Der wahre Ehezweck

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Raphael

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Sind wir nicht alle katholisch?
Im Prinzip schon, außer denen die Bluna sind! :kussmund:
Du meinst Milch, Pfarrer Michl?
Nö, ovi, meine ich nicht! 8)

Wenn man eine theologische Verortung vornimmt, dann liegt zwischen katholisch und Bluna die Taufe! :doktor:

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Linus »

"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von christian12 »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:
christian12 hat geschrieben: Warum also ist die Arterhaltung wertvoller als die Lust? Das ist mir immer noch nicht klar.


Kommt darauf an, wonach du fragst. Göttliche Gebote sind für die Theologie relevant, weiter vorne wurde auch ein theolog. Grund angeführt. Wenn es um gläubige Christen geht, gibt es eindeutig gute Gründe für diese Ansicht. Aber ohne Rekurs auf die Offenbarung sehe ich schon auch gewisse Schwierigkeiten. Bis jetzt kam dahingehend auch so gut wie nichts, außer eben der Verweis auf den Bedarf an Nachwuchs zur Existenzsicherung.
Aber Alters- und Sozialversorgung als Grund, weswegen sich die Sache bei jedem Einzelnen so verhalten solle, kann in Zeiten, in denen es eine staatliche Sozialversorgung gibt und in der noch genug Menschen freiwillig Kinder zeugen, auch nicht wirklich überzeugen. Auch ließe sich eine Zeit denken, in der die techn. Möglichkeiten so weit fortgeschritten sind, dass die Produktivität auch mit nur einem geringen "Nachschub" an Menschen entsprechend hoch gehalten werden könnte o. dgl. m., auf jeden Fall also sind Zustände möglich, in denen solche nicht-kategorischen Gründe von keiner Relevanz sind. Etc. pp.
Aber wichtig ist, nicht einfach den oder die möglichen Zwecke des Sexualaktes mit dem Zweck der Ehe in eins fallen zu lassen. Das ist einfach nicht dasselbe, mir scheint, das wird hier einfach zu sehr alleine von dieser Warte aus gesehen zu werden, woher auch die ganze Verwirrung rührt.
[/blocksatz]
Also ich verstehe vor allem nicht, warum die Arterhaltung ein höheres Gut ist, als die Lust. Dem, dass beide in gewisser Hinsicht ein wertvolles Gut sind, wird ja wohl so gut wie jeder zustimmen (Außer Gamaliel und Robert, die die Lust anscheinend nicht einmal für ein Gut halten; was ich nicht so recht verstehe. Aristoteles scheint ihnen da ja auch nicht so recht zuzustimmen:
Thomas_de_Austria hat geschrieben:Noch einmal ad 2.) in seiner Gesamtheit:
Aristoteles, EN VII,14 hat geschrieben:Wenn ferner die Lust und die entsprechenden Tätigkeiten kein Gut wären, so könnte offensichtlich der Glückselige gar nicht lustvoll leben. Denn wozu bedürfte er ihrer, wenn sie kein Gut ist, sondern man auch in Schmerzen leben kann? Denn der Schmerz wäre weder schlecht noch gut, wenn es auch die Lust nicht ist. Warum sollte er ihn also fliehen? Es wird denn auch das Leben des Tugendhaften nicht lustvoller sein, wenn es nicht auch seine Tätigkeiten sind.
Danke für dieses Zitat). Aber warum steht das eine, die Arterhaltung, ÜBER dem anderen, dem Lusterleben? Wie kann man diese Hierarchisierung begründen? Nur durch Rekurs auf Offenbarung? Natürlich wäre auch eine solche Begründung der Höherbewertung der Arterhaltung ggü. der Lust verbindlich. Aber wenn man das auch anders begründen könnte, wäre das doch auch nicht schlecht, oder?

Thomas_de_Austria
Beiträge: 1906
Registriert: Donnerstag 20. Mai 2010, 16:47

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Thomas_de_Austria »

christian12 hat geschrieben:Also ich verstehe vor allem nicht, warum die Arterhaltung ein höheres Gut ist, als die Lust.
Man bedenke auch: Ohne etwas, was ist, gibt's auch keine Lust. Ohne Subjekt des Erlebens, gibt es auch kein Erleben.

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von christian12 »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:
christian12 hat geschrieben:Also ich verstehe vor allem nicht, warum die Arterhaltung ein höheres Gut ist, als die Lust.
Man bedenke auch: Ohne etwas, was ist, gibt's auch keine Lust. Ohne Subjekt des Erlebens, gibt es auch kein Erleben.
Ja, und Lust tritt wohl immer im Zusammenhang mit gewissen Tätigkeiten/Handlungen des Subjekts auf und nicht irgendwie "für sich". Das meint wohl auch Aristoteles:
Thomas_de_Austria hat geschrieben:Noch einmal ad 2.) in seiner Gesamtheit:
Aristoteles, EN VII,14 hat geschrieben:Wenn ferner die Lust und die entsprechenden Tätigkeiten [Hervorhebung von mir] kein Gut wären, [...]

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von christian12 »

Was sind eigentlich die im Wesentlichen relevanten lehramtlichen Dokumente, in denen die Ehelehre entfaltet wird? Casti Conubii, Gaudium et Spes, Humanae Vitae, Familiaris Consortio,....?

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Gamaliel »

christian12 hat geschrieben:Was sind eigentlich die im Wesentlichen relevanten lehramtlichen Dokumente, in denen die Ehelehre entfaltet wird? Casti Conubii, Gaudium et Spes, Humanae Vitae, Familiaris Consortio,....?
Da gibt es schon mehr an Relevantem, siehe z.B.:

- "Kathpedia"-Liste (freilich sind nicht alle Texte der Liste von gleicher Bedeutung)

- Dokumentensammlung rund um den kirchenrechtlichen Aspekt

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von christian12 »

@Gamaliel
Danke! Guter Tipp! - Würdest Du alle Dokumente bzw. den die Ehelehre betreffenden Stellen in ihnen, die da in den Listen angeführt werden, dieselbe (oder höhere) dogmatische Relevanz zuschreiben, wie den von mir angegebenen?

@thomas_de_austria
:patsch: Sorry, ich stand auf dem Schlauch! - Du meinst, weil es ohne Subjekt kein Erlebtes gibt, muss die Arterhaltung (die Sorge darum, dass es weiterhin Subjekte gibt) wichtiger sein als die Lust?! Würde man aber dann nicht eher anstatt von Arterhaltung von Selbsterhaltung sprechen müssen?

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Gamaliel »

christian12 hat geschrieben:Würdest Du alle Dokumente bzw. den die Ehelehre betreffenden Stellen in ihnen, die da in den Listen angeführt werden, dieselbe (oder höhere) dogmatische Relevanz zuschreiben, wie den von mir angegebenen?
Nein. Die verlinkten Dokumente sind von ganz unterschiedlichem Gewicht. So sind z.B. Aussagen des Konzils v. Trient oder Lehren einer Enzyklika (z.B. v. Leo XIII) von ganz anderem Gewicht, als irgendwelche bischöflichen Verlautbarungen oder päpstlichen Ansprachen.

Thomas_de_Austria
Beiträge: 1906
Registriert: Donnerstag 20. Mai 2010, 16:47

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Thomas_de_Austria »

christian12 hat geschrieben:Würde man aber dann nicht eher anstatt von Arterhaltung von Selbsterhaltung sprechen müssen?
Im modernen (nominalistischen bzw. konzeptualistischen) und aristotelischen (eher schwach realistischen) Sinne gibt es keine Art ohne etwas, irgendein Subjekt, das von dieser Art ist.* Im platon. (stark realistischen) Sinne müsste man das anders angehen, da die Art ohnehin ewig, unveränderlich und unvergänglich als ideale Entität existiert. In diesem Sinne müsste es eher um den Wert der Exemplifizierung der Art gehen. (Übrigens: Man erkennt daran gerade sehr gut, wie schwierig die Adaption (neu-)platon. Gedankenguts für die Kirche war: Welchen Wert soll etwas in dieser Werdewelt haben, im Vergleich zur Welt der ewigen, vollkommenen Entitäten?)

---
Anm.: * Vom nominalistischen bzw. konzeptualistischen Standpunkt aus gesehen, wäre das allerdings auch schief ausgedrückt, aber darum geht's jetzt nicht speziell.

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von christian12 »

Sorry, dass ich jetzt erst auf schon ältere Beiträge repliziere, aber mir ist erst jetzt aufgegangen, dass Gamaliel und auch z.B. taddeo nicht gemerkt haben, dass das Dekret des Offiziums von Zwecken der Ehe spricht, wohingegen es in den neueren Verlautbarungen (GS+PH) um die ehelichen Akte geht. Daher trifft Gamaliels Kritik am nachkonziliaren Lehramt dbzgl. nicht.
Gamaliel hat geschrieben:Hier wäre zu fragen, ob es sich bei der Änderung in der Lehre von den Ehezwecken tatsächlich nur um eine "Akzentverschiebung" handelt. Ich bestreite das und behaupte, daß die Änderung gravierend ist. In diesem Zusammenhang sei auch an ein entsprechendes Dekret erinnert, das nicht lange vor dem Konzil vom Hl. Offizium hinsichtlich der Ehezwecke erlassen wurde:
Hl. Offizium, Dekret vom 1. April 1944, DH 3838 hat geschrieben:Frage: Kann die Auffassung einiger neuerer (Autoren) zugelassen werden, die entweder leugnen, daß der vornehmliche Zweck der Ehe die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft ist, oder lehren, daß die zweitrangigen Zwecke dem erstrangigen Zweck nicht wesenhaft untergeordnet, sondern gleich vorrangig und unabhängig seien?

Antwort: Nein. (vom Papst am 30. März bestätigt)
Persona Humana 5 hat geschrieben:Diesbezüglich erklärt das Konzil, daß die sittliche Qualität der dem ehelichen Leben eigenen Akte, die entsprechend der wahren menschlichen Würde gestaltet sind, »nicht allein von der guten Absicht und Bewertung der Motive abhängt, sondern auch von objektiven Kriterien, die sich aus dem Wesen der menschlichen Person und ihrer Akte ergeben und die sowohl denvollen Sinn gegenseitiger Hingabe als auch den einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher Liebe wahren«. (vgl. GS 49) Diese letzten Worte fassen kurz die Lehre des Konzils zusammen – die im voraufgehenden in derselben Konstitution ausführlicher dargelegt ist – über die Finalität des Geschlechtsaktes und über das wichtigste Kriterium für seine sittliche Bewertung: es ist die Beachtung seiner Finalität, die diesem Akt seine Ehrbarkeit gewährleistet.
(Alle fetten Hervorhebungen von mir.)

@Gamaliel
Bzgl. deiner letzten Antwort: Welche der in den Listen aufgeführten Dokumente bzw. welche Stellen in diesen Dokumenten sind denn bzgl. ihrer dogmatischen Relevanz in punkto Ehelehre auf derselben Ebene wie die betreffenden Stellen der oben von mir angeführten Dokumente?

@thomas_de_austria
Darauf komme ich später noch zurück. Danke erstmal!

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Gamaliel »

christian12 hat geschrieben:Sorry, dass ich jetzt erst auf schon ältere Beiträge repliziere, aber mir ist erst jetzt aufgegangen, dass Gamaliel und auch z.B. taddeo nicht gemerkt haben, dass das Dekret des Offiziums von Zwecken der Ehe spricht, wohingegen es in den neueren Verlautbarungen (GS+PH) um die ehelichen Akte geht. Daher trifft Gamaliels Kritik am nachkonziliaren Lehramt dbzgl. nicht.
:hae?:

Auch in den Konzilstexten geht es um die Zwecke der Ehe. Beispiel:
GS 48 hat geschrieben:Gott selbst aber ist Urheber der Ehe, die mit vielfältigen Gütern und Zwecken ausgestattet ist.
[...]
Ihrer natürlichen Beschaffenheit nach aber sind die Einrichtung der Ehe selbst und die eheliche Liebe auf die Erzeugung und Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet und werden durch sie gleichsam als durch ihren Gipfel gekrönt.

christian12 hat geschrieben:Bzgl. deiner letzten Antwort: Welche der in den Listen aufgeführten Dokumente bzw. welche Stellen in diesen Dokumenten sind denn bzgl. ihrer dogmatischen Relevanz in punkto Ehelehre auf derselben Ebene wie die betreffenden Stellen der oben von mir angeführten Dokumente?
Tut mir leid, aber ich habe nicht alle Dokumente (auswendig) im Kopf, um Deine Frage beantworten zu können, ich müßte also erst selbst manche Quellen heraussuchen und nachlesen, doch der damit verbundene Zeitaufwand ist mir für einen einfachen Forumsbeitrag schlicht zu groß.

Aber es ist klar, daß z.B. die Dogmen des Konzils von Trient von größerer theologischer Wertigkeit als alle von Dir angeführten Dokumente sind und daß sich die Enzyklika von Leo XIII. jedenfalls auf dergleichen Stufe mit ihnen befindet.
Von maßgeblicher Bedeutung für die Ehelehre ist jedenfalls auch das kirchliche Gesetzbuch, insofern darin theologische Lehren eine rechtliche Formulierung finden.

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von christian12 »

Gamaliel hat geschrieben:
christian12 hat geschrieben:Sorry, dass ich jetzt erst auf schon ältere Beiträge repliziere, aber mir ist erst jetzt aufgegangen, dass Gamaliel und auch z.B. taddeo nicht gemerkt haben, dass das Dekret des Offiziums von Zwecken der Ehe spricht, wohingegen es in den neueren Verlautbarungen (GS+PH) um die ehelichen Akte geht. Daher trifft Gamaliels Kritik am nachkonziliaren Lehramt dbzgl. nicht.
:hae?:

Auch in den Konzilstexten geht es um die Zwecke der Ehe. Beispiel:
GS 48 hat geschrieben:Gott selbst aber ist Urheber der Ehe, die mit vielfältigen Gütern und Zwecken ausgestattet ist.
[...]
Ihrer natürlichen Beschaffenheit nach aber sind die Einrichtung der Ehe selbst und die eheliche Liebe auf die Erzeugung und Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet und werden durch sie gleichsam als durch ihren Gipfel gekrönt.
Ja, natürlich. - Was meinst Du denn dann mit "gravierender Änderung" im Bereich der Ehezwecklehre? :achselzuck: Gerade Dein Zitat aus GS48 harmoniert doch wunderbar mit Deinem Zitat aus dem Dekret des Offiziums.
Gamaliel hat geschrieben:Hier wäre zu fragen, ob es sich bei der Änderung in der Lehre von den Ehezwecken tatsächlich nur um eine "Akzentverschiebung" handelt. Ich bestreite das und behaupte, daß die Änderung gravierend ist. In diesem Zusammenhang sei auch an ein entsprechendes Dekret erinnert, das nicht lange vor dem Konzil vom Hl. Offizium hinsichtlich der Ehezwecke erlassen wurde:
Hl. Offizium, Dekret vom 1. April 1944, DH 3838 hat geschrieben:Frage: Kann die Auffassung einiger neuerer (Autoren) zugelassen werden, die entweder leugnen, daß der vornehmliche Zweck der Ehe die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft ist, oder lehren, daß die zweitrangigen Zwecke dem erstrangigen Zweck nicht wesenhaft untergeordnet, sondern gleich vorrangig und unabhängig seien?

Antwort: Nein. (vom Papst am 30. März bestätigt)
(Hervorhebung von mir. Aber nicht die blaue.)

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von christian12 »

Gamaliel hat geschrieben:
christian12 hat geschrieben:Bzgl. deiner letzten Antwort: Welche der in den Listen aufgeführten Dokumente bzw. welche Stellen in diesen Dokumenten sind denn bzgl. ihrer dogmatischen Relevanz in punkto Ehelehre auf derselben Ebene wie die betreffenden Stellen der oben von mir angeführten Dokumente?
Tut mir leid, aber ich habe nicht alle Dokumente (auswendig) im Kopf, um Deine Frage beantworten zu können, ich müßte also erst selbst manche Quellen heraussuchen und nachlesen, doch der damit verbundene Zeitaufwand ist mir für einen einfachen Forumsbeitrag schlicht zu groß.

Aber es ist klar, daß z.B. die Dogmen des Konzils von Trient von größerer theologischer Wertigkeit als alle von Dir angeführten Dokumente sind und daß sich die Enzyklika von Leo XIII. jedenfalls auf dergleichen Stufe mit ihnen befindet.
Von maßgeblicher Bedeutung für die Ehelehre ist jedenfalls auch das kirchliche Gesetzbuch, insofern darin theologische Lehren eine rechtliche Formulierung finden.
Ah, ok. Das Relevante rauszusuchen kann ich natürlich auch selber erledigen. Ich dachte, Du hättest das parat. Danke für die Info.

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Gamaliel »

christian12 hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Auch in den Konzilstexten geht es um die Zwecke der Ehe.
Ja, natürlich.
Wie darf ich Dein "Ja, natürlich" verstehen? Hattest Du nicht in Deinem vorhergehenden Beitrag eine gegenteilige Position vertreten?
christian12 hat geschrieben:...dass Gamaliel und [...] nicht gemerkt haben, dass das Dekret des Offiziums von Zwecken der Ehe spricht, wohingegen es in den neueren Verlautbarungen (GS+PH) um die ehelichen Akte geht.

christian12 hat geschrieben:Was meinst Du denn dann mit "gravierender Änderung" im Bereich der Ehezwecklehre?
Den Bruch mit der bisherigen Lehre der Kirche von der Hierarchie der Ehezwecke.
Pius XII., Ansprache an die Hebammen, 29. Okt. 1951 hat geschrieben:Die wahre Ordnung der Ehezwecke

Wahr ist nun aber, dass die Ehe als Natureinrichtung nach dem Willen des Schöpfers zum primären und innersten Zweck nicht die persönliche Vervollkommnung der Gatten hat, sondern die Weckung und Erziehung neuen Lebens. So sehr auch die anderen Zwecke von der Natur gewollt sind, so stehen sie doch nicht auf der gleichen Stufe wie der erste, und noch weniger sind sie ihm übergeordnet; sie sind ihm vielmehr wesentlich untergeordnet. [...]

Gerade um Schluss zu machen mit allen Unsicherheiten und Entgleisungen, die über die Stufenleiter der Ehezwecke und ihre gegenseitigen Beziehungen Irrtümer zu verbreiten drohten, verfassten Wir selbst vor einigen Jahren (20) eine Erklärung über die Ordnung jener Zwecke und gaben als solche das an, was die innere Struktur der Naturanlage selbst kundgibt, was Erbgut der christlichen Überlieferung ist, was die Päpste zu wiederholten Malen gelernt haben, was dann in geeigneter Form vom kirchlichen Gesetzbuch (21) festgelegt worden ist. Ja, zur Richtigstellung der entgegenstehenden Auffassungen verkündete kurz hernach der Heilige Stuhl in einem öffentlichen Dekret als unzulässig die Meinung einiger neuerer Autoren, die leugnen, dass der primäre Ehezweck die Weckung und Erziehung der Nachkommenschaft sei, oder lehren, dass die zweitrangigen Zwecke dem primären Zweck nicht wesentlich untergeordnet, sondern ihm gleichgestellt und von ihm unabhängig seien. (22)

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von christian12 »

Bitte entschuldige meine undeutliche Ausdrucksweise. Ich versuchs nochmal klar auszudrücken:

Du liegst falsch damit, dem (nach)konziliaren Lehramt einen "Bruch" oder eine "gravierende Änderung" der Ehezwecklehre vorzuwerfen! Dieser falsche Vorwurf liegt darin begründet, dass Du nicht gemerkt hast, dass das (nach)konziliare Lehramt zwischen Ehezwecken und Zwecken der ehelichen Akte unterscheidet.



------------
Gamaliel hat geschrieben:
christian12 hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Auch in den Konzilstexten geht es um die Zwecke der Ehe.
Ja, natürlich.
Wie darf ich Dein "Ja, natürlich" verstehen? Hattest Du nicht in Deinem vorhergehenden Beitrag eine gegenteilige Position vertreten?
christian12 hat geschrieben:...dass Gamaliel und [...] nicht gemerkt haben, dass das Dekret des Offiziums von Zwecken der Ehe spricht, wohingegen es in den neueren Verlautbarungen (GS+PH) um die ehelichen Akte geht.
Dieser letzte Satz müsste klarer ausgedrückt eigentlich heißen: "...dass Gamaliel und [...] nicht gemerkt haben, dass das Dekret des Offiziums von Zwecken der Ehe spricht, wohingegen es an den Stellen der neueren Verlautbarungen (GS+PH), an denen sich die, die einen Bruch in der lehramtlichen Ehezwecklehre beklagen, stoßen, um die ehelichen Akte geht." und der andere "Ja, natürlich ist mir klar, dass die Konzilstexte des Vat.II auch Stellen haben, an denen es um Ehezwecke geht."



------------
Gamaliel hat geschrieben:
christian12 hat geschrieben:Was meinst Du denn dann mit "gravierender Änderung" im Bereich der Ehezwecklehre?
Den Bruch mit der bisherigen Lehre der Kirche von der Hierarchie der Ehezwecke.
Mit dieser Frage habe ich gemeint: "Worin besteht deiner Ansicht nach die "gravierende Änderung" im Bereicht der Ehezwecklehre? Bitte anhand von Texten des vor- und (nach)konziliaren Lehramtes zeigen."

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Gamaliel »

@christian12

1. Daß es seit dem Konzil eine Änderung in der Lehre von den Ehezwecken gibt, ist einhelliger Konsens. Unterschiede ergeben sich jedoch in der Bewertung dieser Änderung. Während sie manche feiern oder etwas zurückhaltender nur als "Änderung" oder "Akzentverschiebung" betrachten, sehen wieder andere darin einen Bruch. (Genaueres findest Du leicht über eine Internetsuche oder in Kommentaren zu GS (Nr. 48) sowie zum c. 1055 des neuen Kirchenrechts.)


2. Ich verstehe überhaupt nicht, was Dein Herumreiten auf der begrifflichen Formulierung rund um die "ehelichen Akte" soll.

Wie gesagt es ist Konsens, daß eine Änderung in der Ehezwecklehre stattgefunden hat, wovon Dich ein Blick in die einschlägige Literatur leicht überzeugen könnte. (Du willst hoffentlich nicht auch allen Autoren unterstellen, daß sie zwischen den Ehezwecken und den von Dir betonten "ehelichen Akten" nicht zu unterscheiden wissen.)

Im nachkonziliaren Kirchenrecht heißt es außerdem klar und deutlich über die Ehe (bzw. die eheliche Gemeinschaft) selbst und nicht über irgendwelche Akte:
Can. 1055 — § 1. Der Ehebund, durch den Mann und Frau unter sich die Gemeinschaft des ganzen Lebens begründen, welche durch ihre natürliche Eigenart auf das Wohl der Ehegatten und auf die Zeugung und die Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet ist, wurde zwischen Getauften von Christus dem Herrn zur Würde eines Sakramentes erhoben.
Dieser neue Kanon weicht im übrigen auffällig von seinem "Vorgängerkanon" (c. 1013 §1 CIC/1917) ab, der noch von einer Stufung der Ehezwecke sprach.


3.
christian12 hat geschrieben:Mit dieser Frage habe ich gemeint: "Worin besteht deiner Ansicht nach die "gravierende Änderung" im Bereicht der Ehezwecklehre? Bitte anhand von Texten des vor- und (nach)konziliaren Lehramtes zeigen."
Texte habe ich hier im Thread schon hinreichend zitiert. Links, die eine Vertiefung ermöglichen habe ich ebenfalls schon geliefert. Abschließend kann ich Dir noch einen Text empfehlen, der gut in die Problematik der Ehezwecke einführt (inkl. reicher Quellenangaben), obgleich ich die personalistische Sicht des Autors durchaus nicht teile: Die Zwecke der Ehe: Institutionelle oder personalistische Sicht?

Die "gravierende Änderung" besteht kurz gesagt in einer Verschiebung vom sozialen Zweck der Ehe (Erzeugung und Erziehung von Nachkommenschaft als erster Zweck bzw. Hauptzweck der Ehe) hin zu einer personalistischen Auffassung der Ehe. Dieser der Kirche bislang fremde Personalismus führt zu einer unangemessenen Betonung des Individualzwecks der Ehe (der Liebe, der seelischen Einigung und gegenseitigen Ergänzung,...). - Wohlgemerkt, es geht hier um Fragen der objektiven Ordnung und nicht etwa um subjektive (Eheschließungs-)Motive.

Konsequenzen hat diese Verschiebung vor allem im Ehe(scheidungs)recht, aber auch in der modernistischen Pastoral,...

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Linus »

Gamaliel hat geschrieben: Dieser neue Kanon weicht im übrigen auffällig von seinem "Vorgängerkanon" (c. 1013 §1 CIC/1917) ab, der noch von einer Stufung der Ehezwecke sprach.
Wie lautete der (bitte gleich in dt. Übersetzung, so gut ist mein latein nicht)
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Thomas_de_Austria
Beiträge: 1906
Registriert: Donnerstag 20. Mai 2010, 16:47

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Thomas_de_Austria »

CIC/1917 c. 1013 §1 hat geschrieben:Matrimonii finis primarius est procreatio atque educatio prolis: secundarius mutuum adiutorium et remedium concupiscentiae.
[Der primäre Zweck der Ehe ist die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft, der sekundäre gegenseitiger Beistand und Abhilfe der Konkupiszenz.]

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Linus »

Etwas Böde Frage: Durfte dann nicht geheiratet werden, wenn Ehezweck I sicher nicht (nach dem Klimakterium, Unfruchtbarkeit des Mannes,...) erfüllt werden konnte? :hmm:
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Thomas_de_Austria
Beiträge: 1906
Registriert: Donnerstag 20. Mai 2010, 16:47

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Jetzt:
CIC/1983 hat geschrieben:
Can. 1084 — § 1. Die der Ehe vorausgehende und dauernde Unfähigkeit zum Beischlaf, sei sie auf seiten des Mannes oder der Frau, sei sie absolut oder relativ, macht die Ehe aus ihrem Wesen heraus ungültig.

§ 2. Besteht hinsichtlich des Hindernisses der Unfähigkeit ein Rechts- oder Tatsachenzweifel, so darf die Eheschließung nicht verhindert und auch nicht die Ehe, solange der Zweifel bleibt, für ungültig erklärt werden.

§ 3. Unfruchtbarkeit macht die Eheschließung weder unerlaubt noch ungültig, unbeschadet der Vorschrift des can. 1098.
Früher auch soweit dasselbe:
CIC/1917 hat geschrieben:Can 1068 — §1. Impotentia antecedens et perpetua, sive ex parte viri sive ex parte mulieris, sive alteri cognita sive non, sive absoluta sive relativa, matrimonium ipso naturae iure dirimit.

§2. Si impedimentum impotentiae dubium sit, sive dubio iuris sive dubio facti, matrimonium non est impediendum.

§3. Sterilitas matrimonium nec dirimit nec impedit.
[Can 1068 — § 1. Die der Ehe vorausgehende und dauernde Unfähigkeit zum Beischlaf, sei sie auf seiten des Mannes oder auf seiten der Frau, sei sie vom andern erkannt oder nicht, sei sie absolut oder relativ, macht die Ehe aus ihrem Wesen heraus rechtlich ungültig.

§ 2. Wenn hinsichtlich des Hindernisses der Unfähigkeit ein Zweifel besteht, sei er ein Rechts- oder Tatsachenzweifel, darf die Ehe(schließung) nicht verhindert werden.

§ 3. Unfruchtbarkeit macht die Ehe(schließung) weder ungültig noch verhindert sie sie.]

Benutzeravatar
overkott
Beiträge: 19634
Registriert: Donnerstag 8. Juni 2006, 11:25

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von overkott »

Das Side-by-Side-Verfahren zwischen Mann und Frau ist schöpfungsbedingt.

Pilgerer
Beiträge: 2697
Registriert: Freitag 3. Juni 2011, 00:45

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Pilgerer »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:Jetzt:
CIC/1983 hat geschrieben:
Can. 1084 — § 1. Die der Ehe vorausgehende und dauernde Unfähigkeit zum Beischlaf, sei sie auf seiten des Mannes oder der Frau, sei sie absolut oder relativ, macht die Ehe aus ihrem Wesen heraus ungültig.

§ 2. Besteht hinsichtlich des Hindernisses der Unfähigkeit ein Rechts- oder Tatsachenzweifel, so darf die Eheschließung nicht verhindert und auch nicht die Ehe, solange der Zweifel bleibt, für ungültig erklärt werden.

§ 3. Unfruchtbarkeit macht die Eheschließung weder unerlaubt noch ungültig, unbeschadet der Vorschrift des can. 1098.
Früher auch soweit dasselbe:
CIC/1917 hat geschrieben:Can 1068 — §1. Impotentia antecedens et perpetua, sive ex parte viri sive ex parte mulieris, sive alteri cognita sive non, sive absoluta sive relativa, matrimonium ipso naturae iure dirimit.

§2. Si impedimentum impotentiae dubium sit, sive dubio iuris sive dubio facti, matrimonium non est impediendum.

§3. Sterilitas matrimonium nec dirimit nec impedit.
[Can 1068 — § 1. Die der Ehe vorausgehende und dauernde Unfähigkeit zum Beischlaf, sei sie auf seiten des Mannes oder auf seiten der Frau, sei sie vom andern erkannt oder nicht, sei sie absolut oder relativ, macht die Ehe aus ihrem Wesen heraus rechtlich ungültig.

§ 2. Wenn hinsichtlich des Hindernisses der Unfähigkeit ein Zweifel besteht, sei er ein Rechts- oder Tatsachenzweifel, darf die Ehe(schließung) nicht verhindert werden.

§ 3. Unfruchtbarkeit macht die Ehe(schließung) weder ungültig noch verhindert sie sie.]
Was ist dann mit der Josefs-Ehe, in der beide sich zwar wie ein Ehepaar lieben, aber sich aus geistlichen Gründen entschließen, auf Beischlaf etc. zu verzichten?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Benutzeravatar
Protasius
Moderator
Beiträge: 7133
Registriert: Samstag 19. Juni 2010, 19:13

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Protasius »

In den Kanones ist von Unfähigkeit die Rede, nicht von einem Unwillen. Wenn die Ehepartner zur Ausübung des Beischlafs fähig sind, es aber nicht tun, hindert das nicht die Gültigkeit der Ehe.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Benutzeravatar
Hubertus
Beiträge: 15232
Registriert: Montag 3. Mai 2010, 20:08

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Hubertus »

Genau. Die Ehe kann aber wegen Nichtvollzugs aufgelöst werden.
CIC/1983 hat geschrieben:Can. 1142 Die nicht vollzogene Ehe zwischen Getauften oder zwischen einem getauften und einem ungetauften Partner kann aus einem gerechten Grund auf Bitten beider Partner oder eines Partners, selbst wenn der andere dem widerstrebt, vom Papst aufgelöst werden.

Can. 1697 Das Recht, gnadenweise die Auflösung einer gültigen, aber nicht vollzogenen Ehe zu erbitten, haben nur die Gatten oder ein Gatte, selbst gegen den Willen des anderen.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

Benutzeravatar
Gamaliel
Beiträge: 8609
Registriert: Donnerstag 22. Januar 2009, 07:32

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Gamaliel »

Hubertus hat geschrieben:Genau. Die Ehe kann aber wegen Nichtvollzugs aufgelöst werden.
"Wegen Nichtvollzugs" kann sie nicht aufgelöst werden, der Nichtvollzug ist allerdings Voraussetzung bei einer sakramentalen Ehe, um sie "aus einem gerechten Grund" auflösen zu können. ;)

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von christian12 »

@Gamaliel: zu Deinem vorletzten Posting

Ich gebe Dir Recht: viele Theologen - auch die in den Kommentaren zu GS - sehen da einen Bruch. Du hast auch Recht darin, dass mein Herumreiten auf der Unterscheidung zwischen Ehezwecken und den Zwecken der ehelichen Akte Blödsinn war. Sorry, das war Quatsch mit Soße. :tuete: :pfeif:


Aber: Um einen "Bruch" oder eine "gravierende Änderung" in der Ehelehre des Lehramtes zu behaupten, muss man einen logischen Widerspruch aufzeigen können. Und der ist nicht gegeben. Auch wenn das hingegen viele sagen.


Bislang lassen sich alle in diesem Strang zitierten dogmatischen Äußerungen des Lehramts (c. 1055 §1 (CIC 1983) / PH 5 / GS 48f / Pius XII. (Ansprache an Hebammen) / DH 3838 / c. 1013 §1 (CIC 1917)) harmonisieren, d.h. im Sinne von Entfaltung interpretieren.
Nirgendwo wird in (nach)konziliaren lehramtlichen Äußerungen festgestellt, dass der primäre Zweck der Ehe nicht mehr nur die Zeugung und Erziehung von Nachkommen ist bzw. diese Annahme wird auch nirgends vorausgesetzt. Und nur das wäre ein Widerspruch zur üblichen Lehre. Wenn irgendwo irgendetwas nicht mehr gesagt wird, heißt das ja noch lange nicht, dass dieses Etwas nicht mehr Geltung hat. Man muss annehmen, dass halt nur jetzt nicht darüber gesprochen werden soll, da grad Anderes Thema ist. Damit ist das Etwas aber noch nicht widerrufen. Genau das ist bei der Lehre von den Ehezwecken der Fall. Übrigens bringt der Hinweis auf ein nun (nach)konziliares "personal(istisch)es" Eheverständnis überhaupt nichts. Als wenn dieses grundsätzlich der Rede von (Ehe-)Zwecken widersprechen würde. Ein personal(istisch)es und ein teleologisches Eheverständnis widersprechen sich in keinster Weise, sondern bedingen einander: das Handeln von Personen ist gar nicht anders als durch Zwecke geleitet zu verstehen.

---------
Die Kanones 1013 §1 (CIC 1917) und 1055 §1 (CIC 1983) widersprechen sich nicht. Dass der "Ehebund [...] auf das Wohl der Ehegatten und auf die Zeugung und die Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet ist" (1055), widerspricht nicht dem, dass "der primäre Zweck der Ehe die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft, der sekundäre gegenseitiger Beistand und Abhilfe der Konkupiszenz [ist]" (1013). Hingeordnet ist man schließlich auch auf einen Zweck, der nur sekundär ist. "Wohl der Ehegatten" kann man als "gegenseitigen Beistand und Abhilfe der Konkupiszenz" verstehen oder gereicht der gegenseitige Beistand und die Abhilfe von der Konkupiszenz den Ehegatten nicht zum Wohl? Genausowenig widerspricht, dass die Ehe "mit vielfältigen Gütern und Zwecken ausgestattet ist" und "hrer natürlichen Beschaffenheit nach aber [...]die Einrichtung der Ehe selbst und die eheliche Liebe auf die Erzeugung und Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet [sind] und [...] durch sie gleichsam als durch ihren Gipfel gekrönt [werden]" (GS 48) dem, dass "der vornehmliche Zweck der Ehe die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft ist, oder [...]dass die zweitrangigen Zwecke dem erstrangigen Zweck nicht wesenhaft untergeordnet, sondern gleich vorrangig und unabhängig" (DH 3838) sind. Dass die Zwecke "vielfältig" (lat. varius, dt. auch "verschieden", "verschiedenartig") sind und "die Erzeugung und Erziehung von Nachkommenschaft" die Krönung (!) der Ehe sind, meint genau dasselbe wie, dass es erstrangige und zweitrangige Zwecke der Ehe gibt. Gut, man kann natürlich jetzt sagen, dass die Nachkommen als "Krönung" bezeichnet werden, widerspricht dem, dass ihre Erzeugung der primäre und wesentliche Zweck sein soll, denn eine Krone ist ja nur etwas, was auf etwas bereits bestehendes draufgesetzt wurde, also doch nicht wesentlich zu dem schon bestehenden dazugehört. Zeugung ist aber primär und wesentlich für eine Ehe. Also Bruch. Aber das ist hier nicht so zu verstehen. Letztendlich kann ja die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft nicht erzwungen werden. Sie ist ein Geschenk Gottes. Sie besiegelt "nur" die geschlossene Ehe. Sogar eine nicht-vollzogene Ehe ist eine voll gültige - nur nicht unauflösbare - Ehe. D.h. in diesem Sinn ist die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft eine Krönung von etwas, was bereits besteht. Genau dieser Sachverhalt ist hier angesprochen. - Aber bevor ich jetzt hier großen Aufwand betreibe und die Kohärenz der Ehelehre herausstelle, wäre es sinnvoller, von Dir (oder sonstwem) konkrete Einwände im Sinne von Aufweis von "Brüchen" zu lesen.

--------
Der von Dir, Gamaliel, verlinkte Text ist aufschlussreich. Allerdings konnte ich darin keine Hinweise auf (nach)konziliare Texte des Lehramts finden, die die Rede von einem "Bruch" oder einer "gravierenden Änderung" in der Ehelehre rechtfertigen. Aber vielleicht habe ich es auch überlesen und falsch verstanden. Falls dem so sein sollte, bitte ich um Korrektur.

Benutzeravatar
ElizaDoolittle
Beiträge: 72
Registriert: Donnerstag 26. September 2013, 16:40
Wohnort: Würzburg

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von ElizaDoolittle »

Pilgerer hat geschrieben:
Apollonia hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben: Darum braucht der Mann den Umgang mit Gott, um Energie zum Lieben zu erhalten.

Die Frau nicht?
Die Ehe lebt hauptsächlich von der tätigen Liebe des Mannes.
Wohl mit der Muffe gebufft?

(Wenn ich all die mir bekannten Ehen bedenke, die ohne die tätige Liebe der Frau längst über den Jordan gegangen wären...)

Benutzeravatar
overkott
Beiträge: 19634
Registriert: Donnerstag 8. Juni 2006, 11:25

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von overkott »

ElizaDoolittle hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:
Apollonia hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben: Darum braucht der Mann den Umgang mit Gott, um Energie zum Lieben zu erhalten.

Die Frau nicht?
Die Ehe lebt hauptsächlich von der tätigen Liebe des Mannes.
Wohl mit der Muffe gebufft?

(Wenn ich all die mir bekannten Ehen bedenke, die ohne die tätige Liebe der Frau längst über den Jordan gegangen wären...)
Intakte Ehen leben von der tätigen Liebe beider.

Pilgerer
Beiträge: 2697
Registriert: Freitag 3. Juni 2011, 00:45

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Pilgerer »

ElizaDoolittle hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:
Apollonia hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben: Darum braucht der Mann den Umgang mit Gott, um Energie zum Lieben zu erhalten.

Die Frau nicht?
Die Ehe lebt hauptsächlich von der tätigen Liebe des Mannes.
Wohl mit der Muffe gebufft?

(Wenn ich all die mir bekannten Ehen bedenke, die ohne die tätige Liebe der Frau längst über den Jordan gegangen wären...)
Der Grund dafür ist, dass die Männer sich zu wenig für die tätige Liebe Gottes öffnen. Dazu müssten sie ihr Herz und ihre Gefühle mehr öffnen, aber das geht zumeist über den angelernten Stolz hinaus. Sich von Gott lieben zu lassen, macht auf gewisse Weise weich. Dass mit dieser Weichheit auch eine Stärke verbunden ist, ist auf den ersten Blick (noch) nicht zu erkennen. Doch schafft das "Von-Gott-Geliebtsein" eine Freiheit der Liebe, die es ermöglicht, sie immer wieder kraftvoll zu erneuern, wenn die "instinktiven" Frühlingsgefühle vorüber sind.

Tatsächlich ist es die Mission der Familie, dass alle Familienglieder von der instinktiv gelernten Liebe lernen und sie später in Freiheit bewusst leben, so wie es in der Trinität üblich ist. Denn wir sind Gottes Kinder, und die Familie soll uns darauf vorbereiten, so "göttlich" wie möglich zu leben. Die Rollen des Vaters, der Mutter, des Kindes, der Frau, des Mannes etc. sind allesamt Rollen, die auf das gottartige Leben in der Vollendung vorbereiten. Diese Vollendung ist das Ziel, nicht die halbe Strecke.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von christian12 »

Wenn man wie ich/wir die Zeugung und Erziehung von Nachkommen als primären Ehezweck, der allen anderen Ehezwecken vorrangig ist und von dem alle anderen Ehezwecke abhängig sind, versteht, muss man dann eigentlich die Eheschließung zwischen Unfruchtbaren ablehnen? Und müsste man dann nicht auch vertreten, dass die Intention der Gatten bei jedem einzelnen ehelichen Akt primär die Zeugung und Erziehung von Nachkommen sein muss?

Benutzeravatar
Protasius
Moderator
Beiträge: 7133
Registriert: Samstag 19. Juni 2010, 19:13

Re: Der wahre Ehezweck

Beitrag von Protasius »

christian12 hat geschrieben:Wenn man wie ich/wir die Zeugung und Erziehung von Nachkommen als primären Ehezweck, der allen anderen Ehezwecken vorrangig ist und von dem alle anderen Ehezwecke abhängig sind, versteht, muss man dann eigentlich die Eheschließung zwischen Unfruchtbaren ablehnen? Und müsste man dann nicht auch vertreten, dass die Intention der Gatten bei jedem einzelnen ehelichen Akt primär die Zeugung und Erziehung von Nachkommen sein muss?
Zwischen Unfruchtbaren kann durchaus die Ehe geschlossen werden (im CIC 1917 [weiter oben irgendwo zitiert] steht das auch ausdrücklich drin). Es gibt ja auch noch den Zweck als remedium concupiscentiae, und da zum Wesen der Ehe nur die Beischlaf-, nicht aber zwingend die Zeugungsfähigkeit gehört, ist der Vollzug der Ehe im Prinzip möglich.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema