Welche Kompetenz über die Sakramente hat der Apost. Stuhl?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Ralf

Welche Kompetenz über die Sakramente hat der Apost. Stuhl?

Beitrag von Ralf »

Stefan hat geschrieben: Eigentlich wäre eine Disputation über den Satz
14. «Die Regelung der heiligen Liturgie hängt einzig von der Autorität der Kirche ab; und zwar liegt diese beim Apostolischen Stuhl und nach Maßgabe des Rechts beim Bischof».
angebracht.
Daran aufhängend will ich das mal zur Diskussion stellen, da ich diesen Hinweis Stefans für sehr wichtig halte.
Es ist ja auch wichtig anzumerken, dass der gleiche Apostol. Stuhl, der sich Regelungskompetenz der Liturgie zugesteht, sich diese bei der Zulassung von Frauen zum Priesteramt verweigert.

Was meint Ihr? Was darf der Apost. Stuhl, was darf der Papst? Wo fängt die Änderungsvollmacht an und wo hört sie auf? Sind da Verschiebungen der Grenzen möglich (gab es solche in der Geschichte)?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Einige Stichwörter:

• ungesäuertes Brot
• Kelchkommunion nur des Klerus
• Sitzbänke in der Kirche
• (vermeintliche) Abschaffung der
niederen Weihen und des Subdia-
konats
• Aufgabe der Ostung des Gebets
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Linus
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Beitrag von Linus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Einige Stichwörter:
• (vermeintliche) Abschaffung der
niederen Weihen und des Subdia-
konats
[Punkt]
warum vermeintlich? Ich sehe niemanden mit Kreuzschnitt im Haar herumrennen.
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Linus hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Einige Stichwörter:
• (vermeintliche) Abschaffung der
niederen Weihen und des Subdia-
konats
[Punkt]
warum vermeintlich? Ich sehe niemanden mit Kreuzschnitt im Haar herumrennen.
Frag ich mich auch.
Gab es da nicht das Motu proprio Pauls VI "Ministeria quaedam" :kratz:
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Peter
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Beitrag von Peter »

Hmm. Habe ich eigentlich als vom Bischof beauftragter Kommunionhelfer «niedere Weihen» empfangen?

(Wenn ja, wäre es nett gewesen, man hätte mir das gesagt.)

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Nein.
Gruß Jürgen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Peter hat geschrieben:»Hmm. Habe ich eigentlich als vom Bischof beauftragter Kommunionhelfer «niedere Weihen» empfangen?«
Nein, wie Jürgen sagt. Aber weshalb eigentlich nicht? Wäre das nicht ein stärkeres Zeichen als jene „Beauftragung“?
Linus hat geschrieben:»[Punkt] warum vermeintlich? Ich sehe niemanden mit Kreuzschnitt im Haar herumrennen.«
Jürgen hat geschrieben:»Frag ich mich auch. Gab es da nicht das Motu proprio Pauls VI "Ministeria quaedam"«
Die niederen Weihen und den Subdiakonat gibt es nach wie vor in der Priesterbruderschaft St. Petrus und anderen Gemeinschaften mit entsprechender Erlaubnis gemäß Motu proprio Ecclesia Dei, vor allem aber in den mit Rom in Gemeinschaft stehenden Ostkirchen. In der St.-Pius-X-Bruderschaft und bei den Orthodoxen natürlich sowieso.

Was die lateinische Kirche betrifft, insofern sie nicht zu den Ecclesia Dei-Gruppen gehört: Genau das ist das Thema dieses Strangs. Kann ein Papst diese Weihen (als Sakramentalien, die sie sind), überhaupt aufheben? Oder gehören sie nicht vielmehr zum göttlichen Aufbau der Kirche? Könnte ein Papst das Weihwasser abschaffen? Was, wenn er die Wasserweihe verböte – und ein Priester weihte dann dennoch Wasser? Wäre das Weihwasser? Oder wohl gar Schismawasser?

Wenn nun ein Bischof in seiner Diözese die niederen Weihen und den Subdiakonat wieder einführte: Wäre er ein Schismatiker? Oder lediglich ein bißchen ungehorsam? Oder nicht einmal das? Hat er doch laut Motu proprio Ecclesia Dei das Recht, die Feier der Liturgie nach altem Ritus zu erlauben, ja nach dem ausdrücklichen Wunsch des derzeitigen römischen Bischofs soll er diese Erlaubnis sogar großzügig gewähren.

Wenn das aber so ist, war dann die faktische Abschaffung durch Verbot in weiten Teilen des lateinischen Ritus nicht ein eklatanter Mißbrauch der petrinischen Gewalt?
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Ralf

Beitrag von Ralf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Einige Stichwörter:

• ungesäuertes Brot
• Kelchkommunion nur des Klerus
• Sitzbänke in der Kirche
• (vermeintliche) Abschaffung der
niederen Weihen und des Subdia-
konats
• Aufgabe der Ostung des Gebets
Sind das jetzt verschiebbare Grenzen oder unverschiebbare rsp. bereits übertretene?

Wenn letzteres, warum?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Es sind dekretierte Abweichungen der lateinischen Kirche – aus sehr unterschiedlichen Epochen – von der gemeinsamen Tradition der „ungeteilten Christenheit“.
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Was die lateinische Kirche betrifft, insofern sie nicht zu den Ecclesia Dei-Gruppen gehört: Genau das ist das Thema dieses Strangs. Kann ein Papst diese Weihen (als Sakramentalien, die sie sind), überhaupt aufheben? Oder gehören sie nicht vielmehr zum göttlichen Aufbau der Kirche? Könnte ein Papst das Weihwasser abschaffen? Was, wenn er die Wasserweihe verböte – und ein Priester weihte dann dennoch Wasser? Wäre das Weihwasser? Oder wohl gar Schismawasser?
2 Möglichkeiten
1) man akzeptiert die Entscheidung des Apost. Stuhl
2) man läßt es
wie man sich entscheidet ist einem selbst überlassen. So einfach ist das.
Gruß Jürgen

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Ralf

Beitrag von Ralf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Es sind dekretierte Abweichungen der lateinischen Kirche – aus sehr unterschiedlichen Epochen – von der gemeinsamen Tradition der „ungeteilten Christenheit“.
Innerhalb des ersten Jahrtausends gab es allerlei Entwicklungen - warum sollte man auf einmal alles als unverrückbarer Status Quo einfrieren? Mit welcher theolog. Begründung?

Ralf

Beitrag von Ralf »

Gbt's dazu gar nichts mehr zu sagen? Wäre schade. Ich finde nämlich, dass vieles (sowohl Vergangenes wie Gegenwärtiges oder auch Zukünftiges) mit der Einschätzung dieser Grundfrage steht und fällt.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ralf hat geschrieben:»Gibt’s dazu gar nichts mehr zu sagen? Wäre schade. Ich finde nämlich, daß vieles (sowohl Vergangenes wie Gegenwärtiges oder auch Zukünftiges) mit der Einschätzung dieser Grundfrage steht und fällt.«
Ich hatte oben ja einige Stichwörter genannt – um sie zur Diskussion zu stellen. Außer einem kurzen Wortwechsel zu den niederen Weihen und zum Subdiakonat – mit offenem Ende – blieb der Versuch leider vergeblich.
Ralf hat geschrieben:»Innerhalb des ersten Jahrtausends gab es allerlei Entwicklungen - warum sollte man auf einmal alles als unverrückbarer Status quo einfrieren? Mit welcher theolog. Begründung?«
Offensichtlich muß man doch weder alles einfrieren, noch kann man alles ändern. Die Frage muß doch sein: Was ist legitime Ausformung der Liturgie, die auch dem Wandel unterworfen sein kann, und was ist unverrückbar vorgegeben?

Daran schließt sich dann die Frage an: Was zu ändern ist angemessen oder förderlich? Was umgekehrt ist zu tun, wenn erfolgte Änderungen sich als nicht oder nicht mehr angemessen erweisen?

Es gab eine Tendenz, gewisse Änderungen, die man als eingerissene Mißbräuche oder als zumindest nicht mehr angemessen erkannte, unter Rückgriff auf ältere, bewährte Traditionen zu reformieren. So wollte der heilige Pius X. der gregorianischen Gesang wiederbeleben und so die überbordenden, der Messe nicht gemäßen musikalischen Darbietungen eindämmen. So wollte derselbe Papst dem Mißbrauch zu später Erstkommunion entgegenwirken und forderte nachdrücklich die Frühkommunion der Kinder. So führte auch Pius XII. in der lateinischen Kirche die Osternacht wieder ein.

Der Umsetzung aller drei Reformen war meines Erachtens nur sehr begrenzter Erfolg beschieden, denn die Widerstände waren und sind enorm. Die gegenläufige Tendenz aber besteht darin, nicht zufriedenstellende Änderungen durch weitere Neuerungen immerfort überbieten zu wollen. Der beachtliche Erfolg besteht im Verdunsten des Glaubens und in der fortschreitenden Auflösung der Liturgie.

Doch zurück zum eigentlichen Thema: Wie steht es um die von mir genannten Punkte? Wo liegt die Grenze?
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Ralf

Beitrag von Ralf »

Interessant scheint auf jeden Fall der Umstand zu sein, dass, wenn ich mich nicht irre (Karl May lässt grüßen), der Hl. Stuhl sich zu diesem Grundsatzthema nicht eindeutig (wenn überhaupt) geäußert hat, oder?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ralf hat geschrieben:… wenn ich mich nicht irre …
hihihihihihihi
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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

[Punkt]
warum vermeintlich? Ich sehe niemanden mit Kreuzschnitt im Haar herumrennen.[/quote]
soweit ich weiß ist es den Bischöfen"freigestellt" worden was einer Abschaffung gleich kommt wobei wurden in diversen traditionstreuen Gemeinschaften wurden Sie natürlich weiter erteilt seit 1988 ja wieder ofiFziell in den Ecclesia Dei gemeinschaften
Ach ja am 16.5 zellebriert der Apostol. Adiministrator von Campos in der Kapuzinerkirche ein trident. Pontifikalamt :freude: :freude: :mrgreen: kommst du?
:kratz:

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

ottaviani hat geschrieben:soweit ich weiß ist es den Bischöfen"freigestellt" worden was einer Abschaffung gleich kommt wobei wurden in diversen traditionstreuen Gemeinschaften wurden Sie natürlich weiter erteilt seit 1988 ja wieder ofiFziell in den Ecclesia Dei gemeinschaften
Ach ja am 16.5 zellebriert der Apostol. Adiministrator von Campos in der Kapuzinerkirche ein trident. Pontifikalamt :freude: :freude: :mrgreen: kommst du?
:kratz:
Die Tonsur war ein reiner Rechtsakt mit dem eine Person in den Klerikerstand aufgenommen wurde. Die Aufnahme in den Klerikerstand geschah also unabhängig von einer Weihe.
Da heute die Aufnahme in den Klerikerstand mit der Diakonatsweihe geschieht, wüßte ich nicht, was eine Tonsur noch für einen Sinn machen sollte. :kratz:

Zu dem Thema empfehle ich mal einen Blick in die beiden Schreiben Papst Paul VI.:
- Motu proprio "Ministeria quaedam" v. 15.8.1972
- Motu proprio "Ad pascendum" v. 15.8.1972
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Stefan

Re: Welche Kompetenz über die Sakramente hat der Apost. Stuh

Beitrag von Stefan »

Ralf hat geschrieben:
Stefan hat geschrieben: Eigentlich wäre eine Disputation über den Satz
14. «Die Regelung der heiligen Liturgie hängt einzig von der Autorität der Kirche ab; und zwar liegt diese beim Apostolischen Stuhl und nach Maßgabe des Rechts beim Bischof».
angebracht.
Es ist ja auch wichtig anzumerken, dass der gleiche Apostol. Stuhl, der sich Regelungskompetenz der Liturgie zugesteht, sich diese bei der Zulassung von Frauen zum Priesteramt verweigert.
Ich habe in Sacrosactum Concilium (Liturgiekonstitution) gefunden, daß die Zuständigkeit vom 2. Vatikanum abgesegnet ist:
A) Allgemeine Regeln

22. § 1. Das Recht, die heilige Liturgie zu ordnen, steht einzig der Autorität der Kirche zu. Diese Autorität liegt beim Apostolischen Stuhl und nach Maßgabe des Rechtes beim Bischof.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stefan hat geschrieben:»Ich habe in Sacrosactum Concilium (Liturgiekonstitution) gefunden, daß die Zuständigkeit vom 2. Vatikanum abgesegnet ist«
Aber welche Zuständigkeit? Wäre es möglich, die Epiklese abzuschaffen? Die Konsekration nur einer Gestalt zu erlauben? Nur mal als Beispiele. Das Problem der Anaphora des Addai und Mari gehört natürlich auch hierher, auch wenn ich die inhaltliche Diskussion darüber an dieser Stelle nicht erneut führen möchte.
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Ralf

Beitrag von Ralf »

Genau. Es wird von Ordnung der Hl. Liturgie gesprochen, das setzt ja bereits die Existenz einer solchen voraus und lässt fragen, inwiefern dessen Inhalte verändert werden dürfen (oder eben bloß geordnet).

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stefan hat geschrieben:»Ich habe in Sacrosactum Concilium (Liturgiekonstitution) gefunden, daß die Zuständigkeit vom 2. Vatikanum abgesegnet ist«
Nachtrag:
Ein Konzil kann sich (oder den Papst) natürlich auch zu nichts bevollmächtigen in einer Materie, über welche es selbst keine Vollmacht hat. Hier müssen wir uns vor einem Zirkelschluß hüten. Vor demselben Problem stehen wir übrigens hinsichtlich des Unfehlbarkeitsdogmas des Vaticanum I. Man darf in solche Konzilsaussagen nichts hineininterpretieren, was in der Tradition nicht enthalten oder wenigstens angelegt ist oder was ihr gar widerspricht. Im Gegenteil, wenn eine Konzilsaussage solch unzulässige Interpretation sogar nahelegen sollte, dann ist sie – notfalls gegen den ersten Anschein – im Lichte der Tradition zu interpretieren..
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Stefan

Beitrag von Stefan »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Stefan hat geschrieben:»Ich habe in Sacrosactum Concilium (Liturgiekonstitution) gefunden, daß die Zuständigkeit vom 2. Vatikanum abgesegnet ist«
Nachtrag:
Ein Konzil kann sich (oder den Papst) natürlich auch zu nichts bevollmächtigen in einer Materie, über welche es selbst keine Vollmacht hat. Hier müssen wir uns vor einem Zirkelschluß hüten. Vor demselben Problem stehen wir übrigens hinsichtlich des Unfehlbarkeitsdogmas des Vaticanum I. Man darf in solche Konzilsaussagen nichts hineininterpretieren, was in der Tradition nicht enthalten oder wenigstens angelegt ist oder was ihr gar widerspricht. Im Gegenteil, wenn eine Konzilsaussage solch unzulässige Interpretation sogar nahelegen sollte, dann ist sie – notfalls gegen den ersten Anschein – im Lichte der Tradition zu interpretieren..
Kein Problem damit. Natürlich ist das Lehramt zur Kontinuität verpflichtet.
Die betreffende Frage wurde ja aus einem Passus der Instruktion ausgelöst:
14. «Die Regelung der heiligen Liturgie hängt einzig von der Autorität der Kirche ab; und zwar liegt diese beim Apostolischen Stuhl und nach Maßgabe des Rechts beim Bischof».[34]
Meine Frage war, inwiefern so etwas in einer Instruktion auftauchen darf. Antwort: Wurde in Sacrosanctum Concilium so beschlossen. In der Tat geht es hier zunächst nur um die Zuständigkeit zur Regelung. Im Umkehrschluß heißt das: Weder Priester noch Laien haben ein Recht dazu!
Die Zuständigkeit zur Regelung der Liturgie könnte, da es sich um eine rein kirchenrechtl. Angelegenheit handelt, auch verändert werden, gleichwohl dies nicht sinnvoll wäre.

Die Frage nach der Zulässigkeit von Veränderungen an der Liturgie ist ein ganz andere.

Hier sei aber unser KKK zitiert:

83 Die Überlieferung [oder Tradition], von der wir hier sprechen, kommt von den Aposteln her und gibt das weiter, was diese der Lehre und dem Beispiel Jesu entnahmen und vom Heiligen Geist vernahmen. Die erste Christengeneration hatte ja noch kein schriftliches Neues Testament, und das Neue Testament selbst bezeugt den Vorgang der lebendigen Überlieferung.

Die theologischen, disziplinären, liturgischen oder religiösen Überlieferungen [oder Traditionen], die im Laufe der Zeit in den Ortskirchen entstanden, sind etwas anderes.

Sie stellen an die unterschiedlichen Orte und Zeiten angepaßte besondere Ausdrucksformen der großen Überlieferung dar. Sie können in deren Licht unter der Leitung des Lehramtes der Kirche beibehalten, abgeändert oder auch aufgegeben werden.

Demnach gehört ein Ritus nicht zur apostolischen Überlieferung, sondern stellt eine zeitliche Entwicklung dar. Wichtig ist nur, daß ihr Inhalt nicht der apostolischen Überlieferung widerspricht!

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stefan hat geschrieben:»Demnach gehört ein Ritus nicht zur apostolischen Überlieferung, sondern stellt eine zeitliche Entwicklung dar.«
Das ist alles noch recht schwammig. Hat ein Papst das Recht, zum Beispiel den griechisch-katholischen Ukrainern die Zelebration der Liturgie nach byzantinischem Ritus zu untersagen und sie auf den Novus Ordo des lateinischen Ritus festzulegen? Und sie dann, wenn sie der Anweisung selbstverständlich zu 98 % nicht folgen, als Schismatiker zu exkommunizieren?
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Ralf

Beitrag von Ralf »

Hmmm. Der Ausdruck "im Laufe der Zeit" lässt, je nach Interpretation, verschiedene Fragen offen:

1. Entsprach die Liturgiereform der Feststellung einer im Laufe der Zeit geachsenen Sache oder hat sie etwas noch nicht gewachsenes eingebracht?

2. Setzt diese Forumlierung nicht voraus, dass man, sobald eine Liturgieform etabliert ist, gegen die Regeln des Ritus verstoßen kann, um neuen Entwicklungen, die im Laufe der Zeit genauere Form annehmen würden, auch den benötigten Raum zur Entwicklung zu geben?

Stefan

Beitrag von Stefan »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Das ist alles noch recht schwammig. Hat ein Papst das Recht, zum Beispiel den griechisch-katholischen Ukrainern die Zelebration der Liturgie nach byzantinischem Ritus zu untersagen und sie auf den Novus Ordo des lateinischen Ritus festzulegen? Und sie dann, wenn sie der Anweisung selbstverständlich zu 98 % nicht folgen, als Schismatiker zu exkommunizieren?
Ja, das ist noch zu schwammig, stimmt. Dein Beispiel wäre m.E. prinzipiell möglich, aber keine kluge Entscheidung.

Die Frage ist doch, welchen Einfluß das Alter eines Ritus auf seine Veränderlichkeit hat.
Und ferner stelle ich mir die Frage:

Wenn Riten so unveränderlich sein sollen, wie konnten sie sich dann so stark auseinanderentwickeln?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stefan hat geschrieben:»Dein Beispiel wäre m. E. prinzipiell möglich, aber keine kluge Entscheidung.«
Zumindest können kirchliche Dokumente und Rechtsnormen seit dem Vaticanum I so interpretiert werden. Ob eine solche Interpretation – im Lichte der Tradition betrachtet – richtig ist, das ist die Frage. – Ich spitze es noch einmal zu: Würdest du denn im Falle einer derart „unklugen“ Entscheidung des Stuhls Petri auch die Konsequenz annehmen, die griechisch-katholischen Ukrainer fortan für Schismatiker zu halten und die Kirchengemeinschaft mit ihnen aufzukündigen?

Wir berühen hier übrigens den Kern der Problematik des „Unfehlbarkeitsdogmas“.
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Stefan

Beitrag von Stefan »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Stefan hat geschrieben:»Dein Beispiel wäre m. E. prinzipiell möglich, aber keine kluge Entscheidung.«
Zumindest können kirchliche Dokumente und Rechtsnormen seit dem Vaticanum I so interpretiert werden. Ob eine solche Interpretation – im Lichte der Tradition betrachtet – richtig ist, das ist die Frage. – Ich spitze es noch einmal zu: Würdest du denn im Falle einer derart „unklugen“ Entscheidung des Stuhls Petri auch die Konsequenz annehmen, die griechisch-katholischen Ukrainer fortan für Schismatiker zu halten und die Kirchengemeinschaft mit ihnen aufzukündigen?

Wir berühen hier übrigens den Kern der Problematik des „Unfehlbarkeitsdogmas“.
Eigentlich finde ich es schade, daß Du diesen Punkt aufgegriffen hast und nicht die anderen Fragen. Aber ich habs ja geschrieben.

Nein, Robert, als Konsequenz würde ich nicht annehmen, daß eine solch "unkluge" Entscheidung die Ukrainer zu Schismatikern macht. Wenn es so wäre, dann wäre die Entscheidung nämlich klug.Ich meine: Also wenn sie wirklich Schismatiker wären, könnte es sich nicht um eine unkluge Entscheidung handeln)


Denn die "unkluge" Entscheidung kann eigentlich, wenn ich an die Führung des Hl. Geistes glaube, nicht gefällt werden. Insofern halte ich das für hypothetisch.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich stelle mir ernsthaft die Frage, ob es in der Geschichte nicht doch einige solcher unklugen Entscheidungen gegeben hat. Das ist der Grund, weshalb ich darauf insistierte.

Was das Alter der sechs Riten betrifft, so führen sie sich ja im Kern und in ihrer Verschiedenheit auf apostolischen Ursprung zurück, mit Ausnahme vielleicht der Armenier, deren Ritus aber auch nur wenig jünger ist.
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Stefan

Beitrag von Stefan »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich stelle mir ernsthaft die Frage, ob es in der Geschichte nicht doch einige solcher unklugen Entscheidungen gegeben hat. Das ist der Grund, weshalb ich darauf insistierte.
Hmmmm, sag mal, wie stehst Du denn zum 1. Vatikanum?
(nur mal so ohne jeden Hintergedanken).

Stefan

Beitrag von Stefan »

Ich meine, irgendwie fühle ich mich jetzt inkonsequent, weil eine Unfehlbarkeit über Dinge, die Gegenstand einer Änderung sind, fehl am Platze ist.

Es trifft den Kern nicht, wie man sagt :(

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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stefan hat geschrieben:»Hmmmm, sag mal, wie stehst Du denn zum 1. Vatikanum?«
Ich sehe nicht nur bei einigen Texten des Vaticanum II, sondern auch des Vaticanum I dringenden Bedarf einer authentischen Interpretation im Lichte der Tradition. Das fängt schon bei den ersten Worten an, die sehr unglücklich und mißverständlich sind.
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Beitrag von Juergen »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Stefan hat geschrieben:»Hmmmm, sag mal, wie stehst Du denn zum 1. Vatikanum?«
Ich sehe nicht nur bei einigen Texten des Vaticanum II, sondern auch des Vaticanum I dringenden Bedarf einer authentischen Interpretation im Lichte der Tradition. Das fängt schon bei den ersten Worten an, die sehr unglücklich und mißverständlich sind.
Ja, am besten gehen wir zurück ins 11. Jh. und erklären das Schisma für nichtexistent.

Was danach kommt ist dann irrelevant.
Zuletzt geändert von Juergen am Donnerstag 6. Mai 2004, 23:41, insgesamt 1-mal geändert.

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