Seelsorge an Ausgetretenen

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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roncalli
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Seelsorge an Ausgetretenen

Beitrag von roncalli »

In 14 Tagen soll ich auf einer Priesterfortbildungswoche zum Thema: "Seelsorge an Getauften, die aus der Kirche ausgetreten sind" ein Statement halten und eine Arbeitsgruppe moderieren.

Das Zweite Vatikanische Konzil sagt von den Priestern:
„Ihrer besonderen Sorge sind die anvertraut, die die Sakramente nicht mehr empfangen, ja vielleicht sogar vom Glauben abgefallen sind; sie werden es nicht unterlassen, als gute Hirten gerade auch ihnen nachzugehen.“ (Presbyterorum ordinis 9)

Welche pastoralen Tipps würdet ihr Seelsorgern geben?

Marlene
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Re: Seelsorge an Ausgetretenen

Beitrag von Marlene »

roncalli hat geschrieben:In 14 Tagen soll ich auf einer Priesterfortbildungswoche zum Thema: "Seelsorge an Getauften, die aus der Kirche ausgetreten sind" ein Statement halten und eine Arbeitsgruppe moderieren.

Das Zweite Vatikanische Konzil sagt von den Priestern:
„Ihrer besonderen Sorge sind die anvertraut, die die Sakramente nicht mehr empfangen, ja vielleicht sogar vom Glauben abgefallen sind; sie werden es nicht unterlassen, als gute Hirten gerade auch ihnen nachzugehen.“ (Presbyterorum ordinis 9)

Welche pastoralen Tipps würdet ihr Seelsorgern geben?
Lieber Roncalli,

es trifft nicht ganz deine Frage, aber vielleicht ist es doch Anregung: Als ich meinen Kirchenaustritt erklärte, hoffte ich insgeheim eigentlich darauf, von unserem Dorfpfarrer ein Wort des Bedauerns zu hören .... biblisch gesprochen: Ich habe tatsächlich auf den guten Hirten gewartet, der mir verirrtem Schaf nachgeht.

Also auf jeden Fall würde ich etwas tun ... Bin jetzt leider ein wenig in Eile, aber vielleicht kommen mir als inzwischen heimgeholtem Schaft noch ein paar Ideen.

herzlich
Marlene

Wise Guy
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Beitrag von Wise Guy »

Ich arbeite in einer Regionalstelle und biete ab November eine sog. Glaubensortientierung mit Abendveranstaltungen zu Glaubensthemen an. Diese Abende können als Vorbereitung zum Wiedereintritt dienen.
Diese ganze Aktion soll so beworben werden, dass nicht nur Kirchen-Leute davon wissen und Ausgetreten so angeregt werden, wieder einzutreten bzw. es etwas leichter (unbürokratischer) gemacht wird.

Interessante Frage ist auch, was passiert, wenn Ausgetretene um ein kirchliches Begräbnis bitten, was durchaus nicht so ungewönlich ist, aber das weißt du wahrscheinlich aus eigener Erfahrung.
Es ist nicht so wichtig etwas über Gott zu wissen, sondern ihn zu kennen. (Rahner)

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Guy hat geschrieben:Interessante Frage ist auch, was passiert, wenn Ausgetretene um ein kirchliches Begräbnis bitten, was durchaus nicht so ungewönlich ist, aber das weißt du wahrscheinlich aus eigener Erfahrung.
Es ist zwar jetzt eine Einzelfrage, aber dennoch. Soll man einen aus der Kirche Ausgetretenen kirchlich bestatten, wenn die Familie es wünscht? Der CIC/1983 sieht die Möglichkeit einer Verweigerung vor: wenn jemand sich öffentlich von der Kirche und dem Credo getrennt hat; wenn jemand Feuerbestattung wünscht als Bekundung der Leugnung des Auferstehungsglaubens; wenn es sich um einen "öffentlichen Sünder" handelt, dessen Begräbnis Unruhe stiften würde. Ich denke, hier ist Behutsamkeit angesagt. Vielleicht gab der Ausgetretene kurz vor seinem Tod ein kleines Zeichen, dass ihm an der Sache doch etwas liegt? Ausserdem muss man sich über den Sinn des kirchlichen Begräbnisses im Klaren sein: Es geht darum, um den Verstorbenen zu bitten, um den Leichnam zu ehren und um den Angehörigen Trost und Hoffnung zu spenden. Man muss auch bedenken, dass es verschiedene Formen der Anteilnahme gibt:
- kirchliche Begräbnisfeier mit Messe
- kirchliches Begräbnis ohne Messe
- Teilnahme des Geistlichen als Privatperson am zivilen Begräbnis.
Peter Krämer zufolge soll bei Zweifelsfällen das Ordinariat entscheiden.
"Das Wahre ist nicht sicherer als das Wahrscheinliche."
(Diogenes Laërcius)

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Zum Thema "Begräbnis für Augetretene" wurde vor fünf Jahren für die Dechantenkonferenz unserer Diözese folgende Diskussionsgrundlage erarbeitet:
Der Dienst der Kirche beim Begräbnis von Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind
Vorbemerkung
Sehr wichtig in diesem Zusammenhang ist die Frage: Was bedeutet ein vor der politischen Behörde vollzogener Kirchenaustritt? Dieser Frage wird in unserer Diözese auf einem eigenen Studientag nachgegangen; sie wird uns vermutlich noch länger beschäftigen. Da wir auch in der Zwischenzeit pastoral handeln müssen, wird im Folgenden ein provisorischer Weg, der voll im Einklang mit dem Kirchenrecht steht, vorgeschlagen:

Grundlegendes
1.Ein christliches Begräbnis hat mehrere Dimensionen: Liebe zum/zur Verstorbenen, Gebet für ihn/sie, Trost und Begleitung für die Trauernden, Besinnung auf das Todesschicksal des Menschen, Ausdruck des Auferstehungsglaubens, Ausdruck der Zugehörigkeit des/der Verstorbenen zur sichtbaren Gemeinschaft der Kirche.

2. Viele (nicht alle) dieser Dimensionen können auch beim Begräbnis eines von der Kirche ausgetretenen Menschen zum Ausdruck kommen.

3. Die Kirche weiß sich auch mit jenen, die sie verlassen haben, durch das Band der Taufe weiterhin verbunden. Das würde sogar dann gelten, wenn die Betroffenen vom Glauben abgefallen wären. ”Die Kirche betet darum, dass niemand verloren geht. Zwar kann niemand sich selbst retten, aber Gott will, dass alle Menschen gerettet werden (1 Tim 2,4), und für ihn ist alles möglich (Mt 19,26).” (KKKirche 1085).

4. Der zu Lebzeiten vor der politischen Behörde vollzogene und nicht mehr zurückgenommene Kirchenaustritt steht objektiv im Widerspruch zu dem, wie die Kirche sich selbst und die Pflichten ihrer Glieder versteht. Diese Tatsache ist sehr ernst zu nehmen, auch wenn sie kein Urteil über die subjektive Rechtschaffenheit oder gar das ewige Schicksal des/der Verstorbenen zulässt.

Vorgangsweisen
5. Bei offenkundigen Gegnern des christlichen Glaubens oder/und der katholischen Kirche, die bis zum Lebensende kein eindeutiges Zeichen der Reue gegeben haben, ist auf jede kirchliche Handlung beim Begräbnis zu verzichten, auch wenn Angehörige das wünschen (vgl. CIC can. 1184). Selbstverständlich ist das stille Gebet auch für solche Verstorbene immer und überall möglich. Amtsträger der Kirche dürfen in ziviler Kleidung am Begräbnis teilnehmen.

7. Wenn jemand aus der Kirche ausgetreten ist, aber vor seinem Tod ein deutliches Zeichen der Hinwendung zur Kirche gegeben hat, steht der Vollform eines kirchlichen Begräbnisses nichts entgegen.

8. Ein deutliches Zeichen der Hinwendung zur Kirche ist der ausdrückliche Wunsch nach Wiederaufnahme in sie. Aber auch Gottesdienstbesuch, verbunden mit regelmäßiger Mitarbeit in der Kirche (z.B. im Sozialkreis, durch Übernehmen praktischer Dienste für die Pfarre, etc.) und regelmäßiger materieller Unterstützung der Kirche und ihrer Werke können als Weg der Annäherung an die Kirche verstanden und damit als Zeichen der Hinwendung zu ihr ernst genommen werden. Die Feier eines kirchlichen Begräbnisses ist in solchen Fällen, wenn die Angehörigen darum bitten, verantwortbar.

9. In anderen Fällen, wo zwar keine offenkundige Gegnerschaft zur Kirche vorliegt, aber die oben genannten deutlichen Zeichen der Hinwendung zur Kirche ausgeblieben sind, ist die Vollform der christlichen Begräbnisfeier nicht angemessen. Es ist aber angebracht, dass die Kirche das Begräbnis eines solchen Menschen öffentlich mit Gebeten begleitet. Das scheint besonders dann sinnvoll zu sein, wenn die Angehörigen gläubige Mitglieder der sichtbaren Gemeinschaft der katholischen Kirche sind und ausdrücklich um diesen Dienst bitten.

10. Eine solche Begräbnisfeier muss sich von der Vollform eines kirchlichen Begräbnisse erkennbar unterscheiden. Sie muss aufrichtig sein. Es soll nicht so getan werden, als habe es den Kirchenaustritt und damit ein bestimmtes Nein zur konkreten Kirche nicht gegeben. Darauf müssen die Angehörigen im Vorbereitungsgespräch aufmerksam gemacht werden.

11. Auf Handlungen, die sehr deutlich die Zugehörigkeit zur sichtbaren (sakramental und institutionell verfassten) Gemeinschaft der Kirche zum Ausdruck bringen (z.B. das Hineintragen des Leichnams in das Kirchengebäude und die Begräbnismesse) soll bei solchen Begräbnissen verzichtet werden.

12. Der Priester (Diakon/Beauftragte) soll in schlichter liturgischer Kleidung (Alba, Stola) am Begräbnis teilnehmen und die Gebete leiten. Gegen das Läuten der Glocken und den Gebrauch von Weihwasser ist nichts einzuwenden. In zeitlichem Abstand zum Begräbnis kann ein normaler Pfarrgottesdienst für den Verstorbenen gefeiert werden.

13. Die bei solchen Begräbnissen verwendeten Texte sollen
- zur Dankbarkeit aufrufen für das, was der/die Verstorbene in seinem/ihrem Leben Gutes getan hat,
- hinweisen, dass es den Kirchenaustritt gab, aber niemand über das Gewissen des/der Verstorbenen richten darf,
- einladen, den/die Verstorbene/n im Gebet der barmherzigen Liebe Gottes anzuvertrauen,
- Zeugnis geben für den „Gott und Vater Jesu Christi, unseres Herrn, den Vater des Erbarmens und den Gott allen Trostes“ (2 Kor 1,3).
Ich danke für eure Anregungen und bitte um viele weitere (womöglich außerhalb der Begräbnisfrage)!

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Ich kann da nicht so recht mitreden, da es bei uns das Phänomen Kirchenaustritt nicht so gibt. In Deutschland ist der Kirchenaustritt ja meist dadurch motiviert, dass man keine Kirchensteuer mehr bezahlen will, weil man sich nicht mehr genug mit der Kirche identifizieren kann. In Luxemburg gibt es keine Kirchensteuer, deshalb tauchen die Leute, die nichts mehr damit zu tun haben wollen, einfach nicht mehr auf, ohne irgend etwas zu unternehmen. Die Fälle, wo jemand sich dennoch formal von der Kirche lossagen möchte, sind bei uns äusserst selten. In dem Fall schreibt der Pfarrer dann eine kurze Anmerkung ins Taufregister ("hat sich von der Kirche losgesagt am ..." oder ähnlich). Aber wie gesagt: äusserst selten!
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Mariamante
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Ausgetretene

Beitrag von Mariamante »

Da ich selbst als ehemaliger Atheist mal aus der Kirche ausgetreten war, kann ich manche Haltungen von Ausgetretenen verstehen.

Ein Argument das oft gegen die Kirche verwendet wird ist, dass es ihr um "Geld und Macht" gehe. Der Mangel an Spritualität wird beklagt, und dass sich manche Geistliche nicht als Seel- Sorger sondern als Leib- Sorger (und dabei auch noch um das eigene Wohl)erweisen.

Bei Exerzitien (Radio Horeb) sagte P. Josef Bill, dass die geistliche Kraft der Kirche zu sinken begann, als sie sich mit den Staatsmächten arrangierte oder arangieren konnte.

Pater Werenfried van Straaten und auch die bekehrte Philosophin Tatjana Goritschewa waren von der europäischen Kirche, dem verwässerten Christentum enttäuscht.

Was "Aussenstehende" und der Kirche fernstehende brauchen ist zuerst sicher Liebe und Verständnis. Wenn sich der oft durch Verwundungen ausgetretene Mensch (können auch Konflikte mit Menschen der Kirche sein) liebevoll und barmherzig angenommen fühlt, so ist das ein erster Schritt, dass sich das Herz öffnet.

Um den Menschen zu zeigen, dass die Kirche Jesu Christi Gottes Heilswerk ist, sollte man auch die Spiritualität der Heiligen und der Kirchenväter (z.B. Wüstenväter) vermitteln. Für mich persönlich war das Leben und Wirken der Heiligen (zeitnah z.B. auch das eines P.Pio) für meine Hinwendung bzw. Rückkehr zur Kirche ausschlaggebend.

Die spirituellen Schätze der Kirche sind reich, tief und wunderbar. Wir brauchen nicht nach indischen Gurus suchen- wir haben in Heiligen wie Teresa von Avila oder Franziskus helle Leuchten, die auch Fernstehenden Licht bringen können. Das Leben und die Spiritualität der Heiligen in ihrer Vielfalt können Fernstehenden sicher vieles nahe bringen. Ich denke hier z.B. an die Aussagen,Schriften eines hl. Franz von Sales. Seine Milde und seine Nüchternheit (Philothea z.B.) können den Menschen von heute geistige Nahrung bieten, die ihnen zeigt, dass die Kirche geistliche Schätze hat, die es nur zu heben und zu sehen gibt.

Was die Menschen suchen ist ein klare Spiritualität - kein soziales Wischiwaschi. Das unverwässerte EVangelium (das ja von den Heiligen in besonderer Weise gelebt wurde) kann den Durst der Seele noch am besten stillen. Dabei dürfen wir sicher nie übersehen, dass es das Gebet und die Gnade Gottes sind, die den "Fernstehenden" auch durch Worte oder Exerzitien Spirituelles so vermittlen, dass es im Herzen wirksam wird. Nicht unsere schönen Worte sind entscheidend- sondern die Gnade Gottes. Freilich: Je mehr wir selbst von der Liebe zum kath. Glauben, zu Jesus ergriffen sind, begeistert, umso mehr können wir vom Feuer der Liebe weiter geben.
Gelobt sei Jesus Christus

Marlene
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Beitrag von Marlene »

Vor einem Jahr fiel mir in der Stadtkirche von Göttingen (ich glaube, es gibt nur diese eine kathl. Kirche dort) ein Plakat auf mit folgendem Wortlaut:

Sie möchten aus der Kirche austreten?

Wir begleiten Sie auch gerne dabei

Wenden Sie sich bitte an Ihre Citypastoral ......


Ich habe keine Ahnung, was da für ein Konzept dahintersteckt, aber vielleicht kannst du ja mit Göttingen Kontakt aufnehmen (ich kenne dort leider niemanden).

Vermutlich wendet sich diese Aktion genau an die Zielgruppe, die wegen ihres Austritts ein wenig indifferent ist, so wie das bei mir persl. der Fall war - (eigentlich gläubig, aber nicht mehr richtig an Gott herankommend, mit einer Stinkwut auf die Kirche, weil ...., und dennoch irgendwo von ihrem Wert überzeugt o.ä.).

In diesem Bereich der Seelsorge wünschte ich mir jemanden, der sich den ganzen Frust und Müll, der sich bei einem angesammelt hat, einfach mal anhört ... und dabei vielleicht behutsam Irrtümer korrigiert, ohne gleich mit der Höllenstrafe zu drohen.

Cicero
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Beitrag von Cicero »

Marlene hat geschrieben: ... und dabei vielleicht behutsam Irrtümer korrigiert, ohne gleich mit der Höllenstrafe zu drohen.
z.B. wenn ein evangelischer Christ seinen Austritt mit dem Papst begründet
:shock:

Im Ernst, genau das fehlt, ein Müllabladeplatz für den Frust über die (real existierende) Kirche.
Dort könnte der Frustirerte dann nicht nur seinen Müll entsorgen, sondern auch gleich noch was brauchbares mitnehmen, das die Kirche in anderem Licht erscheinen läßt.

Eine Kontaktstelle, ein Berührungspunkt mit der Kirche, und wenn er nur dazu dient, zu sehen, daß Kirche doch nicht so ist, wie sie in der veröffentlichten Meinung dargestellt wird.

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mr94
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Beitrag von mr94 »

Die veröffentlichte Meinung ist nicht das Problem. Die meisten Menschen machen ihre schlechten Erfahrungen selbst oder beziehen sie aus persönlichen Gesprächen.

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mr94
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Beitrag von mr94 »

Marlene hat geschrieben:in der Stadtkirche von Göttingen (ich glaube, es gibt nur diese eine kathl. Kirche dort)
Göttingen Maria Frieden mit Gleichen-Rittmarshausen HI. Kreuz
Göttingen St. Godehard
Göttingen St. Heinrich und Kunigunde
Göttingen St. Michael
Göttingen St. Paulus
Göttingen St. Vinzenz mit Bovenden St. Franziskus

(Quelle)

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Werner001
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Beitrag von Werner001 »

Ich gehörte schon eine ganze Weile zu der Mehrheit der Christen, die zwar brav jeden Monat ihre Kirchensteuer zahlen, aber sonst nicht mehr viel mit der Kirche zu tun haben. Ein paar mal im Jahr Messbesuch, das war es.

Beim Umzug an meinen jetzigen Wohnort habe ich auch nie einen Mucks von der örtlichen Pfarrgemeinde gehört (mein evangelischer Freund wurde z. B. mit einem Brief vom Pfarrer in der Gemeinde begrüßt, alle zwei Monate kommt das Gemeindeblatt, von "meiner" Pfarrgemeinde hab ich nie etwas gehört oder gesehen)

Der konkrete Anlass für meinen Austritt waren die "Erwägungen" Ratzingers zu homosexuellen Lebensgemeinschaften.

Nachdem ich vergeblich mehrere Monate darauf gewartet hatte, ob vielleicht wenigstens ein deutscher Bischof eine relativierende Äusserung dazu machen würde, war für ich das Fass voll.

Wie es mein Freund so schön ausgedrückt hat: "sie kümmern sich nicht um dich, sie kämpfen dagegen, dass du von Staat Rechte erhältst, aber dein Geld nehmen sie gern"

So habe ich schliesslich meinen Austritt erklärt. Irgendwo hatte ich ein wenig gehöfft, dass vielleicht nach der Austrittserklärung jemand von der Kirche mit mir Kontakt aufnehmen oder nach meinen Gründen fragen würde, aber Fehlanzeige.

Interessanterweise hat nach und auch durch den Austritt mein Interesse am Glauben und der Kirche zugenommen, es mag ja sein, daß der Geist manchmal seltsame Wege geht.

Im Moment bin ich jedenfalls weit weniger lau in Glaubensdingen als vor meinem Austritt, auch wenn das was mir der Hl. Geist über mein Gewissen vermittelt (ich bin überzeugt dass Er es ist) nicht immer mit dem übereinstimmt, was das Lehramt offiziell verkündet.

Ih sehe mich noch immer als Katholik an, bin aber auch der meinung, daß so manches( nicht in Glaubensdingen!), was von Rom gelehrt wird, nicht im Sinne Christi ist.

Ich bin überzeugt, daß es ein Leichtes wäre, mich zum Wiedereintritt zu bewegen.

Werner

PS.: Was ich eigentlich ein wenig peinlich finde, ist, daß die Kirche in Deutschland sich so sehr über die kirchensteuer definiert.
Einen "Austritt" gibt es ja eigentlich nicht, nur die Verweigerung von Steuern. Es ist ein bisschen wie wenn man den Spruch aus Reformationszeiten abwandelt: "so lang das Geld im Kasten klingt, der Pfarrer zur Beerdigung springt". Das ist eigentlich sehr unwürdig, die Abhilfe wäre so einfach: Einfach mal nachfragen, warum jemand austritt! Der Abfall vom Glauben ist es in den seltensten Fällen!

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Danke für deinen Beitrag, Werner. Du hast wohl vielen aus dem Herzen gesprochen. Richtig bemerkst du auch, dass dieser "Austritt" eine etwas komische Sache ist. Das kirchliche Recht sieht einen Kirchenaustritt nicht vor. Der Kirchenaustritt in Deutschland ist durch staatliche Gesetze geregelt und vor dem Amtsgericht vorzunehmen - nicht vor dem Bischöflichen Ordinariat. Anders beim Kircheneintritt: Der findet in der Kirche staat, nämlich durch die Taufe. Der Staat übernimmt diese Auffassung. Und der Wiedereintritt erfolgt auch vor der Kirche, nicht vor dem Staat. Man sucht sich ein Gespräch mit dem Pfarrer oder einem anderen Priester, man sagt, wieso man wieder eintreten möchte, dann gibt es eine schlichte Feier mit zwei Zeugen, Bekenntnis des Glaubens, und der Priester erklärt die Aufhebung der Exkommunikation (im Auftrag des Bischofs). Das mit der Exkommunikation ist vielen nicht bewusst. Die Kirche nimmt den Kirchenaustritt ernst, für sie ist es keine Bagatelle. Kirchenaustritt bedeutet dann auch, dass man kein Recht mehr auf die Sakramente oder eine kirchliche Beerdigung mehr hat.

In den 1970er Jahren gab es mal einen Streit: Leute wollten aus der Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechts austreten, nicht aber aus der Kirche als Glaubensgemeinschaft. Die Frage kam auf: Ist ein "differenzierter" Kirchenaustritt zulässig? Damals wurde mehrheitlich gesagt: Die Kirche kann sich nicht aufspalten in Körperschaft öffentlichen Rechts einerseits und Glaubensgemeinschaft andererseits.

Kritisiert wird in Deutschland immer wieder die Koppelung von Kirchensteuer zahlen und Mitglied der Kirche als Glaubensgemeinschaft sein. Eine Entkoppelung würde vieles grundlegend ändern. Die Kirche könnte dann keine Körperschaft öffentlichen Rechts mehr bleiben. Vieles spricht für die Beibehaltung des aktuellen Systems.

Noch zur Kirchensteuer: In Deutschland zieht der Staat die Kirchensteuer für die Kirche ein. Allerdings handelt es sich hier um eine pragmatische Lösung. Der Staat tut dies für die Kirche und erhält selbst dafür 2-3 % des Betrags als Entschädigung. Das wird für die Kirche immer noch billiger als es in Österreich der Fall ist, wo die Kirche die Steuer selbst einzieht und deshalb eine zuständige Behörde unterhalten muss, wobei 10 % der Beiträge draufgehen.
"Das Wahre ist nicht sicherer als das Wahrscheinliche."
(Diogenes Laërcius)

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Ich danke allen, die hier ihre Erfahrungen mit Kirchenaustritt und Wiederaufnahme erzählt haben! Auch das mit der geistigen "Müllhalde" und den begleitenden kirchlichen (Gesprächs-)Stellen finde ich interessant und bedenkenswert.
(Ich muss allerdings die angespannte Finanzsituation der Kirche, die die Errichtung neuer Stellen schwierig macht, im Auge behalten! :/ ).

Ich bitte noch um weitere Anregungen:
Was motiviert Ausgetrtene, wieder näher an die Kirche heranzukommen?
Worauf sollten Seelsorger und Pfarrgemeinden verstärkt achten?
:kratz:

Marlene
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Beitrag von Marlene »

roncalli hat geschrieben:
Was motiviert Ausgetrtene, wieder näher an die Kirche heranzukommen?


Bei mir war es die Begegnung mit einem Mönch ... der nach 30 Jahren der erste Kirchenmensch war, der mir das Gefühl gab, dass ihm mein Glauben bzw. mein Ringen um meinen Glauben, mein Ringen um eine Rückkehr zu Gott ganz persönlich was bedeutet ... und der mir damit ein ganz anderes Bild von Kirche vermittelte und mir den Weg zurück auch in die Kirche ebnete.

Das war nicht nur ein professionelles "ich freue mich". Nein, diesem coolen nüchternen Typ kamen die Tränen, als ich bei ihm im Sprechzimmer saß und irgendwas von "ich will wieder richtig mit Gott leben" herumstotterte und würgte.

Tut mir leid, das ist nicht unbedingt in ein Konzeptionspapier umsetzbar, nicht wahr ? :/

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Marlene hat geschrieben: Tut mir leid, das ist nicht unbedingt in ein Konzeptionspapier umsetzbar, nicht wahr ? :/
Marlene, ich danke dir sehr für deinen Beitrag!
Es geht in dieser Arbeitsruppe von Seelsorgern, die ich moderieren soll, nicht darum, Konzepte zu erstellen, sondern Erfahrungen auszutauschen und daraus zu lernen.

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mr94
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Beitrag von mr94 »

Ein paar ungeordnete Ideen:
  1. Ich denke, man sollte vor allem die Schwellensituationen im Leben im Auge behalten. Heirat und Trennung, Geburt und Tod, Einschulung, Schulwechsel und Schulentlassung, Berufswahl, Stellensuche, Einstellung, Kündigung und Entlassung - alles Zeitpunkte erhöhter Sensibilität.
  2. Gemeindliche Angebote für Ausgetretene. Die Adressen liegen in jedem Pfarrbüro vor. Also Veranstaltungen konzipieren und schriftliche Einladungen verschicken. Zugleich breit über lokale Medien ankündigen. Kostet im Zweifel nur Porto und Arbeitszeit.
  3. Das Signal Kirchenaustritt als Gesprächsaufforderung verstehen und Kontakt aufnehmen. Muss ja nicht unbedingt der Pfarrer machen, sondern könnte auch Sache eines eigenen Besuchskreises sein. Man besucht die Alten und Kranken - warum nicht auch die verlorenen Schafe?
  4. Öffentlichkeitsarbeit: Mit der Statistik des vergangenen Jahres aktiv an die Öffentlichkeit gehen. Die Frage nach den Gründen thematisieren. Artikel in der lokalen Presse zu den Hintergründen anregen. Von den Erfahrungen mit den o.g. Maßnahmen berichten. Signal setzen: Die Ausgetretenen sind uns nicht gleichgültig.

Ralf

Beitrag von Ralf »

Werner001 hat geschrieben:Irgendwo hatte ich ein wenig gehöfft, dass vielleicht nach der Austrittserklärung jemand von der Kirche mit mir Kontakt aufnehmen oder nach meinen Gründen fragen würde, aber Fehlanzeige.
Der Pfarrer meiner Heimatgemeinde hat dies anfangs getan, wurde aber so oft sowohl telefonisch als auch in personam an der Haustür schroff abgweiesen, daß er diese Mühe bald aufgab.

Schade, aber durchaus verständlich.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Fängt nicht die Indifferenz schon lange zuvor an? Es ist doch allgemein so, dass sich kaum jemand darum kümmert, wenn Leute längere Zeit nicht in der Gemeinde erscheinen. Da kann man den Pfarrer auf dem Wochenmarkt treffen und wartet vielleicht vergeblich auf die Frage: "Hey, ich hab dich schon lange nicht mehr gesehen ...ist irgendwas vorgefallen?" Man kann praktisch jahrelang nicht zum Gottesdienst gehen und der Pfarrer schweigt ....und schweigt ... schweigt ... und grüßt lächelnd im Vorübergehen ... Ich befürchte fast, dass dieses Verhalten sehr weit verbreitet ist. Das nennt man dann, die individuelle Entscheidung ded anderen achten oder so ähnlich ... Ich befürchte, es ist eher ein Zeichen von Hilflosigkeit und Unvermögen, mangelndem Training.

Das Bild von Marlene, die darauf gewartet hat, dass der Oberhirte dem sich verirrenden Schaf nacheilt, hat mir gut gefallen.

Und ich kenne einige Leute (und bei den evangelischen Christen siehts nicht besser aus), denen die Indifferenz der anderen Christen das endgültige Signal zur Verabschiedung war ...

(Ein paar von denen sind inzwischen wieder eingetreten ...*froi*)

Geronimo

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Edi
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Beitrag von Edi »

Solange die Pfarrer einschliesslich Pastoralreferenten auch so ihr Geld kriegen, warum sollten sie sich da anstrengen, wenn jemand aus der Kirche austreten will? Habe selber mitbekommen, dass einem Pfarrer das egal war, ebenso andere Dinge.
Als meine Schwester vor vielen Jahren aus der ev. Kirche austrat, kam wenigstens noch der Pfarrer zu uns nach Hause. Allerdings hat dieser gar nicht überzeugt, weil er seinen Beruf ohnehin nur zum Broterwerb erlernte. Er war unser Religionslehrer damals , daher weiß ich das recht gut.
Zuletzt geändert von Edi am Dienstag 7. September 2004, 19:09, insgesamt 1-mal geändert.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Schlimme Vorstellung ... :nein:

So gesehen scheint Roncallis Veranstaltung genau in die richtige Kerbe zu passen ...

Geronimo

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Heike
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Beitrag von Heike »

cathol01 hat geschrieben:Kritisiert wird in Deutschland immer wieder die Koppelung von Kirchensteuer zahlen und Mitglied der Kirche als Glaubensgemeinschaft sein. Eine Entkoppelung würde vieles grundlegend ändern. Die Kirche könnte dann keine Körperschaft öffentlichen Rechts mehr bleiben...
Keine Kirche ist verpflichtet, die Steuern vom Staat eintreiben zu lassen. Viele Freikirchen z.B. sind Körperschaften des öffentlichen Rechts (ich weiss es sicher von den Baptisten und der Heilsarmee) und ziehen trotzdem keine Steuer ein. So ist das jedenfalls in Deutschland.

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Fichtel-Wichtel
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Re: Seelsorge an Ausgetretenen

Beitrag von Fichtel-Wichtel »

roncalli hat geschrieben:In 14 Tagen soll ich auf einer Priesterfortbildungswoche zum Thema: "Seelsorge an Getauften, die aus der Kirche ausgetreten sind" ein Statement halten und eine Arbeitsgruppe moderieren.

Das Zweite Vatikanische Konzil sagt von den Priestern:
„Ihrer besonderen Sorge sind die anvertraut, die die Sakramente nicht mehr empfangen, ja vielleicht sogar vom Glauben abgefallen sind; sie werden es nicht unterlassen, als gute Hirten gerade auch ihnen nachzugehen.“ (Presbyterorum ordinis 9)

Welche pastoralen Tipps würdet ihr Seelsorgern geben?

@ Roncalli !
Interessanter Text ,gilt der nur für die in der Kirche gebliebenen und oder auch für die Ausgetretenen ?
Zumal der Ortsbischof (Regensburg) schon mehrfach so Statesment vom Stapel ließ,daß die jenigen die nicht mehr zur Kirche gehen,dann doch austreten sollen.
Fand ich doch etwas merkwürdig diese Argumentation.

Aus Kontakten mit ausgetretenen Katholiken ist mir auch sehr erinnerlich ,daß das nicht kümmern seitens der Pastöre um diejenigen die austraten ,immer noch mehr Schmerz verursachte.Der eigentlich den bereits vorhandenen Schmerz noch vergrößerte.
Mancher diesen Menschen wäre wohl nach einem ausführlichen Gespräch bestimmt in der Kirche geblieben.
Was halt meineserachtens sehr wichtig ist,im Umgang mit Menschen die ausgetreten sind, daß sie die Möglichkeit des Auskotzens haben,all ihre Wut ,Zorn ,Traumata so sich richtig von der Seele reden zu können.
Von daher ist ein großer Zeitrahmen für die Betreuung solcher Menschen schon sehr wichtig.
Auch sollte man ihnen keine Schulgefühle einreden,sondern wie beim Gleichnis vom verlorenen Sohn mit Freude und viel Aufmerksamkeit begegnen.Das bedeutet nicht daß man dann gleich ein Pöstchen vergibt,damit die Leute bei der Stange bleiben.In dem einen oder anderen Fall kann es bestimmt jedoch hilfreich sein.
Mir ist immer nur wieder der völlig traumatische Zustand dieser Leute aufgefallen.
Ich bin nicht aus der Kirche ausgetreten ,fiele mir im Traum nicht ein.Doch auch mir sind Jahre der kirchlichen Abstinenz nicht unbekannt.
Und alles mach ich auch heute nicht mit.
Aller Zorn oder Schmerz vergeht auch nach Jahren net.
Es gibt sogar eine sog.Kircheneintrittsstelle,einen Link dazu findet sich in meinem Weblog Elisabeth auf 20six.de Link siehe weiter unten,neben der Email und dem PN-Button.

@Werner 001!
Traurig ,das du ausgetreten bist.
Zu den Auslassungen von JR wirst du offiziell keine kritische Anmerkung seitens der dbk.de Angehörigen finden.
Gibt es nicht.Ich hab seinerzeit einen sehr deftigen Kommentar zu dem Traktat von JR geschrieben.(JRs Schmierereien.)
In meinem Weblog finden sich zwei Links zu dem Themenbereich.Einer ist von den kath.schwulen Priestern Deutschlands (kspd.), der andere nennt sich Homosexualität und Kirche (HUK).Hab schon etliche Bemerkungen zu diesen beiden Buttons bekommen,vor allem als die Buttons hinzukamen,die Links waren schon vorher dort.Ich bin hetero,doch der Meinung,daß kein (praktizierender) Schwuler den Hintereingang zur Kirche nehmen muß,auch wenn das jetzt gerade geschriebene nicht dem entspricht was die Kath.Kirche so dazu sagt.
Auch dich verweise ich auf den Button von der Kircheneintrittsstelle.
Gruß,
Elisabeth

Biggi
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Beitrag von Biggi »

mr94 hat geschrieben:
[*]Das Signal Kirchenaustritt als Gesprächsaufforderung verstehen und Kontakt aufnehmen. Muss ja nicht unbedingt der Pfarrer machen, sondern könnte auch Sache eines eigenen Besuchskreises sein. Man besucht die Alten und Kranken - warum nicht auch die verlorenen Schafe?
Ich finde deine Ideen sehr gut, mr94 (übrigens: komischer Nick, zumindest wenn man ihn als Anrede verwendet ;) ), aber die Möglichkeit der Delegation an einen Besuchskreis o.ä. sehe ich kritisch. Nicht nur, weil mit solchen Gesprächen die meisten Pfarreimitglieder überfordert sein dürften (Ausnahmen bestätigen die Regel), sondern weil gerade Austrittwillige einen offiziellen Kirchenvertreter brauchen, um sich "auszukotzen". Genau das ist die Frau Müller von nebenan halt nicht.

Aber vielleicht können diejenigen hier, die schon mal ausgetreten waren oder es noch sind, mich da korrigieren. In der Situation war ich noch nicht. Und ich hoffe auch sehr, dass sie für mich nicht entsteht.
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll.
(Adolph Kolping, Patron des XX. Weltjugendtags 2005)

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roncalli
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Re: Seelsorge an Ausgetretenen

Beitrag von roncalli »

Fichtel-Wichtel hat geschrieben:@ Roncalli !
Interessanter Text ,gilt der nur für die in der Kirche gebliebenen und oder auch für die Ausgetretenen ?
Er bezieht sich auf alle Getauften.
Fichtel-Wichtel hat geschrieben: Zumal der Ortsbischof (Regensburg) schon mehrfach so Statesment vom Stapel ließ,daß die jenigen die nicht mehr zur Kirche gehen,dann doch austreten sollen. Fand ich doch etwas merkwürdig diese Argumentation.
Der angestammte Platz eines Getauften ist immer in der Kirche. Niemand darf sich wünschen, dass ein Getaufter die Kirche verlässt oder, falls er ausgetreten ist, von ihr getrennt bleibt. Ich hoffe, dein Bischof hat das anders gemeint, als du es hier geschrieben hast.
Fichtel-Wichtel hat geschrieben: Aus Kontakten mit ausgetretenen Katholiken ist mir auch sehr erinnerlich ,daß das nicht kümmern seitens der Pastöre um diejenigen die austraten ,immer noch mehr Schmerz verursachte.Der eigentlich den bereits vorhandenen Schmerz noch vergrößerte.
In unserer Diözese wird im Auftrag des Bischofs jeder Ausgetretene kontaktiert und nach seinen Gründen für den Austritt befragt (meist schriftlich, da ca. 6.000 Personen jährlich austreten)
Fichtel-Wichtel hat geschrieben: Was halt meineserachtens sehr wichtig ist,im Umgang mit Menschen die ausgetreten sind, daß sie die Möglichkeit des Auskotzens haben,all ihre Wut ,Zorn ,Traumata so sich richtig von der Seele reden zu können.
Da hast du sicher Recht. Das ist auch die Erfahrung in unserer Diözese.

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Biggi hat geschrieben: Ich finde deine Ideen sehr gut [...], aber die Möglichkeit der Delegation an einen Besuchskreis o.ä. sehe ich kritisch. Nicht nur, weil mit solchen Gesprächen die meisten Pfarreimitglieder überfordert sein dürften (Ausnahmen bestätigen die Regel), sondern weil gerade Austrittwillige einen offiziellen Kirchenvertreter brauchen, um sich "auszukotzen". Genau das ist die Frau Müller von nebenan halt nicht.
Ja, das ist schwierig und keinesfalls "flächendeckend" hinzukriegen.

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Fichtel-Wichtel
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Beitrag von Fichtel-Wichtel »

Roncalli!
Das hat der GLM wirklich so gesagt.Wenn ich mich recht entsinne habe diese Äußerung sogar das erstemal auf kath.net gelesen, es gibt eine Bibelstelle im Hebräerbrief die ziemlich genau in die selbe Kerbe haut.
Wer Gott verlässt ,bzw. untreu wird, der kann nicht an eine Rückkehr denken.
Aber das der Jesus so denkt,handelt,geschweige denn so redet kann ich mir net vorstellen.
Ich schau mal beim kath.net nach vielleicht findet sich dieser Artukel über den GLM und eine seiner spezial Äußerungen.

Gruß,
Elisabeth

Ralf

Beitrag von Ralf »

Fichtel-Wichtel hat geschrieben:Roncalli!
Das hat der GLM wirklich so gesagt.
Etwas zu wiederholen ist kein Quellenbeleg. Meiner Erinnnerung nach hat er nämlich gesagt, dass sich niemand das Katholisch-Sein selbst zurechtstricken könne und er dagegen angehen wird (was im übrigen seine Pflicht ist!), wenn er das Gefühl hat, man wolle die Fundamente der Kirche ansägen.

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Fichtel-Wichtel
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Beitrag von Fichtel-Wichtel »

@Ralf ,ne das was du gerade schreibst hat er auch schon gesagt, doch das mit dem Kirchenaustritt für de Netkirchgeher hat auch geasgt,such ja schon das Teil ,auf kath.net kann ich es net finden bisher jedenfalls. Die han so viel von dem an Artkelchen.

Gruß,
Elisabeth

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Edi hat geschrieben:Solange die Pfarrer einschliesslich Pastoralreferenten auch so ihr Geld kriegen, warum sollten sie sich da anstrengen, wenn jemand aus der Kirche austreten will? Habe selber mitbekommen, dass einem Pfarrer das egal war, ebenso andere Dinge.
Als meine Schwester vor vielen Jahren aus der ev. Kirche austrat, kam wenigstens noch der Pfarrer zu uns nach Hause. Allerdings hat dieser gar nicht überzeugt, weil er seinen Beruf ohnehin nur zum Broterwerb erlernte. Er war unser Religionslehrer damals , daher weiß ich das recht gut.
Die bösen Pfarrer, Pastoralreferenten und Religionslehrer! Die haben alle null Engagement und arbeiten nur fürs Geld.
"Das Wahre ist nicht sicherer als das Wahrscheinliche."
(Diogenes Laërcius)

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mr94
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Beitrag von mr94 »

Biggi hat geschrieben:Ich finde deine Ideen sehr gut, mr94 (übrigens: komischer Nick, zumindest wenn man ihn als Anrede verwendet ;) ), aber die Möglichkeit der Delegation an einen Besuchskreis o.ä. sehe ich kritisch. Nicht nur, weil mit solchen Gesprächen die meisten Pfarreimitglieder überfordert sein dürften (Ausnahmen bestätigen die Regel), sondern weil gerade Austrittwillige einen offiziellen Kirchenvertreter brauchen, um sich "auszukotzen". Genau das ist die Frau Müller von nebenan halt nicht.
Du darfst Martin zu mir sagen...

Dein Einwand ist mir auf der einen Seite verständlich. Auf der anderen Seite halte ich diese Denke von offiziell/hauptamtlich vs. inoffiziell/ehrenamtlich für ziemlich fatal. Auch und gerade gegenüber Austrittswilligen kann es ein gutes Signal sein, wenn nicht der Pfarrer (der dafür Geld bekommt) ins Haus kommt, sondern jemand aus der Nachbarschaft.

Natürlich müsste ein solcher Kreis intensiv betreut und dürfte keinesfalls sich selbst überlassen werden. Auch sollte ein Priester als nächste Instanz zuständig sein und bei Bedarf bereitstehen. Sprich: Er sollte zum Team gehören. Aber warum alles alleine tun?

Flächendeckend wird man das in der Tat nicht schaffen. Aber von der Idee einer flächendeckenden Pastoral nehmen wir ohnehin langsam Abschied, zuerst in den klassischen Diasporabistümern, dann auch in den katholischen Kernlanden...

Biggi
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Beitrag von Biggi »

mr94 hat geschrieben:
Biggi hat geschrieben:Ich finde deine Ideen sehr gut, mr94 (übrigens: komischer Nick, zumindest wenn man ihn als Anrede verwendet ;) ), aber die Möglichkeit der Delegation an einen Besuchskreis o.ä. sehe ich kritisch. Nicht nur, weil mit solchen Gesprächen die meisten Pfarreimitglieder überfordert sein dürften (Ausnahmen bestätigen die Regel), sondern weil gerade Austrittwillige einen offiziellen Kirchenvertreter brauchen, um sich "auszukotzen". Genau das ist die Frau Müller von nebenan halt nicht.
Du darfst Martin zu mir sagen...

Dein Einwand ist mir auf der einen Seite verständlich. Auf der anderen Seite halte ich diese Denke von offiziell/hauptamtlich vs. inoffiziell/ehrenamtlich für ziemlich fatal. Auch und gerade gegenüber Austrittswilligen kann es ein gutes Signal sein, wenn nicht der Pfarrer (der dafür Geld bekommt) ins Haus kommt, sondern jemand aus der Nachbarschaft.

Hi, Martin! ;)

Stimmt, auch ich halte es für dringend erforderlich, dass wir Christen uns alle verantwortlich fühlen dafür, den Glauben weiterzugeben. Insofern stimme ich dir hinsichtlich der "fatalen Denke" voll und ganz zu. Ich weiß allerdings nicht, ob das so ganz greift, wenn ein Austrittswilliger insgeheim darauf hofft, dass der Pfarrer sich angesichts des Kirchenaustritts endlich mal seiner annimmt - und dann kommt bloß die Nachbarin... Aber du hast schon recht, in manchen Situationen kommen wir Laien wohl auch an Menschen heran, die bei jedem Pfarrer schreiend davonlaufen würden. Man muss da wohl sehr differenziert vorgehen, was in der Praxis aus vielerlei Gründen natürlich nicht immer einfach ist.

LG
Biggi
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll.
(Adolph Kolping, Patron des XX. Weltjugendtags 2005)

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