Wohin führen die religiösen Institutionen die Menschen?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Wendelin
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Wohin führen die religiösen Institutionen die Menschen?

Beitrag von Wendelin »

Eine Frage die mich durchaus beschäftigt und auf die ich keine klare Antwort parat habe...eher Vermutungen...

Z.B.: jene:

Die verschiedenen religiösen Institutionen bieten eine Heimat;
Damit eine gewisse Sicherheit;
Die gerade bei der denkenden Annäherung an das Leben doch schnell abhanden kommen kann...

Aber wie denkt Ihr darüber?
Wir bauen Bilder vor dir auf wie Wände;
so dass schon tausend Mauern um dich stehn.
Denn dich verhüllen unsre frommen Hände,
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HeGe
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Beitrag von HeGe »

Meinst du damit, dass viele von der vermeintlichen Sicherheit und Stabilität einer religiösen Institution angezogen werden, die bei näherer Betrachtung in Wirklichkeit gar nicht existiert?
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Wendelin
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Beitrag von Wendelin »

Ja das glaube ich (aus eigener Erfahrung) schon, dass viele durch die religiösen Institutionen Sicherheit und Stabilität erfahren, und das dies durchaus eine reale Erfahrung ist.
Die Frage ist nur wohin führt das?
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HeGe
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Beitrag von HeGe »

Es kommt m.E. auf die dahinter stehende Intention an. Wenn ich Stabilität und Ordnung suche, um innerhalb dieses Rahmens Gott besser zu erkennen, ist das gut, wenn ich sie nur suche, um hier auf der Erde ein vermeintlich schöneres Leben zu haben, ist das eher zweifelhaft und führt meistens zu Enttäuschung.
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Wendelin
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Beitrag von Wendelin »

Es ist wohl gar nicht so leicht die eigene Intention zu erkennen.
Und rel. Institionen als Rahmen sozusagen zu "benutzen" um Gott näherzukommen finde ich ja auch okay.

Allerdings glaube ich ein gewisses Muster zu erkennen das in allen religiösen Institutionen ähnlich ist. Nähml. das etwas sehr eigenständiges entsteht was ja auch nicht gleich schlimm sein muß.

Im Buddhismus wird oftmals diese Krücke als Floß bezeichnet mit dem man das andere Ufer erreichen kann. Wenn dies erreicht sei könne man das Floß zurücklassen.
Ich vermute mal das viele Buddhisten es sich ganz gemütlich eingerichtet haben auf dem Floß...trotz klarer Bezeichnung als Hilfsmittel.
Wohin führt nun dieses Leben auf dem Floß?
Wohin führt die Kirche die Menschen?

Wendelin
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HeGe
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Beitrag von HeGe »

Aufgabe der Kirche und der religiösen Institutionen ist die Hinführung zu Gott oder wenigstens, diesem Weg einen nährhaften Boden zu bereiten und ein wenig die richtigen Bahnen zu weisen.

Dies ersetzt aber nicht die persönliche Öffnung jedes Einzelnen oder seine persönlichen Bemühungen, zu Gott zu kommen.

Innerhalb einer religiösen Gemeinschaft wird diese persönliche Öffnung zu Gottes Wort aber in gewissem Umfang immer wieder überprüft, sei es durch persönliche Gespräche in der Beichte oder mit dem Oberen oder in der kritischen Beurteilung des Verhaltens. Jemand, der seine Suche aufgegeben hat und es sich im Kloster nur noch gemütlich macht, wird vermutlich irgendwann auffallen.

Aber hier fehlt es mir auch an der persönlichen Erfahrung.

Ob die Kirche oder die jeweilige religiöse Institution mit ihrer Methode bei jedem gleich viel Erfolg hat, kann sicher bezweifelt werden. Aber ich glaube kaum, dass nicht jeder irgendwo in der Kirche seine "Nische" finden kann, wo er oder sie die persönliche Hinführung zu Gott finden kann.
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pierre10
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Beitrag von pierre10 »

Das ist im Grunde eine spannende Frage, geht es doch darum zu erklären, warum es diese Institutionen braucht, warum Mensch Organisationen von weltweiter Dimension aufbaut um Mensch und Gott nach vorgegebenem Muster zusammen zu bringen.

Und ganz besonders problematisch erscheint mir der Wettlauf der Religionen....

Aber das wäre ein anderes Thema.

Pierre
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Idiota
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Beitrag von Idiota »

pierre10 hat geschrieben:Das ist im Grunde eine spannende Frage, geht es doch darum zu erklären, warum es diese Institutionen braucht, warum Mensch Organisationen von weltweiter Dimension aufbaut um Mensch und Gott nach vorgegebenem Muster zusammen zu bringen.
Pierre
Lieber Pierre,
Der Zaun ist dem einen eine Grenze, eine Einengung, dem andern eine Sicherheit.

Gruß Idiota
(p.s.: Mach Dir keine Sorgen um meine Gesundheit.)
Ich kreise um Gott den uralten Turm und ich kreise ...

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Idiota
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Beitrag von Idiota »

pierre10 hat geschrieben:
Und ganz besonders problematisch erscheint mir der Wettlauf der Religionen....
Pierre
Lieber Pierre,
eine Indien-Missionarin sagt zu diesem Problem:
"Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle besitzen." (Jh.10,10,2)
Gruß
Idiota
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Bär
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Beitrag von Bär »

Gelobt sei Jesus Christus!

Lieber Wendelin,
Wendelin hat geschrieben: Wohin führt die Kirche die Menschen?
zum Heil.

Gruß

Bär
Zuletzt geändert von Bär am Montag 8. September 2008, 21:53, insgesamt 1-mal geändert.

Bär
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Beitrag von Bär »

Lieber Pierre,
pierre10 hat geschrieben:Das ist im Grunde eine spannende Frage, geht es doch darum zu erklären, warum es diese Institutionen braucht, warum Mensch Organisationen von weltweiter Dimension aufbaut um Mensch und Gott nach vorgegebenem Muster zusammen zu bringen.
bei der Kirche war es ja genau umgekehrt: Nicht der Mensch, sondern Gott gründete die Kirche, um den Menschen dauerhaft nah zu sein - und zwar auf eine Art und Weise, die unübersehbar in die Lebenswelt der Menschen hineinragt.

Gruß

Bär

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pierre10
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Beitrag von pierre10 »

Bär hat geschrieben:
bei der Kirche war es ja genau umgekehrt: Nicht der Mensch, sondern Gott gründete die Kirche, um den Menschen dauerhaft nah zu sein - und zwar auf eine Art und Weise, die unübersehbar in die Lebenswelt der Menschen hineinragt.

Gruß

Bär
Hallo Bär,

wir haben vor 2 Wochen mit den verschiedene Religionen in unserer Stadt über das Thema diskutiert: Zu was sind Religionen nützlich?

Fast einstimmig kam heraus: Religionen sind zu nichts nützlich, aber sie können alles verändern.

So scheint es mir auch mit der Kirche zu sein, sie kann alles verändern.

Pierre
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Gerhard
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Re: Wohin führen die religiösen Institutionen die Menschen?

Beitrag von Gerhard »

Wendelin hat geschrieben:Die verschiedenen religiösen Institutionen bieten eine Heimat;
Lieber Wendelin,

mir ist leider nicht ganz klar, was Du mit "verschiedene religiöse Institutionen" meinst. Meinst Du kirchliche Gemeinschaften? Meinst Du verschiedene Gemeinden? Meinst Du die Ortskirchen und Rom?

Ich würde gerne auf Deine Frage antworten, will nicht so ins Blaue hinein.


Gruß
Gerhard
"Ad Deum, qui laetificat juventutem meam."

regina 32
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Re: Wohin führen die religiösen Institutionen die Menschen?

Beitrag von regina 32 »

Gerhard hat geschrieben:
Wendelin hat geschrieben:Die verschiedenen religiösen Institutionen bieten eine Heimat;
Lieber Wendelin,

mir ist leider nicht ganz klar, was Du mit "verschiedene religiöse Institutionen" meinst. Meinst Du kirchliche Gemeinschaften? Meinst Du verschiedene Gemeinden? Meinst Du die Ortskirchen und Rom?

Ich würde gerne auf Deine Frage antworten, will nicht so ins Blaue hinein.


Gruß
Gerhard
ich denke es ist wurscht, fast jede (funktionnnierende) Religiöse Gemeinschaft bietet HEimat, Geborgenheit und Regeln. damit auch Sicherheit.

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Hier geht es um die Wahrheit und nicht um Kuschelpädagogik.

Liebe regina 32, ich glaube nicht, dass Wendelin das so gemeint hat.
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Interior
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Beitrag von Interior »

Wendelin hat geschrieben:Ja das glaube ich (aus eigener Erfahrung) schon, dass viele durch die religiösen Institutionen Sicherheit und Stabilität erfahren, und das dies durchaus eine reale Erfahrung ist.
Die Frage ist nur wohin führt das?
Das kann zu Seelenschlaf und geistiger Trägheit führen. Alle äußeren Sicherheiten können für das wahre lebensziel gefährdent sein.

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Lieber Interior,

das kann man aber auch anders sehen:
kreuz.net hat geschrieben:Religion fördert den Verstand
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pierre10
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Beitrag von pierre10 »

Gerhard hat geschrieben:Lieber Interior,

das kann man aber auch anders sehen:
kreuz.net hat geschrieben:Religion fördert den Verstand
Das scheint mir aber eine unsichere Allgemeinaussage zu sein.

Pierre
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich

Interior
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Beitrag von Interior »

Gerhard hat geschrieben:Lieber Interior,

das kann man aber auch anders sehen:
kreuz.net hat geschrieben:Religion fördert den Verstand
Ja, auch. Es kommt eben auf jeden Menschen persönlich an. Gewissheiten kann man sich nicht von anderen "borgen", sondern nur ganz persönlich erlangen. Und man sollte keine Ruhe geben, bis man die wahrheit erkannt hat, wirklichen Frieden gefunden hat.

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Der innere Frieden - das ist es. Danke, Interior.
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Idiota
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Beitrag von Idiota »

pierre10 hat geschrieben:Fast einstimmig kam heraus: Religionen sind zu nichts nützlich, aber sie können alles verändern.
Lieber Pierre,
da hat die Konferenz den Mund zu voll genommen. Die Religionen zeigen einen Weg zum Glauben auf und geben dem persöhnlichen Glauben einen Rahmen der auch Stütze sein kann.
So sieht das Idiota
Ich kreise um Gott den uralten Turm und ich kreise ...

Aletheia
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Beitrag von Aletheia »

Eine Institution ist eine Einrichtung und wenn man etwas einrichtet, dann will man oder muß man z.B. für das Überleben haltbare Strukturen in der Zeit oder auch im Raum bilden.

Die Tora ist eine Instiution, der Tempel auch, der vom Zelt zu einem Haus sich gewandelt hatte , entsprechend der Seßhaftigkeit der Gläubigen.

Gemeinschaftsstrukturen sind Institutionen - Familie, Staat, Stamm.

Verkehrsformen können institutionalisiert werden - der Markt ist z.B. eine Institution.

Und die Kirche ist eben auch eine Institution, die als Hauskirche die Familie umfasst, als Gemeinde, den Wohnort, die Nachbarn, als Diözese etc. immer größere Einheiten.
Allerdings war Kirche nicht als Institution gedacht, sondern als Pilgerschaft, als ein Weg in der Nachfolge Christi.
Kirche, das sind die von Christus Herausgerufenen, in die Nachfolge Berufenen und in der Nachfolge kann man sich nicht einrichten.

Daher führen religiöse Institutionen immer zu einem sich Einrichten in dem Erreichten. Dazu hat man dann Tradition, Riten und Hierarchien. Das ist alles notwendig, um Menschen an den erreichten Stand heranzuführen, damit sie als Erwachsene ja diese Kirche bzw. religiöse Institution selbst bilden können.
Gleichzeitig darf das aber nicht eine "feste Burg" sein, aus der niemand heraus darf oder kann, sondern es muß auch möglich sein, daß sich die Institution entfaltet, zu dem was in der Religion in ihrer Stiftungsidee grundgelegt ist.
Das ist dann eine ständige Auseinandersetzung zwischen Tradition und Erneuerung.

Jeder Einzelne ist aber als Erwachsener dafür verantwortlich was er mit der Religion macht. Richtet er sich ein, zieht er aus, räumt er alles um, reißt er ein - es ist vieles möglich.

Institutionen sind also die Formen in denen Menschen gesellschaftlich zusammen leben. Wohin sie diese führen, hängt von den Absichten der Führenden und Geführten ab, von den Freiheitsgraden auch. Bei der Religion ist das so eine Sache - da wird viel mit Angstgefühlen geführt - das ist aber nicht falsch, denn die Religion steht in diesem Spannungsfeld zwischen Liebe und Angst. Religionen führen die Menschen über sich hinaus - ins Offene.
Deshalb ist das Bild des Schiffes so geläufig. Auf Hoher See ist man in Gottes Hand. Schwimmenkönnen ist da nutzlos.

Die Menschheit besitzt vier Dinge, die auf dem Meer zu nichts nutzen - Steuer, Anker, Ruder und die Furcht unter zu gehen.

Gruß
Aleth

Kilianus
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Beitrag von Kilianus »

kreuz.net hat geschrieben:Religion fördert den Verstand
Schön, die Quelle hat da den nötigen Überblick: Sie sieht beides eher von außen.

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overkott
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Beitrag von overkott »

Die Frage ist einfach zu offen. Da kann man auch Seifenblasen an die Wand nageln.

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pierre10
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Beitrag von pierre10 »

Idiota hat geschrieben:
pierre10 hat geschrieben:Fast einstimmig kam heraus: Religionen sind zu nichts nützlich, aber sie können alles verändern.
Lieber Pierre,
da hat die Konferenz den Mund zu voll genommen. Die Religionen zeigen einen Weg zum Glauben auf und geben dem persöhnlichen Glauben einen Rahmen der auch Stütze sein kann.
So sieht das Idiota
Völlig richtig, für Dich. Aber können andere nicht eine ganz unterschiedliche Meinung dazu haben?

Pierre
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Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Nach Meinung der Päpste nicht. Und wir müssen ja gehorsam sein.
"Ad Deum, qui laetificat juventutem meam."

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Idiota
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Beitrag von Idiota »

pierre10 hat geschrieben:
Idiota hat geschrieben:
pierre10 hat geschrieben:Fast einstimmig kam heraus: Religionen sind zu nichts nützlich, aber sie können alles verändern.
Lieber Pierre,
da hat die Konferenz den Mund zu voll genommen. Die Religionen zeigen einen Weg zum Glauben auf und geben dem persöhnlichen Glauben einen Rahmen der auch Stütze sein kann.
So sieht das Idiota
Völlig richtig, für Dich. Aber können andere nicht eine ganz unterschiedliche Meinung dazu haben?
Pierre
Lieber Pierre,
wir sprachen von Religion ganz allgemein, da bleiben nur wenige die nicht betroffen sind. Die, die Gott nicht erfahren haben, suchen ihre Stütze in einer Philosophie. Leider kann man sich aber an etwas selbstgemachtes nicht hochziehen (wie Münchhausen) .
Es grüßt Dich herzlich
Idiota
Ich kreise um Gott den uralten Turm und ich kreise ...

sofaklecks
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Widerpruch

Beitrag von sofaklecks »

Pierre schrieb:

"Fast einstimmig kam heraus: Religionen sind zu nichts nützlich, aber sie können alles verändern."


Zum ersten Teil der Feststellung bin ich gänzlich anderer Auffassung.

Wenn ich von der Richtigkeit der Feststellung ausgehe, dass ein Mensch von dem anderen vor allem zwei Dinge erwartet, nämlich Segen und Trost, dann findet wird diese zwei Dinge vor allem in der Religion. Dort findet ihr den Segen für sein Tun und den Trost für sein Versagen.

Der Grund dafür liegt vor allem darin, dass die Religion aufgrund der gelehrten religio, also der Rückbindung auf ein höheres Wesen, in der Lage ist, plausible Antworten auf die Frage des Menschen nach seinem woher und wohin zu geben. Ob diese bis in die letzte Konsequenz wahr sind oder nicht, kann dahinstehen; jedenfalls sind sie sehr viel einsichtiger als der Hinweis darauf, dass die Schöpfung das Produkt unendlich vieler Zufälle sei. Das ist gerade nicht plausibel.

Nun kann man einwenden, Segen und Trost habe etwas mit Gefühl zu tun und nichts mit Verstand und Nützlichkeit. Auch das ist unrichtig: ebenso wie der Verstand in der Lage ist, die Irrungen der Gefühle zu korrigieren, ebenso weist das Gefühl dem Verstand den Weg, in welche Richtung er suchen soll. Beide beeinflussen sich und beide sind notwendig.

Davon ganz zu unterscheiden sind die Institutionen. Hier kann ich nur das unterstreichen, was bereits gesagt wurde: diese Institutionen sind notwendig, um das Wissen über diese Rückbindung an ein höheres Wesen weiterzugeben. Problematisch wird es immer dann, wenn diese Institutionen beginnen, ihre Lehren wie eine mittelalterliche Burg mit immer neuen und immer höheren Mauern und Verteidigungslinien zu umgeben. Mit ungeheurer Konsequenz und ungeheurem Aufwand werden sie zu einer Maginotlinie ausgebaut oder zur Zipser Burg, von aussen uneinnehmbar, aber im Ernstfall absolut nutzlos. Das Leben geht außerhalb ihrer Mauern weiter und irgendwann werden diese beeindruckenden Verteidigungswerke des rechten Glaubens aufgegeben und sind dann nur noch Gegenstände tiefer Bewunderung für den menschlichen Geist, der aus indessen mittlerweile wenig nachvollziehbaren Gründen wahre Meisterwerke geschaffen hat. Die gotischen Kathedralen treten die erhabene Nachfolge der ägyptische Pyramiden an. Die Suche nach Gott geht außerhalb dieser Institutionen weiter und findet neue und einleuchtendere Antworten, wobei man sich durchaus die Erkenntnisse des Burgen- oder Pyramiden- oder Kathedralenbaus zu Nutze macht.

Wir finden das hier im Kreuzgang in der letzten Zeit häufig: wer Fragen stellt, bekommt als erstes die Antwort, man solle sich die bekannten Lehren der Kirche vor Augen führen und zufrieden sein.

Indessen gibt es einen Unterschied zwischen folgenden zwei Feststellungen:

a)
Es ist richtig, und deshalb lehrt es die Kirche als wahr.

b)
Es ist richtig, weil es die Kirche als wahr lehrt.

Besonders hübsch sind dabei die Gleichsetzungen theologischer und physikalischer Gesetzmässigkeiten. Wer Bedenken gegen theologische Wahrheiten anmeldet, wird mit dem Hinweis erschlagen, er könne genausogut die Gesetze der Schwerkraft in Abrede stellen oder die Tatsache seiner eigenen Existenz.

Seit ich im Forum lese, wird mir Pilatus immer sympathischer.

sofaklecks

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Peti
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Re: Widerpruch

Beitrag von Peti »

sofaklecks hat geschrieben:
Wir finden das hier im Kreuzgang in der letzten Zeit häufig: wer Fragen stellt, bekommt als erstes die Antwort, man solle sich die bekannten Lehren der Kirche vor Augen führen und zufrieden sein.

Indessen gibt es einen Unterschied zwischen folgenden zwei Feststellungen:

a)
Es ist richtig, und deshalb lehrt es die Kirche als wahr.

b)
Es ist richtig, weil es die Kirche als wahr lehrt.

Besonders hübsch sind dabei die Gleichsetzungen theologischer und physikalischer Gesetzmässigkeiten. Wer Bedenken gegen theologische Wahrheiten anmeldet, wird mit dem Hinweis erschlagen, er könne genausogut die Gesetze der Schwerkraft in Abrede stellen oder die Tatsache seiner eigenen Existenz.

Seit ich im Forum lese, wird mir Pilatus immer sympathischer.

sofaklecks
Sofaklecks hat sicher recht: Was ist Wahrheit? Diese alte, Christus von Pilatus einmal gestellte Frage ist eine der interessantesten, aber auch schwierigsten philosophischen Propleme. Mit plumpen Antworten kommt man da in der Philosophie und auch im Leben nicht weiter. Und überzeugt auch kaum jemand.

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pierre10
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Beitrag von pierre10 »

Hallo Sofaklecks,

Deine Antwort ist völlig richtig, das große Problem in der Diskussion zwischen den 6 hier bei uns aktiver Religionen und Philosophien (Buddhismus?) liegt schon in der Frage, was Religion für den einzelnen Gläubigen der verschiedenen Gruppen überhaupt bedeutet.

Bitte versteh mich richtig, bei unseren Treffen geht es nicht darum, dass jede Religion ihre Thesen verteidigt, (wir passen darauf auf, dass niemand angegriffen wird) sondern dass jeder die Möglichkeit hat, vom anderen, von Andersgläubigen zu lernen, ihn zu verstehen.

Denn die Integration in einer Gemeinschaft wie unserer Stadt wird nicht darin bestehen, dass alle Christen werden oder alle...... was auch immer, sondern dass die Menschen Verständnis für die zum Teil völlig andere Denkweise der anderen aufbringen. Und damit sollen nicht etwa nur die Nichtchristen das Christentum kennen lernen, auch gerade die bei uns zahlreichen Muslime werden mehr Verständnis aufbringen, wenn sie die Hintergründe verstanden haben.

Und genau das scheint mir wichtig, der Zusatz: .... aber sie kann alles verändern.... ist ein erster Schritt auf dem Weg.

Besonders spannend ist die Diskussion mit der relativ großen jüdischen Gemeinde. Obwohl es eine tiefe Verbindung zwischen dem Orginalchristentum und dem Judentum gibt, gehen die Meinungen sehr auseinander.


Pierre, mit einem dankbaren Lächeln für Deinen Kommentar
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Edi
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Re: Widerpruch

Beitrag von Edi »

Peti hat geschrieben:Sofaklecks hat sicher recht: Was ist Wahrheit? Diese alte, Christus von Pilatus einmal gestellte Frage ist eine der interessantesten, aber auch schwierigsten philosophischen Propleme.
Jesus gab selber DIE Antwort auf diese Frage und die kann man gewiss nicht als plump bezeichen. Er sagte: Ich bin der Weg, die WAHRHEIT und das Leben, niemand kommt zum (himmlischen) Vater als durch MICH.

Jeder, auch ein Zweifler kann selber nachprüfen, ob das stimmt, indem er Christus ernst nimmt und IHM vertraut. Er wird gewiss nicht ohne Antwort bleiben. Die Lehre der Schrift und damit der Kirche erschliesst sich selbst dem Christen noch mehr je nach dem Maß seines Vertrauens oder besser gesagt seiner Liebe zu Christus. Wo kein Vertrauen, keine Liebe zu Jesus, auch wenn sie anfänglich noch recht klein sein mag, erschliesst sich die Wahrheit des Evangeliums auch nicht. Hier liegt das Problem so vieler Menschen, dass sie sich nicht auf den Heiland einlassen wollen. Mit Gewalt drängt sich Christus nämlich keinem auf.

Schliesslich müsste die gestellte Frage auch eher lauten: WER ist Wahrheit.

Man kann sich der Kirche auch annähern, indem man sich Christus nähert. Dann wird auch vieles klar, was die Kirche lehrt. Nur wüssten wir ohne die Kirche gar nichts von Jesus Christus, denn zur Kirche gehört auch die heilige Schrift und die sonstige Überlieferung.

Gerhard
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Re: Widerpruch

Beitrag von Gerhard »

Edi hat geschrieben:Mit Gewalt drängt sich Christus nämlich keinem auf.
Bist Du Dir da so sicher? Der Herr greift ins Leben ein und verändert dort, wo er es für richtig hält. Du kannst es Berufung nennen, Du kannst es Gewalt nennen. Unser Herr ist allmächtig und er wird sich so verhalten, wie wir es nicht erwarten.
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