Dogma und Häresie

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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FioreGraz
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Dogma und Häresie

Beitrag von FioreGraz »

Konkret bezieht sich meine Frage und These auf "Ineffabilis Deus". So heißt es am Ende
....Wenn also jemand, was Gott verhüten wolle, anders, als von Uns entschieden ist, im Herzen zu denken wagt, der soll wissen und wohI bedenken, daß er sich selbst das Urteil gesprochen hat, daß er im Glauben Schiffbruch erlitten hat und von der Einheit der Kirche abgefallen ist. Alle diese verfallen außerdem durch ihre Tat schon den vom kirchlichen Rechte bestimmten Strafen, wenn sie das, was sie im Herzen sinnen, mündlich oder schriftlich oder auf was immer für eine Weise nach außen hin zur Kenntnis zu geben wagen....
Nun stellt sich das für mich als Kompetenzüberschreitung des Papstes dar, wenn es nicht sogar als der Häresie verdächtig zu gelten hat. Den meines erachtens greift er hier einerseits unzulässig auf das Gewissen zu, verbietet defacto Glaubenszweifel und sich mit jemanden darüber "auszutauschen". Denn durch die Einfügung "im Herzen" und "...mündlich oder schriftlich...." richtet sich das nicht nur an "publizierende" Häretiker sondern auch an Otto Normalverbraucher. Für mich stellt sich das folgendermassen dar.

Ein Eingriff in der Größenordnung in die Gewissensfreiheit ist meines erachtens der Häresie verdächtig.
Das Verbot von Glaubenszweifeln bzw. Hinterfragen und einsetzen der Vernunft zur Klärung ist Häretisch.
Das Verbot sich an jemanden zu wenden mindestens ein Ärgernis.

Dmezufolge können auch in päpstlichen unfehlbaren Bullen "Fehler" stecken?

LG
Firoe
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas

maliems
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Hallo Fiore

Beitrag von maliems »

ohne, dass ich jetzt die Stelle nachgelesen hätte, kurz aus der "Lamäng", wie der Rheinländer sagt:

1. Zunächst sind die starken Worte natürlich Warnung.

2. "Im Herzen denken" und "wissen, dass er von der Kirche abgefallen ist", ist beides ein innerlicher, privater Vorgang und meint kein kanonistisches Urteil. Auf den ersten Blick scheint mir "im Herzen denken" prägnant formuliert zu sein für "sich sicher sein, dass". Man müßte den Sprachgebrauch untersuchen. Ich glaube aber nicht, dass das hier gemeinte "Denken" ein modernes unverbindliches "Ausprobieren" ist. Auch der lateinische Text wäre heranzuziehen.

3. Auch das Wort "mündlich" verstehe ich hier prägnant. Es geht nicht um ein ehrliches privates Gespräch, sondern um mündliche "Propaganda".

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Robert Ketelhohn
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Re: Hallo Fiore

Beitrag von Robert Ketelhohn »

maliems hat geschrieben:der lateinische Text wäre heranzuziehen
corde sentire
verbo aut scripto vel alio quovis externo modo significare
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

man sieht an dieser geschichte sehr schön das der allmächtige humor hat den der Bulle ist ja nicht irrtumsfrei sondern nur das Dogma trotzallem ist der sel. Pius IX kein Haeretiker er hat sich damit einfach geirrt genau so qwie JP IIin Catechese Tradendae irrt wenn er schreibt
i das sich der >Hl. Geist nicht weigert haeretiker als Mittel des Heils zu gebrauchen nähmlich direkt und nicht indirekt dann ist das falsch

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Öööhm … ist der Allmächtige Brite???
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maliems
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modo externo

Beitrag von maliems »

Danke für den lat. Formulierungen.

Die Formulierung "modo externo" belegt meinen o.g. Gedanken.

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taddeo
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Beitrag von taddeo »

Hier wird wohl auch der Rechtsgrundsatz gelten "de internis non iudicat praetor" - der Richter urteilt nicht über das Innere (eines Menschen).

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incarnata
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Beitrag von incarnata »

Ich denke nicht,daß damit das Zweifeln verboten wird,sondern nur das
Beharren auf einem der Lehre der Kirche zuwider laufenden Irrtum,insbesondere
wenn dies schriftlich und in aller Öffentlichkeit geschieht.
ZB.sind die Leute,die immer von ihrem jesuanischen Denken reden aber
die "Anbetung des Brotes" leugnen,was ja de facto heißt,sie glauben nicht
daran,daß Jesus Christus unter dem Zeichen der Eucharistie reell gegenwärtig
ist meines Erachtens keine Katholiken mehr,auch wenn sie einen katholischen
Taufschein haben.
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende
Licht aus der Höhe.......(Lk1,76)

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