesus (und Maria) können wir sehen, wie die Wahrheit frei macht und der Wille die Freiheit verwirklicht. (Und bei den Heiligen in einem menschlichen Spiegel auch: Ihr Entscheidungssituationen sind anders als meine, weil ihr göttlicher Geschmackssinn Gut und Böse, Richtig und Falsch, Gott und Welt leichter unterscheiden kann. Weil sie mehr "wissen und deshalb nicht Sklaven ihres Wissens, sondern Freigelassene in der Wahrheit sind.)

Aber ich gebe zu, das läßt mich jetzt mit der Frage nach der Versuchung Christi zurück, die ja nicht einfach eine Farce ist.
Nun, auch der Stammvater unseres Geschlechts, den ursprünglich die erbsündliche "Schwerkraft" gleichfalls nicht belastete, war zur Sünde befähigt. Es heisst, Jesus wäre in allem uns gleich gewesen, ausser der Sünde. Wahrer Mensch und wahrer Gott. Ein Mensch, zur Sünde nicht fähig, ein Mensch, der nicht versucht werden kann, da er unter keinen Umständen seinen Weg nicht verliert, ist ein solcher Mensch tatsächlich in allem uns gleich? Er hat nicht gesündigt. Aber war er nie versucht?
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

Ralf

Beitrag von Ralf »

Erbitte von Moderatoren die Abtrennung des Willensteiles von der Thematik des Opfers (verdient zwei separate Threads) und anschließende Löschung dieses Beitrages. Danke.

Gast

Beitrag von Gast »

Zuletzt geändert von Gast am Samstag 5. Februar 2005, 19:15, insgesamt 1-mal geändert.

Ralf

Beitrag von Ralf »

Geronimo hat geschrieben:Ralf, mir ist nicht ganz klar geworden, um was es bei deiner Frage geht.
Geht es darum, dass mancherorts das Leben Jesu nicht als Gesamtheit seines Gehorsams und seines Opfers angesehen wird, sondern eine Art Trennung gemacht wird zwischen "sein Leben vorher" und "Kreuz"? Wäre ja nicht begründbar aus dem KK.
Oder habe ich deine Frage falsch interpretiert?
Liege ich falsch, wenn ich annehme, dass evtl. dahinter der gesamte Komplex von Fragen wie "hatte Jesus wirklich eine freie Entscheidung als Mensch" dräut?

Geronimo
Ich möchte das Thema noch einmal aufgreifen (und fordere immer noch eine Abspaltung der Debatte über den freien Willen Jesu, *protestier*).

Um den freien Willen Jesu geht es mir nicht.

Vielleicht kann ich das ganze anders ausdrücken: im Credo-Text (natürlich dem großen!) finden wir ja nichts von der gelebten Predigt Jesu. Wäre er, rein hypothetisch, ohne Bergpredigt, Tempelräumung, Heilungen etc. gestorben - aber mit Einsetzung der Eucharstie und Deutung seines Todes als Sühneopfer, so hätte man am Credo-Text nichts ändern müssen.

Wenn aber sein Leben, genauso konkret wie Er es lebte, schon unmittelbar Erlösung für uns war, dann fehlt da doch etwas, oder?

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Ralf hat geschrieben:
Ich möchte das Thema noch einmal aufgreifen (und fordere immer noch eine Abspaltung der Debatte über den freien Willen Jesu, *protestier*).

Um den freien Willen Jesu geht es mir nicht.

Vielleicht kann ich das ganze anders ausdrücken: im Credo-Text (natürlich dem großen!) finden wir ja nichts von der gelebten Predigt Jesu. Wäre er, rein hypothetisch, ohne Bergpredigt, Tempelräumung, Heilungen etc. gestorben - aber mit Einsetzung der Eucharstie und Deutung seines Todes als Sühneopfer, so hätte man am Credo-Text nichts ändern müssen.

Wenn aber sein Leben, genauso konkret wie Er es lebte, schon unmittelbar Erlösung für uns war, dann fehlt da doch etwas, oder?
Ach so. Diese Frage hab ich mir noch nie so gestellt - ich finde sie auch schwer zu fassen. Da würd ich gern noch mal weiter drüber diskutieren - ich weiß bloß nicht, wie und wo ich das Thema anpacken soll.
Kann man diese beiden Dinge überhaupt trennen, ohne dass einem geistig schwindlig im Kopf wird?

Platt gesagt - ohne diese Aktionen in seinem Leben wüssten wir wahrscheinlich gar nichts von ihm bzw. wäre er auch nicht bekannt geworden und hätte keine Jünger gehabt. Wer hätte also die Kunde von der Eucharistie weitergeben sollen? Ich weiß, das ist arg platt...
Das ganze klingt dann ein bißchen wie "Gott macht was, was zwar für uns gut ist, aber wir erfahren davon nichts."

Möglicherweise ist diese Trennung einfach künstlich. Ich lasse mich aber gern eines anderen belehren ...

Ralf

Beitrag von Ralf »

Geronimo schrieb hier zuletzt, er würde gerne weiter über das Thema (nicht die Frage des Willens oder Wissens Christi, sondern die nach der Erlösung durch die Menschwerdung als solche) diskutieren - ich auch.

Noch jemand?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ralf hat geschrieben:Wäre er, rein hypothetisch, ohne Bergpredigt, Tempelräumung, Heilungen etc. gestorben …
… dann wäre er nicht gekreuzigt worden.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ralf hat geschrieben:Erlösung durch die Menschwerdung
Durch „Menschwerdung“? Doch wohl nicht. Vielmehr durch das Vergießen Seines Blutes.
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Ralf

Beitrag von Ralf »

Sowohl als auch, Robert, das ist ja gerade der Knackpunkt meiner ganzen Frage: ist es denn redlich, die Erlösung auf den Kreuzestod zu "beschränken"?

Edith hatte ja den KKK zitiert, was ich hiermit noch einmal tue:
517 Das ganze Leben Christi ist Erlösungsgeheimnis. Die Erlösung wird uns vor allem durch das am Kreuz vergossene Blut zuteil [Vgl. Eph 1,7; Kol 1, 13-14; 1 Petr 1,18-19.], aber dieses Mysterium ist im ganzen Leben Jesu am Werk: schon in seiner Menschwerdung, in der er arm wird, um uns durch seine Armut zu bereichern [Vgl. 2 Kor 8,9.]; in seinem verborgenen Leben, das durch seinen Gehorsam [Vgl. Lk 2,51]unseren Ungehorsam sühnt; in seinem Wort, das seine Zuhörer läutert [Vgl. Joh 15,3.]; in seinen Heilungen und Exorzismen, in denen er ,,unsere Leiden auf sich genommen und unsere Krankheiten getragen" hat (Mt 8,17) [Vgl. Jes 53,4.]; in seiner Auferstehung, durch die er uns gerecht Vgl. Röm 4,25.].
Ist das Mysterium der Erlösung im ganzen Leben Jesu am Werk, weil dieses ganze Leben Passion ist oder weil es eine Botschaftt der Liebe ist? Oder gar kein "oder", sondern "und"?

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Edi
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Beitrag von Edi »

Das Erlösungsmysterium ist im ganzen Leben Jesu wirksam gewesen, nur war das Kreuzopfer der Höhepunkt seiner Hingabe. Jesus hat ja vor seinem Kreuzopfer geheilt, Sünden vergeben, Dämonen ausgetrieben usw., was der genannte Text im KK auch ausdrückt.
Jesus ist aus der Herrlichkeit des Vaters gekommen und dieser grossen Herrlichkeit gegenüber ist das irdische Leben schon ein grosses Opfer. Opfer und Liebe gehören auch immer zusammen.
Zuletzt geändert von Edi am Montag 27. September 2004, 22:43, insgesamt 1-mal geändert.

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