Realpräsenz

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
LePenseur
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von LePenseur »

@Lioba:
Das ein katholischer Schwenk in irgendeine Richtung die Orthodoxie beeinflussen könnte wäre mal was ganz Neues
Naja, ich denke doch irgendwie!

Die Ostkirchen sind (so wenigstens meine Wahrnehmung "von außen") wegen ihrer eher "unsystematischen" Form der Theologie durchaus oft im Fahrwasser westlicher Theologie unterwegs gewesen — warum sollte eine Kurskorrektur der RKK nicht auch hier Auswirkungen haben?

Zieht sich die westliche Theologie gern in definitorische Elfenbeitürme der Wortgelehrsamkeit zurück, so vernebelt die östliche Theologie hinter Weihrauchwolken (und von bunten Ikonostasen verborgen) die Grundprobleme des christlichen Glaubens — wobei ich mir nicht sicher bin, ob das nicht die "taktisch geschicktere" Art des Umgangs damit ist ...
... und weil die Mehrheit der verbleibenden lutherischen Taufscheinchristen ungefähr so lutherisch ist wie Sie - mit Verlaub gesagt - katholisch.
Aber ja! Ich "verlaube" gerne! Genau das meinte ich auch damit: die Realpräsenzfrage sieht für alle Protestanten (und auch die meisten Katholiken) bestenfalls verbal unterschiedlich aus. De facto wird die Konsekration der Hostie als reiner Symbolakt und Gedächtnisakt wahrgenommen, da können die jeweiligen Katechismen noch so sehr von "Realpräsenz", "unblutiger Erneuerung des Kreuzesopfers" bzw. dem "vollgenugsamen Opfer Jesu Christi" reden — geglaubt wird es jeweils nur von ein paar konfessionellen Experten ...

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Lutheraner
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Lutheraner »

Gamaliel hat geschrieben:Bzgl. Deiner Frage heißt dies: Ja, Christus war zweimal (oder noch öfters, wenn man die verschiedenen konsekrierten Hostien unterscheidet) im Abendmahlssaal gegenwärtig
Da gab es keine "konsekrierten Hostien".
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Gamaliel
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Gamaliel »

Lutheraner hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Bzgl. Deiner Frage heißt dies: Ja, Christus war zweimal (oder noch öfters, wenn man die verschiedenen konsekrierten Hostien unterscheidet) im Abendmahlssaal gegenwärtig
Da gab es keine "konsekrierten Hostien".
Sondern?

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Lutheraner
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Lutheraner »

Gerhardus hat geschrieben:"Ein Christ sein heisst nicht, von Christus zu schwätzen, sondern ein Leben zu führen, wie er es geführt hat."

Huldreich Zwingli
Erstaunlich, dass ein Krieger, der in einer Schlacht gefallen ist, so etwas gesagt hat.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Anselmus
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Anselmus »

LePenseur hat geschrieben:Aufs erste Hinsehen ist Ihnen beizupflichten. Ich denke aber, daß ein Schwenk der RKK weg von Realpräsenztheorie auch die Ostkirchen beeinflussen würde. Die ohnehin durch ihren etwas anderen "pneumatischeren" Sakramentsbegriff mit einer Umdeutung m.E. weniger Probleme hätten (aber das können Forenkollegen aus dem ostkirchlichen sicher zuverlässiger beurteilen).
Aus meinem bisher doch durchaus begrenzten Einblick in die orthodoxe Spiritualität halte ich es für die orthodoxe Kirche für völlig unmöglich die Realpräsenz irgendie "wegzudeuten", wie auch immer sie sich das vorstlelen mögen. Abgelehnt wird hier die theoretische Durchdringung dessen, was bei der Wandlung geschieht, sowie die Zuspitzung auf einen Punkt (an dem das ganze von statten gehen soll), in der Orthodoxie zieht sich dies vielmehr über die ganze Eucharistiefeier hin.

ABER: Der Glaube an die Realpräsenz ist hier fest verwurzelt und es ist völlig klar, dass es sich bei der Eucharistie um den Leib und das Blut Christi handelt. In der orthoxen Kirche wird dies sogar den Gläubigen noch deutlicher vermittelt (indem sie zum Beispiel vor dem Empfang der Eucharistie bestimmte Gebete beten, in denen das auch "thematisiert" wird. Ebenso wird hier die Ambivalenz der Eucharistie auch verdeutlicht. Die Eucharistie ist nämlich auch etwas Gefährliches für denjenigen, der nicht vorbereitet ist. Gott ist eben auch verzehrendes Feuer.) Wieso sollte man so ehrfürchtig damit umgehen, wenn es dann ganz leicht in ein "Gedächtnismahl" (schlimmes Wort) umgedeutet werden könnte?

Zum Schluss noch ein kleiner Ausschnitt aus den Kommuniongebeten aus der Chrysostomosliturgie, der das ganz gut verdeutlicht.

"Auch glaube ich, dass dies dein allerreinster Leib und dies dein kostbares Blut ist. Ich bitte dich nun: Erbarme dich meiner und vergib mir meine Übertretungen, die ich absichtlich oder unabsichtlich, in Wort und Werk, bewußt oder unbewußt gegangen habe. Und würdige mich, an deinen allereinsten Mysterien teilzuhaben, nicht zur Verdammnis, sondern zur Vergebung der Sünden und zum ewigen Leben. "

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Bernado
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Bernado »

Anselmus hat geschrieben: (...)
Zum Schluss noch ein kleiner Ausschnitt aus den Kommuniongebeten aus der Chrysostomosliturgie, der das ganz gut verdeutlicht.

"Auch glaube ich, dass dies dein allerreinster Leib und dies dein kostbares Blut ist. Ich bitte dich nun: Erbarme dich meiner und vergib mir meine Übertretungen, die ich absichtlich oder unabsichtlich, in Wort und Werk, bewußt oder unbewußt gegangen habe. Und würdige mich, an deinen allereinsten Mysterien teilzuhaben, nicht zur Verdammnis, sondern zur Vergebung der Sünden und zum ewigen Leben. "
Zur Ergänzung hier das entsprechende Gebet aus der lateinischen Liturgie des überlieferten Ritus:
"Der Genuß Deines Leibes, Herr Jesus Christus, den ich Unwürdiger zu empfangen wage, gereiche mir nicht zum Gerichte und zur Verdammnis, sondern durch Deine Güte zum Schutz für Leib und Seele und zu meiner Heilung."
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

Allons
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Allons »

Gamaliel hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Bzgl. Deiner Frage heißt dies: Ja, Christus war zweimal (oder noch öfters, wenn man die verschiedenen konsekrierten Hostien unterscheidet) im Abendmahlssaal gegenwärtig
Da gab es keine "konsekrierten Hostien".
Sondern?
Konsekriertes Brot. die Hostien (im Sinne von Oblaten) wurden wohl erst später eingeführt um die Krümelei einzudämmen. Grüße an Beide

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Gamaliel
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Gamaliel »

Allons hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Bzgl. Deiner Frage heißt dies: Ja, Christus war zweimal (oder noch öfters, wenn man die verschiedenen konsekrierten Hostien unterscheidet) im Abendmahlssaal gegenwärtig
Da gab es keine "konsekrierten Hostien".
Sondern?
Konsekriertes Brot. die Hostien (im Sinne von Oblaten) wurden wohl erst später eingeführt um die Krümelei einzudämmen. Grüße an Beide
"Hostia" ist (neben der älteren Bezeichnung "oblatio") eine gewöhnliche und übliche Bezeichnung für das Opferbrot. Ob dies beim Letzten Abendmahl kuchen- oder fladenförmig, eher rund oder eckig war, spielt für unsere Frage keine Rolle. Entscheidend ist, daß es mehrere Teile gab, die die Apostel konsumierten, sprich, daß es mehrere Hostien gab.

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Anselmus
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Anselmus »

Bernado hat geschrieben:
Anselmus hat geschrieben: (...)
Zum Schluss noch ein kleiner Ausschnitt aus den Kommuniongebeten aus der Chrysostomosliturgie, der das ganz gut verdeutlicht.

"Auch glaube ich, dass dies dein allerreinster Leib und dies dein kostbares Blut ist. Ich bitte dich nun: Erbarme dich meiner und vergib mir meine Übertretungen, die ich absichtlich oder unabsichtlich, in Wort und Werk, bewußt oder unbewußt gegangen habe. Und würdige mich, an deinen allereinsten Mysterien teilzuhaben, nicht zur Verdammnis, sondern zur Vergebung der Sünden und zum ewigen Leben. "
Zur Ergänzung hier das entsprechende Gebet aus der lateinischen Liturgie des überlieferten Ritus:
"Der Genuß Deines Leibes, Herr Jesus Christus, den ich Unwürdiger zu empfangen wage, gereiche mir nicht zum Gerichte und zur Verdammnis, sondern durch Deine Güte zum Schutz für Leib und Seele und zu meiner Heilung."
Vielen Dank, Bernado.

Es ist ohnehin sehr schade, dass dieses Gebet im NOM verschwunden ist.

LePenseur
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von LePenseur »

@Anselmus:
(... Die Eucharistie ist nämlich auch etwas Gefährliches für denjenigen, der nicht vorbereitet ist. Gott ist eben auch verzehrendes Feuer.) Wieso sollte man so ehrfürchtig damit umgehen, wenn es dann ganz leicht in ein "Gedächtnismahl" (schlimmes Wort) umgedeutet werden könnte?
Aus den in den synoptischen Evangelien überlieferten Worten Jesu kann ich allerdings keine "Gefährlichkeit" herauslesen. Die kommt erst bei Paulus hinzu: "Denn wer unwürdig ißt und trinkt ...".

Mir ist auch nicht klar, warum "Gedächtnismahl" ein schlimmes Wort sein soll (schließlich sagt Jesus ja selbst: "Tut dies zu meinem Gedächtnis"), und erst recht nicht, warum ich mit dem Abendmahl, wenn ich es als Gedächtnismahl deute, nicht ehrfürchtig umgehen könnte. Wenn ich für einen bedeutenden Künstler oder Wissenschaftler eine Gedächtnisfeier veranstalte, der, sagen wir mal, ein wirklicher Weinkenner war und vor seinem Tod den Freunden auftrug, jeweils an seinem Todestag einige Flaschen edlen Weins zu köpfen und im Freundeskreis zu seinem Gedächnis zu trinken, und ich nun diesem Wunsch des Verstorbenen nachkomme — ehre ich ihn nicht damit? Und wenn ich nun, quasi als "Paulus" dieses Freundeskreises, die Mahnung ausspreche, sich aus diesem Anlaß nicht unziemlich zu besaufen, mache ich dadurch aus einer Gedächtnis-Weinverkostung auf einmal etwas anderes — etwas, was die Charakterisierung "Gedächtnis-Weinverkostung" auf einmal als unangemessen deklassieren würde ...?

Ich weiß, daß das Beispiel nicht 100% "paßt" (welches Vergleichsbeispiel tut das schon), aber die grundsätzliche Frage treffend illustriert: was ist an einem "bloßen" Gedächtnismahl anrüchig, minderwertig, problematisch? Mir fällt nichts ein. Im Gegenteil: ich sehe die immensen Probleme, die erst dadurch entsptehen, daß eine finessenreiche Theologie hier Dinge hineingeheimnist hat, die es weder ursprünglich gab, noch die irgendwie sinnvoll unter einen Hut zu bringen sind (vgl. dazu den Aufsatz Zimmels — der offenbar von allen Lesern dieses Threads stillschweigend ignoriert wird. Warum eigentlich?)

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Berolinensis
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Berolinensis »

Anselmus hat geschrieben:
Bernado hat geschrieben:
Anselmus hat geschrieben: (...)
Zum Schluss noch ein kleiner Ausschnitt aus den Kommuniongebeten aus der Chrysostomosliturgie, der das ganz gut verdeutlicht.

"Auch glaube ich, dass dies dein allerreinster Leib und dies dein kostbares Blut ist. Ich bitte dich nun: Erbarme dich meiner und vergib mir meine Übertretungen, die ich absichtlich oder unabsichtlich, in Wort und Werk, bewußt oder unbewußt gegangen habe. Und würdige mich, an deinen allereinsten Mysterien teilzuhaben, nicht zur Verdammnis, sondern zur Vergebung der Sünden und zum ewigen Leben. "
Zur Ergänzung hier das entsprechende Gebet aus der lateinischen Liturgie des überlieferten Ritus:
"Der Genuß Deines Leibes, Herr Jesus Christus, den ich Unwürdiger zu empfangen wage, gereiche mir nicht zum Gerichte und zur Verdammnis, sondern durch Deine Güte zum Schutz für Leib und Seele und zu meiner Heilung."
Vielen Dank, Bernado.

Es ist ohnehin sehr schade, dass dieses Gebet im NOM verschwunden ist.
Ist es doch gar nicht. Allerdings (wie üblich im NOM) darf sich der Priester nun aussuchen, ob er dieses Gebet oder das Gebet "Dómine Iesu Christe, Fili Dei vivi, qui ex voluntáte Patris, cooperánte Spíritu Sancto, per mortem tuam mundum vivificásti: líbera me per hoc sacrosánctum Corpus et Sánguinem tuum ab ómnibus iniquitátibus meis et univérsis malis: et fac me tuis semper inhaerére mandátis, et a te numquam separári permíttas." spricht, (Missale Romanum, editio typica 3a, 2002, Ordo Missæ, Nr. 131; im alten Ritus betet er beide).

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Anselmus
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Anselmus »

LePenseur hat geschrieben:@Anselmus:
(... Die Eucharistie ist nämlich auch etwas Gefährliches für denjenigen, der nicht vorbereitet ist. Gott ist eben auch verzehrendes Feuer.) Wieso sollte man so ehrfürchtig damit umgehen, wenn es dann ganz leicht in ein "Gedächtnismahl" (schlimmes Wort) umgedeutet werden könnte?
Aus den in den synoptischen Evangelien überlieferten Worten Jesu kann ich allerdings keine "Gefährlichkeit" herauslesen. Die kommt erst bei Paulus hinzu: "Denn wer unwürdig ißt und trinkt ...".
Na und? Du solltest die orthodoxe sowie die katholische Theologie lange genug kennen, dass es keine Widerlegung ist, dass etwas nicht im Evangelium steht... Es steht eben eindeutig bei Paulus (warum sollten wir ihn hier nicht rezipieren?) und vor allen Dingen zeigt es die Tradition, dass der Empfang des Herrn in Gestalt von Brot und Wein nicht unvorbereitet geschehen sollte, und auch gefährlich sein kann.
LePenseur hat geschrieben: Mir ist auch nicht klar, warum "Gedächtnismahl" ein schlimmes Wort sein soll (schließlich sagt Jesus ja selbst: "Tut dies zu meinem Gedächtnis"), und erst recht nicht, warum ich mit dem Abendmahl, wenn ich es als Gedächtnismahl deute, nicht ehrfürchtig umgehen könnte.
Das Wort per se ist nicht schlimm. Wenn es jedoch auf die heilige Eucharistie angewandt wird, so ist dies eines der schändlichsten Dinge überhaupt, da damit, klar gegen den Auftrag des Herrn verstoßend, der eigentlich Charakter der Eucharistie ausgeblendet wird. Um es kurz und knapp zu sagen:
Die Gaben von Wein und Brot werden in Blut und Leib Christi verwandelt. Wer bei vollzogener Wandlung behauptet das Brot sei gewöhnliches Brot und der Wein sei gewöhnlicher Wein, leugnet in diesem Moment Gott. Das ist das üble an dem Wort Gedächtnismahl, wird es auf die Eucharistie angewandt. [/quote]
LePenseur hat geschrieben: was ist an einem "bloßen" Gedächtnismahl anrüchig, minderwertig, problematisch? Mir fällt nichts ein.
Was wäre daran anrüchig, wenn das Universum nur aus einem einzelnen Elementarteilchen bestünde und nicht so furchtbar kompliziert aufgebaut wäre? Das wäre prinzipiell nicht schlimm. Es ist aber einfach nicht so. Merken sie was?

LePenseur
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von LePenseur »

@Anselmus:
Du solltest die orthodoxe sowie die katholische Theologie lange genug kennen, dass es keine Widerlegung ist, dass etwas nicht im Evangelium steht...
Aber ein Indiz, daß es eben verschiedene Traditionen und Sichtweisen gab und daher legitimerweise auch heute gibt. Ich verbiete ja niemandem, die Realpräsenztheorie zu vretreten — ich lege nur Wert darauf, daß dies dann wenigstens gedanklich konsistent geschieht. Und genau das (ich verweise nochmals auf Zimmels oben verlinkten Artikel!) wird dabei geradezu geflißentlich vermieden (ist wenigstens mein Eindruck) ...
Wenn es jedoch auf die heilige Eucharistie angewandt wird, so ist dies eines der schändlichsten Dinge überhaupt, da damit, klar gegen den Auftrag des Herrn verstoßend, der eigentlich Charakter der Eucharistie ausgeblendet wird. Um es kurz und knapp zu sagen:
Die Gaben von Wein und Brot werden in Blut und Leib Christi verwandelt. Wer bei vollzogener Wandlung behauptet das Brot sei gewöhnliches Brot und der Wein sei gewöhnlicher Wein, leugnet in diesem Moment Gott. Das ist das üble an dem Wort Gedächtnismahl, wird es auf die Eucharistie angewandt.
Sorry, das kann ich nicht nachvollziehen! Lassen Sie mich das an einem profanen Analogbeispiel erklären: zweifellos ist (wenigstens in den Augen von Patrioten und Etatisten) die jeweilige Nationalflagge ein ehrwürdiges Symbol der nationalen Identität (in den USA gibt es m.W. ein Gesetz, daß das Verbrennen der "stars'n'strips" unter Strafe stellt, ähnlich in vielen anderen Rechtsordnungen, z.B. in Österreich unter dem Titel "Herabwürdigung staatlicher Symbole").

Es ist also klar, daß drei aneinandergenähte Stoffstreifen in der Farbstellung rot-weiß-rot oder rot-weiß-blau, schwarz-rot-gold, rot-weiß-grün etc. nicht "nur" aneinandergenährte Stoffstreifen sind, sondern darüberhinaus eben auch das Symbol der durch die Flagge verkörperten Nation sind. Was aber nichts daran ändert, daß die aneinandergenährten Stoffstreifen dessenungeachtet trotzdem aneinandergenährte Stoffstreifen sind.

Angewandt auf die Eucharistie: diese wird unter den Gestalten von Brot und Wein gefeiert, und diese Feier ist der Vollzug eines von Jesus Christus eingesetzten Kultaktes (wenn wir den Evangelien diesbezüglich folgen, und die Sache nicht, was auch einige Plausibilität für sich hat, "umgekehrt herum" entstanden betrachten — nämlich die Evangelienberichte über die Einsetzung als Rückprojektion einer u.a. aus hellenistischen Quellen kommenden Kultmahlpraxis). Im Vollzug wird nun eine kultisch-symbolische Gleichsetzung von "Brot und Wein" (hier und heute, am 6.7.2010 n.Chr.) mit "Leib und Blut" (Jesu Christi am historischen Abend des Gründonnerstags ~ 33 n.Chr.) vorgenommen — was aber nichts daran ändert, daß das Brot ein Brot ist und der Wein ein Wein, genauso, wie die Verarbeitung eines schwarzen, roten und goldenen Stoffstreifens aus ihnen zwar eine Deutsche Flagge macht, ihnen aber den Charakter von drei zusammengenähten Stoffstreifen nicht nimmt! Sie sind eben beides: eines auf materiell-physikalischer Ebene, das andere auf einer symbolischen Sinnebene.

Warum in der klaren und aus den Evangelien durchaus so erkenn- und ableitbaren Aussage über diesen doppelten Sachverhalt in diesem Moment Gott geleugnet werden soll, ist für mich einfach unverständlich. Ich leugne ja auch nicht den Symbolgehalt von "Deutschland", wenn ich aussage, daß die Deutsche Flagge aus drei gleichbreiten Stoffstreifen der Farben schwarz-rot-gold besteht.
Was wäre daran anrüchig, wenn das Universum nur aus einem einzelnen Elementarteilchen bestünde und nicht so furchtbar kompliziert aufgebaut wäre? Das wäre prinzipiell nicht schlimm. Es ist aber einfach nicht so. Merken sie was?
Ja: Bahnhof ... :hae?:

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Juergen
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Juergen »

Bei deinem Posting muß ich unwillkürlich an einen Zigarettenstummel von Leonardo Boff denken.




Nebenbei:
man wundert sich (oder auch nicht) auf welche Seite man verwiesen wird, wenn man die Stichworte bei google eingibt
http://www.google.de/search?q=zigarette ... nardo+boff
:auweia: :vogel:
Gruß Jürgen

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Anselmus
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Anselmus »

@LePenseur
LePenseur hat geschrieben:Aber ein Indiz, daß es eben verschiedene Traditionen und Sichtweisen gab und daher legitimerweise auch heute gibt. Ich verbiete ja niemandem, die Realpräsenztheorie zu vretreten — ich lege nur Wert darauf, daß dies dann wenigstens gedanklich konsistent geschieht. Und genau das (ich verweise nochmals auf Zimmels oben verlinkten Artikel!) wird dabei geradezu geflißentlich vermieden (ist wenigstens mein Eindruck) ...
In diesem Punkt muss ich entschieden widersprechen. Die Situation beim letzten Abendmahl und die Situation, auf die sich Paulus bezieht, nämlich die Feier des Herrenmahles in den Gemeinden ist eine völlig unterschiedliche. Jesus feierte das letzte Abendmahl alleine mit den Aposteln. Hier reicht Jesus den Aposteln seinen Leib und sein Blut wohlwissend, in welcher Verfassung die Apostel sind, so dass die Apostel nicht selbst prüfen müssen, ob sie dazu bereit sind. Die Situation in den Gemeinden ist eine völlig andere, da hier eben alle getauften Menschen am Herrenmahl teilnehmen können, so dass Paulus hier betont, dass sich jeder prüfen solle. Ich erkenne hier also keine sich widersprechenden aussagen oder gar unterschiedliche Traditionen.

Zu ihrer weiteren Argumentation kann ich nur sagen, dass ich ihnen eigentlich argumentativ mehr zugetraut hätte. Sie möchte mit einem Beispiel zeigen, warum es nicht schlimm sein solle, die Eucharstie nur als Gedächtnismahl zu sehen. Dazu bemühen sie ein Beispiel, dass erklärtermaßen nur ein Symbol ist (keiner wird behaupten, dass eine Deutschlandflagge Deutschland sei). Damit setzen sie aber das, was sie zeigen wollen, nämlich dass die Eucharistie nur ein Symbol sein sollte, oder es nicht schlimm wäre, es so zu sehen, als gegeben voraus... Der Zirkelschluss lässt grüßen...

Gerhardus
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Gerhardus »

Wenn ich aus meiner Westentasche ein Bild von meinem Großvater heraus ziehe und es jemandem zeige - was sage ich dann?

Ich sage: Dies IST mein Großvater.

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Juergen
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Juergen »

Gerhardus hat geschrieben:Ich sage: Dies IST mein Großvater.
Achwas!?!
Dein Großvater war aus Pappe? :auweia:
Gruß Jürgen

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Anselmus
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Anselmus »

Gerhardus hat geschrieben:Wenn ich aus meiner Westentasche ein Bild von meinem Großvater heraus ziehe und es jemandem zeige - was sage ich dann?

Ich sage: Dies IST mein Großvater.
Du bist dir aber wohl bewusst, dass das Bild deinen Großvater darstellt, das Bild selbst aber nicht dein Großvater ist... ansonsten mache ich mir etwas Sorgen um dich.

Somit tut das hier eigentlich relativ wenig zur Sache.

Damit könntest du vielleicht argumentieren, dass die Einsetzungsworte auch anders verstanden werden könnten. Zum Glück zeigt uns die Tradition ja aber, wie die Einsetzungsworte zu verstehen sind...

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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von LePenseur »

@Anselmus:
Ich wiederhole mich ungern — aber trotzdem: Zimmel-Artikel lesen! Natürlich ist mir klar, daß die Deutschland-Flagge nicht "Deutschland" ist. Ebenso müßte aber auch Ihnen klar sein, daß eine Hostie, über welcher ein katholischer oder ostkirchlicher Priester die Wandlungsworte gesprochen hat, nicht "Jesus Christus" ist. Und was Ihnen an Argumenten in meinem Posting mangelt, finden Sie bei Zimmel in Fülle! Und dann können Sie ja versuchen, Zimmels Darlegungen zu widerlegen ...
Damit könntest du vielleicht argumentieren, dass die Einsetzungsworte auch anders verstanden werden könnten. Zum Glück zeigt uns die Tradition ja aber, wie die Einsetzungsworte zu verstehen sind...
Tut sie das wirklich? Ich würde eher sagen: die Tradition zeigt uns, wie die letztlich siegreiche ("Mainstream"-)Tradition nach Verketzerung aller entgegenstehender Konkurrenzauffassungen sich selbst sieht.

Wenn Sie z.B. die Didache ansehen, so werden Sie dort ein völlig anderes Bild von "Eucharistie" vermittelt bekommen. Hier steht viel mehr der Mahlcharakter im Vordergrund, hier wird Jesus als der Christus-Gottesknecht vorgestellt, und all die späteren hochfliegenden Spekulationen um Kreuzesopfer etc. sind nicht einmal andeutungsweise präsent!

@Juergen:
Danke für den Boff-Link, den ich bislang nicht kannte (ein linker Gutmensch wie Boff zählt, wie Sie sich denken können, nicht eben zu meinen Lieblingstheologen ...). Irgendwie amüsant und berührend — aber ich hätte mich nie getraut, einen Zigarettenstummel als Sakrament zu bezeichnen. Mich hätte man in diesem Forum sonst geteert und gefedert ...

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Juergen
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Juergen »

LePenseur hat geschrieben:Ich wiederhole mich ungern — aber trotzdem: Zimmel-Artikel lesen!
Na bravo... was ist das für einer, der den Artikel geschrieben hat?

Relevant in Bezug auf die Sakramente ist vor allem auch der Abschnitt über das Realsymbol, welches er - kaum verwunderlich - als absurd und Hokuspokus abtut.
8. Magie und Realsymbol
8.1. Der magische Aspekt des Abendmahls rührt vor allem daher, daß man Zei-
chen über ihre Signifikationsfunktion hinaus eine „Wirksamkeit“ unterstellte, und
daß man in den Sakramenten „gefüllte Zeichen“, „Realsymbole“ oder „realisierende
Zeichen“ sah, die das, worauf sie verweisen, auch bewirken:

„Realisierende Zeichen aber sind Träger des durch sie Bezeichneten und Ver-
mittelten, wodurch sie selbst in der Tiefe ihrer Realität zu etwas anderem und
Neuem werden.“ (Gäde, 303)

Diese typisch hermeneutische Konfusion entleert den Unterschied zwischen Zeichen
und Bezeichnetem, indem aus Zeichen und Bezeichnetem, die zwei sind, eins wird.
Zeichen als „Träger des Bezeichneten“ lassen Signifikant und Signifikat in eins fal-
len und machen sich damit semiotisch überflüssig. Der Sinn, daß überhaupt etwas
ein Zeichen sein kann, besteht gerade in der Ersetzung oder Repräsentation des Be-
zeichneten.
...
Dann hoffe ich nur, daß niemand bei dem auf die Idee kommt, per Handschlag etwas zu kaufen...
Gruß Jürgen

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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von overkott »

Der leibliche Mensch betrachtet das Geschehen beim letzten Abendmahl wie das Geschehen beim ersten Ostermahl auf leiblicher Ebene, nicht auf geistiger.

Auf geistiger Ebene ereignete sich vor Ostern in der Eucharistie das gleiche Geschehen wie nach Ostern, wie Paulus es den Korinthern geschrieben hat:

Vater und Sohn waren eins im Geist des Vaterunsers. Christus war gegenwärtig in der Person des Priesters, unter den Gestalten von Brot und Wein sowie in der versammelten Gemeinde. Der Verräter aß und trank sich das Gericht.

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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von LePenseur »

@Juergen:
Wenn ich "per Handschlag" z.B. ein Zuchtschwein kaufe (ob bei Dr. Zimmel oder anderswo, lasse ich mal "außen vor", wie das Neudeutsch so schön heißt), so ist der Handschlag trotzdem nicht das Zuchtschwein — da werden Sie mir doch, hoffe ich, zustimmen ... ;D

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Juergen
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Juergen »

Der Handschlag ist aber mehr als nur ein hinweisendes Zeichen auf das Versprechen den Vertrag zu erfüllen: er ist Zeichen und bewirkt gleichzeitig wofür er Zeichen ist.

Ähnlich auch diese Flatterdinger an Autobahnen, die Seitenwind anzeigen. Sie weisen auf den Wind hin, aber nur wenn er auch da ist. (Wobei diese selbst natürlich nicht den Wind bewirken - das ist klar; soll ja auch nur als Vergleich dienen)
Gruß Jürgen

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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von LePenseur »

@Juergen:
Nein, das ist semantisch unsauber! Der Handschlag ist das Zeichen des Vertragskonsenses, ist aber nicht der Vertragskonsens!

Und genau das ist es ja auch , was Zimmel in seinem Aufsatz bemängelt: man schummelt sich für gewöhnlich um exakte Terminologie herum, indem man mit denselben schwammigen Begriffen unterschiedliches "bezeichnet". Und eins-zwei-drei wird aus einem kultischen Symbol eine Realpräsenz, die sich aber v.a. dadurch auszeichnet, daß ihre Realität durch kein Mittel nachgewiesen werden kann, vielmehr alle Mittel, die üblicherweise Nachweise über reale Verhältnisse liefern (Sinneseindrücke, Messungen etc.), das genaue Gegenteil dessen, was hier angeblich "realpräsent" sein soll, anzeigen.

Wer "Realpräsenz" nun partout so verstehen will, daß alles, was als real gegenwärtig nachweisbar ist, davon explizit nicht betroffen sein soll, und sich die "Realpräsenz" ausschließlich auf in ihrer realen Präsenz denkmöglich nicht nachweisbare Phänomene bezieht — der sollte sich aber über die Frage nicht wundern, ob er denn vermeine, daß das Wort "Realpräsenz" für solche Phänomene wirklich eine adäquate Bezeichnung ist ...

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Juergen
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Juergen »

LePenseur hat geschrieben:@Juergen:
Nein, das ist semantisch unsauber! Der Handschlag ist das Zeichen des Vertragskonsenses, ist aber nicht der Vertragskonsens!
Nein, der Vertrag kommt durch Handschlag zustande. Er bewirkt also den Vertragsabschluß und ist gleichzeitig äußeres Zeichen, daß der Vertrag zustande gekommen ist. - Er ist eben beides.
Gruß Jürgen

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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von LePenseur »

@Juergen:
Nein, der Vertrag kommt durch Handschlag zustande. Er bewirkt also den Vertragsabschluß und ist gleichzeitig äußeres Zeichen, daß der Vertrag zustande gekommen ist. - Er ist eben beides.
Sorry, nein! Der Kaufvertrag (als Konsensualvertrag) kommt durch den Konsens der Vertragsparteien zustande. Wie wird nun dieser Konsens ausgedrückt (=zeichenhaft erkennbar gemacht)? Im Viehhandel überlicherweise durch einen Handschlag (im Internet-Wertpaierhandel z.B. wohl nicht!).

Auch wenn im dem Huberbauer noch so intensiv die Hand schüttle, wenn zwischen uns nicht der Konsens besteht, die Zuchtsau "Resi" für € xyz,- zu kaufen bzw. zu verkaufen (weil z.B. der Bauer eigentlich die völlig andere Zuchtsau "Rosi" dabei meinte, und ich hingegen meinte, der Preis betrage € zyx,-), dann bewirkt der Handschlag höchstens Prozeßkosten, um die Unwirksamkeit des Handschlags feststellen zu lassen ...

Es gibt freilich im römischen Recht (und darauf basierenden Rechtsordnungen) auch die Gruppe der "Realverträge", und hier fällt in der Tat das Zustandekommen des Vertrags mit seiner realen Erfüllung zusammen. Das Darlehen (im Gegensatz zum konsensualen Kredit) wird durch Zuzählung der Darlehensvaluta effektuiert. Nur: im Gegensatz zur Realpräsenz geschieht hier nachweisbar etwas in der Realität: Geld wechselt den Eigentümer.

Aber das geht jetzt doch sehr ins juristisch-abseitige, würde ich sagen ...

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overkott
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von overkott »

LePenseur hat geschrieben:@Juergen:
Nein, der Vertrag kommt durch Handschlag zustande. Er bewirkt also den Vertragsabschluß und ist gleichzeitig äußeres Zeichen, daß der Vertrag zustande gekommen ist. - Er ist eben beides.
Sorry, nein! Der Kaufvertrag (als Konsensualvertrag) kommt durch den Konsens der Vertragsparteien zustande. Wie wird nun dieser Konsens ausgedrückt (=zeichenhaft erkennbar gemacht)? Im Viehhandel überlicherweise durch einen Handschlag (im Internet-Wertpaierhandel z.B. wohl nicht!).

Auch wenn im dem Huberbauer noch so intensiv die Hand schüttle, wenn zwischen uns nicht der Konsens besteht, die Zuchtsau "Resi" für € xyz,- zu kaufen bzw. zu verkaufen (weil z.B. der Bauer eigentlich die völlig andere Zuchtsau "Rosi" dabei meinte, und ich hingegen meinte, der Preis betrage € zyx,-), dann bewirkt der Handschlag höchstens Prozeßkosten, um die Unwirksamkeit des Handschlags feststellen zu lassen ...

Es gibt freilich im römischen Recht (und darauf basierenden Rechtsordnungen) auch die Gruppe der "Realverträge", und hier fällt in der Tat das Zustandekommen des Vertrags mit seiner realen Erfüllung zusammen. Das Darlehen (im Gegensatz zum konsensualen Kredit) wird durch Zuzählung der Darlehensvaluta effektuiert. Nur: im Gegensatz zur Realpräsenz geschieht hier nachweisbar etwas in der Realität: Geld wechselt den Eigentümer.

Aber das geht jetzt doch sehr ins juristisch-abseitige, würde ich sagen ...
Wenn ein Vertrag auf dem Tisch liegt, ist das der Vertrag, auch wenn er auf den geistigen Vertrag hinweist. Wird der Vertrag in viele Teile zerteilt, bleibt es doch der eine Vertrag. Der Vertrag wird wirksam durch Angebot und Annahme. Wer ihn nur zum Schein annimmt, für den ist der Vertrag unwirksam.

Im Fall der Eucharistie handelt es sich quasi um einen Aufhebungsvertrag über Schulden. Der Schuldner wird durch den Vertrag dem Gläubiger gleich gestellt. Wer nicht Gläubiger werden will, bleibt in seiner Schuld.

LePenseur
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von LePenseur »

@Overkott:
Das Wortspiel mit der Doppeldeutigkeit von "Gläubiger" ist wirklich elegant! Aber eben nur ein Wortspiel ...

Allons
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Allons »

Juergen hat geschrieben:
LePenseur hat geschrieben:@Juergen:
Nein, das ist semantisch unsauber! Der Handschlag ist das Zeichen des Vertragskonsenses, ist aber nicht der Vertragskonsens!
Nein, der Vertrag kommt durch Handschlag zustande. Er bewirkt also den Vertragsabschluß und ist gleichzeitig äußeres Zeichen, daß der Vertrag zustande gekommen ist. - Er ist eben beides.
§ 117 BGB Scheingeschäft
(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.

Woraus folgt, dass der Handschlag egal ist, es kommt für das Rechtsgeschäft auf den Willen an. Der Handschlag ist eine Bekräftigung, kein Ersatz (auch nicht bei der Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht).

Grüße, Allons!

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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von HeGe »

Allons hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:
LePenseur hat geschrieben:@Juergen:
Nein, das ist semantisch unsauber! Der Handschlag ist das Zeichen des Vertragskonsenses, ist aber nicht der Vertragskonsens!
Nein, der Vertrag kommt durch Handschlag zustande. Er bewirkt also den Vertragsabschluß und ist gleichzeitig äußeres Zeichen, daß der Vertrag zustande gekommen ist. - Er ist eben beides.
§ 117 BGB Scheingeschäft
(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.

Woraus folgt, dass der Handschlag egal ist, es kommt für das Rechtsgeschäft auf den Willen an. Der Handschlag ist eine Bekräftigung, kein Ersatz (auch nicht bei der Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht).

Grüße, Allons!
Wobei das natürlich nur gilt, wenn beide keine rechtlich bindende Willenserklärung abgeben möchten bzw. der fehlende Rechtsbindungswille beiden bewusst ist.

Hat lediglich einer der Vertragspartner einen geheimen Vorbehalt, während der andere eine Willenserklärung abgeben möchte, kann er den Handschlag im Rahmen seines Empfängerhorizonts als Willenserklärung des anderen Vertragspartners ansehen. Insoweit wäre der Handschlag schon notwendig, da es in diesem Fall die Erklärungshandlung darstellt.

Natürlich könnte man dann hinter versuchen, einen Dissens feststellen zu lassen oder die Willenserklärung anzufechten, das ist aber dann eine andere Ebene.
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von LePenseur »

Wenn ich mir das Vorstehende so durchlese — fällt mir dazu spontan ein:

"Schrecklich ist's, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen" (Hebr. 10,31)

Alles halb so wild, kann man da nur sagen ...

Wirklich schrecklich ist's wohl eher, in die Hände von Juristen zu fallen!

:breitgrins:

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Juergen
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Re: Realpräsenz beim letzten Abendmahl

Beitrag von Juergen »

Allons hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:
LePenseur hat geschrieben:@Juergen:
Nein, das ist semantisch unsauber! Der Handschlag ist das Zeichen des Vertragskonsenses, ist aber nicht der Vertragskonsens!
Nein, der Vertrag kommt durch Handschlag zustande. Er bewirkt also den Vertragsabschluß und ist gleichzeitig äußeres Zeichen, daß der Vertrag zustande gekommen ist. - Er ist eben beides.
§ 117 BGB Scheingeschäft....
Pfff... BGB.... ich meinte doch das Pferdemarkthandelsgesetz (PfMHG) von 1743. :pfeif:
Gruß Jürgen

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