Ich will wenigstens kurz ein paar Dinge einwerfen, denn in der nächsten Zeit komme ich kaum dazu. Man möge mir den Telegrammstil verzeihen!
Ketelhohn hat geschrieben:I. Im Jahre 1054 hat kein "Großes Schisma" zwischen Rom und Byzanz seinen Anfang genommen.
Gut! Mag sein. Ich weiß jetzt nicht so genau, worauf Du diese Behauptung stützt, aber evtl. ist es die Rücknahme des Anathemas durch Patriarch Athenagoras und Papst Paul VI. im Jahre 1965 ("...als hätte es nie existiert..."). Dieser Bann existiert also nicht mehr. Was ist aber z.B. mit folgendem:
Das I. Vaticanum, 4. Sitzung am 18. Juli 1870, hat geschrieben:I. If anyone says that blessed Peter the apostle was not appointed by Christ the lord as prince of all the apostles and visible head of the whole church militant; or that it was a primacy of honour only and not one of true and proper jurisdiction that he directly and immediately received from our lord Jesus Christ himself: let him be anathema.
II. If anyone says that it is not by the institution of Christ the lord himself (that is to say, by divine law) that blessed Peter should have perpetual successors in the primacy over the whole church; or that the Roman pontiff is not the successor of blessed Peter in this primacy: let him be anathema.
III. If anyone says that the Roman pontiff has merely an office of supervision and guidance, and not the full and supreme power of jurisdiction over the whole church, and this not only in matters of faith and morals, but also in those which concern the discipline and government of the church dispersed throughout the whole world; or that he has only the principal part, but not the absolute fullness, of this supreme power; or that this power of his is not ordinary and immediate both over all and each of the churches and over all and each of the pastors and faithful: let him be anathema.
IV. We teach and define as a divinely revealed dogma that when the Roman pontiff speaks EX CATHEDRA, that is, when, in the exercise of his office as shepherd and teacher of all Christians, in virtue of his supreme apostolic authority, he defines a doctrine concerning faith or morals to be held by the whole church, he possesses, by the divine assistance promised to him in blessed Peter, that infallibility which the divine Redeemer willed his church to enjoy in defining doctrine concerning faith or morals. Therefore, such definitions of the Roman pontiff are of themselves, and not by the consent of the church, irreformable... So then, should anyone, which God forbid, have the temerity to reject this definition of ours: let him be anathema.
Ich habe es leider nicht in deutsch auftreiben können.
Die Katholiken sind nicht einfach nur Leute, die dem römischen Bischof auf seltsam anhängliche Weise zugetan sind. Das katholische Lehramt bannt all jene, die diese Gefühle nicht teilen können. Dieser Bann trifft alle Ostkirchen. Sie abzuschwächen, also als Theologumenon zu interpretieren, hieße aber doch, jenen Päpsten einen dogmatischen Fehler nachzuweisen, die die entsprechenden Dogmen eingeführt und gestützt haben.
Langer Rede kurzer Sinn: der Bann von 1054 ist aufgehoben, diese jüngeren hier aber z.B. nicht.
Ketelhohn hat geschrieben:VI. Erst im 18. Jahrhundert zog man daraus die Folgerung, wechselseitig die Sakramentengemeinschaft aufzukündigen, ohne daß tatsächlich Trennendes neu hinzugekommen wäre."
Auch hier weiß ich nicht, worauf Du das stützt, Robert.
"Durch die Vielzahl ihrer Häresien haben sie (die Lateiner) die ganze Welt entehrt... es gibt kein ewiges Leben für jene, die im lateinischen Glauben verharren." (Hl. Feodosij Pecherskij, 1074 a.D.; s.a. dessen "Wort an den Großfürsten Izjaslav über den Glauben der Varäger (Lateiner)")
"Wir haben die Lateiner aus keinem anderen Grund von uns gewiesen, als dem, daß sie Häretiker sind. Deswegen ist es völlig falsch, sich mit ihnen zu vereinigen. Die Lateiner sind nicht nur Spalter, sie sind Häretiker. Unsere Kirche schwieg deswegen darüber, weil ihr Stamm wesentlich größer und stärker ist als unserer." (Hl. Bischof Markus von Ephesos, 1457 a.D.)
u.v.a.m. ...
Ketelhohn hat geschrieben:VII. In Wahrheit sind aber, wie man noch zur Zeit der Brester Union gewußt hat, griechische und lateinische Kirchen gleichermaßen Ortskirchen der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche, unbeschadet der teils bestehenden Defizite."
Was hat man dann mit der erwähnten Union zu tun versucht?
Die Sache ist die, daß die sog. "unierten Kirchen" heute und schon immer für die Ostkirchen das größte Übel waren. Nach den ganzen Unionsversuchen (Lyoner 1274, Florentiner 1439, Brest 1596, Uzhgorod 1646, und die diversen im Nahen Osten mit Armeniern, Kopten etc.) tauchten Uniaten in allen Ostkirchen auf und wurden zur Quelle ständiger Not und Gefahr für die Orthodoxen. Robert, ich muß Dir gegenüber sicher nicht die aktuelle Situation in der Ukraine darlegen.
Auf einer anderen Schiene kam von den Lateinern seit jeher die Gewalt: Deutschritterorden, Schwertträgerorden u.a., also monastische Kampftruppen... und eigentlich sind die Waffen der Lateiner das gewesen, was jeweils die Union durchgedrückt hat. Heute ist es... wer weiß was... eine komische Semi-Verselbständigung der Uniaten. Fakt sind die immerwährenden Expansionsversuche: ideologisch, militärisch. Heute metastasiert die sogenannte Griechisch-Katholische Kirche immer weiter nach Osten: der Sitz ihres Mitropoliten wird von Lwiw nach Kiew verlegt, wo es keine Uniaten gibt und noch dazu der orthodoxe Mitropolit seinen Sitz hat. Wie soll man das auffassen?
Dieser immer wiederkehrende Schmerz hinterließ Spuren in den Menschen, die ziemlich tief sitzen. Es gibt einen Spruch, der lautet: "Lieber einen türkischen Turban als eine römische Tiara". Und dieser tragische Spruch ist alt und hält sich im Volk.
Man muß an der Stelle fragen, wer denn nun für Rom die Teile der Einen Heiligen und Apostolischen Kirche sind: die Uniaten oder die Ostkirchen? Sollen sich die Ostkirchen nach dem Modell der Unierten verwandeln?
Ketelhohn hat geschrieben:VIII. (...) a) (...)Ich antworte: Es bedarf der ausdrücklichen gegenseitigen Anerkennung der Sakramente; des ausdrücklichen gegenseitigen Verzichts auf Häresievorwürfe; der Erklärung der griechischen Seite, daß der Bischof von Rom den Vorrang unter allen Patriarchen hat; Erklärung der lateinischen Seite, daß der Bischof von Rom die Rechte der übrigen Patriarchen nicht schmälern wird.
Ich will gar nicht erst von dogmatischen Dingen anfangen ("Transsubstantiation" usw.). Nein, Robert, zuerst muß Geschichte aufgearbeitet werden. Eine kurzzeitige Sakramentsgemeinschaft zwischen den Russen und Rom hat es in den 60'ern/70'ern gegeben, da v.a. unter dem Einfluß des Mitropoliten Nikodim. Sie hielt nicht. Inzwischen greift Rom wieder an - in der Ukraine, wie schon erwähnt, und in Rußland durch das Errichten von "Kirchenprovinzen" im Februar 2002. Von welchen Sakramenten kann angesichts dieser Handlungen die Rede sein?
Ketelhohn hat geschrieben:b) Einigung darüber, welche Bischofs- und Patriarchenstühle konkret vom Schisma betroffen sind, und Beendigung der jeweiligen Schismata durch Wahl gemeinsamer Hirten unter Wahrung der Rechte und Gewohnheiten beider Seiten. (Ich antworte: Zunächst ist zu klären, ob es an einem Ort für verschiedene Riten ebenso viele Bischofs- oder Patriarchensitze geben soll wie Riten, oder aber nur einen für mehrere Riten, wie es vor dem Zeitalter der Reformation die Regel war. [etc])
Robert, tut mir Leid, aber das liest sich für mich wie ein Strategiespiel.
Nichts für Ungut
:N: