Einer muss den Judas machen !?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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phylax
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Re: Einer muss den Judas machen !?

Beitrag von phylax »

@ Pilgerer:
Stellt sich natürlich die Frage, wie wird man zum schweren Sünder.
Von Gott kommt mir ein Freudenschein,/ wenn Du mich mit den Augen Dein/ gar freundlich tust anblicken

TillSchilling

Re: Einer muss den Judas machen !?

Beitrag von TillSchilling »

phylax hat geschrieben:Die sogenannte "Häresie" besteht wohl lediglich darin, dass Pilgerer die Vegebung Gottes an Judas mit Gewißheit voraussetzt, diese Gewißheit haben wir aber tatsächlich nicht.
Pilgerer hat nicht nur geschrieben dass Gott Judas vergibt sondern dass Gott allen Menschen vergibt:
Pilgerer hat geschrieben: Gott hat Judas vergeben, wie er allen vergibt, .....
Wenn ich ihn richtig verstehe vertritt er hier die Allversöhnung. Wenn das keine Häresie ist weiss ich nicht was.

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overkott
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Re: Einer muss den Judas machen !?

Beitrag von overkott »

Das katholische Christentum hat eine Opfertheologie, keine Tätertheologie. Deshalb gilt die misericordia in erster Linie Jesus, nicht Judas. Mitleid mit Judas ist meist verkapptes Selbstmitleid. Es ist weder gerecht, noch liebevoll, den Opfern erst das Leid zuzumuten und dann auch noch den Tätern bedingungslos zu vergeben. Deshalb beginnt die Evangelisierung Jesu auch mit dem Umkehrruf: Pœnitentiam agite : appropinquavit enim regnum cælorum.

Pilgerer
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Re: Einer muss den Judas machen !?

Beitrag von Pilgerer »

TillSchilling hat geschrieben:
phylax hat geschrieben:Die sogenannte "Häresie" besteht wohl lediglich darin, dass Pilgerer die Vegebung Gottes an Judas mit Gewißheit voraussetzt, diese Gewißheit haben wir aber tatsächlich nicht.
Pilgerer hat nicht nur geschrieben dass Gott Judas vergibt sondern dass Gott allen Menschen vergibt:
Pilgerer hat geschrieben: Gott hat Judas vergeben, wie er allen vergibt, .....
Wenn ich ihn richtig verstehe vertritt er hier die Allversöhnung. Wenn das keine Häresie ist weiss ich nicht was.
Das ist keine Allversöhnung, sondern eine bestimmte innere Dimension des einen christlichen Evangeliums. Dass Gott allen Menschen vergibt (und wir das auch tun sollten), heißt nicht, dass diese damit automatisch schon gerettet wären. Im Gegenteil ist es ja so, dass sich die meisten der göttlichen Liebe verweigern, weil sie sich das Gute nicht gönnen.
Unter'm Strich kann ich sagen, dass ein Mensch sich selbst erst dann vergeben hat, wenn er Jesus Christus in sich aufgenommen und sich Gott zugewendet hat. Wer hingegen Gott (und Jesus ist Gott) aus sich heraus lässt, der lebt im menschlichen Zorn gegen alles, gegen Gott und gegen sich. Ohne Jesus kann niemand sich selbst vergeben und auch Gottes Vergebung nicht empfangen.

Das göttliche Prinzip heißt, in der (Agape-)Liebe unbeugsam und bedingungslos zu sein. Denn bedingte Liebe ist keine echte Liebe, sondern birgt in sich den Hass. In der Bibel steht auch: "nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden." (Matthäus 7,2). Wenn ich nun irgendeinem Menschen die Vergebung verweigere, wird auch Gott mir die Vergebung verweigern. Das widerspricht auf dem ersten Blick der These, dass Gott allen vergeben hat. Es handelt sich dabei aber zwei unterschiedliche Ebenen. Der strenge menschliche Richter baut sich selbst das dem entsprechende strenge Gottesbild, das auch im Gericht Anwendung findet. Er wird im Angesicht Gottes ebenso über sich selbst richten, wie er es zuvor über andere tat.
Darum ist es besser, die wahre, zuvorkommende, unbeugsame Gesinnung Gottes zu übernehmen, um im Leben, im Sterben und im Gericht zu bestehen.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Dschungelboy

Re: Einer muss den Judas machen !?

Beitrag von Dschungelboy »

Raphael hat geschrieben:
Tinius hat geschrieben:Was wäre denn eigentlich geschehen, wenn Judas Iskariot seinen "Job" nicht gemacht hätte?
An dieser Stelle bietet sich ein Zitat von Peer Steinbrück an: 8)
"Hätte, hätte, Fahrradkette .........."
So "hätte hätte" ist das nicht. Mir sind schon evangelische Theologen untergekommen, die offenbar zuviel Jens gelesen haben und Judas in die Nähe eines Miterlösers rückten... :narr:

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overkott
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Re: Einer muss den Judas machen !?

Beitrag von overkott »

Man darf die Verteidigung des Judas nicht mit der Rolle des advocatus diaboli verwechseln. Dieser ist für die gegnerische Seite in Heiligsprechungsprozessen zuständig gewesen und plädierte auf: nicht heilig.

Opfertheologisch wäre Judas nur zu verteidigen, wenn er selbst Opfer der Situation wäre und sich nicht frei gegen Gott entschieden hätte. Dies ist laut Aktenlage nicht der Fall gewesen.

Ein mildernder Umstand ist ausschließlich seine unvollkommene Reue. Er hat den Lohn für den Verrat von sich geworfen. Das könnte man ihm als minimale Buße anrechnen. Doch der Suizid bleibt eine Belastung.

Pilgerer
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Re: Einer muss den Judas machen !?

Beitrag von Pilgerer »

overkott hat geschrieben:Opfertheologisch wäre Judas nur zu verteidigen, wenn er selbst Opfer der Situation wäre und sich nicht frei gegen Gott entschieden hätte. Dies ist laut Aktenlage nicht der Fall gewesen.
Judas darf nicht als Einzelfall gesehen werden. Jeder vergleichbare Verrat gegenüber einem Menschen ist ein Verrat gegenüber Gott (und Jesus), so etwa der Verkauf Josefs an die Sklavenhändler. Denn jeder Mensch ist ein Ebenbild und Repräsentant Gottes. Darum sollte niemand zu sicher sein, völlig frei von einem Judas-artigen Verhalten zu sein. Was wir Menschen tun, trifft Gott mittelbar. Dazu kommt noch die Gefahr des unmittelbaren Verrats gegenüber dem christlichen Glaubens oder gegenüber Gott aufgrund von irgendwelchen Vorteilen.
Weil diese Sünde im allgemeinen begangen wird, nahm Jesus in seinem Opfer auch diese Sünde und ihre Folgen auf sich. Judas repräsentierte die Verräter aller Zeitalter.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Tinius
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Re: Einer muss den Judas machen !?

Beitrag von Tinius »

Pilgerer hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Opfertheologisch wäre Judas nur zu verteidigen, wenn er selbst Opfer der Situation wäre und sich nicht frei gegen Gott entschieden hätte. Dies ist laut Aktenlage nicht der Fall gewesen.
Judas darf nicht als Einzelfall gesehen werden. Jeder vergleichbare Verrat gegenüber einem Menschen ist ein Verrat gegenüber Gott (und Jesus), so etwa der Verkauf Josefs an die Sklavenhändler. Denn jeder Mensch ist ein Ebenbild und Repräsentant Gottes. Darum sollte niemand zu sicher sein, völlig frei von einem Judas-artigen Verhalten zu sein. Was wir Menschen tun, trifft Gott mittelbar. Dazu kommt noch die Gefahr des unmittelbaren Verrats gegenüber dem christlichen Glaubens oder gegenüber Gott aufgrund von irgendwelchen Vorteilen.
Weil diese Sünde im allgemeinen begangen wird, nahm Jesus in seinem Opfer auch diese Sünde und ihre Folgen auf sich. Judas repräsentierte die Verräter aller Zeitalter.
Schön, wenn man sich Kraft eigener Berufung seine eigene Theologie zusammenschustern kann.

Ich bin da demütiger und halte mich bezüglich Judas an die Aussagen der Kirchenväter.

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overkott
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Re: Einer muss den Judas machen !?

Beitrag von overkott »

Tinius hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Opfertheologisch wäre Judas nur zu verteidigen, wenn er selbst Opfer der Situation wäre und sich nicht frei gegen Gott entschieden hätte. Dies ist laut Aktenlage nicht der Fall gewesen.
Judas darf nicht als Einzelfall gesehen werden. Jeder vergleichbare Verrat gegenüber einem Menschen ist ein Verrat gegenüber Gott (und Jesus), so etwa der Verkauf Josefs an die Sklavenhändler. Denn jeder Mensch ist ein Ebenbild und Repräsentant Gottes. Darum sollte niemand zu sicher sein, völlig frei von einem Judas-artigen Verhalten zu sein. Was wir Menschen tun, trifft Gott mittelbar. Dazu kommt noch die Gefahr des unmittelbaren Verrats gegenüber dem christlichen Glaubens oder gegenüber Gott aufgrund von irgendwelchen Vorteilen.
Weil diese Sünde im allgemeinen begangen wird, nahm Jesus in seinem Opfer auch diese Sünde und ihre Folgen auf sich. Judas repräsentierte die Verräter aller Zeitalter.
Schön, wenn man sich Kraft eigener Berufung seine eigene Theologie zusammenschustern kann.

Ich bin da demütiger und halte mich bezüglich Judas an die Aussagen der Kirchenväter.
Mit solchen Pauschalaussagen musst du dich ans Bekennerforum wenden. In der Debatte hier geht es um Argumente. Zurecht hat als Kirchenlehrer der heilige Bonaventura auf Widersprüche bei den Kirchenvätern hingewiesen und sie den heiligen Schriften untergeordnet.

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overkott
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Re: Einer muss den Judas machen !?

Beitrag von overkott »

Pilgerer hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Opfertheologisch wäre Judas nur zu verteidigen, wenn er selbst Opfer der Situation wäre und sich nicht frei gegen Gott entschieden hätte. Dies ist laut Aktenlage nicht der Fall gewesen.
Judas darf nicht als Einzelfall gesehen werden. Jeder vergleichbare Verrat gegenüber einem Menschen ist ein Verrat gegenüber Gott (und Jesus), so etwa der Verkauf Josefs an die Sklavenhändler. Denn jeder Mensch ist ein Ebenbild und Repräsentant Gottes. Darum sollte niemand zu sicher sein, völlig frei von einem Judas-artigen Verhalten zu sein. Was wir Menschen tun, trifft Gott mittelbar. Dazu kommt noch die Gefahr des unmittelbaren Verrats gegenüber dem christlichen Glaubens oder gegenüber Gott aufgrund von irgendwelchen Vorteilen.
Judas repräsentierte die Verräter aller Zeitalter.
Diese typologische Betrachtung entspricht traditioneller katholischer Theologie.

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