@christian12
1. Daß es seit dem Konzil eine Änderung in der Lehre von den Ehezwecken gibt, ist einhelliger Konsens. Unterschiede ergeben sich jedoch in der Bewertung dieser Änderung. Während sie manche feiern oder etwas zurückhaltender nur als "Änderung" oder "Akzentverschiebung" betrachten, sehen wieder andere darin einen Bruch. (Genaueres findest Du leicht über eine Internetsuche oder in Kommentaren zu GS (Nr. 48) sowie zum c. 1055 des neuen Kirchenrechts.)
2. Ich verstehe überhaupt nicht, was Dein Herumreiten auf der begrifflichen Formulierung rund um die "ehelichen Akte" soll.
Wie gesagt es ist Konsens, daß eine Änderung in der Ehezwecklehre stattgefunden hat, wovon Dich ein Blick in die einschlägige Literatur leicht überzeugen könnte. (Du willst hoffentlich nicht auch allen Autoren unterstellen, daß sie zwischen den Ehezwecken und den von Dir betonten "ehelichen Akten" nicht zu unterscheiden wissen.)
Im nachkonziliaren Kirchenrecht heißt es außerdem klar und deutlich über die Ehe (bzw. die eheliche Gemeinschaft) selbst und nicht über irgendwelche Akte:
Can. 1055 — § 1. Der Ehebund, durch den Mann und Frau unter sich die Gemeinschaft des ganzen Lebens begründen, welche durch ihre natürliche Eigenart auf das Wohl der Ehegatten und auf die Zeugung und die Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet ist, wurde zwischen Getauften von Christus dem Herrn zur Würde eines Sakramentes erhoben.
Dieser neue Kanon weicht im übrigen auffällig von seinem "Vorgängerkanon" (c. 1013 §1 CIC/1917) ab, der noch von einer Stufung der Ehezwecke sprach.
3.
christian12 hat geschrieben:Mit dieser Frage habe ich gemeint: "Worin besteht deiner Ansicht nach die "gravierende Änderung" im Bereicht der Ehezwecklehre? Bitte anhand von Texten des vor- und (nach)konziliaren Lehramtes zeigen."
Texte habe ich hier im Thread schon hinreichend zitiert. Links, die eine Vertiefung ermöglichen habe ich ebenfalls schon geliefert. Abschließend kann ich Dir noch einen Text empfehlen, der gut in die Problematik der Ehezwecke einführt (inkl. reicher Quellenangaben), obgleich ich die personalistische Sicht des Autors durchaus nicht teile:
Die Zwecke der Ehe: Institutionelle oder personalistische Sicht?
Die "gravierende Änderung" besteht kurz gesagt in einer Verschiebung vom sozialen Zweck der Ehe (Erzeugung und Erziehung von Nachkommenschaft als erster Zweck bzw. Hauptzweck der Ehe) hin zu einer personalistischen Auffassung der Ehe. Dieser der Kirche bislang fremde Personalismus führt zu einer unangemessenen Betonung des Individualzwecks der Ehe (der Liebe, der seelischen Einigung und gegenseitigen Ergänzung,...). - Wohlgemerkt, es geht hier um Fragen der objektiven Ordnung und nicht etwa um subjektive (Eheschließungs-)Motive.
Konsequenzen hat diese Verschiebung vor allem im Ehe(scheidungs)recht, aber auch in der modernistischen Pastoral,...