Nietenolaf hat geschrieben:Wie sollte das ein Kreislauf werden, wenn Gott Vater und Gott Sohn beide den Geist ausgehen lassen, und damit eine Gemeinsamkeit untereinander besitzen, die Gott, der Heilige Geist, dann ja nicht hat. In Wahrheit zerstört das Filioque die Monarchie des Vaters und bringt nichts als Verwirrung: ist das Aussenden des Geistes keine hypostatische, sondern eine wesentliche (ousia) Eigenschaft Gottes, dann hätten wir inklusive der Ousia sowas wie eine "Quatrität"... nicht?
Richtig, von einem Kreislauf kann man nicht reden. Wohl freilich von innertrinitarischer Kommunikation. – Das filioque kann so gedeutet werden, daß es die Monarchie des Vaters zerstörte. Dies ist aber von der westlichen Lehrmeinung nicht so intendiert. Der heilige Augustinus versucht es – um eine theologische Meinung zu äußern, kein Dogma zu formulieren – folgendermaßen auszudrücken: Der Vater habe alles, was er hat, dem Sohn übergeben. Der Sohn aber habe alles, was er hat, vom Vater. So könne man sagen, daß kraft väterlicher Zeugung der Geist auch vom Sohne ausgehe, ohne die Monarchie des Vaters als der (ontologischen, nicht chronologischen) Erstursache begrifflich zu untergraben.
Ich halte das (aus dem Gedächtnis wiedergegeben, doch dürfte es ungefähr stimmen) für eine wohlbegründete, ganz orthodoxe, freilich auch hochspekulative theologische Meinung.
Mit der Formulierung »ist das Aussenden des Geistes keine hypostatische, sondern eine wesentliche (ousia) Eigenschaft« habe ich Verständnisschwierigkeiten. Meinst du die Frage, ob der Hervorgang des Geistes aus dem einen Gott in seinem göttlichen Wesen oder aus einer Hypostase „geschieht“? – Da der Geist ebenso Hypostase der Trinität ist wie der Vater und der Sohn, kann sein Hervorgang nur auf der hypostatischen Ebene und nicht auf der ontischen stattfinden. Die oben skizzierte Meinung Augustins vermeidet es jedoch gerade, den Hervorgang des Geistes auf die ontische Ebene der Gottheit an sich zu verlagern.
Du solltest aber vermeiden, von Sendung zu reden, wenn du Hervorgang meinst. Die Sendung gehört in die Ökonomie, der Hervorgang zum hypostatischen Dasein. Ähnlich problematisch (aber natürlich nicht immer zu vermeiden) ist die Rede von Eigenschaften Gottes, weil wir gewohnt sind, Eigenschaften im Sinne eines Aristoteles, Porphyr und Boëthius (auch ohne je davon gehört zu haben) als Akzidentien zu begreifen. Eigenschaften Gottes aber gehören zum Sein. Gott hat eine Eigenschaft nicht, er ist das.
Overkott hat geschrieben:Tatsächlich sehen wir, dass Gott das Sein und die Zeit ist.
Die Zeit sicher nicht. Im Gegenteil, die Zeit ist gar nicht. Sie ist nur ein gedankliches Konstrukt zur Beschreibung der Wandelbarkeit des geschöpflichen Seins.
Overkott hat geschrieben:Dabei bezeichnet der Name Jawhe ("Ich bin") das Sein. Das Sein aber offenbart sich als die Zeit ("Offb 1,8 Ich bin das Alpha und das Omega, spricht Gott, der Herr, der ist und der war und der kommt, der Herrscher über die ganze Schöpfung.")
Du bringst hier die ontische Ebene mit der Ökonomie durcheinander. Inwieweit das Sein Gottes selbst sich überhaupt offenbare, lassen wir einmal beiseite. Jedenfalls offenbart Gott sich. Jedoch nicht als Zeit – das wäre ein merkwürdiger Gott, der morgen vergangen ist, der nie beständig ist; oder müßte man an die drei Nornen denken, eine ganz neuartige Trinität? –, sondern in der Zeit, oder besser noch: in der Geschichte. Aus unserer Sicht, versteht sich. Wir sind bei der Ökonomie. Aus Gottes Sicht ist es anders, er umfaßt all unsere Zeit, ihm ist all unsere Geschichte zugleich Gegenwart. – Dein Schriftzitat ist keine Selbstoffenbarung Gottes über sein Sein, sondern anthropomorphe Redeweise, welche für uns die göttliche Ökonomie offenbart.
Overkott hat geschrieben:Gott als das Sein und die Zeit verstehen wir trinitarisch im Bild des ewigen Kreislaufs und kommunikativen Austauschs zwischen Vater und Sohn im Geist der Liebe.
Zu Gott als Zeit habe ich oben schon das Nötige ausgeführt. – Die Idee vom ewigen Kreislauf – der verfehlterweise ja auch Zeitlichkeit voraussetzt oder umgekehrt dieser irrigen Voraussetzung entsprungen ist – ist dem christlichen Denken und Glauben fundamental entgegengesetzt. Weder inntergöttlich noch heilsgeschichtlich gibt es „ewige Kreisläufe“. Solches wähnten allein die Heiden.
Ferner besteht bei dieser Zwischenstellung des Geistes als eines kommunikativen Movens zwischen Vater und Sohn die Gefahr, den Geist auf eine niedere Ebene zu drücken und zu entpersonalisieren. Das ist nicht notwendig und spricht auch nicht gegen eine Beschreibung des Geistes als innertrinitarischer Liebe, aber der Gefahr müssen wir uns bewußt bleiben.
Overkott hat geschrieben:Dabei stellen wir uns den Heiligen Geist als Person … vor, … eigenständig wie Vater und Sohn.
Richtig, dieser Zusatz war an dieser Stelle wichtig.
Overkott hat geschrieben:Gott ist also nicht Monarchie, sondern Gebetsgemeinschaft.
Das eine schließt das andere nicht aus, wobei der Begriff der „Gebetsgemeinschaft“ kühn ist, als Bild aber nicht unzulässig. Monarchie besteht aber jedenfalls: innertrinitarisch die Monarchie des Vaters (ohne Höherrangigkeit zu meinen), ökonomisch die Königsherrschaft Gottes.
Overkott hat geschrieben:… in der der Sohn dem Vater im Heiligen Geist wesensgleich und gleichwertig ist..
Erliegst du der oben angedeuteten Gefahr hier doch? – Auch der Geist ist wesensgleich dem Vater und dem Sohn.
Overkott hat geschrieben:Und um die griechischen Begriffe aufzugreifen: Wir sehen also, dass sich Gott als Ousia ("Sein") in drei Hypostasen ("Personen") offenbart.
Hier mischen sich jetzt drei Ebenen fröhlich drunter und drüber. Vielleicht meinst du das Richtige. Es wird mir aber nicht ganz klar. Also: Erstens ist Gott seinem Wesen nach nur Einer. Dies göttliche Wesen teilt sich als solches nicht mit, Spezialfragen einmal außer Acht gelassen. Dieser eine Gott ist aber für sich bereits ein lebendiger Gott, ein kommunikativer, liebender, kurz: trinitarischer. Das ist die Ebene der Hypostasen, die innertrinitarische Ebene. Schließlich teilt Gott sich nach außen mit. Er erschafft die Welt und den Menschen und offenbart sich diesem. Das ist die ökonomische Ebene. Die Trinität spielt dabei insofern eine Rolle, als Gott sich in Hypostasen offenbart. Die Hypostasen subsistieren aber ganz unabhängig von solcher Offenbarung und sind nicht etwa deren Folge oder Begleiterscheinung.
Hieromonach hat geschrieben:Lieber Overkott, was verstehst Du unter "hervorgang" (Ausgang) und "senden).
Das ging schon oben bei Nietenolaf ein wenig durcheinander. Aber du hast recht, daraufhinzuweisen: Wie ich oben versucht habe darzustellen, ist begriffliche Exaktheit hier sehr wichtig. Wir dürfen nicht die verschiedenen Ebenen vermengen.
Overkott hat geschrieben:Lieber P. Theodoros, unter Hervorgang, Ausgang und Senden verstehe ich Offenbarung.
Also war die Nachfrage mehr als berechtigt, denn dies Verständnis ist irrig. Wie oben dargestellt, ist der Hervorgang von der Sendung strikt zu scheiden.
Overkott hat geschrieben:Lieber P. Theodoros, steht denn in der Stelle nicht: "den ich euch... senden werde"? Wie könnte denn der Sohn den Geist senden, wenn er nur vom Vater ausginge?
Sendung gehört in die Ökonomie. Der innertrinitarische Hervorgang ist völlig unabhängig von jeder Schöpfung und jedwedem Geschöpf. Ich bitte um Nachsicht, daß ich das nun schon mehrfach wiederhole, aber der Unterschied ist fundamental und will begriffen sein.