Rudolf Bultmann auf dem Sterbebett

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Lutheraner
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Re: "Bekehrung" Bultmanns

Beitrag von Lutheraner »

WalterHpbg hat geschrieben:Man braucht ja nur lesen, wo das Zitat herstammt, dann weiß man Bescheid.
Da stehen handfeste Interessen dahinter, weil man offensichtlich nicht damit klar kommt, dass ein gelehrter und frommer Exeget anders denkt als man sich das vorstellen kann.
Bultmann hat Wichtiges geleistet für die Christen und ihrem Umgang mit der Schrift. Auch wenn man anderer Meinung ist, hat man nicht das Recht, ihn zu verleumden oder sein Andenken mit falschen Aussagen zu beschmutzen. Der, der einen anderen beleidigen will, beschmutzt sich nur selbst.
Walter
Hallo Walter,

ich denke, dass man die Wahrheit an den Früchten erkennen kann. Hat Bultmanns Lehre dem Christentum gedient, die Verbreitung des Glaubens gefördert und das Christentum wieder erstarken lassen?
Ich glaube nicht.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Das glaube ich auch nicht. Meiner Meinung nach war es ein Schritt, die "normalen Protestanten" (Lutheraner, Calvinisten etc.) auf den Sumpf eines relativierenden Glaubens, in dem selbst Christus nur noch symbolisch ist, zuzuziehen.
Aber das hat er wohl nicht gewollt.
???

Willibald
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Beitrag von Willibald »

Leider muss ich gestehen, dass ich die gesamte Diskussion hier nicht verstehe, denn soviel ich weiß versuchte Bultmann doch die Bibel so zu verstehen, dass in ihr alle mythischen Elemente fehlen. So legte er z.B. Wert darauf, dass im bibl. Schöpfungsbericht die Himmelskörper in ihrer Funktion für den Menschen "rational" verstanden werden und nicht wie in anderen Kulturkreisen selbst göttliche Qualität hatten. Was für die Himmelskörper sicher auch stimmte, wohl aber nicht für z.B. die Schilderung von der Erschaffung des Menschen, die deutlich mythische Züge trägt. Insofern glaube ich auch, dass sich Bultmann geirrt hat, aber warum er hier quasi den Antichrist geben muss leuchtet mich überhaupt nicht ein. Was bedeutet es denn für euch, dass Gott den Menschen aus Lehm geschaffen hat? Wie lest ihr diese mythische Erzählung? Ist mit der Herabwürdigung Bultmanns irgendetwas erklärt?
Außerdem glaube ich, dass hier die Dimension der Theologie nicht ganz klar gesehen wird. Theologie ist als (Glaubens-)Wissenschaft eben auch und vor allem Wissenschaft und im wissenschaftlichen Geschäft ist es nun mal so, dass jemand einen Vorschlag macht und ihn zur wissenschaftlichen Diskussion stellt. Entweder der Vorschlag bewährt sich, oder nicht. In diesem Forum wird so häufig die moralische Keule geschwungen, dass ich für die hilflosen Versuche Bultmann damit in Schutz zu nehmen, dass er dass alles doch auch nicht gewollt habe, richtig dankbar bin.
Aber noch mal meine Frage, wie läßt sich die mythologische Aussage "Gott hat den Menschen aus Lehm geschaffen" denn verstehen, wenn die Bibel "Gottes Wort" ist, wie mancher nicht müde wird zu betonen?

LG
Willibald

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

anneke6 hat geschrieben:Das glaube ich auch nicht. Meiner Meinung nach war es ein Schritt, die "normalen Protestanten" (Lutheraner, Calvinisten etc.) auf den Sumpf eines relativierenden Glaubens, in dem selbst Christus nur noch symbolisch ist, zuzuziehen.
Beileibe wohl nicht nur die Protestanten, sonst hätte der Papst in "Jesus von Nazareth" nicht so ausführlich versucht die Rationalisten und Entmythologisierer zu widerlegen (für mich ist dies das Kernthema des Buches).
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Willibald hat geschrieben:Ist mit der Herabwürdigung Bultmanns irgendetwas erklärt?
Nein. Man muß seine Thesen natürlich widerlegen. Als Argument reicht natürlich auch nicht (nur) die Aussage, dass sie glaubensschädigend waren.
Willibald hat geschrieben: Außerdem glaube ich, dass hier die Dimension der Theologie nicht ganz klar gesehen wird. Theologie ist als (Glaubens-)Wissenschaft eben auch und vor allem Wissenschaft und im wissenschaftlichen Geschäft ist es nun mal so, dass jemand einen Vorschlag macht und ihn zur wissenschaftlichen Diskussion stellt. Entweder der Vorschlag bewährt sich, oder nicht.
Das ist richtig. Darüber können Theologen diskutieren. Nur wenn Religionslehrer und Pfarrer diese Thesen unreflektiert den Gläubigen unterjubeln, dann ist das ein Problem.
Willibald hat geschrieben: Aber noch mal meine Frage, wie läßt sich die mythologische Aussage "Gott hat den Menschen aus Lehm geschaffen" denn verstehen, wenn die Bibel "Gottes Wort" ist, wie mancher nicht müde wird zu betonen?
"Da machte Gott der HERR den Menschen aus Erde vom Acker (...)"
(Genesis 2,7)

Gehen wir einfach mal vom Urknall aus. Dann war da am Anfang ein Haufen Staub und Gas, daraus bildete sich irgendwann unser Planet, aus dem Staub wurde Erde, auf der die Pflanzen wuchsen, dann kamen die Tiere (zuerst im Meer, dann auf dem Land) und anschließend der Mensch. Ohne Erde kein menschliches Leben. Wir sind aus Erde und werden wieder zu Erde. Schau mal auf dem Friedhof nach ;-)

Die ganze Schöpfungsgeschichte ist mit unseren heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen vereinbar. Ich sehe da keine Gegensätze. Nur auf die Schnelle ein paar Auszüge:

"Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde"
Zuerst wurde der Himmel (also das Universum an sich) erschaffen, danach der Planet Erde. Stimmt.

"Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe"
Die Erde war in ihrer ersten Entstehungsphase einen Staubmantel gehüllt.

und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.
Festes Land gab es in der Frühzeit der Erde noch nicht.

"Und Gott sprach: Es wimmle das Wasser von lebendigem Getier, und Vögel sollen fliegen auf Erden unter der Feste des Himmels"

Das Leben entstand zuerst im Wasser.

"Und Gott sprach: Die Erde bringe hervor lebendiges Getier, ein jedes nach seiner Art: Vieh, Gewürm und Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art. Und es geschah so. 25 Und Gott machte die Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art, und das Vieh nach seiner Art und alles Gewürm des Erdbodens nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war. 26 Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen"

Die Schaffung der Tierarten (aber vielleicht nicht ihre Entwicklung), war abgeschlossen, als der Mensch geschaffen wurde.
Nach Schaffung des Menschen entstand keine neue Tierart mehr.

Ich bin kein Biologe oder Geologe, aber das passt doch so alles, oder?
Überlege mal wie alt der Text ist und wie jung unsere heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse sind, mit denen die in der Genesis gemachten Aussagen übereinstimmen. Wenn das keine Offenbarung Gottes ist, was dann?
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Protagoras
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Beitrag von Protagoras »

Lutheraner hat geschrieben:Ich bin kein Biologe oder Geologe, aber das passt doch so alles, oder?
Überlege mal wie alt der Text ist und wie jung unsere heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse sind, mit denen die in der Genesis gemachten Aussagen übereinstimmen. Wenn das keine Offenbarung Gottes ist, was dann?
Diese oft gehörte Argumentation finde ich immer nicht so doll. Dass lt. Gen. 1, 11 f. die Erde Gras und Kraut aufgehen ließ, bevor (Gen, 1, 14 ff.) die Sonne erschaffen wurde, ist mit unseren heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht so recht in Einklang zu bringen.

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Gerade dies wird von "creationists" als Argument dafür angeführt, daß es sich um reelle Tage gehandelt hat, und nicht um Jahrhunderte oder Jahrtausende, weil sonnst die Pflanzen gestorben werden.
Was wir bei alldem aber nicht vergessen dürfen, ist daß Gott nicht an die Naturgesetze gebunden ist, sonst hätte Jesus nicht Wasser in Wein verwandeln oder Lazarus von den Toten auferwecken können.
???

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

anneke6 hat geschrieben:Gerade dies wird von "creationists" als Argument dafür angeführt, daß es sich um reelle Tage gehandelt hat, und nicht um Jahrhunderte oder Jahrtausende, weil sonnst die Pflanzen gestorben werden.
Was wir bei alldem aber nicht vergessen dürfen, ist daß Gott nicht an die Naturgesetze gebunden ist, sonst hätte Jesus nicht Wasser in Wein verwandeln oder Lazarus von den Toten auferwecken können.
Theoretisch gesehen könnte auch Gott die ganzen Naturgesetze, auf Grund die Wissenschaft heute ihre Rückschlüsse zieht, erst nach und nach geschaffen haben bzw. näher bestimmt haben, so dass es letztlich wissenschaftlich nicht feststellbar ist, wie alt die Erde ist, wie lange die Schöpfung dauerte und wie, was und wann geschaffen wurde. Gott könnte ja auch Sterne X Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt geschaffen und gleichzeitig dafür gesorgt haben, dass deren Licht auf die Erde auch sofort ankommt. In dem Fall wäre es falsch aufgrund der Lichtgeschwindigkeit oder der Entfernung Rückschlüsse auf das Mindestalter zu schließen.

Ich habe mir es jedenfalls angewöhnt, Gott als Schöpfer des Himmels und der Erde und den Menschen als Krönung der Schöpfung nach Gottes Ebenbild zu bekennen, ohne näher auf die Art und Weise sowie die Dauer der Schöpfung bzw. auf die einzelnen Schritte einzugehen. Aufgrund von naturwissenschaftlichen „Erkenntnissen“ darf darüber kein Urteil gefällt werden, weil Gott nicht an Naturgesetzen gebunden ist. Da hat Anneke vollkommen Recht. Daher ist es auch vorstellbar, dass Gott vor 6000 Jahren innerhalb von 6 Tagen den Weltall und die Erde nach Genesis geschaffen hat.

Willibald
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Beitrag von Willibald »

Vielen Dank für die Antwort(en). Wenn sich der "Schöpfungsbericht" so verstehen lässt, sind wir da nicht weit auseinander. Was allerdings die Creationisten betrifft, kann ich mich nur wundern, dass der mythologische Text versucht wird wörtlich zu verstehen, wo es doch zwei - in Teilen - sehr unterschiedliche "Berichte" gibt, die ein und den selben Sachverhalt darlegen wollen.
Zu Bultmann: Dass seine Thesen bei Gläubigen zu Irritationen geführt haben, ist sicher richtig, vermutlich aber auch kaum vermeidbar. Jedenfalls dann, wenn es keine Pfarrer gibt, die sich um diese Erkenntnisse vermittelnd bemühen und nicht in falscher Apologetik unhaltbare Positionen verteidigen wollen. Und außerdem: Wieviel Schaden ist von Geistlichen im Laufe der Jahrhunderte angerichtet worden?! Angefangen beim "lieben Gott, der alles sieht, auch wenns in finstrer Nacht geschieht" bis hin zur Erbsündenlehre mit deren (falscher) Auslegung Generationen von der Kanzel herab(!) als sündige, unwürdige Würmer herabgewürdigt wurden. Da war nichts mehr vom befreienden Gott JHWH zu erkennen, der für alle Menschen Leben in Fülle will.

Darum: Gnade (ich meine Verständnis) für Bultmann! Sire, gewähren sie Gedankenfreiheit!

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Edi
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Beitrag von Edi »

Was Bultmann zur Schöpfungsgeschichte geschrieben hat, ist mir nicht bekannt. Möglicherweise ist das auch weniger wichtig.
Dass er aber Texte des NT als Mythologie und quasi als Erfindung der Verfasser der NT-Schriften hinstellt, ist ganz einfach verwerflich.

Wenn Jesus Gott ist und das ist er für uns Christen, dann kann man ihn nicht aus rein menschlicher Sicht betrachten, denn Gott, dem Schöpfer stehen ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung als uns Menschen oder aber er wäre kein Gott. Gott auf die Stufe eines Menschen herabzuziehen, das ist der Wahn vieler und zu denen gehört auch Bultmann. Daher hat er sein Urteil schon bekommen, falls er nicht noch vor seinem Tode umgekehrt ist.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Hallo Willibald,

ich wollte gerade einen längeren Beitrag schreiben, über meine persönliche Erfahrung mit den Bultmannianern in meiner Jugend, aber ich mag keine langen Beiträge. Also versuche ich es kurz zu fassen: Das Christentum darf nicht der Vernunft und dem aktuellen wissenschaftlichen Stand untergeordnet werden, sondern es muss in zeitgemäßer Sprache vermittelt werden. Das haben Bultmann und seine Schüler nicht verstanden.
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Protagoras hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:Ich bin kein Biologe oder Geologe, aber das passt doch so alles, oder?
Überlege mal wie alt der Text ist und wie jung unsere heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse sind, mit denen die in der Genesis gemachten Aussagen übereinstimmen. Wenn das keine Offenbarung Gottes ist, was dann?
Diese oft gehörte Argumentation finde ich immer nicht so doll. Dass lt. Gen. 1, 11 f. die Erde Gras und Kraut aufgehen ließ, bevor (Gen, 1, 14 ff.) die Sonne erschaffen wurde, ist mit unseren heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht so recht in Einklang zu bringen.
Ich verstehe den Schöpfungsbericht so, dass er aus der Perspektive der Erde berichtet. Erst wurde das Universum und daraus die Erde (Vers 1) erschaffen. Die Erde war in einen Staubmantel gehüllt. In den Versen 3 bis 5 heißt es: "Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. 4 Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis 5 und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht"
Langsam drang Licht durch den Staubmantel und dadurch konnten sich die ersten Pflanzen entwickeln. In Vers 14 geht es weiter: "Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre 15 und seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf die Erde. Und es geschah so. 16 Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch die Sterne. 17 Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie schienen auf die Erde 18 und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, dass es gut war.
Irgendwann war der Staubmantel so weit verflüchtigt, dass man von der Erde aus Sonne, Mond und nachts die Sterne erkennen konnte (die es natürlich schon vorher gab, ihre Erschaffung ist in Vers 1 angedeutet. Vers 3 würde ohne der Existenz von Sonnen auch keinen Sinn ergeben).

Klar, das ist jetzt alles Interpretation von mir, aber diese Interpretation ist eigentlich nicht weit hergeholt. Man muss sich überlegen, welche Leserschaft dieser Text hatte - ein weitgehend völlig ungebildetes Nomadenvolk. In welchen Worten würde man das, was unsere Wissenschaftler heute in unserer Sprache, in unserem Denken und für unser Bildungsniveau ausdrücken, für dieses Volk ausdrücken? Das kann sich jeder mal selbst überlegen. Wahrscheinlich käme dabei dabei etwas sehr ähnliches wie die Genesis heraus.
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Willibald
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Beitrag von Willibald »

Edi hat geschrieben: Daher hat er sein Urteil schon bekommen, falls er nicht noch vor seinem Tode umgekehrt ist.
Diese Gewissheit, die hier im Forum so oft begegnet macht mich fast irre. Rechnest du nicht damit, dass uns der gütige und gnädige Gott mit mancherlei Überraschungen segnen kann? Zumal, wenn sich jemand so ernsthaft um seinen Glauben bemüht hat wie Bultmann. Ich kann mir so gut vorstellen, dass der Gott an den wir glauben diejenigen entäuschen wird, die Bultmann brennen sehen (wollen). Aber ich rechne auch damit, dass er mich überrascht.

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Willibald

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Im Gegensatz zu einem offiziellen Kanon der Heiligen kennt die kath. Kirche keinen offiziellen Kanon der Verdammten.
Aber spekuliert haben die Leute schon öfters. Michelangelo stellte bei seinem Bild vom Jüngsten Gericht einen Mann, der ihm ein Darlehen verweigert hatte, unter die Verdammten. ;)
Im Tagebuch der hl. Faustyna steht, sie habe die Hölle gesehen, und darin auch Leute wiedererkannt, nämlich solche, die nicht an die Hölle geglaubt hatten.
Aber in dieser Hinsicht ist unser Freund Bultmann wohl unschuldig, denn die Hölle wurde durch die Entmythologisierung doch nicht abgeschafft, oder?
???

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Edi
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Beitrag von Edi »

Willibald hat geschrieben:
Edi hat geschrieben: Daher hat er sein Urteil schon bekommen, falls er nicht noch vor seinem Tode umgekehrt ist.
Diese Gewissheit, die hier im Forum so oft begegnet macht mich fast irre. Rechnest du nicht damit, dass uns der gütige und gnädige Gott mit mancherlei Überraschungen segnen kann? Zumal, wenn sich jemand so ernsthaft um seinen Glauben bemüht hat wie Bultmann. Ich kann mir so gut vorstellen, dass der Gott an den wir glauben diejenigen entäuschen wird, die Bultmann brennen sehen (wollen). Aber ich rechne auch damit, dass er mich überrascht.
So, Bultmann hat sich ernsthaft um den Glauben bemüht, vielleicht so ernst wie die Schriftgelehrten oder? Was nützt es denn, wenn sich ein Mensch zeitlebens mit seinen eigenen Vorstellungen über Gott beschäftigt, statt sich an dem zu orientieren, was die Kirche seit den Tagen der Apostel zu dem Thema sagt und sich demütig dem zu unterwerfen, der unser Schöpfer ist und der höher ist als unser eigener Verstand es je erfassen kann.

Da bleibt doch nur der Eindruck bestehen, jemand wolle sich selber erheben und partout etwas Neues erfinden, etwas was es zudem ohnehin längst gegeben hat, denn Zweifler gab es in der Geschichte genug. Bultmann gilt nur unter seinesgleichen etwas wie es bei andern Theologen zum Teil ebenso ist.

Vielleicht hätte Bultmann richtig beten sollen statt sich allzuviele eigene Gedanken zu machen und selbstersonnene Erklärungen zurechtzufeilen, denn durch das Gebet offenbart sich Gott dem Menschen auch noch heute. Die Menschen wollen nicht mehr vor Gott im Staub liegen, das ist das Problem und darum erlangen sie auch nicht die Freiheit der Kinder Gottes. Erst kommt die Buße, die Umkehr, dann erst die Freude am Herrn.

Übrigens braucht der Mensch auch eine bestimmte Glaubensgewissheit (Hiob: "Ich weiß, das mein Erlöser lebt"), auch wenn uns immer wieder auch Zweifel und Versuchungen plagen können.

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