Fragen zu Judas

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Nikodemus
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Beitrag von Nikodemus »

Ob etwas so passieren mußte oder ob es anders hätte kommen können ist immer schwer zu sagen. Der Wille Gottes ist uns entzogen. Klar ist aber, das Jesus wußte das Judas ihn verrät und das er sich "aus freiem Willen dem Leiden übergab". Er hat den Verrat des Judas akzeptiert und nicht einfach mit göttlicher Machtfülle überboten, wie er auch akzeptiert das andere Menschen von ihm abfallen, ja sogar, das jeder von uns auf vielfältige Weise verrät. Jesus nimmt jeden Mensch und seine Entscheidungen ernst, weil er ihn liebt - das hat ihn ans Kreuz gebracht. Hätte er seine Macht in Anspruch genommen, hätte er es einfacher gehabt.
Judas ist eine tragische Figur. Sünder wie eir alle hat er den Weg zur Vergebung nicht gefunden und sich selbst gerichtet. Ein wirklich düsteres Zeichen und Mahnbild auf dem Weg derer, die Versöhnung in Jesus Christus nicht annehmen könne und/oder wollen. Man kann nur hoffen, dass auch er noch irgendwie in der Liebe Christi aufgehoben ist.
Veritas liberabit vos - Die Wahrheit wird euch frei machen (Joh 8,32)

Kepha
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Judas oder Hitler?

Beitrag von Kepha »

Hallo miteinander,

ich hab vor kurzem von einem Priester gehört, das er und einige befreundete Priester sich bei einer Diskussion richtig festgefahren haben. Volgende Frage wurde in den Raum gestellt:

Wer kommt eher in den Himmel, Hitler oder Judas?

Nach längerer Diskussion mussten die Priester feststellen, das sie sich nicht einigen konnten und das Thema wurde vertagt.

Wie ist eure Meinung dazu, kann man überhaubt zwischen diesen beiden Personen entscheiden oder stehen beide auf der selben Stufe?

Ich würde mich freuen wenn ich meinem Freund beim nächsten mal einige Meinungen aus dem Forum mitteilen könnte.

mfg.
kepha

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Linus
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Beitrag von Linus »

nachdem beide nicht heiliggesprochen wurden, kann man lediglich sagen: Die -kirche gibt keine Garantie dafür ab, das einer von beiden, oder beide im Himmel sind.

Wo sie letztendlich sind Himmel, Hölle, Purgatorium, entzieht sich unserere Kenntnis und ist nichts anderes als Sophisterei.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Ich dachte immer Judas gilt als der heiige der hoffnungslosen Fälle?

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
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Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

FioreGraz hat geschrieben:Ich dachte immer Judas gilt als der heiige der hoffnungslosen Fälle?

LG
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Judas Thaddäus!

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Über Judas Iskariot sagt Jesus in der Bibel:

Doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird. Für ihn wäre es besser, wenn er nie geboren wäre. Mk 14,21

Zwar hat sich die Kirche über den Verbleib von Judas nie festgelegt, aber wo kann denn ein Mensch sein, für den es besser wäre, wenn er nie geboren wäre?

Kepha
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Beitrag von Kepha »

Dieses Wort Jesu ist mir auch als erstes eingefallen als ich von der Sache gehört habe.

Demnach klingt es so als ob Judas absolut keine Möglichkeit hat in den "Himmel" zu kommen.

Für Hitler bleibt dann aber nur noch die Hoffnung auf Vergebung und die Gnade Gottes?
Oder ist er genau so eingestuft wie Judas?

mfg.
Kepha

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Interessant ist, daß Hitler (neben Napoleon) in einem deutschsprachigen "Orthodoxen Katechismus" der Russischen Orthodoxen Kirche, Ausgabe von 1979, namentlich erwähnt wird, und zwar bei der Erklärung der Seligpreisungen: "Es ist aber bekannt, daß die Sanftmütigen mehr ausrichten können als solche, die mit Gewalt die Welt erobern wollen und dann doch im Elend untergehen, wie Napoleon oder Hitler." Das ist dann freilich alles. Trotzdem ist diese Erwähnung sicherlich der Zeit zuzuschreiben, in der dieser Katechismus herausgegeben wurde.

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Womöglich befinden sich die Herren Stalin,Hitler, Roosevelt, Churchill und Truman alle zusammen in der Hölle, wo sie einem erweiterten Nürnberger Prozeß entgegenbangen.

Vielleicht hat es als einziger Benito Mussolini geschafft.

Aber das sind eigentlich müßige Spekulationen. Jeder sollte selbst zusehen und dafür beten, daß er seine Seele rette.

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Gibt es eigentlich welche unter euch, die schon einmal ein Judas-Drama schreiben wollten? Ich ja, aber ich stellte schnell fest, daß schon sehr viele gibt, unter anderem von:
• Marcel Pagnol
• Hermann Griebel
• Joseph Goebbels
• Martin Maack
•...
Und dann verlor ich die Lust. Ich weiß bis heute nicht, warum.

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Maya
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Beitrag von Maya »

Es heisst Judas sei durch die Wirkung seiner Reue doch noch errettet worden - ist aber nur vom Hörensagen.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Matthäus (27,3-5) hat geschrieben:Als nun Judas, der ihn verraten hatte, sah, daß er verurteilt war, reute es ihn; und er brachte die dreißig Silberlinge den Hohenpriestern und den Ältesten zurück und sprach: Ich habe gesündigt, daß ich unschuldiges Blut verraten habe! Sie aber sprachen: Was geht das uns an? Da siehe du zu! Da warf er die Silberlinge in den Tempel und machte sich davon, ging hin und erhängte sich.
Lucas (Act 1,15-20) hat geschrieben:Und in diesen Tagen stand Petrus mitten unter den Jüngern auf und sprach (es waren aber etwa hundertzwanzig Personen beisammen): Ihr Männer und Brüder, es mußte das Wort der Schrift erfüllt werden, das der heilige Geist durch den Mund Davids vorausgesagt hat über Judas, welcher denen, die Jesus gefangennahmen, zum Wegweiser wurde. Denn er war uns beigezählt und hatte das Los dieses Dienstes empfangen. Dieser erwarb einen Acker aus dem Lohn der Ungerechtigkeit und stürzte kopfüber hinab, barst mitten entzwei, und alle seine Eingeweide traten heraus. Und es wurde allen kund, die zu Jerusalem wohnen, so daß jener Acker in ihrer Sprache Akeldama genannt wurde, das heißt: Blutacker. Denn es steht geschrieben im Buche der Psalmen: »Seine Behausung soll öde werden, und niemand soll darin wohnen«, und: »sein Amt empfange ein anderer.«
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Eigentlich ging es mir gar nicht so sehr um die Beantwortung der Frage, was aus Judas wurde, nachdem er sich erhängt hat. Eigentlich ging es mir um das Phänomen "Judasdrama", ich wollte nur keinen neuen Thread eröffnen. Und da dachte ich, das paßt hier auch hinein.

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Maya
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Beitrag von Maya »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Matthäus (27,3-5) hat geschrieben:Als nun Judas, der ihn verraten hatte, sah, daß er verurteilt war, reute es ihn; und er brachte die dreißig Silberlinge den Hohenpriestern und den Ältesten zurück und sprach: Ich habe gesündigt, daß ich unschuldiges Blut verraten habe! Sie aber sprachen: Was geht das uns an? Da siehe du zu! Da warf er die Silberlinge in den Tempel und machte sich davon, ging hin und erhängte sich.
Lucas (Act 1,15-20) hat geschrieben:Und in diesen Tagen stand Petrus mitten unter den Jüngern auf und sprach (es waren aber etwa hundertzwanzig Personen beisammen): Ihr Männer und Brüder, es mußte das Wort der Schrift erfüllt werden, das der heilige Geist durch den Mund Davids vorausgesagt hat über Judas, welcher denen, die Jesus gefangennahmen, zum Wegweiser wurde. Denn er war uns beigezählt und hatte das Los dieses Dienstes empfangen. Dieser erwarb einen Acker aus dem Lohn der Ungerechtigkeit und stürzte kopfüber hinab, barst mitten entzwei, und alle seine Eingeweide traten heraus. Und es wurde allen kund, die zu Jerusalem wohnen, so daß jener Acker in ihrer Sprache Akeldama genannt wurde, das heißt: Blutacker. Denn es steht geschrieben im Buche der Psalmen: »Seine Behausung soll öde werden, und niemand soll darin wohnen«, und: »sein Amt empfange ein anderer.«
Sein amt empfing nicht matthias, sondern paulus der saulus, seine behausung ward öde und tot, sein heil aber geschah u.U. im Verborgenen, da er seine aufgabe nicht nur verfehlt hatte. amen.

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Sein amt empfing nicht matthias, sondern paulus der saulus, seine behausung ward öde und tot, sein heil aber geschah u.U. im Verborgenen, da er seine aufgabe nicht nur verfehlt hatte. amen.
Manchmal macht es doch Sinn, auch den größten Unsinn nochmals vorzustellen, und sei es nur zum Zweck, den Urheber dazu zu bringen, sich zumindest nachträglich darüber Gedanken zu machen.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

Raphael

Beitrag von Raphael »

Maya hat geschrieben:Sein amt empfing nicht matthias, sondern paulus der saulus, seine behausung ward öde und tot, sein heil aber geschah u.U. im Verborgenen, da er seine aufgabe nicht nur verfehlt hatte. amen.
Wikipedia hat geschrieben:Um Moksha (Erlösung) zu erreichen, muss Maya überwunden werden.

Raimund J.
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von Raimund J. »

Pfr. Breitenbach verkündet heute auf seiner Homepage Zweifel an der Verräterrolle des Judas:
Paulus und der „Verräter“

Paulus weiß nichts von einem Judas, der Jesus für 30 Silberlinge verraten hätte. Ganz abgesehen davon, dass seit 300 Jahren der „Silberling“ in Israel Jahren keine gültige Währung war. Gemeint ist der Kaufpreis für einen Sklaven in der vorchristlichen Zeit. Der „Judaslohn“ hätte in Scheckel oder Denar ausgezahlt werden müssen. Dennoch ist Judas als der geld-gierige Verräter tief und fast unausrottbar in das Bewusstsein der christlichen Welt eingegraben. Schließlich werden in der Karwoche noch immer die entsprechenden Texte aus den Evangelien gelesen. Paulus sagt im Galaterbrief: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat“ (2,20). Mit „hingegeben“ verwendet der Apostel das gleiche Wort wie Jesus in der Abendmahlszene: „Einer von euch wird mich hingeben“. Leider schreibt die Einheitsübersetzung an dieser Stelle: „Einer von euch wird mich verraten.“

Petrus nennt in seiner Predigt an das Volk andere Verräter: „Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Gott unserer Väter, hat seinen Knecht Jesus verherrlicht, den ihr verraten und vor Pilatus verleugnet habt, obwohl dieser entschieden hatte, ihn freizulassen. Ihr aber habt den Heiligen und Gerechten verleugnet …“ (Apg 3,13f).

Paulus kann zu seiner Zeit die Tragik dieser „Verleumdung“ des Judas, die über das Volk der Juden unsagbar viel Leid bringen wird, nicht erkennen. Hätte er etwas von Judas als Verräter gewusst, hätte er vor allem vor seinen Landsleuten, dazu Stellung bezogen. Wir bringen in Erinnerung: Paulus predigt und schreibt lange bevor die Evangelien mit den entsprechenden „Überlieferungen“ entstehen.

Der älteste Text zur „Auslieferung“ Jesu steht im ersten Brief des Paulus an die Korinther. Er ist Teil jener Abendmahlstradition, die Paulus nach seiner Bekehrung, schon drei, vier Jahre nach dem Tod Jesu, übernommen und bei den Neugründungen an die Ge-meinden weitergegeben hat. „Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er hingegeben wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis“ (11,23)

Die von Paulus zitierte Überlieferung macht deutlich, dass Jesus von Gott selbst zum heilvollen Sterben für die Christenheit „dahingegeben“ wurde – eine Aussage, die in die allererste Zeit zurückgeht und sich breit gestreut im frühchristlichen Schrifttum findet. Daher sollte man Judas nicht in sie hineinlesen. Merkwürdig und noch viel zu wenig beachtet ist die Tatsache, dass Jesus nach seiner „Auferstehung“ den zwölf Jüngern (vgl Joh 21,24) erschien, obwohl noch keine Nachwahl für den ausgeschiedenen Judas stattgefunden hat. Spätere Textzeugen korrigieren dann eilig in „elf“.
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

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overkott
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von overkott »

Breitenbach greift damit ein Thema auf, das in dieser Woche im Kreuzgang bereits eine wichtige Rolle spielte: Paulus und die Evangelisten - Wachstum im Glauben und in der Erkenntnis. Wir haben dies am Beispiel des Evangelisten Lukas und seiner Erzählung von der Wunderheilung des Malchus betrachtet.

Auch bei Judas schauen wir wieder auf eine Nebenrolle, die den Charakter Jesu hervorhebt. Gott hat Jesus selbst zur Sünde gemacht, wie der Apostel den Korinthern schreibt. Denn der Herr ist gekommen, um Sünder zu berufen. Den Römern schreibt Paulus, dass alles Menschen gesündigt haben. Auch der hl. Petrus war da nicht anders als Judas. Später schreibt Petrus auch von sündigen Engeln.

Judas zeigt die befreiende Botschaft Jesu auf zweierlei Weise: Erstens beruft Gott alle Menschen, lässt die Sonne über Gute und Böse aufgehen, wie es in der Vulgata heißt, und teilt mit ihnen das Brot. Zweitens beruft Gott alle Menschen zur freien Entscheidung. Die Menschen werden also nicht zwangs- und pseudoerlöst, sondern sie können sich wirklich frei entscheiden. Aber so frei das Leben auf Erden auch ist: Beim Jüngsten Gericht kommt der Showdown. Für die Gnadenlosen wird es keine Gnade geben.

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Lutheraner
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von Lutheraner »

Raimund Josef H. hat geschrieben:Pfr. Breitenbach verkündet heute auf seiner Homepage Zweifel an der Verräterrolle des Judas:
Mit der Einschätzung des Judas habe ich ein ganz anderes Problem. Einerseits die Trauer über die Hinrichtung des Christus (Karfreitag), andererseits die Freude über das stellvertretende Opfer für unserer Sünden und zu unserem Heil und die Auferstehung. Auch Judas muß Teil des Heilplans Gottes gewesen sein. Er war natürlich ein Verräter, aber wir sind doch alle ein bisschen Petrus und Judas...

Nachtrag: Und kaum surfe ich nach Schreiben dieses Beitrags auf die Spiegel-Homepage, da sehe ich, dass Judas es auf den Spiegel-Titel gebracht hat...
http://www.spiegel.de/spiegel/
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Leguan
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von Leguan »

Lutheraner hat geschrieben:
Raimund Josef H. hat geschrieben:Pfr. Breitenbach verkündet heute auf seiner Homepage Zweifel an der Verräterrolle des Judas:
Mit der Einschätzung des Judas habe ich ein ganz anderes Problem. Einerseits die Trauer über die Hinrichtung des Christus (Karfreitag), andererseits die Freude über das stellvertretende Opfer für unserer Sünden und zu unserem Heil und die Auferstehung. Auch Judas muß Teil des Heilplans Gottes gewesen sein. Er war natürlich ein Verräter, aber wir sind doch alle ein bisschen Petrus und Judas...
Ja, und wir haben die Wahl, ob wir bitterlich weinen oder uns erhängen.
If any stupid priest or bishop in Nigeria feels he wants to copy the American model, then there is something wrong with his head. --Olubunmi Anthony Kardinal Okogie

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Teutonius
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von Teutonius »

Raimund Josef H. hat geschrieben:Pfr. Breitenbach verkündet heute auf seiner Homepage Zweifel an der Verräterrolle des Judas:
Paulus und der „Verräter“

Paulus weiß nichts von einem Judas, der Jesus für 30 Silberlinge verraten hätte. Ganz abgesehen davon, dass seit 300 Jahren der „Silberling“ in Israel Jahren keine gültige Währung war. Gemeint ist der Kaufpreis für einen Sklaven in der vorchristlichen Zeit. Der „Judaslohn“ hätte in Scheckel oder Denar ausgezahlt werden müssen. Dennoch ist Judas als der geld-gierige Verräter tief und fast unausrottbar in das Bewusstsein der christlichen Welt eingegraben. Schließlich werden in der Karwoche noch immer die entsprechenden Texte aus den Evangelien gelesen. Paulus sagt im Galaterbrief: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat“ (2,20). Mit „hingegeben“ verwendet der Apostel das gleiche Wort wie Jesus in der Abendmahlszene: „Einer von euch wird mich hingeben“. Leider schreibt die Einheitsübersetzung an dieser Stelle: „Einer von euch wird mich verraten.“

Petrus nennt in seiner Predigt an das Volk andere Verräter: „Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Gott unserer Väter, hat seinen Knecht Jesus verherrlicht, den ihr verraten und vor Pilatus verleugnet habt, obwohl dieser entschieden hatte, ihn freizulassen. Ihr aber habt den Heiligen und Gerechten verleugnet …“ (Apg 3,13f).

Paulus kann zu seiner Zeit die Tragik dieser „Verleumdung“ des Judas, die über das Volk der Juden unsagbar viel Leid bringen wird, nicht erkennen. Hätte er etwas von Judas als Verräter gewusst, hätte er vor allem vor seinen Landsleuten, dazu Stellung bezogen. Wir bringen in Erinnerung: Paulus predigt und schreibt lange bevor die Evangelien mit den entsprechenden „Überlieferungen“ entstehen.

Der älteste Text zur „Auslieferung“ Jesu steht im ersten Brief des Paulus an die Korinther. Er ist Teil jener Abendmahlstradition, die Paulus nach seiner Bekehrung, schon drei, vier Jahre nach dem Tod Jesu, übernommen und bei den Neugründungen an die Ge-meinden weitergegeben hat. „Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er hingegeben wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis“ (11,23)

Die von Paulus zitierte Überlieferung macht deutlich, dass Jesus von Gott selbst zum heilvollen Sterben für die Christenheit „dahingegeben“ wurde – eine Aussage, die in die allererste Zeit zurückgeht und sich breit gestreut im frühchristlichen Schrifttum findet. Daher sollte man Judas nicht in sie hineinlesen. Merkwürdig und noch viel zu wenig beachtet ist die Tatsache, dass Jesus nach seiner „Auferstehung“ den zwölf Jüngern (vgl Joh 21,24) erschien, obwohl noch keine Nachwahl für den ausgeschiedenen Judas stattgefunden hat. Spätere Textzeugen korrigieren dann eilig in „elf“.
Im Lateinischen und Griechischen wird für verraten, ausliefern und hingeben das selbe Wort prodere (=hervorgeben) benutzt.
Interessant auch die Namensgleichheit "Judas und Jude"...
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Marion
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von Marion »

Leguan hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Raimund Josef H. hat geschrieben:Pfr. Breitenbach verkündet heute auf seiner Homepage Zweifel an der Verräterrolle des Judas:
Mit der Einschätzung des Judas habe ich ein ganz anderes Problem. Einerseits die Trauer über die Hinrichtung des Christus (Karfreitag), andererseits die Freude über das stellvertretende Opfer für unserer Sünden und zu unserem Heil und die Auferstehung. Auch Judas muß Teil des Heilplans Gottes gewesen sein. Er war natürlich ein Verräter, aber wir sind doch alle ein bisschen Petrus und Judas...
Ja, und wir haben die Wahl, ob wir bitterlich weinen oder uns erhängen.
Judas ist mit Sicherheit in der Hölle, oder doch nicht?
Wer ist eigentlich sonst noch mit absoluter Sicherheit da?

Wenn man die alten Legenden durchforscht gibts da schon einige, die weil sie so sehr gestunken haben wieder aus dem Stadtfriedhof ausgebuddelt wurden und weeeeeiiit weg, hinter irgendwelchen Bergen wieder beerdigt.
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anneke6
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von anneke6 »

Die Kirche hat zwar einen offiziellen Kalender der Heiligen, aber keinen der Verdammten. Johannes Paul II hat gesagt, nicht einmal vom Menschen, für den es besser gewesen sei, er wäre nie geboren, könne man mit Sicherheit sagen, daß er in der Hölle sei. (Die Schwelle zur Hoffnung überschreiten)
Mit seltsamen Erscheinungsbildern beim Umbetten von Leichen wäre ich vorsichtig…ein Verwandter von mir war in dieser Branche tätig, und er sagt, es ist nichts ungewöhnliches, wenn die Überreste anders liegen, als sie in den Sarg gelegt worden sind. Beim Einsenken des Sarges wird häufig etwas geschüttelt, und später sackt dann auch schon mal etwas nach.
Was den Gestank angeht…ich denke, daß schlimmer Gestank genausowenig ein zwingendes Indiz für Verdammnis ist wie Unversehrtheit für Heiligkeit. Da hatte ich mal mit jemand eine Diskussion über Maria von Agreda — die in ihren Privatoffenbarungen übrigens die Höllenfahrt des Judas beschreibt.
???

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Marion
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von Marion »

anneke6 hat geschrieben: Johannes Paul II hat gesagt, nicht einmal vom Menschen, für den es besser gewesen sei, er wäre nie geboren, könne man mit Sicherheit sagen, daß er in der Hölle sei.
das ist merkwürdig :roll:
Es gibt doch nur Hölle oder Himmel?
Und wenn einer in Himmel kommt kann es niemalsnie besser gewesen sein nicht geboren zu werden. Ich möchte natürlich dem Papst nicht wiedersprechen, sondern nur verstehen. Deswegen die Frage, gibts noch was anderes außer Himmel und Hölle ganz am Schluss?
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taddeo
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von taddeo »

noiram hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben: Johannes Paul II hat gesagt, nicht einmal vom Menschen, für den es besser gewesen sei, er wäre nie geboren, könne man mit Sicherheit sagen, daß er in der Hölle sei.
das ist merkwürdig :roll:
Es gibt doch nur Hölle oder Himmel?
Und wenn einer in Himmel kommt kann es niemalsnie besser gewesen sein nicht geboren zu werden. Ich möchte natürlich dem Papst nicht wiedersprechen, sondern nur verstehen. Deswegen die Frage, gibts noch was anderes außer Himmel und Hölle ganz am Schluss?
Vermutlich nicht. Aber die Lehre von den Letzten Dingen (Eschatologie) ist ein Grenzbereich der Theologie, in dem das Lehramt schon immer äußerst zurückhaltend mit definitiven Aussagen war. Kein Theologe kann und will Gott vorschreiben, was er in seiner Barmherzigkeit über jeden einzelnen Menschen entscheidet. Das gilt selbst für Judas Iskariot. Als Mensch mag er verzweifelt sein; aber wer weiß, welche Gnade ihm in seinem letzten Augenblick noch zuteil geworden ist?

Es hat schon seinen Sinn, daß die Kirche zwar Selig- und Heiligsprechungen kennt, also sich zu sagen traut, der oder die ist mit Sicherheit in der Anschauung Gottes, aber noch nie auf die Idee gekommen ist, das Gegenteil zu definieren, eine Malifikation sozusagen. Einem barmherzigen Gott, der die Liebe selbst ist, muß man alles zutrauen.

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Marion
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von Marion »

Ich verstehe die Argumentation schon irgendwie, danke euch :)

Das würde bedeuten Jesus hat gelogen oder in der Heiligen Schrift steht unwahres.
Daß wir Gott nichts vorschreiben ist schon klar. Er hat sich uns aber offenbart.
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Albert
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von Albert »

noiram hat geschrieben:Ich verstehe die Argumentation schon irgendwie, danke euch :)

Das würde bedeuten Jesus hat gelogen oder in der Heiligen Schrift steht unwahres.
Daß wir Gott nichts vorschreiben ist schon klar. Er hat sich uns aber offenbart.
Oh ho, dass ist ein starker Anwurf, der einer Begründung bedarf.

Grüße,
Albert

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Teutonius
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von Teutonius »

Daß jemand bei Gott (heilig) ist, können wir an seiner Wundertätigkeit erkennen.
Daß jemand in der Hölle ist können wir nur vermuten, bzw. hoffen, daß es nicht so ist.
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Marion
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von Marion »

Albert hat geschrieben:
noiram hat geschrieben:Ich verstehe die Argumentation schon irgendwie, danke euch :)

Das würde bedeuten Jesus hat gelogen oder in der Heiligen Schrift steht unwahres.
Daß wir Gott nichts vorschreiben ist schon klar. Er hat sich uns aber offenbart.
Oh ho, dass ist ein starker Anwurf, der einer Begründung bedarf.

Grüße,
Albert
Marcus 14.21
„Der Menschensohn muss zwar seinen Weg gehen, wie die Schrift über ihn sagt. Doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird. Für ihn wäre es besser, wenn er nie geboren wäre.“
Wie soll das ewige Leben im Himmel nicht so schön sein, daß es für jemand besser sein soll, daß er besser gar nichts hat, also niemals gelebt zu haben.
Wie kann es besser für jemand sein nie geboren zu sein, wenn er in den Himmel kommt? Das ist absurd so etwas anzunehmen.
(Falls bis hier ein falscher Gedankengang erkannt wird, bitte ich um Aufklärung.)

Wenn ich nun annehmen muss daß Judas in Himmel kommt, oder auch nur hoffen, kann ich das nur indem ich annehme oder hoffe, in der Schrift stehen Worte die Jesus nicht gesagt hat oder eben Jesus hat Unwahres (zumindest in Marcus 14.21.) offenbart.
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Marion
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von Marion »

Teutonius hat geschrieben:Daß jemand in der Hölle ist können wir nur vermuten, bzw. hoffen, daß es nicht so ist.
Wenn uns kein Glaubwürdiger Gegenteiliges sagt ist das wohl richtig. Wir können ja nicht in die Herzen der Sterbenden schauen.
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Teutonius
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von Teutonius »

Da stellt sich mir die Frage: was war mit unseren Seelen vor unserer Geburt? Sind sie der Lebensatem Gottes?
Dann wäre es natürlich in jedem Falle besser nie geboren worden zu sein!
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Marion
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Re: Was wurde aus Judas?

Beitrag von Marion »

Aber nicht für Judas, sondern für Gott.

Oder verstehe ich dich falsch?
Ich glaub damit müssen wir ins "Cafe" rüber - du meinst wenn die hälfte der Menschheit verloren geht, also in die Hölle kommt, bleibt nur noch der halbe Gott übrig?
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